26.11.2020, 12:06
(26.11.2020, 11:50)Gast schrieb:(26.11.2020, 09:33)Gast schrieb: Seit über einem Jahr Richter am LG, Arbeitszeit von Beginn an 50 Stunden netto (mehr geht mMn auf Dauer nicht), und ziemlich unzufrieden.
Bemerkenswert empfinde ich den Hinweis mancher hier, man solle "5 gerade sein lassen". Dass der Überlastung deutscher Gerichte dadurch begegnet werden soll, dass man ungenauer arbeitet, erscheint mir fast schon als Angriff auf den Rechtsstaat.
Das Problem könnte man regeln, indem man mehr Richter einstellt. Und dieser fadenscheinige Hinweis, es wären nicht genug qualifizierte Bewerber am Markt, macht mich auch zunehmend wütend. Als ob jemand mit einem gehobenen befriedigend nicht Richter sein könnte.
Da muss langsam etwas kommen!
Naja in Nds ist die Grenze bei 8. Der Vorsitzende vom LG meinte er habe schon Bewerber mit 0.05P zu wenig aus diesem formalen Grund ablehnen müssen.
Entweder ihr fangt an euch ans Justizministerium zu wenden oder ihr könnt diese Debatten auch einfach sein lassen. Wofür ist der Deutsche Richterbund eigentlich da?
"Der Vorsitzende vom LG" lehnt bestimmt niemanden ab.
26.11.2020, 12:39
(25.11.2020, 20:37)Gast schrieb:(25.11.2020, 20:27)Proberichter aus Hessen schrieb: Nachdem in verschiedenen Threads die Erfahrungen in und mit der Justiz immer wieder Thema wurden, ohne da immer hinzupassen, sollen hier mal die entsprechenden Erfahrungen im Mittelpunkt stehen. Verdient hat es das Thema allemal.
Spannende Informationen wären:
Welches Bundesland?
Welches Gericht/Gerichtsbarkeit?
Dezernatszuschnitt?
Seit wann dabei?
Wie ist man derzeit aufgestellt?
Ich mache den Anfang:
Proberichter seit fast zwei Jahren in Hessen
Amtsgericht
Familien- und Strafsachen
Aktueller Status: Genervt!
Wenn Du schon nen eigenen Thread aufmachst, wäre es doch interessant, wenn Du selbst mal ein paar mehr Informationen mitteilst und ausführst, was Dich nervt.
Ich wollte Zivilsachen am LG machen. Nach einem Jahr Strafsachen am AG bekam ich zur Hälfte Familiensachen. Die Zivilkollegen verstecken sich mit 128 ZPO im Homeoffice und ich komme um 16h aus meiner Strafsitzung und finde zwei Rotdeckel mit EA-Anträgen vor, um zwei Tage später Kinder mit Rotznasen anzuhören und mich stundenlang mit den Eltern um einen Vergleich zu prügeln, bei dem - oh Wunder - die Interessen der Eltern nicht im Vordergrund stehen. Das Präsidium juckt das nicht, aber ich weiß jetzt schon, was im April passieren wird: Das Präsidium wird aufwachen vor lauter Gebrüll der abgesoffenen Zivilkollegen und deren Akten auf alle umverteilen, so dass ich dann Straf-, Familien- und Zivilsachen bearbeiten werde.
Hinzu kommt der Eildienst, der in diesen Zeiten völlig spaßfrei ist, und außer abgelaufenen FFP2-Masken gibt es null Support.
Nachwuchswerbung allein bringt nichts, wenn danach keine Nachwuchsnichtverbrennung folgt, Entlastung zu Beginn gabs übrigens auch keine, direkt 100% Dezernat.
26.11.2020, 12:57
(26.11.2020, 12:39)Proberichter aus Hessen schrieb:(25.11.2020, 20:37)Gast schrieb:(25.11.2020, 20:27)Proberichter aus Hessen schrieb: Nachdem in verschiedenen Threads die Erfahrungen in und mit der Justiz immer wieder Thema wurden, ohne da immer hinzupassen, sollen hier mal die entsprechenden Erfahrungen im Mittelpunkt stehen. Verdient hat es das Thema allemal.
Spannende Informationen wären:
Welches Bundesland?
Welches Gericht/Gerichtsbarkeit?
Dezernatszuschnitt?
Seit wann dabei?
Wie ist man derzeit aufgestellt?
