13.06.2023, 15:07
(13.06.2023, 15:02)ReferendarBWA schrieb: Möchte jemand seine „Erkenntnisse“ zur polizeirechtlichen Klausur heute in Baden-Württemberg mitteilen.
Bin hinsichtlich der Probleme bei der Klagefrist (Zulässigkeit) als auch der Probleme bei Anhörung (formelle Rechtmäßigkeit) ordentlich verwirrt.
Mach doch mal den Aufschlag - einer muss anfangen :)
13.06.2023, 15:29
Ich oute mich mal zur ZLK heute in BW:
A. ZLK
I. § 40 I 1 (+)
II. Statthafte Klageart, § 88 VwGO
- Gestellt ist Feststellungsantrag, § 43 VwGO
- In sachlicher Hinsicht liegt Fortsetzungsfeststellungssituation mit Erledigung, § 43 Abs. 2 VwVfG, vor Klageerhebung vor
- Antragsteller bittet um Auslegung unter Beachtung des Meistbegünstigungsgrundsatzes
P!
- BVerwG: § 43 VwGO ist (auch?)statthaft
- wohl h.M.: § 113 I S. 4 VwGO analog
Argumente für h.M.
- VA ist kein feststellungsfähiges RV iSv. § 43 I VwGO, sondern begründet, verändert oder beendigt ein solches
- Schwerwiegende System- und Wertungswidersprüche: Zufälliger Erledigungszeitpunkt entschiede über statthafte Klageart
- Systematik des VwGO trennt klar zwischen RBH mit VA-Bezug und sonstigen
- Meistbegünstigungsgrundsatz jedenfalls (-), betrifft Zulässigkeit zweier Rechtsmittel, wenn inkorrekte Entscheidungsform gewählt
- Auslegung als FFK gem. § 88 VwGO geboten
III. Klagebef., § 42 II analog
- Adressat eines belastenden VA, jdf. Art. 2 I GG, vorl. wohl auch Art. 13 GG
IV. Berechtigtes Feststellungsinteresse
1. Präjudizialität
(-), da nur bei Erledigung nach Klageerhebung denkbar
2. Rehabilitationsinteresse
- Stigmatisierung hier wohl (+), aber etwas Diskussion notwendig. Denn: Dorfkneipe findet andere (!) fadenscheinige Ausrede sowie „das Maul zerreißen“ sehr unpräzise ist
3. Wiederholungsgefahr
- Wohl auch (+), wobei nicht ausreicht, dass die Behörde den VA für rm hält
- Aber: Mehrere Anzeigen in Vergangenheit lassen gleich gelagerte tatsächliche Umstände wieder erwarten, v.a. da kein Auszug erfolgt ist; auch ist insofern gleiches Verhalten der Behörde zu erwarten
4. Schwerwiegender, sich typischer Weise schnell erledigender GR-Eingriff
- Wohl ebenfalls (+), da Eingriff in Art. 13 GG sowie § 30 PolG grundsätzlich max. 2 Wochen erlaubt, sodass anderweitig niemals Hauptsacherechtsschutz ersucht werden könnte, was nicht mit der institutionellen Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV GG zu vereinbaren ist
V. Vorverfahren, §§ 68 ff.
- Streitig ob nötig, aber jedenfalls durchgeführt
VI. Klagefrist, § 74 I VwGO
- Streitig ob Klagefrist einzuhalten ist, wenn vorprozessuale Erledigung des VA
- Argumente gegen Klagefrist:
Vorverfahren ist dann schon gar nicht statthaft, denn es kann seine Funktionen (Selbstkontrolle der VW, Rechtsschutz, Entlastung der VGe) nicht mehr erfüllen
- Aber vorliegend: Vorverfahren wurde durchgeführt, dann muss wohl auch Klagefrist eingehalten werden
P! Einhaltung der Klagefrist?
- Fristbeginn mit Zustellung am 23.8., Fristentde gem. § 57 I VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 I, 188 II BGB am 23.9.
