11.10.2022, 10:28
(11.10.2022, 09:45)Gast schrieb:(11.10.2022, 09:01)ZW333 schrieb: Was mich noch umtreibt - die aktuelle wirtschaftliche Lage. Die wird sich ja erstmal nicht positiv entwickeln dank Rezession usw.
Ist es da nicht besser, erst mal im öD unterzukommen. Bis auf große Unternehmen und Konzerne (wobei das für erstere je nach Branche nur eingeschränkt gilt) ist es doch wirtschaftlich gerade sehr unsicher.
Auch unabhängig von der wirtschaftlichen Lage, deine Wünsche decken sich doch mit dem öD. Wieso betonst du immer wieder die freie Wirtschaft? Counsel in einem Startup ist doch zB das genaue Gegenteil von deinen Wünschen, dort ist es dynamisch, stressig und es gibt keine festen Strukturen.
Dem muss ich zustimmen.
Ich hatte zu letzt zwei Jobangebote (eigentlich drei, aber das eine kam wegen zu langer Fahrtzeiten nicht in Frage).
Körperschaft des öR (angestellt) oder Unternehmen war zum Schluss meine Auswahl. Ich habe mich u.a. aus genau den hier von dir erwähnten Grunden gegen den öD entschieden.
Die Stelle wäre sicher gewesen. Nach 10 (oder 15?) Jahren wäre ich ordentlich unkündbar gewesen. Stellenbeschreibung und Aufgaben ok. Aber: schon das gesamte Bewerbungsverfahren zog sich über lange Zeit hin und vier Termine waren inkl. Amtsarzt dafür erforderlich. Ich habe bis heute (habe heute morgen abgesagt) nicht mal die schriftliche Bestätigung, dass sie mich in die vorgesehenen Erfahrungsstufe einordnen. Die Tarifverträge musste ich nachfordern, vorher erhielt ich nur den 2seitigen Arbeitsvertrag, der quasi inhaltsleer war.
Boah! Diese langsame Arbeitsweise nervt mich schon jetzt so dermaßen an, dass ich schreiend weglaufen möchte. Ich kenne das so aus meiner Arbeit als Anwältin nicht und würde ich so langsam und unvollständig arbeiten, wäre ich schon lange gekündigt worden.
Ich hatte Angst, dass genau so wie das schon vor Beginn abläuft, sich auch die Arbeitsweise dort gestaltet an die ich mich (qualitativ nach unten) anpassen muss.
Ich hatte mehrere Bewerbungen parallel laufen. Dort, wo ich jetzt anfange, habe ich vor kurzem die Zusage erhalten.
Besser bezahlt als der öD, ich kann meine Anwaltszulassung unmittelbar mitnehmen (Fachanwalt und Versorgungswerk!) und muss keinen Schlenker über die nebenberufliche Selbständigkeit machen.
Die Aufgaben sind zum Teil neu und sicherlich wird man seine Erwartungen an mich haben. Zudem keine Sicherheit und vermutlich werde ich dort nicht bis zur Rente bleiben.
Aber: pro Karriere, pro bessere Job-Aussichten in der Zukunft. Der nächste Step ist für mich Head of ..., wofür ich zum Teil jetzt schon Angebote erhalten hatte.
Mein Vater hätte mich als Mutter mit zwei kleinen Kindern lieber im öD gesehen, aber ich wollte da eigentlich nie hin. Und ja, die Vorurteile sind allgemein bekannt und bestätigen sich für jeden von uns immer wieder, der viel mit Behörden zu tun hat. Die Sorge davor, nicht mehr in die freie Wirtschaft zu kommen, wenn man ein paar Jahre in der Behörde gechillt hat, halte ich daher für berechtigt.
Mit einer Verbeamtung macht es natürlich sowieso keinen Sinn, diese aufzugeben und in die freie Wirtschaft zu wechseln.
