24.08.2020, 22:11
(24.08.2020, 19:17)Gast schrieb: Moin, ich würde mich freuen, Eure Meinungen und Einschätzungen zu lesen.
Ich bin seit einigen Monaten Staatsanwalt. Die Arbeit gefällt mir überwiegend nicht. Die Sicherheit im Job ist für mich kein Grund, an etwas festzuhalten, was mir keine Freude bereitet.
Ich werde bald 29. Mein 1. Examen ist knapp über 8 Punkte, jedoch mit deutlicher Spreizung: staatlich gerade so befriedigend, Schwerpunkt (Strafrecht) knappes gut. Zweites Examen knapp über 10 Punkte.
Ich würde also gern "raus" und bin am überlegen, nochmal die wissenschaftliche Schiene zu versuchen. Ich habe bereits einmal ein Jahr als WissMit an einer Hochschule gearbeitet, bin dann aber für die StA gegangen. Private Gründe für den einhergehenden Ortswechsel bestanden auch, weshalb ich es nicht bereue, aber die Arbeit dort hat mir bedeutend mehr Spaß gemacht.
Meint ihr, es wäre verrückt, mich auf eine aktuell ausgeschriebene Stelle zu bewerben und ggfl. anzunehmen? Mal von der Frage abgesehen, ob ich den Job bekommen würde. Wie sieht das im Lebenslauf aus?
- WissMit
- Staatsanwalt
- WissMit (+ dann Promotion)
Anschließend könnte ich mir - neben der Wissenschaft - auch eine Verbandsarbeit oder Anwaltschaft vorstellen. Dann wäre ich halt Anfang 30.
Kommt vor, ist aber bei Männern grds. kein Problem. Ich habe Freundinnen, die hatten wegen unterstellter Familienplanung trotz Top-Noten und Diss mit 30-32 bei der Jobsuche etwas Probleme, aber auch die fanden letztlich etwas. Bei mir (auch weiblich) gab es diese Schwierigkeiten nicht.
Ich habe nach dem Verbesserungsversuch im 2. Examen mit der Diss angefangen, überwiegend Vollzeit (hat trotzdem etwas länger gedauert) und hatte dann den 1. richtigen Job ca. 6 Monate vor der Beendigung der Diss. Es hat auch nie jemand gefragt, warum es mit dem Einstieg "so lange" gedauert hat oder angemerkt, dass ich für den Einstieg schon verhältnismäßig alt bin.
Die Frage ist allerdings, wie sicher Du Dir bist, dass Du das durchziehst. Momentan sieht das bei Dir etwas wechselhaft aus. Wenn Du jetzt wechselst und die Diss durchziehst, ist das ok. Wenn Du jetzt in eine WissMit Stelle wechselst und nach 1-2 Jahren keine Lust mehr auf die Diss und den Job hast, wird es vermutlich schwieriger. Achte lieber darauf, dass Du jetzt etwas nimmst, was Dir Freude macht. Ggf. "normaler Job" in Teilzeit mit Diss, was aber Disziplin erfordert. ÖD Jobs sind da aber eher schlecht für geeignet, wobei es auch nicht so klang, als ob Du da bleiben willst.
24.08.2020, 22:19
Die Examensnoten sind für eine wissenschaftliche Karriere nur mittelbar relevant (sie können andere Stationen eröffnen, die im CV gewichtige Assets sind), aber nie K.O.-Kriterium. Ich würde noch etwas länger bei der StA bleiben, dann hast Du wirklich belastbare Berufserfahrung, die dir auch im wissenschaftlichen Bereich helfen kann. Nebenbei am besten schon einmal in der Lehre was machen.
24.08.2020, 22:21
(24.08.2020, 20:45)Gast schrieb: Klar, Promotion sollte klappen. Ich habe an eine Professur gedacht. Die ist schon mit "guten" Noten nicht leicht zu kriegen..
Dass Du als Anwalt mit Promotion einen Lehrauftrag bekommen kannst, ist etwas realistischer. Eine später Honorarprofessur ist allerdings wieder Seltenheit. Jedenfalls ist das als primäres Ziel vielleicht etwas zu ambitioniert, vor allem, wenn Du bislang eher noch nicht so viel Kontinuität gezeigt hast.
24.08.2020, 22:25
Was hat eine Honorarprofessur mit Wissenschaft zu tun? :D
24.08.2020, 22:27
(24.08.2020, 19:17)Gast schrieb: Moin, ich würde mich freuen, Eure Meinungen und Einschätzungen zu lesen.
Ich bin seit einigen Monaten Staatsanwalt. Die Arbeit gefällt mir überwiegend nicht. Die Sicherheit im Job ist für mich kein Grund, an etwas festzuhalten, was mir keine Freude bereitet.
Ich werde bald 29. Mein 1. Examen ist knapp über 8 Punkte, jedoch mit deutlicher Spreizung: staatlich gerade so befriedigend, Schwerpunkt (Strafrecht) knappes gut. Zweites Examen knapp über 10 Punkte.
Ich würde also gern "raus" und bin am überlegen, nochmal die wissenschaftliche Schiene zu versuchen. Ich habe bereits einmal ein Jahr als WissMit an einer Hochschule gearbeitet, bin dann aber für die StA gegangen. Private Gründe für den einhergehenden Ortswechsel bestanden auch, weshalb ich es nicht bereue, aber die Arbeit dort hat mir bedeutend mehr Spaß gemacht.
Meint ihr, es wäre verrückt, mich auf eine aktuell ausgeschriebene Stelle zu bewerben und ggfl. anzunehmen? Mal von der Frage abgesehen, ob ich den Job bekommen würde. Wie sieht das im Lebenslauf aus?
