21.04.2022, 09:12
(20.04.2022, 22:32)Gast schrieb: Würde diesen Thread gerne wieder zum Leben erwecken. Was spricht – wenn man sich generell sicher ist, dass man in eine GK möchte – aus Eurer Sicht vor allem für den Berufseinstieg bei einer der nationalen Top-Kanzleien und was für einen Einstieg bei einer der Top-US-Kanzleien?
Generell Team (& ggfs Ort).
US-Kanzleien zahlen mehr. Ansonsten ist es schwierig.
Die Top Nicht-US Kanzleien haben eine ähnliche Arbeitszeit und deutlich schlechtere Vergütung. Man mag sich einen besseren Exit wegen des Namens einreden, aber ich sehe jetzt nicht, dass Kollegen von Latham, Kirkland & Co. in derart schlechtere Positionen im Vergleich zu HM/FF etc. wechseln. Zumindest auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Anwaltszahl.
Ansonsten ist natürlich auch Fachbereich maßgeblich. Wenn du zB eigenständiges (vom M&A losgelöstes) Kartellrecht, IP, Arbeitsrecht etc. machen willst, fallen da ggfs schon einige Kanzleien (tendenziell US-Kanzleien, weil kleiner) raus.
Wenn du einen arbeitsintensiven Bereich (zB M&A) machn willst, musst du dir ggfs schon die Frage stellen, wieso du bei deutschen / UK Kanzleien 60/70h die Woche inklusive Wochenenden, Feiertagen etc arbeiten willst, während deine nicht-M&A Kollegen deutlich weniger arbeiten für das gleiche Geld, du bei einer US-Kanzlei aber zumindest finanziell (mehr billables idR gleich höherer Boni) besser stehen würdest.
21.04.2022, 14:16
Vielen Dank für die sehr hilfreichen Rückmeldungen! Wie schätzt ihr die Exit-Optionen zu anderen Kanzleien ein?
21.04.2022, 15:03
(21.04.2022, 14:16)Gast schrieb: Vielen Dank für die sehr hilfreichen Rückmeldungen! Wie schätzt ihr die Exit-Optionen zu anderen Kanzleien ein?
Ich denke die Exit-Optionen in Unternehmen sind bei Full-Service-Kanzleien wie Gleiss und Hengeler schon besser als bei kleinen US-Einheiten. Erstens haben letztere idR schwerpunktmäßig Mandanten aus dem Private Equity Umfeld. In diesem Bereich gibt es aber deutlich weniger Einstiegsmöglichkeiten für Juristen als bei klassischen Unternehmen, die idR große Rechtsabteilungen haben.
Zweitens ist das Geschäft der US-Kanzleien in Deutschland sehr transaktionslastig. Viele Unternehmen legen aber auch Wert auf Kenntnisse im klassischen Gesellschaftsrecht. Diese wird man bei Gleiss/Hengeler tendenziell eher erwerben als bei Milbank. Drittens haben Kanzleien, die in Deutschland groß sind und über eine gewisse Kontinuität verfügen, viel größere Netzwerke von Kanzlei-Alumnis, die jetzt in Unternehmen arbeiten, als die kleinen US-Kanzleien. Auch das kann behilflich sein. Zum Beispiel arbeiten in der Rechtsabteilung von Bosch sehr viele ehemalige Anwälte von Gleiss Lutz. Nichtsdestotrotz hat man natürlich auch als Anwalt einer kleinen US-Kanzlei im Regelfall keine schlechten Exit-Optionen.
Unabhängig von den Exit-Optionen sollte man auch beachten, dass die kleineren US-Einheiten nicht gerade selbstbestimmt sind und teilweise zu einem hohen Grad von den HQ in den USA abhängig sind. In den letzten Jahren und Jahrzehnten kam es immer wieder vor, dass kleiner US-Einheiten in Deutschland geschlossen oder massiv umgebaut wurden. Wenn man langfristig bei einer Kanzlei bleiben möchte, sollte man daher die fehlende Kontinuität der US-Transaktionskanzleien berücksichtigen. Ob man Partner wird, entscheidet letztendlich das New Yorker Büro. Manche deutschen Standorte hängen zudem stark an dem Erfolg einzelner Partner. Wenn diese in den Ruhestand gehen, sind starke Lateral-Bewegungen nicht unwahrscheinlich. Freilich landet man als Associate auch in solchen Fällen idR weich. Wenn man Pech hat, können sich solche Umwälzungen aber schon auf die Karriere auswirken.