- Schriftsatz v. 19.9. damit fristgemäß, jedoch nicht formgerecht, vgl. § 55d S. 1 VwGO; Ausnahme des § 55d S. 3 VwGO ebenfalls (-), da unter Verstoß gegen § 55d S. 4 VwGO
- Schriftsatz v. 26.9. jedenfalls außerhalb der Frist des § 74 I
- P! Dennoch fristgemäß wg. Wochenfrist, die durch Gericht m. Verf. vom 23.9. gesetzt wurde?
- (-), da gesetzliche Frist, die gem. § 57 II VwGO, § 224 II ZPO nicht verlängert werden kann
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO?
- Jedenfalls Versäumung einer Frist sowie Antrag und Glaubhaftmachung
- P! Ohne Verschulden?
- Verschulden des Prozessbevollmächtigten wird jedenfalls gem. § 173 S. 1 VwGO, § 85 II ZPO zugerechnet
- Aber: Wohl kein Organisationsverschulden des PV
- Glaubhaftmachung der Umstände iSd. § 55d S. 4 VwGO wurde auch innerhalb der Frist nachgeholt
- Mithin: Wiedereinsetzung gem. § 60 VwGO (+)
VII. Richtiger Klagegegner, § 78 I Nr. 1 VwGO
- Gemeinde, § 111 II, 107 IV 1 PolG, 2 III GemO
VIII. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62
- Gemeinde = jP iSd. § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO
- Wird gem. § 62 III VwGO, § 42 I 2 GemO vom BM vertreten
A. ZLK
I. § 40 I 1 (+)
II. Statthafte Klageart, § 88 VwGO
- Gestellt ist Feststellungsantrag, § 43 VwGO
- In sachlicher Hinsicht liegt Fortsetzungsfeststellungssituation mit Erledigung, § 43 Abs. 2 VwVfG, vor Klageerhebung vor
- Antragsteller bittet um Auslegung unter Beachtung des Meistbegünstigungsgrundsatzes
P!
- BVerwG: § 43 VwGO ist (auch?)statthaft
- wohl h.M.: § 113 I S. 4 VwGO analog
Argumente für h.M.
- VA ist kein feststellungsfähiges RV iSv. § 43 I VwGO, sondern begründet, verändert oder beendigt ein solches
- Schwerwiegende System- und Wertungswidersprüche: Zufälliger Erledigungszeitpunkt entschiede über statthafte Klageart
- Systematik des VwGO trennt klar zwischen RBH mit VA-Bezug und sonstigen
- Meistbegünstigungsgrundsatz jedenfalls (-), betrifft Zulässigkeit zweier Rechtsmittel, wenn inkorrekte Entscheidungsform gewählt
- Auslegung als FFK gem. § 88 VwGO geboten
III. Klagebef., § 42 II analog
- Adressat eines belastenden VA, jdf. Art. 2 I GG, vorl. wohl auch Art. 13 GG
IV. Berechtigtes Feststellungsinteresse
1. Präjudizialität
(-), da nur bei Erledigung nach Klageerhebung denkbar
2. Rehabilitationsinteresse
- Stigmatisierung hier wohl (+), aber etwas Diskussion notwendig. Denn: Dorfkneipe findet andere (!) fadenscheinige Ausrede sowie „das Maul zerreißen“ sehr unpräzise ist
3. Wiederholungsgefahr
- Wohl auch (+), wobei nicht ausreicht, dass die Behörde den VA für rm hält
- Aber: Mehrere Anzeigen in Vergangenheit lassen gleich gelagerte tatsächliche Umstände wieder erwarten, v.a. da kein Auszug erfolgt ist; auch ist insofern gleiches Verhalten der Behörde zu erwarten
4. Schwerwiegender, sich typischer Weise schnell erledigender GR-Eingriff
- Wohl ebenfalls (+), da Eingriff in Art. 13 GG sowie § 30 PolG grundsätzlich max. 2 Wochen erlaubt, sodass anderweitig niemals Hauptsacherechtsschutz ersucht werden könnte, was nicht mit der institutionellen Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV GG zu vereinbaren ist
V. Vorverfahren, §§ 68 ff.
- Streitig ob nötig, aber jedenfalls durchgeführt
VI. Klagefrist, § 74 I VwGO
- Streitig ob Klagefrist einzuhalten ist, wenn vorprozessuale Erledigung des VA
- Argumente gegen Klagefrist:
Vorverfahren ist dann schon gar nicht statthaft, denn es kann seine Funktionen (Selbstkontrolle der VW, Rechtsschutz, Entlastung der VGe) nicht mehr erfüllen
- Aber vorliegend: Vorverfahren wurde durchgeführt, dann muss wohl auch Klagefrist eingehalten werden
P! Einhaltung der Klagefrist?
