09.09.2020, 11:23
Ich mag es nicht, wenn pauschal über das zweite Examen gesagt wird, es erfordere eine "praxistaugliche" Lösung. Was soll das überhaupt bedeuten? Und vor allem: was ist der konkrete Unterschied zum ersten Examen?
Teilweise wird insoweit auf das Fertigwerden und die korrekten Formalia verwiesen. Aber dass man fertig werden und nichts "Falsches" (sei es inhaltlich oder formal) schreiben sollte, gilt ja auch für das erste Examen. Anders gesagt: nicht jede formal fehlerfreie und fertige Arbeit wird gut bewertet, die Praxistauglichkeit scheint also nicht nur oder primär davon abzuhängen.
Auch der Hinweis, praxistauglich sei eine Arbeit, wenn sie keine ellenlangen Streits ausbreite, überzeugt mich nicht wirklich. Selbst im ersten Examen bekommt man die besten Noten, wenn man den konkreten Fall umfassend argumentativ würdigt. "eine meinung sagt... Die andere..." wird eher in Hausarbeiten verlangt oder höchstens im Strafrecht. Das ist aber nichts anderes als die sog Eindringtiefe im zweiten Examen.
Ich selbst würde sagen, die Besonderheiten des zweiten Examen ls im Hinblick auf die Gewichtung in der Korrektur sind vor allem:
1. Die Klausur muss sprachlich so klingen wie sich der Korrektor das vorstellt.
2. Schwerpunktsetzung und Ergebnis müssen möglichst der Lösungsskizze entsprechen bzw dem, was der Korrektor für richtig hält.
Teilweise wird insoweit auf das Fertigwerden und die korrekten Formalia verwiesen. Aber dass man fertig werden und nichts "Falsches" (sei es inhaltlich oder formal) schreiben sollte, gilt ja auch für das erste Examen. Anders gesagt: nicht jede formal fehlerfreie und fertige Arbeit wird gut bewertet, die Praxistauglichkeit scheint also nicht nur oder primär davon abzuhängen.
Auch der Hinweis, praxistauglich sei eine Arbeit, wenn sie keine ellenlangen Streits ausbreite, überzeugt mich nicht wirklich. Selbst im ersten Examen bekommt man die besten Noten, wenn man den konkreten Fall umfassend argumentativ würdigt. "eine meinung sagt... Die andere..." wird eher in Hausarbeiten verlangt oder höchstens im Strafrecht. Das ist aber nichts anderes als die sog Eindringtiefe im zweiten Examen.
Ich selbst würde sagen, die Besonderheiten des zweiten Examen ls im Hinblick auf die Gewichtung in der Korrektur sind vor allem:
1. Die Klausur muss sprachlich so klingen wie sich der Korrektor das vorstellt.
2. Schwerpunktsetzung und Ergebnis müssen möglichst der Lösungsskizze entsprechen bzw dem, was der Korrektor für richtig hält.
09.09.2020, 11:28
Ergänzung: "praxistauglich" heist übrigens auch nicht, "ähnelt einem vergleichbaren Produkt, also etwa Urteil, aus der echten Praxis", da im Examen gerade teilweise viel verlangt wird, was in der echten Praxis schlicht weggelassen wird.
09.09.2020, 11:30
Praxistauglich bedeutet vor allem vollständig. Wenn du ein super umfassendes, gut formuliertes Urteil schreibst, aber den Tenor vergisst, dann ist dein Urteil nicht praxistauglich. Wenn der Tenor nicht vollstreckbar ist, ist dein Urteil nicht praxistauglich. Wenn du in der StA Klausur die Unterschriften vergisst, sind Anklage und Verfügung nicht praxistauglich.
Bei einem sehr ordentlichen Urteil wird man dich nicht deswegen durchfallen lassen, weil der Tenor unvollständig und damit nicht praxistauglich ist (zB. Klageabweisung im Übrigen fehlt oder VU nicht aufgehoben). Aber es ist eben eine praxisuntaugliche Leistung, was je nach Korrektor durchaus Abzüge bringt oder eben der Genickschuss ist, wenn der Rest nicht gut ist.