21.04.2022, 15:38
(21.04.2022, 15:03)Gast schrieb: Wenn man langfristig bei einer Kanzlei bleiben möchte, sollte man daher die fehlende Kontinuität der US-Transaktionskanzleien berücksichtigen. Ob man Partner wird, entscheidet letztendlich das New Yorker Büro. Manche deutschen Standorte hängen zudem stark an dem Erfolg einzelner Partner. Wenn diese in den Ruhestand gehen, sind starke Lateral-Bewegungen nicht unwahrscheinlich. Freilich landet man als Associate auch in solchen Fällen idR weich. Wenn man Pech hat, können sich solche Umwälzungen aber schon auf die Karriere auswirken.
Guter Beitrag. Der letzte Punkt ist wirklich nicht unwichtig; wer nur ein paar Jahre Anwalt sein will, der wird auch bei US-Buden keine Probleme haben und einen vernünftigen Exit schaffen. Wer allerdings langfristig als Anwalt dabei bleiben will, muss berücksichtigen, dass Laterals bei den US-Buden eine stärkerer Rolle spielen und man eben nur ein ausländisches Büro von vielen ist.
21.04.2022, 16:53
(21.04.2022, 15:38)Gast schrieb:(21.04.2022, 15:03)Gast schrieb: Wenn man langfristig bei einer Kanzlei bleiben möchte, sollte man daher die fehlende Kontinuität der US-Transaktionskanzleien berücksichtigen. Ob man Partner wird, entscheidet letztendlich das New Yorker Büro. Manche deutschen Standorte hängen zudem stark an dem Erfolg einzelner Partner. Wenn diese in den Ruhestand gehen, sind starke Lateral-Bewegungen nicht unwahrscheinlich. Freilich landet man als Associate auch in solchen Fällen idR weich. Wenn man Pech hat, können sich solche Umwälzungen aber schon auf die Karriere auswirken.
Guter Beitrag. Der letzte Punkt ist wirklich nicht unwichtig; wer nur ein paar Jahre Anwalt sein will, der wird auch bei US-Buden keine Probleme haben und einen vernünftigen Exit schaffen. Wer allerdings langfristig als Anwalt dabei bleiben will, muss berücksichtigen, dass Laterals bei den US-Buden eine stärkerer Rolle spielen und man eben nur ein ausländisches Büro von vielen ist.
Gerade für die deutschen Büros von Milbank und SullCrom trifft das nur bedingt zu. Ich würde sagen, dass diese international eine hervorgehobene Bedeutung genießen. Nicht umsonst ist der deutsche Managing Partner Milbanks gleichzeitig Global Head of Coporate bzw. der Managing Partner von Sullcrom Co-Head of Capital Markets.
21.04.2022, 17:07
(21.04.2022, 16:53)Gast schrieb:(21.04.2022, 15:38)Gast schrieb:(21.04.2022, 15:03)Gast schrieb: Wenn man langfristig bei einer Kanzlei bleiben möchte, sollte man daher die fehlende Kontinuität der US-Transaktionskanzleien berücksichtigen. Ob man Partner wird, entscheidet letztendlich das New Yorker Büro. Manche deutschen Standorte hängen zudem stark an dem Erfolg einzelner Partner. Wenn diese in den Ruhestand gehen, sind starke Lateral-Bewegungen nicht unwahrscheinlich. Freilich landet man als Associate auch in solchen Fällen idR weich. Wenn man Pech hat, können sich solche Umwälzungen aber schon auf die Karriere auswirken.
Guter Beitrag. Der letzte Punkt ist wirklich nicht unwichtig; wer nur ein paar Jahre Anwalt sein will, der wird auch bei US-Buden keine Probleme haben und einen vernünftigen Exit schaffen. Wer allerdings langfristig als Anwalt dabei bleiben will, muss berücksichtigen, dass Laterals bei den US-Buden eine stärkerer Rolle spielen und man eben nur ein ausländisches Büro von vielen ist.
Gerade für die deutschen Büros von Milbank und SullCrom trifft das nur bedingt zu. Ich würde sagen, dass diese international eine hervorgehobene Bedeutung genießen. Nicht umsonst ist der deutsche Managing Partner Milbanks gleichzeitig Global Head of Coporate bzw. der Managing Partner von Sullcrom Co-Head of Capital Markets.