- Fristbeginn mit Zustellung am 23.8., Fristentde gem. § 57 I VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 I, 188 II BGB am 23.9.
- Schriftsatz v. 19.9. damit fristgemäß, jedoch nicht formgerecht, vgl. § 55d S. 1 VwGO; Ausnahme des § 55d S. 3 VwGO ebenfalls (-), da unter Verstoß gegen § 55d S. 4 VwGO
- Schriftsatz v. 26.9. jedenfalls außerhalb der Frist des § 74 I
- P! Dennoch fristgemäß wg. Wochenfrist, die durch Gericht m. Verf. vom 23.9. gesetzt wurde?
- (-), da gesetzliche Frist, die gem. § 57 II VwGO, § 224 II ZPO nicht verlängert werden kann
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO?
- Jedenfalls Versäumung einer Frist sowie Antrag und Glaubhaftmachung
- P! Ohne Verschulden?
- Verschulden des Prozessbevollmächtigten wird jedenfalls gem. § 173 S. 1 VwGO, § 85 II ZPO zugerechnet
- Aber: Wohl kein Organisationsverschulden des PV
- Glaubhaftmachung der Umstände iSd. § 55d S. 4 VwGO wurde auch innerhalb der Frist nachgeholt
- Mithin: Wiedereinsetzung gem. § 60 VwGO (+)
VII. Richtiger Klagegegner, § 78 I Nr. 1 VwGO
- Gemeinde, § 111 II, 107 IV 1 PolG, 2 III GemO
VIII. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62
- Gemeinde = jP iSd. § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO
- Wird gem. § 62 III VwGO, § 42 I 2 GemO vom BM vertreten
13.06.2023, 15:40
(13.06.2023, 15:29)JurinatorBW schrieb: Ich oute mich mal zur ZLK heute in BW:
A. ZLK
I. § 40 I 1 (+)
II. Statthafte Klageart, § 88 VwGO
- Gestellt ist Feststellungsantrag, § 43 VwGO
- In sachlicher Hinsicht liegt Fortsetzungsfeststellungssituation mit Erledigung, § 43 Abs. 2 VwVfG, vor Klageerhebung vor
- Antragsteller bittet um Auslegung unter Beachtung des Meistbegünstigungsgrundsatzes
P!
- BVerwG: § 43 VwGO ist (auch?)statthaft
- wohl h.M.: § 113 I S. 4 VwGO analog
Argumente für h.M.
- VA ist kein feststellungsfähiges RV iSv. § 43 I VwGO, sondern begründet, verändert oder beendigt ein solches
- Schwerwiegende System- und Wertungswidersprüche: Zufälliger Erledigungszeitpunkt entschiede über statthafte Klageart
- Systematik des VwGO trennt klar zwischen RBH mit VA-Bezug und sonstigen
- Meistbegünstigungsgrundsatz jedenfalls (-), betrifft Zulässigkeit zweier Rechtsmittel, wenn inkorrekte Entscheidungsform gewählt
- Auslegung als FFK gem. § 88 VwGO geboten
III. Klagebef., § 42 II analog
- Adressat eines belastenden VA, jdf. Art. 2 I GG, vorl. wohl auch Art. 13 GG
IV. Berechtigtes Feststellungsinteresse
1. Präjudizialität
(-), da nur bei Erledigung nach Klageerhebung denkbar
2. Rehabilitationsinteresse
- Stigmatisierung hier wohl (+), aber etwas Diskussion notwendig. Denn: Dorfkneipe findet andere (!) fadenscheinige Ausrede sowie „das Maul zerreißen“ sehr unpräzise ist
3. Wiederholungsgefahr
- Wohl auch (+), wobei nicht ausreicht, dass die Behörde den VA für rm hält
- Aber: Mehrere Anzeigen in Vergangenheit lassen gleich gelagerte tatsächliche Umstände wieder erwarten, v.a. da kein Auszug erfolgt ist; auch ist insofern gleiches Verhalten der Behörde zu erwarten
4. Schwerwiegender, sich typischer Weise schnell erledigender GR-Eingriff
- Wohl ebenfalls (+), da Eingriff in Art. 13 GG sowie § 30 PolG grundsätzlich max. 2 Wochen erlaubt, sodass anderweitig niemals Hauptsacherechtsschutz ersucht werden könnte, was nicht mit der institutionellen Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV GG zu vereinbaren ist