Im ersten Examen konnte man mMn dadurch glänzen, dass man Schwerpunkte gut ausgeführt hat, Ansichten dargestellt und abgewogen hat und den Streit nicht richtig aber überzeugend entschieden hat. Im zweiten kommt es darauf viel weniger an sondern viel mehr auf Praxistauglichkeit, Vollständigkeit, knappe, prägnante Darstellung die aber trotzdem an passender Stelle Eindringungstiefe haben soll, wobei man am Ende im Idealfall die Meinung der Rspr trifft (oder mit Hilfe des Kommentars annimmt).
Im Übrigen fand ich die Zeitproblematik im zweiten Examen am schlimmsten, schlimmer als im ersten.
Bei einem sehr ordentlichen Urteil wird man dich nicht deswegen durchfallen lassen, weil der Tenor unvollständig und damit nicht praxistauglich ist (zB. Klageabweisung im Übrigen fehlt oder VU nicht aufgehoben). Aber es ist eben eine praxisuntaugliche Leistung, was je nach Korrektor durchaus Abzüge bringt oder eben der Genickschuss ist, wenn der Rest nicht gut ist.
Im ersten Examen konnte man mMn dadurch glänzen, dass man Schwerpunkte gut ausgeführt hat, Ansichten dargestellt und abgewogen hat und den Streit nicht richtig aber überzeugend entschieden hat. Im zweiten kommt es darauf viel weniger an sondern viel mehr auf Praxistauglichkeit, Vollständigkeit, knappe, prägnante Darstellung die aber trotzdem an passender Stelle Eindringungstiefe haben soll, wobei man am Ende im Idealfall die Meinung der Rspr trifft (oder mit Hilfe des Kommentars annimmt).
Im Übrigen fand ich die Zeitproblematik im zweiten Examen am schlimmsten, schlimmer als im ersten.
09.09.2020, 14:20
(09.09.2020, 11:30)Gast schrieb: Praxistauglich bedeutet vor allem vollständig. Wenn du ein super umfassendes, gut formuliertes Urteil schreibst, aber den Tenor vergisst, dann ist dein Urteil nicht praxistauglich. Wenn der Tenor nicht vollstreckbar ist, ist dein Urteil nicht praxistauglich. Wenn du in der StA Klausur die Unterschriften vergisst, sind Anklage und Verfügung nicht praxistauglich.Wenn man als Staatsanwalt die Unterschriften vergisst, dann schickt einem das die Geschäftsstelle oder spätestens das Gericht zurück mit dem Hinweis auf die fehlende Unterschrift. Das führt doch nicht zur Praxisuntauglichkeit ??
Bei einem sehr ordentlichen Urteil wird man dich nicht deswegen durchfallen lassen, weil der Tenor unvollständig und damit nicht praxistauglich ist (zB. Klageabweisung im Übrigen fehlt oder VU nicht aufgehoben). Aber es ist eben eine praxisuntaugliche Leistung, was je nach Korrektor durchaus Abzüge bringt oder eben der Genickschuss ist, wenn der Rest nicht gut ist.
Im ersten Examen konnte man mMn dadurch glänzen, dass man Schwerpunkte gut ausgeführt hat, Ansichten dargestellt und abgewogen hat und den Streit nicht richtig aber überzeugend entschieden hat. Im zweiten kommt es darauf viel weniger an sondern viel mehr auf Praxistauglichkeit, Vollständigkeit, knappe, prägnante Darstellung die aber trotzdem an passender Stelle Eindringungstiefe haben soll, wobei man am Ende im Idealfall die Meinung der Rspr trifft (oder mit Hilfe des Kommentars annimmt).