Das sind sicher die Standorte der "puren" US-Transaktionskanzleien, die in Deutschland am langfristigsten etabliert sind. Ihre Bedeutung in der Gesamtkanzlei wird trotzdem sehr gering sein.
S&C hat 2020 in Deutschland einen Umsatz von 34 Mio Euro erwirtschaftet, der Gesamtumsatz der Kanzlei lag in dem Jahr bei über 1,5 Milliarden Dollar. Bei Milbank waren es in Deutschland 44 Mio., der Gesamtumsatz lag bei über 1,2 Milliarden Dollar.
Die deutschen Standorte machen also 2-3% des jeweiligen weltweiten Umsatzes aus. Dementsprechend werden die deutschen Anwälte in New York sicher kein großes Gewicht haben.
Zahlen aus:
https://blog.wiwo.de/management/2020/10/...-hengeler/
https://www.law.com/americanlawyer/2021/...405-79572/
https://www.law.com/law-firm-profile/?id...omwell-LLP
21.04.2022, 23:02
Erneut vielen Dank für die sehr hilfreichen Einschätzungen! Meine Überlegungen gingen bislang in ähnliche Richtungen.
22.04.2022, 15:12
(21.04.2022, 17:07)Gast schrieb:(21.04.2022, 16:53)Gast schrieb:(21.04.2022, 15:38)Gast schrieb:(21.04.2022, 15:03)Gast schrieb: Wenn man langfristig bei einer Kanzlei bleiben möchte, sollte man daher die fehlende Kontinuität der US-Transaktionskanzleien berücksichtigen. Ob man Partner wird, entscheidet letztendlich das New Yorker Büro. Manche deutschen Standorte hängen zudem stark an dem Erfolg einzelner Partner. Wenn diese in den Ruhestand gehen, sind starke Lateral-Bewegungen nicht unwahrscheinlich. Freilich landet man als Associate auch in solchen Fällen idR weich. Wenn man Pech hat, können sich solche Umwälzungen aber schon auf die Karriere auswirken.
Guter Beitrag. Der letzte Punkt ist wirklich nicht unwichtig; wer nur ein paar Jahre Anwalt sein will, der wird auch bei US-Buden keine Probleme haben und einen vernünftigen Exit schaffen. Wer allerdings langfristig als Anwalt dabei bleiben will, muss berücksichtigen, dass Laterals bei den US-Buden eine stärkerer Rolle spielen und man eben nur ein ausländisches Büro von vielen ist.
Gerade für die deutschen Büros von Milbank und SullCrom trifft das nur bedingt zu. Ich würde sagen, dass diese international eine hervorgehobene Bedeutung genießen. Nicht umsonst ist der deutsche Managing Partner Milbanks gleichzeitig Global Head of Coporate bzw. der Managing Partner von Sullcrom Co-Head of Capital Markets.
Das sind sicher die Standorte der "puren" US-Transaktionskanzleien, die in Deutschland am langfristigsten etabliert sind. Ihre Bedeutung in der Gesamtkanzlei wird trotzdem sehr gering sein.
S&C hat 2020 in Deutschland einen Umsatz von 34 Mio Euro erwirtschaftet, der Gesamtumsatz der Kanzlei lag in dem Jahr bei über 1,5 Milliarden Dollar. Bei Milbank waren es in Deutschland 44 Mio., der Gesamtumsatz lag bei über 1,2 Milliarden Dollar.
Die deutschen Standorte machen also 2-3% des jeweiligen weltweiten Umsatzes aus. Dementsprechend werden die deutschen Anwälte in New York sicher kein großes Gewicht haben.
Zahlen aus:
https://blog.wiwo.de/management/2020/10/...-hengeler/
https://www.law.com/americanlawyer/2021/...405-79572/
https://www.law.com/law-firm-profile/?id...omwell-LLP
Es ist etwas naiv zu glauben, der einzige Faktor, an dem die Relevanz eines Standortes gemessen wird, sei der Umsatz.
Klar ist es ein wichtiger Faktor, allerdings sollte man nicht außer Augen lassen, dass die deutschen Standorte eine hervorgehoben Bedeutung für Cross-Border Transaktionen genießen.
19.07.2022, 22:54
Gibt es diesbezüglich noch weitere Meinungen oder Erfahrungen?