25.05.2021, 12:20
in der Justiz sind die wahren Low Perfomer die mit langer Arbeitszeit. Kriegt ja jeder gleich viel Arbeit.
25.05.2021, 12:36
Mir geht es in einer GK ähnlich. Ich will merken Arbeit gut machen und das erledigt bekommen, was nötig ist. Partner werden? Kein Interesse! Ich gehe abends mit nem guten Gewissen nach Hause, weil ich weiß, dass ich alles gut mache. Das Problem: man wirkt im Vergleich zu allen anderen extrem unmotiviert.
25.05.2021, 13:13
Schon mal darüber nachgedacht, dass es ohne low performer auch keine Highlights performer gäbe?
25.05.2021, 13:20
Wenn man bekifft 2200 Stunden im Jahr billt oder ein abgesoffenes Dezernat in wenigen Monaten komplett saniert, ist man dann eigentlich im doppelten Sinne ein High Performer? Frage für nen Freund
25.05.2021, 14:18
Wir hören jetzt bitte auf das Wort Workaholic mit High Performer zu ersetzen und machen einfach gute Arbeit ohne daran zu ersticken.
Perfectly balanced, as all things should be
Perfectly balanced, as all things should be
25.05.2021, 17:31
(25.05.2021, 08:54)Fritzle schrieb:(24.05.2021, 20:54)Gast schrieb: Hallo,
ich habe vor einigen Monaten als Richter angefangen und habe schnell gemerkt, dass ich etwas desillusioniert bin. Schlechte Ausstattung, von Beginn an absurder Fokus auf Erledigungszahlen, ein anstrengender Präsident, man ist eigentlich nur ein besserer Sachbearbeiter. Trotzdem sehe ich auch die Vorteile des Berufs: relativ freie Zeiteinteilung, richterliche Unabhängigkeit, wenn man wie ich auf dem Land lebt durchaus passable Bezahlung, Verhandlungen machen mir Spaß.
Zu Beginn meiner Tätigkeit war ich der Meinung, unbedingt „Karriere“ machen zu wollen. Mittlerweile denke ich mir: mein Beruf ist nicht meine Berufung sondern eben einfach nur mein Beruf, er bringt mir Geld. Ich möchte meine Arbeit gut machen, aber auch nicht mehr machen als nötig. Anders als meine Proberichter-Kollegen reizt mich eine Abordnung null und ich will auch niemanden mit meiner Tätigkeit beeindrucken. Anders als die anderen Proberichter sitze ich auch nicht von morgens bis abends im Büro und arbeite auch nicht am Wochenende. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe als Proberichter an, ein völlig abgesoffenes Dezernat, das mit zugeteilt wurde, in einem Jahr zu sanieren.
Kurzum: ich möchte natürlich meinen Job gut und „richtig“ machen, bin aber gleichzeitig eher ein Low Performer. Und fühle mich damit ganz gut.
Wie geht es euch als Richter? Ich habe ein bisschen das Gefühl ich müsste mich schlecht fühlen, weil ich nur von 9-17 Uhr arbeiten will, mich Abordnungen nicht interessieren und ich einfach nur auf meine Verplanung warte, damit mir dann niemand mehr was kann.
Beste Grüße
Du schreibst ja, zu Beginn deiner Tätigkeit hattest du noch Ambitionen. Du machst mittlerweile aber mehr oder weniger nur noch Dienst nach Vorschrift.
Die Frage ist daher, ob du das jetzt wirklich die nächsten 30 Jahre so weiter machen willst? Oder dir doch was anderes suchst? Es gibt leider zu viele Richter, die keinen Bock mehr haben. Und dafür ist es bei dir definitiv zu früh.
Mir gefällt der Beruf. Ich mag die richterliche Unabhängigkeit, mir machen Verhandlungen Spaß und die Besoldung ist für mich mehr als ausreichen. Und bisher habe ich für meine Tätigkeit positives Feedback bekommen.
Dass es auch die nächsten 30 Jahre „nur“ Dienst nach Vorschrift ist stört mich so erstmal nicht, weil ich meine Lebensmotivation nicht aus meinem Job, sondern aus meinen Hobbys und meinen Ehrenamt ziehe.
Der Beruf ist für mich allerdings nur ein Beruf und keine Berufung. Das ist für mich aber jedenfalls jetzt noch völlig ok, weil die Vorteile überwiegen und ich, wie gesagt, mein Glück aus anderem ziehe.