PS: habe 1 x b, 1x a (nur um den Argumenten hinsichtlich GK o.ä. vorzubeugen)
11.10.2022, 13:30
(11.10.2022, 09:45)Gast schrieb:(11.10.2022, 09:01)ZW333 schrieb: Was mich noch umtreibt - die aktuelle wirtschaftliche Lage. Die wird sich ja erstmal nicht positiv entwickeln dank Rezession usw.
Ist es da nicht besser, erst mal im öD unterzukommen. Bis auf große Unternehmen und Konzerne (wobei das für erstere je nach Branche nur eingeschränkt gilt) ist es doch wirtschaftlich gerade sehr unsicher.
Auch unabhängig von der wirtschaftlichen Lage, deine Wünsche decken sich doch mit dem öD. Wieso betonst du immer wieder die freie Wirtschaft? Counsel in einem Startup ist doch zB das genaue Gegenteil von deinen Wünschen, dort ist es dynamisch, stressig und es gibt keine festen Strukturen.
Naja, weil es halt immer heißt, dass die Gehälter in der Wirtschaft viel besser sind und keine Aufstiegsmöglichkeiten usw.
Wobei ich auf Personenverantwortung als Führungskraft null Lust habe, das stelle ich mir sehr anstrengend und unbefriedigend vor. Fachliche Verantwortung gern und fachliche Leitung. Head of … zu werden reizt mich einfach nicht. @Egal, deine Beiträge stressen mich schon beim Lesen lol. Was nicht heißt, dass ich faul bin oder nicht arbeiten will. Aber mich für irgend einen Job krumm machen, nein danke.
Ja, wahrscheinlich bin ich im öD wirklich gut aufgehoben.
11.10.2022, 13:32
(11.10.2022, 10:07)Gast schrieb:(11.10.2022, 09:28)Gast schrieb: Ich glaube es ist schon unterschied wo du im öD bist. Im Unternehmen braucht man keinen der sich zB mit der Wasserqualität Brandenburgs beschäftigt hat. Anders sieht es wahrscheinlich aus, wenn man sich zB mit Vergaberecht, Steuerrecht oder Arbeitsrecht beschäftigt hat.
+1
Wenn dein fachlicher Schwerpunkt sich mit deiner angestrebten Tätigkeit in Kanzlei oder Unternehmen deckt, nehmen sie dich mit Kusshand. Wenn du aber mehrere Jahre lang vor dir hinvegetiert hast und nur im Berufsrecht der Schornsteinfeger oder zu kommunalen Abgaben für die Milchkuhdeckung gearbeitet hast, dann werden sie dir den Vogel zeigen. öD ist nicht gleich öD. Mach was Relevantes und du verbaust dir überhaupt nix.
Oh ja, so einen Job im öD habe ich kürzlich ausgeschlagen. Zum Glück waren sie im VG klug genug zu sagen, dass ich mit der Spezialisierung nirgendwo anders mehr arbeiten kann. Und das klang auch inhaltlich sehr langweilig.
Ich versuche mich schon so zu orientieren, dass ich mir nix verbaue.

11.10.2022, 15:26
Mein Eindruck ist, dass das Problem gar nicht einmal die jeweiligen Noten sind. Von den Leuten in meiner AG wusste ein Großteil auch nach den schriftlichen Prüfungen noch überhaupt nicht in welche Richtung es eigentlich gehen sollte. Wenn man seine Stationen klug wählt und spezielle Schwerpunkte setzt, dann hat man später auch mit etwas schlechteren Noten gute Chancen. Ich habe einen Bekannten, der mit 7,x im 1. Examen und 5,8 im 2. Examen in einem Landesministerium untergekommen ist (E 13, Osten). Er hatte seine Stationen bewusst danach ausgerichtet und konnte dann im VG einfach inhaltlich überzeugen. Während andere noch wegen ihrer enttäuschenden Noten am Boden zerstört waren hatte er als einer der Ersten einen Job. Natürlich haben auch die Noten eine nicht untergeordnete Bedeutung, man sollte sich aber irgendwann auch mal aus dieser ganzen Notenblase und dem damit verbundenen Wettstreit um die Juristenkrone lösen. Ich kenne Leute, die die notwendigen Noten für ihre Traumjobs hatten, aber trotzdem nochmal den Verbesserungsversuch geschrieben haben, nur für das eigene Ego, um zu beweisen, dass man in der Juristenhierarchie doch weiter oben steht. Da sieht man doch, wie krank dieses System die Leute zum Teil im Kopf macht.