Ich mache den Anfang:
Proberichter seit fast zwei Jahren in Hessen
Amtsgericht
Familien- und Strafsachen
Aktueller Status: Genervt!
Wenn Du schon nen eigenen Thread aufmachst, wäre es doch interessant, wenn Du selbst mal ein paar mehr Informationen mitteilst und ausführst, was Dich nervt.
Ich wollte Zivilsachen am LG machen. Nach einem Jahr Strafsachen am AG bekam ich zur Hälfte Familiensachen. Die Zivilkollegen verstecken sich mit 128 ZPO im Homeoffice und ich komme um 16h aus meiner Strafsitzung und finde zwei Rotdeckel mit EA-Anträgen vor, um zwei Tage später Kinder mit Rotznasen anzuhören und mich stundenlang mit den Eltern um einen Vergleich zu prügeln, bei dem - oh Wunder - die Interessen der Eltern nicht im Vordergrund stehen. Das Präsidium juckt das nicht, aber ich weiß jetzt schon, was im April passieren wird: Das Präsidium wird aufwachen vor lauter Gebrüll der abgesoffenen Zivilkollegen und deren Akten auf alle umverteilen, so dass ich dann Straf-, Familien- und Zivilsachen bearbeiten werde.
Hinzu kommt der Eildienst, der in diesen Zeiten völlig spaßfrei ist, und außer abgelaufenen FFP2-Masken gibt es null Support.
Nachwuchswerbung allein bringt nichts, wenn danach keine Nachwuchsnichtverbrennung folgt, Entlastung zu Beginn gabs übrigens auch keine, direkt 100% Dezernat.
Warum machst du den Job dann überhaupt noch, wenn es so scheiße ist? Es ist ja nicht so, als würde man mit den Noten, die man fürs Richteramt braucht, nicht auch locker woanders unterkommen.
26.11.2020, 13:20
(26.11.2020, 12:06)Gast schrieb:(26.11.2020, 11:50)Gast schrieb:(26.11.2020, 09:33)Gast schrieb: Seit über einem Jahr Richter am LG, Arbeitszeit von Beginn an 50 Stunden netto (mehr geht mMn auf Dauer nicht), und ziemlich unzufrieden.
Bemerkenswert empfinde ich den Hinweis mancher hier, man solle "5 gerade sein lassen". Dass der Überlastung deutscher Gerichte dadurch begegnet werden soll, dass man ungenauer arbeitet, erscheint mir fast schon als Angriff auf den Rechtsstaat.
Das Problem könnte man regeln, indem man mehr Richter einstellt. Und dieser fadenscheinige Hinweis, es wären nicht genug qualifizierte Bewerber am Markt, macht mich auch zunehmend wütend. Als ob jemand mit einem gehobenen befriedigend nicht Richter sein könnte.
Da muss langsam etwas kommen!
Naja in Nds ist die Grenze bei 8. Der Vorsitzende vom LG meinte er habe schon Bewerber mit 0.05P zu wenig aus diesem formalen Grund ablehnen müssen.
Entweder ihr fangt an euch ans Justizministerium zu wenden oder ihr könnt diese Debatten auch einfach sein lassen. Wofür ist der Deutsche Richterbund eigentlich da?
"Der Vorsitzende vom LG" lehnt bestimmt niemanden ab.
*er Berichtete uns von derartigen Ablehnungen. Das war vor über einem Jahr, dann hat er halt von seinen Kollegen berichtet.
26.11.2020, 14:02
(26.11.2020, 12:57)Gorst schrieb:(26.11.2020, 12:39)Proberichter aus Hessen schrieb:(25.11.2020, 20:37)Gast schrieb:(25.11.2020, 20:27)Proberichter aus Hessen schrieb: Nachdem in verschiedenen Threads die Erfahrungen in und mit der Justiz immer wieder Thema wurden, ohne da immer hinzupassen, sollen hier mal die entsprechenden Erfahrungen im Mittelpunkt stehen. Verdient hat es das Thema allemal.
Spannende Informationen wären:
Welches Bundesland?
Welches Gericht/Gerichtsbarkeit?
Dezernatszuschnitt?
Seit wann dabei?
Wie ist man derzeit aufgestellt?
Ich mache den Anfang:
Proberichter seit fast zwei Jahren in Hessen
Amtsgericht
Familien- und Strafsachen
Aktueller Status: Genervt!
