25.05.2021, 22:26
(25.05.2021, 22:16)Gast schrieb: Lieber TE,
du liegst völlig falsch, wenn du deine Arbeitshaltung als low Performing einschätzt. Denn die Justiz braucht genau solche Richter wie dich, und zwar ganz viele!
Fakt ist: Nicht für jeden R1 gibt es eine R2-Stelle, daher müssen gut und gerne 2/3 der R1-Richter auch als R1 in Pension gehen. Gäbe es nur höher-schneller-weiter-Richter, dann würde das ganze nicht funktionieren!
Das, was du beschreibst, hat auch inhaltlich mit low Performing nichts zu tun, und ist auch nicht das, was mit „Dienst nach Vorschrift“ üblicherweise gemeint ist. Du scheinst solide Rechtsprechungsarbeit zu leisten, und erfüllst damit den Anspruch der Menschen auf effektiven Rechtsschutz.
Ich habe Kollegen getroffen, auf die diese Bezeichnung tatsächlich gepasst hätte, das waren Leute, die sich in das Präsidium haben wählen lassen, um bei jedem neuen Proberichter am Gericht zu versuchen, diesem die ältesten und unangenehmsten Akten abzudrücken, erst und nur bei der Durchforstung der Statistik nach diesen Heulern haben derartige Kollegen ein beachtliches Maß an Fleiß an den Tag gelegt!
Also: Man kann auch als ganz normaler R1-Richter mit einer soliden Arbeit ein geglücktes Leben leben, und muss dann nach Pensionierung nicht auf dem
Gang des Gerichts rumlungern, weil man mangels anderer Lebensinhalte nicht loslassen kann.
+50000
27.05.2021, 18:27
Nach welchem Zeitraum erscheint es als Proberichter denn halbwegs realistisch, annähernd in den Bereich einer 40-Stunden-Woche zu gelangen?
27.05.2021, 18:28
27.05.2021, 20:24
(27.05.2021, 18:27)Gast schrieb: Nach welchem Zeitraum erscheint es als Proberichter denn halbwegs realistisch, annähernd in den Bereich einer 40-Stunden-Woche zu gelangen?
Aus Sicht eines Berufsanfängers bei der StA (Richter auf Probe, gemeinsame Laufbahn) kann ich sagen: Ab Tag 1. Es achtet niemand auf irgendwelche Zeiten, man stempelt auch nicht und ist im Homeoffice, wie man will. Aktuell bin ich bei über 40, aber nur, weil ich mich überobligatorisch vertiefe. Es wäre mit 38-42hr gut machbar.
27.05.2021, 20:55
StA ist auch mega chillig. Als Richter ist es hardcore. Hab regelmäßig 50 Stunden Wochen (3Dezernate).
27.05.2021, 21:04
(25.05.2021, 22:05)Julia Simon schrieb: Einführung
Der lebensältere Teil der Gesellschaft kennt die Figur des Richters, wie so vieles, aus den Wildwestfilmen unserer Jugend. Der Name des Richters war dort meist "Richter" (seltener "Richter Sowieso"). Der Richter war grauhaarig, also undefinierbar alt, trug einen Anzug mit Uhrkette und verstand aus vielerlei Gründen fast alles vom Leben, den Weibern und dem Whiskey. Er hatte – wenn auch korrumpiert vom örtlichen Viehbaron, dem frühen Tod der Gattin oder Johnnie Walker, dem Wolfsbruder in den Nächten der Wüste – einen untrüglichen Sinn für das Richtige und Gerechte: Am Ende tat er es, oder zerbrach an seiner Unfähigkeit, es zu tun. Akten lesend sah man ihn eigentlich nie. Er spazierte über die Holzgehwege seines "Stadt" geheißenen Kaffs oder saß im Gerichtssaal. An beiden Orten gleichermaßen führte er Reden über Recht, Ordnung und Gerechtigkeit. Nicht selten hatte er mindestens eine schöne Tochter.