Im Übrigen fand ich die Zeitproblematik im zweiten Examen am schlimmsten, schlimmer als im ersten.
09.09.2020, 14:21
?? = :finna: :finna:
09.09.2020, 15:13
09.09.2020, 15:30
Die beiden „??“ oben sollten eigentlich Lachsmilies sein ;)
09.09.2020, 18:04
(09.09.2020, 14:20)Gast schrieb:(09.09.2020, 11:30)Gast schrieb: Praxistauglich bedeutet vor allem vollständig. Wenn du ein super umfassendes, gut formuliertes Urteil schreibst, aber den Tenor vergisst, dann ist dein Urteil nicht praxistauglich. Wenn der Tenor nicht vollstreckbar ist, ist dein Urteil nicht praxistauglich. Wenn du in der StA Klausur die Unterschriften vergisst, sind Anklage und Verfügung nicht praxistauglich.Wenn man als Staatsanwalt die Unterschriften vergisst, dann schickt einem das die Geschäftsstelle oder spätestens das Gericht zurück mit dem Hinweis auf die fehlende Unterschrift. Das führt doch nicht zur Praxisuntauglichkeit ??
Bei einem sehr ordentlichen Urteil wird man dich nicht deswegen durchfallen lassen, weil der Tenor unvollständig und damit nicht praxistauglich ist (zB. Klageabweisung im Übrigen fehlt oder VU nicht aufgehoben). Aber es ist eben eine praxisuntaugliche Leistung, was je nach Korrektor durchaus Abzüge bringt oder eben der Genickschuss ist, wenn der Rest nicht gut ist.
Im ersten Examen konnte man mMn dadurch glänzen, dass man Schwerpunkte gut ausgeführt hat, Ansichten dargestellt und abgewogen hat und den Streit nicht richtig aber überzeugend entschieden hat. Im zweiten kommt es darauf viel weniger an sondern viel mehr auf Praxistauglichkeit, Vollständigkeit, knappe, prägnante Darstellung die aber trotzdem an passender Stelle Eindringungstiefe haben soll, wobei man am Ende im Idealfall die Meinung der Rspr trifft (oder mit Hilfe des Kommentars annimmt).
Im Übrigen fand ich die Zeitproblematik im zweiten Examen am schlimmsten, schlimmer als im ersten.
So die Aussage unserer AG Leiter. Ich gehe stark davon aus, dass in der Klausur erwartetet wird, eine Lösung abzugeben, die einem in der Praxis nicht von der GS oder vom Gericht zurück geschickt wird...
09.09.2020, 18:28
Ja das mag unglücklich sein (Flüchtigkeitsfehler) aber kann doch nicht ernsthaft das Siegel „praxisuntauglich“ begründen. Gerade wenn man bedenkt, dass – wie Du annimmst – zuvor eine top Leistung im Gutachten und sogar in der Anklageschrift erbracht wurde. Eine super Arbeit ohne Unterschrift als praxisuntauglich zu bezeichnen geht - meiner Meinung - nach an der Praxis vorbei. Und ich denke das beurteilen zu können, weil ich als StA tätig war.
Im Urteil mag das sicherlich anders sein, sofern der Tenor überhaupt nicht vollstreckbar ist oder sogar ganz fehlt.
Im Urteil mag das sicherlich anders sein, sofern der Tenor überhaupt nicht vollstreckbar ist oder sogar ganz fehlt.
09.09.2020, 18:31
Wenn ein Korrektor ernsthaft wegen fehlender Unterschrift auch nur einen Punkt abzieht, ist das schlicht ein Aufgegeile an der temporären Macht über den Prüfling.
Zieht er mehr Punkte ab oder lässt gar allein aufgrunddessen durchfallen, hat er wohl grundsätzlich schwerwiegende Probleme im Leben.
Zieht er mehr Punkte ab oder lässt gar allein aufgrunddessen durchfallen, hat er wohl grundsätzlich schwerwiegende Probleme im Leben.