Wenn Du schon nen eigenen Thread aufmachst, wäre es doch interessant, wenn Du selbst mal ein paar mehr Informationen mitteilst und ausführst, was Dich nervt.
Ich wollte Zivilsachen am LG machen. Nach einem Jahr Strafsachen am AG bekam ich zur Hälfte Familiensachen. Die Zivilkollegen verstecken sich mit 128 ZPO im Homeoffice und ich komme um 16h aus meiner Strafsitzung und finde zwei Rotdeckel mit EA-Anträgen vor, um zwei Tage später Kinder mit Rotznasen anzuhören und mich stundenlang mit den Eltern um einen Vergleich zu prügeln, bei dem - oh Wunder - die Interessen der Eltern nicht im Vordergrund stehen. Das Präsidium juckt das nicht, aber ich weiß jetzt schon, was im April passieren wird: Das Präsidium wird aufwachen vor lauter Gebrüll der abgesoffenen Zivilkollegen und deren Akten auf alle umverteilen, so dass ich dann Straf-, Familien- und Zivilsachen bearbeiten werde.
Hinzu kommt der Eildienst, der in diesen Zeiten völlig spaßfrei ist, und außer abgelaufenen FFP2-Masken gibt es null Support.
Nachwuchswerbung allein bringt nichts, wenn danach keine Nachwuchsnichtverbrennung folgt, Entlastung zu Beginn gabs übrigens auch keine, direkt 100% Dezernat.
Warum machst du den Job dann überhaupt noch, wenn es so scheiße ist? Es ist ja nicht so, als würde man mit den Noten, die man fürs Richteramt braucht, nicht auch locker woanders unterkommen.
Im Wesentlichen: um zu verhindern, dass Leute diesen Job machen, die 5 gerade sein lassen, weil man das den Angeklagten und den Kindern nicht antun kann.
Auch der Verweis auf die nächste Instanz führt da nicht weiter, da Kinder keine Diesel-Schadensersatzansprüche sind, und bis zu einer Entscheidung des OLG im Rechtsmittel Monate bis Jahre vergehen können, und ein Kontaktabbruch bis dahin schwere Schäden zur Folge haben kann.
26.11.2020, 15:03
(26.11.2020, 14:02)Proberichter aus Hessen schrieb:(26.11.2020, 12:57)Gorst schrieb:(26.11.2020, 12:39)Proberichter aus Hessen schrieb:(25.11.2020, 20:37)Gast schrieb:(25.11.2020, 20:27)Proberichter aus Hessen schrieb: Nachdem in verschiedenen Threads die Erfahrungen in und mit der Justiz immer wieder Thema wurden, ohne da immer hinzupassen, sollen hier mal die entsprechenden Erfahrungen im Mittelpunkt stehen. Verdient hat es das Thema allemal.
Spannende Informationen wären:
Welches Bundesland?
Welches Gericht/Gerichtsbarkeit?
Dezernatszuschnitt?
Seit wann dabei?
Wie ist man derzeit aufgestellt?
Ich mache den Anfang:
Proberichter seit fast zwei Jahren in Hessen
Amtsgericht
Familien- und Strafsachen
Aktueller Status: Genervt!
Wenn Du schon nen eigenen Thread aufmachst, wäre es doch interessant, wenn Du selbst mal ein paar mehr Informationen mitteilst und ausführst, was Dich nervt.
Ich wollte Zivilsachen am LG machen. Nach einem Jahr Strafsachen am AG bekam ich zur Hälfte Familiensachen. Die Zivilkollegen verstecken sich mit 128 ZPO im Homeoffice und ich komme um 16h aus meiner Strafsitzung und finde zwei Rotdeckel mit EA-Anträgen vor, um zwei Tage später Kinder mit Rotznasen anzuhören und mich stundenlang mit den Eltern um einen Vergleich zu prügeln, bei dem - oh Wunder - die Interessen der Eltern nicht im Vordergrund stehen. Das Präsidium juckt das nicht, aber ich weiß jetzt schon, was im April passieren wird: Das Präsidium wird aufwachen vor lauter Gebrüll der abgesoffenen Zivilkollegen und deren Akten auf alle umverteilen, so dass ich dann Straf-, Familien- und Zivilsachen bearbeiten werde.
Hinzu kommt der Eildienst, der in diesen Zeiten völlig spaßfrei ist, und außer abgelaufenen FFP2-Masken gibt es null Support.