V. Vorverfahren, §§ 68 ff.
- Streitig ob nötig, aber jedenfalls durchgeführt
VI. Klagefrist, § 74 I VwGO
- Streitig ob Klagefrist einzuhalten ist, wenn vorprozessuale Erledigung des VA
- Argumente gegen Klagefrist:
Vorverfahren ist dann schon gar nicht statthaft, denn es kann seine Funktionen (Selbstkontrolle der VW, Rechtsschutz, Entlastung der VGe) nicht mehr erfüllen
- Aber vorliegend: Vorverfahren wurde durchgeführt, dann muss wohl auch Klagefrist eingehalten werden
P! Einhaltung der Klagefrist?
- Fristbeginn mit Zustellung am 23.8., Fristentde gem. § 57 I VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 I, 188 II BGB am 23.9.
- Schriftsatz v. 19.9. damit fristgemäß, jedoch nicht formgerecht, vgl. § 55d S. 1 VwGO; Ausnahme des § 55d S. 3 VwGO ebenfalls (-), da unter Verstoß gegen § 55d S. 4 VwGO
- Schriftsatz v. 26.9. jedenfalls außerhalb der Frist des § 74 I
- P! Dennoch fristgemäß wg. Wochenfrist, die durch Gericht m. Verf. vom 23.9. gesetzt wurde?
- (-), da gesetzliche Frist, die gem. § 57 II VwGO, § 224 II ZPO nicht verlängert werden kann
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO?
- Jedenfalls Versäumung einer Frist sowie Antrag und Glaubhaftmachung
- P! Ohne Verschulden?
- Verschulden des Prozessbevollmächtigten wird jedenfalls gem. § 173 S. 1 VwGO, § 85 II ZPO zugerechnet
- Aber: Wohl kein Organisationsverschulden des PV
- Glaubhaftmachung der Umstände iSd. § 55d S. 4 VwGO wurde auch innerhalb der Frist nachgeholt
- Mithin: Wiedereinsetzung gem. § 60 VwGO (+)
VII. Richtiger Klagegegner, § 78 I Nr. 1 VwGO
- Gemeinde, § 111 II, 107 IV 1 PolG, 2 III GemO
VIII. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62
- Gemeinde = jP iSd. § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO
- Wird gem. § 62 III VwGO, § 42 I 2 GemO vom BM vertreten
Habe nicht mitgeschrieben, aber eine Frage:
Woher hast du das mit der Klagefrist? "Vorverfahren wurde durchgeführt, dann muss wohl auch Klagefrist eingehalten werden" ?
13.06.2023, 15:40
War bezüglich der Annäherungsverfügung nicht eine Anfechtungsklage statthaft? Die war ja nicht befristet und daher nicht erledigt (wenn ich nicht ausversehen falsch gelesen hab...?) ansonsten hab ich es ähnlich
13.06.2023, 15:41
(13.06.2023, 15:29)Oh JurinatorBW schrieb: Ich oute mich mal zur ZLK heute in BW:Danke fürs Teilen- meine Zulässigkeit ist also erwartungsgemäß falsch.
A. ZLK
I. § 40 I 1 (+)
II. Statthafte Klageart, § 88 VwGO
- Gestellt ist Feststellungsantrag, § 43 VwGO
- In sachlicher Hinsicht liegt Fortsetzungsfeststellungssituation mit Erledigung, § 43 Abs. 2 VwVfG, vor Klageerhebung vor
- Antragsteller bittet um Auslegung unter Beachtung des Meistbegünstigungsgrundsatzes
P!