11.10.2022, 15:42
Zitat:Da sieht man doch, wie krank dieses System die Leute zum Teil im Kopf macht.Absolut. Das System ist wirklich zum Kotzen. Die Freude an Jura, die ich zu Beginn noch sehr ausgeprägt hatte, wurde mir durch den massiven abartigen Leistungsdruck völlig ausgetrieben.
Dennoch ist die andere Seite, dass es auch extrem kompetetive und machtgeile Leute anzieht, was dann das von dir beschriebene Phänomen (bessere Note nur fürs Ego) befeuert.
12.10.2022, 09:13
Gestern kam ein VG rein, bei einem Top-Unternehmen in dem Rechtsgebiet, in das ich will - ich erwarte aber in den nächsten Tagen eine Zusage für eine öD Stelle, bei der ich ein gutes Gefühl habe. die Stelle an sich gefällt mir schon. aber ich möchte mich nicht dem Unternehmen "verschließen".
Kann ich die Zusage für den öD aufschieben, gibt es da Tricks? ich bin einfach noch nicht bereit, meinen Plan von der Wirtschaft (in welcher ich wohlgemerkt einige Jahre zufrieden gearbeitet habe) abzublasen, vor allem, wenn sich die Möglichkeit bietet, ohne vorherige Anwaltstätigkeit da rein zu kommen.
Kann ich die Zusage für den öD aufschieben, gibt es da Tricks? ich bin einfach noch nicht bereit, meinen Plan von der Wirtschaft (in welcher ich wohlgemerkt einige Jahre zufrieden gearbeitet habe) abzublasen, vor allem, wenn sich die Möglichkeit bietet, ohne vorherige Anwaltstätigkeit da rein zu kommen.
12.10.2022, 09:59
(12.10.2022, 09:13)ZW333 schrieb: Gestern kam ein VG rein, bei einem Top-Unternehmen in dem Rechtsgebiet, in das ich will - ich erwarte aber in den nächsten Tagen eine Zusage für eine öD Stelle, bei der ich ein gutes Gefühl habe. die Stelle an sich gefällt mir schon. aber ich möchte mich nicht dem Unternehmen "verschließen".
Kann ich die Zusage für den öD aufschieben, gibt es da Tricks? ich bin einfach noch nicht bereit, meinen Plan von der Wirtschaft (in welcher ich wohlgemerkt einige Jahre zufrieden gearbeitet habe) abzublasen, vor allem, wenn sich die Möglichkeit bietet, ohne vorherige Anwaltstätigkeit da rein zu kommen.
Warum? Du hast den Thread hier angefangen mit großen Sorgen über eine zulange Arbeitslosigkeit. Jetzt wirst du ein Stellenangebot bekommen, das dir gefällt, und fängst an zu zocken?
12.10.2022, 10:07
Nimm das Angebot des öD an und wenn du die Zusage bei dem Unternehmen erhalten solltest, kündigst du wieder (wenn du das willst). Auch nicht schön für die Leute im öD, aber eine verständliche Handlungsweise wenn sich Bewerbungsverfahren überschneiden. Sollte es zu lange dauern, kannst du auch erstmal im öD anfangen und ggf. in der Probezeit kündigen. - Alles möglich und nicht der Grund, warum man sich im Nachbarthreat über den TE aufgeregt hat.