Erste Infos zum Bewerbungsverfahren für den Justizdienst findest Du auf den Richter-Infoseiten von Juristenkoffer.de:
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
25.05.2021, 17:38
Meine Tätigkeit als Richter ist für mich auch Berufung, aber trotzdem bin ich in eigener Sache nun auch nicht bereit, über unverhältnismäßige Zeiträume dies außer Verhältnis zu der mit dem Amt verbundenen Vergütung und dem, was der Dienstherr erwarten darf - nämlich dass das dezernat in der Regelarbeitszeit von ca 40 Std eines Beamten gehandhabt werden kann - zu stellen.
25.05.2021, 17:51
(25.05.2021, 17:38)Gast schrieb: Meine Tätigkeit als Richter ist für mich auch Berufung, aber trotzdem bin ich in eigener Sache nun auch nicht bereit, über unverhältnismäßige Zeiträume dies außer Verhältnis zu der mit dem Amt verbundenen Vergütung und dem, was der Dienstherr erwarten darf - nämlich dass das dezernat in der Regelarbeitszeit von ca 40 Std eines Beamten gehandhabt werden kann - zu stellen.
25.05.2021, 22:05
Einführung
Der lebensältere Teil der Gesellschaft kennt die Figur des Richters, wie so vieles, aus den Wildwestfilmen unserer Jugend. Der Name des Richters war dort meist "Richter" (seltener "Richter Sowieso"). Der Richter war grauhaarig, also undefinierbar alt, trug einen Anzug mit Uhrkette und verstand aus vielerlei Gründen fast alles vom Leben, den Weibern und dem Whiskey. Er hatte – wenn auch korrumpiert vom örtlichen Viehbaron, dem frühen Tod der Gattin oder Johnnie Walker, dem Wolfsbruder in den Nächten der Wüste – einen untrüglichen Sinn für das Richtige und Gerechte: Am Ende tat er es, oder zerbrach an seiner Unfähigkeit, es zu tun. Akten lesend sah man ihn eigentlich nie. Er spazierte über die Holzgehwege seines "Stadt" geheißenen Kaffs oder saß im Gerichtssaal. An beiden Orten gleichermaßen führte er Reden über Recht, Ordnung und Gerechtigkeit. Nicht selten hatte er mindestens eine schöne Tochter.
Exposition
Inzwischen ist die allgemeine Kenntnis der Ikonografie des amerikanischen Wildwestfilms so löcherig wie in der Generation zuvor diejenige der Ilias und der Odyssee. Ich aber will dennoch vom Richter des Wilden Westens sprechen. Die meisten Zuschauer dürften diesem Charakter nämlich nicht genügend Aufmerksamkeit und Liebe geschenkt haben. Immerzu waren ihnen, aus durchsichtigen Gründen, einsame Rächer wichtiger oder siegreiche Apachen, die sehnsüchtig-weiße Tochter des Viehbarons oder die haltlos-glutäugige mexikanische Haushälterin.
Bedauerlich für den Richter. Durchschritt er doch die Stätten der Willkür und Verdammnis mit stets geputzten Stiefeln, und saß in den Versammlungen der Bürger immer in der ersten Reihe. Mal als Schurke in korrupter Verbundenheit mit der Gewalt, mal als Anker der Braven im Sturm.
Der lebensältere Teil der Gesellschaft kennt die Figur des Richters, wie so vieles, aus den Wildwestfilmen unserer Jugend. Der Name des Richters war dort meist "Richter" (seltener "Richter Sowieso"). Der Richter war grauhaarig, also undefinierbar alt, trug einen Anzug mit Uhrkette und verstand aus vielerlei Gründen fast alles vom Leben, den Weibern und dem Whiskey. Er hatte – wenn auch korrumpiert vom örtlichen Viehbaron, dem frühen Tod der Gattin oder Johnnie Walker, dem Wolfsbruder in den Nächten der Wüste – einen untrüglichen Sinn für das Richtige und Gerechte: Am Ende tat er es, oder zerbrach an seiner Unfähigkeit, es zu tun. Akten lesend sah man ihn eigentlich nie. Er spazierte über die Holzgehwege seines "Stadt" geheißenen Kaffs oder saß im Gerichtssaal. An beiden Orten gleichermaßen führte er Reden über Recht, Ordnung und Gerechtigkeit. Nicht selten hatte er mindestens eine schöne Tochter.