Exposition
Inzwischen ist die allgemeine Kenntnis der Ikonografie des amerikanischen Wildwestfilms so löcherig wie in der Generation zuvor diejenige der Ilias und der Odyssee. Ich aber will dennoch vom Richter des Wilden Westens sprechen. Die meisten Zuschauer dürften diesem Charakter nämlich nicht genügend Aufmerksamkeit und Liebe geschenkt haben. Immerzu waren ihnen, aus durchsichtigen Gründen, einsame Rächer wichtiger oder siegreiche Apachen, die sehnsüchtig-weiße Tochter des Viehbarons oder die haltlos-glutäugige mexikanische Haushälterin.
Bedauerlich für den Richter. Durchschritt er doch die Stätten der Willkür und Verdammnis mit stets geputzten Stiefeln, und saß in den Versammlungen der Bürger immer in der ersten Reihe. Mal als Schurke in korrupter Verbundenheit mit der Gewalt, mal als Anker der Braven im Sturm.
27.05.2021, 23:16
(27.05.2021, 21:04)Gast schrieb:(25.05.2021, 22:05)Julia Simon schrieb: Einführung
Der lebensältere Teil der Gesellschaft kennt die Figur des Richters, wie so vieles, aus den Wildwestfilmen unserer Jugend. Der Name des Richters war dort meist "Richter" (seltener "Richter Sowieso"). Der Richter war grauhaarig, also undefinierbar alt, trug einen Anzug mit Uhrkette und verstand aus vielerlei Gründen fast alles vom Leben, den Weibern und dem Whiskey. Er hatte – wenn auch korrumpiert vom örtlichen Viehbaron, dem frühen Tod der Gattin oder Johnnie Walker, dem Wolfsbruder in den Nächten der Wüste – einen untrüglichen Sinn für das Richtige und Gerechte: Am Ende tat er es, oder zerbrach an seiner Unfähigkeit, es zu tun. Akten lesend sah man ihn eigentlich nie. Er spazierte über die Holzgehwege seines "Stadt" geheißenen Kaffs oder saß im Gerichtssaal. An beiden Orten gleichermaßen führte er Reden über Recht, Ordnung und Gerechtigkeit. Nicht selten hatte er mindestens eine schöne Tochter.
Exposition
Inzwischen ist die allgemeine Kenntnis der Ikonografie des amerikanischen Wildwestfilms so löcherig wie in der Generation zuvor diejenige der Ilias und der Odyssee. Ich aber will dennoch vom Richter des Wilden Westens sprechen. Die meisten Zuschauer dürften diesem Charakter nämlich nicht genügend Aufmerksamkeit und Liebe geschenkt haben. Immerzu waren ihnen, aus durchsichtigen Gründen, einsame Rächer wichtiger oder siegreiche Apachen, die sehnsüchtig-weiße Tochter des Viehbarons oder die haltlos-glutäugige mexikanische Haushälterin.
Bedauerlich für den Richter. Durchschritt er doch die Stätten der Willkür und Verdammnis mit stets geputzten Stiefeln, und saß in den Versammlungen der Bürger immer in der ersten Reihe. Mal als Schurke in korrupter Verbundenheit mit der Gewalt, mal als Anker der Braven im Sturm.
Das ist doch ein reiner Thomas Fischer oder?
28.05.2021, 02:00
(25.05.2021, 22:05)Julia Simon schrieb: EinführungEndlich mal Qualität im Forum!
Der lebensältere Teil der Gesellschaft kennt die Figur des Richters, wie so vieles, aus den Wildwestfilmen unserer Jugend. Der Name des Richters war dort meist "Richter" (seltener "Richter Sowieso"). Der Richter war grauhaarig, also undefinierbar alt, trug einen Anzug mit Uhrkette und verstand aus vielerlei Gründen fast alles vom Leben, den Weibern und dem Whiskey. Er hatte – wenn auch korrumpiert vom örtlichen Viehbaron, dem frühen Tod der Gattin oder Johnnie Walker, dem Wolfsbruder in den Nächten der Wüste – einen untrüglichen Sinn für das Richtige und Gerechte: Am Ende tat er es, oder zerbrach an seiner Unfähigkeit, es zu tun. Akten lesend sah man ihn eigentlich nie. Er spazierte über die Holzgehwege seines "Stadt" geheißenen Kaffs oder saß im Gerichtssaal. An beiden Orten gleichermaßen führte er Reden über Recht, Ordnung und Gerechtigkeit. Nicht selten hatte er mindestens eine schöne Tochter.