- WissMit
- Staatsanwalt
- WissMit (+ dann Promotion)
Anschließend könnte ich mir - neben der Wissenschaft - auch eine Verbandsarbeit oder Anwaltschaft vorstellen. Dann wäre ich halt Anfang 30.
Darf man fragen, warum du raus willst aus der Justiz?
25.08.2020, 07:53
(24.08.2020, 22:19)Gast schrieb: Die Examensnoten sind für eine wissenschaftliche Karriere nur mittelbar relevant (sie können andere Stationen eröffnen, die im CV gewichtige Assets sind), aber nie K.O.-Kriterium. Ich würde noch etwas länger bei der StA bleiben, dann hast Du wirklich belastbare Berufserfahrung, die dir auch im wissenschaftlichen Bereich helfen kann. Nebenbei am besten schon einmal in der Lehre was machen.Sry. Aber das stimmt einfach nicht. Ich saß als Studentenvertretung mit in den Auswahlkommissionen für eine Uni professur. Da war niemand (!) unter VB im 1. Da zweite Examen konnte schonmal schlechter sein, war aber regelmäßig auch VB. Manche natürlich deutlich besser. Und ein befriedigend im ersten Examen wäre da ein Ausschlusskriterium gewesen, wenn man nicht wissenschaftlicher Überflieger war.
Wer Richter auf Probe bzw. Staatsanwalt werden möchte, sollte sich mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Das Karriere-Dossier ist als Print-Buch sowie als E-Book für alle 16 Bundesländer erhältlich:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
Und zur Vorbereitung auf das alles entscheidende Vorstellungsgespräch sollte man auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben.
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
Und zur Vorbereitung auf das alles entscheidende Vorstellungsgespräch sollte man auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben.
25.08.2020, 11:12
Hättw gedacht als Prof braucht man im 1. Examen ein Gut
25.08.2020, 11:20
Eine promotionsbegleitende WissMit-Stelle am Lehrstuhl ist in aller Regel eine halbe Stelle.
Da kommt man Netto bei ca. 1,3k raus. Wäre schon ein herberEinschnitt.
Wie wäre es mit StA im Hochschuldienst? Da könntest Du zu vollen Bezügen promovieren und danach evtl. den Dienst quittieren.
Allerdings wird man vermutlich nicht als junger StA an die Uni abgeordnet, sondern erst mir ein 2-3 Jahren Berufserfahrung.
Da kommt man Netto bei ca. 1,3k raus. Wäre schon ein herberEinschnitt.
Wie wäre es mit StA im Hochschuldienst? Da könntest Du zu vollen Bezügen promovieren und danach evtl. den Dienst quittieren.
Allerdings wird man vermutlich nicht als junger StA an die Uni abgeordnet, sondern erst mir ein 2-3 Jahren Berufserfahrung.
25.08.2020, 11:25
(25.08.2020, 07:53)Gast schrieb:(24.08.2020, 22:19)Gast schrieb: Die Examensnoten sind für eine wissenschaftliche Karriere nur mittelbar relevant (sie können andere Stationen eröffnen, die im CV gewichtige Assets sind), aber nie K.O.-Kriterium. Ich würde noch etwas länger bei der StA bleiben, dann hast Du wirklich belastbare Berufserfahrung, die dir auch im wissenschaftlichen Bereich helfen kann. Nebenbei am besten schon einmal in der Lehre was machen.Sry. Aber das stimmt einfach nicht. Ich saß als Studentenvertretung mit in den Auswahlkommissionen für eine Uni professur. Da war niemand (!) unter VB im 1. Da zweite Examen konnte schonmal schlechter sein, war aber regelmäßig auch VB. Manche natürlich deutlich besser. Und ein befriedigend im ersten Examen wäre da ein Ausschlusskriterium gewesen, wenn man nicht wissenschaftlicher Überflieger war.
Kann ich bestätigen, ich war drei Jahre als wissMit an der Uni und habe da ein paar Bewerbungsverfahren mitbekommen. Die Kandidaten hatten bis auf ein oder zwei ausnahmslos alle sehr gute Examina. Natürlich ist die Examensnote nur ein Kriterium von vielen und wichtiger ist wohl die Diss, Veröffentlichungen usw. Aber der Threadersteller klingt jetzt nicht so, als hätte er schon bahnbrechende Wissenschaft und Forschung betrieben und ich glaube es ist schwer, wenn man erst mit 30 mit der Unikarriere anfängt. Es gibt einfach zu wenig Lehrstühle und dafür sind die Leute, die darum konkurrieren, zu gut aufgestellt. Man kann sich ja die Lebensläufe der akademischen Räte oder Juniorprofessoren mal anschauen, häufig sind die öffentlich.
Was natürlich nicht heißt, dass der Threadersteller nicht ne gute Diss schreiben kann, die schadet ja nie. Nur ne wissenschaftliche Karriere würde ich mir gut überlegen. Der Markt ist echt hart.
25.08.2020, 13:22
Zum Vorsingen werden Leute mit Spitzenexamima nicht wegen den Noten geladen, sondern wegen anderer Assets. Die sie oft aber nur wegen Spitzenexamina haben können (LLM, Fellowship, ausgewählte Ref-Stationen, etc.). Man sollte Ursache und Wirkung nicht verwechseln.
Und: StA im Hochschuldienst macht kein Bundesland innerhalb der Probezeit mit.
Und: StA im Hochschuldienst macht kein Bundesland innerhalb der Probezeit mit.