Nachwuchswerbung allein bringt nichts, wenn danach keine Nachwuchsnichtverbrennung folgt, Entlastung zu Beginn gabs übrigens auch keine, direkt 100% Dezernat.
Warum machst du den Job dann überhaupt noch, wenn es so scheiße ist? Es ist ja nicht so, als würde man mit den Noten, die man fürs Richteramt braucht, nicht auch locker woanders unterkommen.
Im Wesentlichen: um zu verhindern, dass Leute diesen Job machen, die 5 gerade sein lassen, weil man das den Angeklagten und den Kindern nicht antun kann.
Auch der Verweis auf die nächste Instanz führt da nicht weiter, da Kinder keine Diesel-Schadensersatzansprüche sind, und bis zu einer Entscheidung des OLG im Rechtsmittel Monate bis Jahre vergehen können, und ein Kontaktabbruch bis dahin schwere Schäden zur Folge haben kann.
Danke für deinen Einsatz. Aber pass auf dich auf, wenn du in paar Jahren ausgebrannt bist, hilft das auch niemandem. Leider baut man wohl darauf, dass es viele Idealisten wie dich gibt, anstatt den Einsatz dadurch anzuerkennen, dass man für Entlastung sorgt.
26.11.2020, 15:33
Wenn man einen scheiß Job nur macht, damit nicht noch ungeeignetere den Job mache, mit welcher Berechtigung jammert man dann über diesen Job? Sry, aber mir fehlt dafür jede Verständnis
26.11.2020, 16:20
Ich bin erst seit einem Monat dabei, also vielleicht noch nicht so schrecklich aussagekräftig, aber ich versuchs trotzdem mal:
Ich wollte eigentlich auch am liebsten Zivilrecht LG und bin jetzt im Strafrecht am AG, aber mir gefällt es trotzdem gut bis jetzt. Mein Dezernat ist ziemlich abgesoffen, aber ich sehe das so, dass ich dann eigentlich nur eine Verbesserung darstellen kann und versuche, mich davon nicht zu sehr stressen zu lassen. Die Gefahr, vor lauter Terminierungen zu nichts anderem mehr zu kommen, habe ich bereits deswegen nicht, weil bei uns corona-bedingt die Sääle rar sind. Es ist natürlich extrem ungeil, wenn Verhandlungen super lange nach den Taten stattfinden, aber ich kann da auch nicht zaubern.
Ich schätze, ich bin im Moment bei maximal 45 Stunden pro Woche, wobei ich da schon einiges der Altverfahren aufarbeite (vor allem die vielen Sachen, die im Moment eh nicht terminiert werden müssen, Strafbefehle etc), habe aber gerade aber auch noch den großen Vorteil, dass ich mein Dezernat im Moment nur zu 3/4 bearbeite und mein Vorgänger noch den Rest macht.
Ausschlagkräftig ist für mich aber vor allem auch, dass die Stimmung bei mir super ist und alle Kollegen einen ermuntern, Fragen zu stellen etc....
Ich wollte eigentlich auch am liebsten Zivilrecht LG und bin jetzt im Strafrecht am AG, aber mir gefällt es trotzdem gut bis jetzt. Mein Dezernat ist ziemlich abgesoffen, aber ich sehe das so, dass ich dann eigentlich nur eine Verbesserung darstellen kann und versuche, mich davon nicht zu sehr stressen zu lassen. Die Gefahr, vor lauter Terminierungen zu nichts anderem mehr zu kommen, habe ich bereits deswegen nicht, weil bei uns corona-bedingt die Sääle rar sind. Es ist natürlich extrem ungeil, wenn Verhandlungen super lange nach den Taten stattfinden, aber ich kann da auch nicht zaubern.
Ich schätze, ich bin im Moment bei maximal 45 Stunden pro Woche, wobei ich da schon einiges der Altverfahren aufarbeite (vor allem die vielen Sachen, die im Moment eh nicht terminiert werden müssen, Strafbefehle etc), habe aber gerade aber auch noch den großen Vorteil, dass ich mein Dezernat im Moment nur zu 3/4 bearbeite und mein Vorgänger noch den Rest macht.
Ausschlagkräftig ist für mich aber vor allem auch, dass die Stimmung bei mir super ist und alle Kollegen einen ermuntern, Fragen zu stellen etc....
26.11.2020, 16:49
Also seitdem ich hier im Forum mitlese bekomme ich den Eindruck der Richterjob ist der absolute Horror...
26.11.2020, 16:51