- BVerwG: § 43 VwGO ist (auch?)statthaft
- wohl h.M.: § 113 I S. 4 VwGO analog
Argumente für h.M.
- VA ist kein feststellungsfähiges RV iSv. § 43 I VwGO, sondern begründet, verändert oder beendigt ein solches
- Schwerwiegende System- und Wertungswidersprüche: Zufälliger Erledigungszeitpunkt entschiede über statthafte Klageart
- Systematik des VwGO trennt klar zwischen RBH mit VA-Bezug und sonstigen
- Meistbegünstigungsgrundsatz jedenfalls (-), betrifft Zulässigkeit zweier Rechtsmittel, wenn inkorrekte Entscheidungsform gewählt
- Auslegung als FFK gem. § 88 VwGO geboten
III. Klagebef., § 42 II analog
- Adressat eines belastenden VA, jdf. Art. 2 I GG, vorl. wohl auch Art. 13 GG
IV. Berechtigtes Feststellungsinteresse
1. Präjudizialität
(-), da nur bei Erledigung nach Klageerhebung denkbar
2. Rehabilitationsinteresse
- Stigmatisierung hier wohl (+), aber etwas Diskussion notwendig. Denn: Dorfkneipe findet andere (!) fadenscheinige Ausrede sowie „das Maul zerreißen“ sehr unpräzise ist
3. Wiederholungsgefahr
- Wohl auch (+), wobei nicht ausreicht, dass die Behörde den VA für rm hält
- Aber: Mehrere Anzeigen in Vergangenheit lassen gleich gelagerte tatsächliche Umstände wieder erwarten, v.a. da kein Auszug erfolgt ist; auch ist insofern gleiches Verhalten der Behörde zu erwarten
4. Schwerwiegender, sich typischer Weise schnell erledigender GR-Eingriff
- Wohl ebenfalls (+), da Eingriff in Art. 13 GG sowie § 30 PolG grundsätzlich max. 2 Wochen erlaubt, sodass anderweitig niemals Hauptsacherechtsschutz ersucht werden könnte, was nicht mit der institutionellen Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV GG zu vereinbaren ist
V. Vorverfahren, §§ 68 ff.
- Streitig ob nötig, aber jedenfalls durchgeführt
VI. Klagefrist, § 74 I VwGO
- Streitig ob Klagefrist einzuhalten ist, wenn vorprozessuale Erledigung des VA
- Argumente gegen Klagefrist:
Vorverfahren ist dann schon gar nicht statthaft, denn es kann seine Funktionen (Selbstkontrolle der VW, Rechtsschutz, Entlastung der VGe) nicht mehr erfüllen
- Aber vorliegend: Vorverfahren wurde durchgeführt, dann muss wohl auch Klagefrist eingehalten werden
P! Einhaltung der Klagefrist?
- Fristbeginn mit Zustellung am 23.8., Fristentde gem. § 57 I VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 I, 188 II BGB am 23.9.
- Schriftsatz v. 19.9. damit fristgemäß, jedoch nicht formgerecht, vgl. § 55d S. 1 VwGO; Ausnahme des § 55d S. 3 VwGO ebenfalls (-), da unter Verstoß gegen § 55d S. 4 VwGO
- Schriftsatz v. 26.9. jedenfalls außerhalb der Frist des § 74 I
- P! Dennoch fristgemäß wg. Wochenfrist, die durch Gericht m. Verf. vom 23.9. gesetzt wurde?
- (-), da gesetzliche Frist, die gem. § 57 II VwGO, § 224 II ZPO nicht verlängert werden kann
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO?
- Jedenfalls Versäumung einer Frist sowie Antrag und Glaubhaftmachung
- P! Ohne Verschulden?