12.10.2022, 10:11
(12.10.2022, 09:59)Gast schrieb:(12.10.2022, 09:13)ZW333 schrieb: Gestern kam ein VG rein, bei einem Top-Unternehmen in dem Rechtsgebiet, in das ich will - ich erwarte aber in den nächsten Tagen eine Zusage für eine öD Stelle, bei der ich ein gutes Gefühl habe. die Stelle an sich gefällt mir schon. aber ich möchte mich nicht dem Unternehmen "verschließen".
Kann ich die Zusage für den öD aufschieben, gibt es da Tricks? ich bin einfach noch nicht bereit, meinen Plan von der Wirtschaft (in welcher ich wohlgemerkt einige Jahre zufrieden gearbeitet habe) abzublasen, vor allem, wenn sich die Möglichkeit bietet, ohne vorherige Anwaltstätigkeit da rein zu kommen.
Warum? Du hast den Thread hier angefangen mit großen Sorgen über eine zulange Arbeitslosigkeit. Jetzt wirst du ein Stellenangebot bekommen, das dir gefällt, und fängst an zu zocken?
Ich habe ja schon Stellenangebote abgelehnt (öD), die mir nicht gefallen haben. Ich denke, es ist verständlich, dass ich überlege, ob ich mich optimieren kann.
Sollte ich den Job bei dem Unternehmen bekommen, würde mir der noch viel besser gefallen.
Den Job erstmal anzunehmen und dann kurz darauf zu kündigen empfinde ich als unschön. Mir ist bewusst, dass viele AG sich auch fragwürdig verhalten, aber ich persönlich möchte schon integer auftreten.
12.10.2022, 10:31
(12.10.2022, 10:11)ZW333 schrieb:(12.10.2022, 09:59)Gast schrieb:(12.10.2022, 09:13)ZW333 schrieb: Gestern kam ein VG rein, bei einem Top-Unternehmen in dem Rechtsgebiet, in das ich will - ich erwarte aber in den nächsten Tagen eine Zusage für eine öD Stelle, bei der ich ein gutes Gefühl habe. die Stelle an sich gefällt mir schon. aber ich möchte mich nicht dem Unternehmen "verschließen".
Kann ich die Zusage für den öD aufschieben, gibt es da Tricks? ich bin einfach noch nicht bereit, meinen Plan von der Wirtschaft (in welcher ich wohlgemerkt einige Jahre zufrieden gearbeitet habe) abzublasen, vor allem, wenn sich die Möglichkeit bietet, ohne vorherige Anwaltstätigkeit da rein zu kommen.
Warum? Du hast den Thread hier angefangen mit großen Sorgen über eine zulange Arbeitslosigkeit. Jetzt wirst du ein Stellenangebot bekommen, das dir gefällt, und fängst an zu zocken?
Ich habe ja schon Stellenangebote abgelehnt (öD), die mir nicht gefallen haben. Ich denke, es ist verständlich, dass ich überlege, ob ich mich optimieren kann.
Sollte ich den Job bei dem Unternehmen bekommen, würde mir der noch viel besser gefallen.
Den Job erstmal anzunehmen und dann kurz darauf zu kündigen empfinde ich als unschön. Mir ist bewusst, dass viele AG sich auch fragwürdig verhalten, aber ich persönlich möchte schon integer auftreten.
Verstehe ich absolut, und sehe ich genauso (auch wenn ich mit SEHR schlechtem Gewissen genau jenes aktuell getan habe).
Wenn du derzeit arbeitslos bist, stellt sich mir dabei aber die Frage, wie sehr du ins Risiko gehst. Deine Bewerbungsphase scheint ja offenbar kein Selbstläufer zu sein. Ich hatte hier vor einiger Zeit einen alten Thread von jemandem gelesen, der auch auf die perfekte Stelle gewartet und mehrere Zusagen abgelehnt hat. Die perfekte Stelle kam jedoch nicht und so war er letztlich weiterhin und schon sehr lange arbeitslos und wurde damit nicht gerade attraktiver für potentielle Arbeitgeber.