Exposition
Inzwischen ist die allgemeine Kenntnis der Ikonografie des amerikanischen Wildwestfilms so löcherig wie in der Generation zuvor diejenige der Ilias und der Odyssee. Ich aber will dennoch vom Richter des Wilden Westens sprechen. Die meisten Zuschauer dürften diesem Charakter nämlich nicht genügend Aufmerksamkeit und Liebe geschenkt haben. Immerzu waren ihnen, aus durchsichtigen Gründen, einsame Rächer wichtiger oder siegreiche Apachen, die sehnsüchtig-weiße Tochter des Viehbarons oder die haltlos-glutäugige mexikanische Haushälterin.
Bedauerlich für den Richter. Durchschritt er doch die Stätten der Willkür und Verdammnis mit stets geputzten Stiefeln, und saß in den Versammlungen der Bürger immer in der ersten Reihe. Mal als Schurke in korrupter Verbundenheit mit der Gewalt, mal als Anker der Braven im Sturm.
28.05.2021, 02:29
Klasse !
28.05.2021, 06:44
(27.05.2021, 23:16)C8H10N4O2 schrieb:(27.05.2021, 21:04)Gast schrieb:(25.05.2021, 22:05)Julia Simon schrieb: Einführung
Der lebensältere Teil der Gesellschaft kennt die Figur des Richters, wie so vieles, aus den Wildwestfilmen unserer Jugend. Der Name des Richters war dort meist "Richter" (seltener "Richter Sowieso"). Der Richter war grauhaarig, also undefinierbar alt, trug einen Anzug mit Uhrkette und verstand aus vielerlei Gründen fast alles vom Leben, den Weibern und dem Whiskey. Er hatte – wenn auch korrumpiert vom örtlichen Viehbaron, dem frühen Tod der Gattin oder Johnnie Walker, dem Wolfsbruder in den Nächten der Wüste – einen untrüglichen Sinn für das Richtige und Gerechte: Am Ende tat er es, oder zerbrach an seiner Unfähigkeit, es zu tun. Akten lesend sah man ihn eigentlich nie. Er spazierte über die Holzgehwege seines "Stadt" geheißenen Kaffs oder saß im Gerichtssaal. An beiden Orten gleichermaßen führte er Reden über Recht, Ordnung und Gerechtigkeit. Nicht selten hatte er mindestens eine schöne Tochter.
Exposition
Inzwischen ist die allgemeine Kenntnis der Ikonografie des amerikanischen Wildwestfilms so löcherig wie in der Generation zuvor diejenige der Ilias und der Odyssee. Ich aber will dennoch vom Richter des Wilden Westens sprechen. Die meisten Zuschauer dürften diesem Charakter nämlich nicht genügend Aufmerksamkeit und Liebe geschenkt haben. Immerzu waren ihnen, aus durchsichtigen Gründen, einsame Rächer wichtiger oder siegreiche Apachen, die sehnsüchtig-weiße Tochter des Viehbarons oder die haltlos-glutäugige mexikanische Haushälterin.
Bedauerlich für den Richter. Durchschritt er doch die Stätten der Willkür und Verdammnis mit stets geputzten Stiefeln, und saß in den Versammlungen der Bürger immer in der ersten Reihe. Mal als Schurke in korrupter Verbundenheit mit der Gewalt, mal als Anker der Braven im Sturm.
Das ist doch ein reiner Thomas Fischer oder?
Vom Schreibstil würde es passen:)