Exposition
Inzwischen ist die allgemeine Kenntnis der Ikonografie des amerikanischen Wildwestfilms so löcherig wie in der Generation zuvor diejenige der Ilias und der Odyssee. Ich aber will dennoch vom Richter des Wilden Westens sprechen. Die meisten Zuschauer dürften diesem Charakter nämlich nicht genügend Aufmerksamkeit und Liebe geschenkt haben. Immerzu waren ihnen, aus durchsichtigen Gründen, einsame Rächer wichtiger oder siegreiche Apachen, die sehnsüchtig-weiße Tochter des Viehbarons oder die haltlos-glutäugige mexikanische Haushälterin.
Bedauerlich für den Richter. Durchschritt er doch die Stätten der Willkür und Verdammnis mit stets geputzten Stiefeln, und saß in den Versammlungen der Bürger immer in der ersten Reihe. Mal als Schurke in korrupter Verbundenheit mit der Gewalt, mal als Anker der Braven im Sturm.
25.05.2021, 22:16
Lieber TE,
du liegst völlig falsch, wenn du deine Arbeitshaltung als low Performing einschätzt. Denn die Justiz braucht genau solche Richter wie dich, und zwar ganz viele!
Fakt ist: Nicht für jeden R1 gibt es eine R2-Stelle, daher müssen gut und gerne 2/3 der R1-Richter auch als R1 in Pension gehen. Gäbe es nur höher-schneller-weiter-Richter, dann würde das ganze nicht funktionieren!
Das, was du beschreibst, hat auch inhaltlich mit low Performing nichts zu tun, und ist auch nicht das, was mit „Dienst nach Vorschrift“ üblicherweise gemeint ist. Du scheinst solide Rechtsprechungsarbeit zu leisten, und erfüllst damit den Anspruch der Menschen auf effektiven Rechtsschutz.
Ich habe Kollegen getroffen, auf die diese Bezeichnung tatsächlich gepasst hätte, das waren Leute, die sich in das Präsidium haben wählen lassen, um bei jedem neuen Proberichter am Gericht zu versuchen, diesem die ältesten und unangenehmsten Akten abzudrücken, erst und nur bei der Durchforstung der Statistik nach diesen Heulern haben derartige Kollegen ein beachtliches Maß an Fleiß an den Tag gelegt!
Also: Man kann auch als ganz normaler R1-Richter mit einer soliden Arbeit ein geglücktes Leben leben, und muss dann nach Pensionierung nicht auf dem
Gang des Gerichts rumlungern, weil man mangels anderer Lebensinhalte nicht loslassen kann.
du liegst völlig falsch, wenn du deine Arbeitshaltung als low Performing einschätzt. Denn die Justiz braucht genau solche Richter wie dich, und zwar ganz viele!
Fakt ist: Nicht für jeden R1 gibt es eine R2-Stelle, daher müssen gut und gerne 2/3 der R1-Richter auch als R1 in Pension gehen. Gäbe es nur höher-schneller-weiter-Richter, dann würde das ganze nicht funktionieren!
Das, was du beschreibst, hat auch inhaltlich mit low Performing nichts zu tun, und ist auch nicht das, was mit „Dienst nach Vorschrift“ üblicherweise gemeint ist. Du scheinst solide Rechtsprechungsarbeit zu leisten, und erfüllst damit den Anspruch der Menschen auf effektiven Rechtsschutz.
Ich habe Kollegen getroffen, auf die diese Bezeichnung tatsächlich gepasst hätte, das waren Leute, die sich in das Präsidium haben wählen lassen, um bei jedem neuen Proberichter am Gericht zu versuchen, diesem die ältesten und unangenehmsten Akten abzudrücken, erst und nur bei der Durchforstung der Statistik nach diesen Heulern haben derartige Kollegen ein beachtliches Maß an Fleiß an den Tag gelegt!
Also: Man kann auch als ganz normaler R1-Richter mit einer soliden Arbeit ein geglücktes Leben leben, und muss dann nach Pensionierung nicht auf dem
Gang des Gerichts rumlungern, weil man mangels anderer Lebensinhalte nicht loslassen kann.