- Verschulden des Prozessbevollmächtigten wird jedenfalls gem. § 173 S. 1 VwGO, § 85 II ZPO zugerechnet
- Aber: Wohl kein Organisationsverschulden des PV
- Glaubhaftmachung der Umstände iSd. § 55d S. 4 VwGO wurde auch innerhalb der Frist nachgeholt
- Mithin: Wiedereinsetzung gem. § 60 VwGO (+)
VII. Richtiger Klagegegner, § 78 I Nr. 1 VwGO
- Gemeinde, § 111 II, 107 IV 1 PolG, 2 III GemO
VIII. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62
- Gemeinde = jP iSd. § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO
- Wird gem. § 62 III VwGO, § 42 I 2 GemO vom BM vertreten
13.06.2023, 15:43
Berlin-Brandenburg: Baurecht
Kläger haben ein Haus. Es gibt keinen Bebauungsplan. Sie fangen an einen Pool zu errichten (unter 100 Kubikmeter). Bauamt bekommt es mit, macht Verbotsverfügung. Streitpunkt 1: Im Außenbereich sind Wasserbecken nach Bauordnung erlaubt, K meint: Wasserbecken und Pool ist dasselbe. Streitpunkt 2: Ist es überhaupt Außenbereich oder unbeplanter Innenbereich? Denn wenn unbeplanter Innenbereich, wäre ein Schwimmbecken ohne Genehmigung möglich. Dann ganz viele Angaben mit Ortsbegehung über das Gebiet. Teilweise erschlossen (kein Anschluss an Kanalisation, aber teilweise an Trinkwasser, Strom, Telefon), Straße nach Altenburg gibt es. Im Gebiet sind 19 Gebäude, davon einige Doppelhäuser (alte Bergwerkshäuser, geschlossene Bauweise) und ehemalige DDR-Wochenendhäuser, offene Bauweise, die jetzt zum Wohnen genutzt werden. Prozessual "kleines" Problem, weil Widerspruchsbehörde wegen Corona es nicht schaffte, einen Widerspruchsbescheid zu schreiben.
Klage war bei mir zulässig, Vorverfahren musste entgegen § 68 I 1 VwGO nicht beendet sein für Klageerhebung wegen § 75 VwGO. In der Sache habe ich einen unbeplanten Innenbereich bejaht. Denke, man kann es auch anders sehen. Aber Zersiedelung etc. habe ich nicht gesehen, vielmehr Bebauungszusammenhang und auch von einigem Gewicht bei 19 Häusern. Somit haben bei mir haben die Kläger obsiegt, da keine Genehmigungspflicht, da genehmigungsfreies Vorhaben.
Gesamteindruck: war eine gut machbare, faire Klausur, die viel Argumentationsstoff beinhaltete.
Kläger haben ein Haus. Es gibt keinen Bebauungsplan. Sie fangen an einen Pool zu errichten (unter 100 Kubikmeter). Bauamt bekommt es mit, macht Verbotsverfügung. Streitpunkt 1: Im Außenbereich sind Wasserbecken nach Bauordnung erlaubt, K meint: Wasserbecken und Pool ist dasselbe. Streitpunkt 2: Ist es überhaupt Außenbereich oder unbeplanter Innenbereich? Denn wenn unbeplanter Innenbereich, wäre ein Schwimmbecken ohne Genehmigung möglich. Dann ganz viele Angaben mit Ortsbegehung über das Gebiet. Teilweise erschlossen (kein Anschluss an Kanalisation, aber teilweise an Trinkwasser, Strom, Telefon), Straße nach Altenburg gibt es. Im Gebiet sind 19 Gebäude, davon einige Doppelhäuser (alte Bergwerkshäuser, geschlossene Bauweise) und ehemalige DDR-Wochenendhäuser, offene Bauweise, die jetzt zum Wohnen genutzt werden. Prozessual "kleines" Problem, weil Widerspruchsbehörde wegen Corona es nicht schaffte, einen Widerspruchsbescheid zu schreiben.
Klage war bei mir zulässig, Vorverfahren musste entgegen § 68 I 1 VwGO nicht beendet sein für Klageerhebung wegen § 75 VwGO. In der Sache habe ich einen unbeplanten Innenbereich bejaht. Denke, man kann es auch anders sehen. Aber Zersiedelung etc. habe ich nicht gesehen, vielmehr Bebauungszusammenhang und auch von einigem Gewicht bei 19 Häusern. Somit haben bei mir haben die Kläger obsiegt, da keine Genehmigungspflicht, da genehmigungsfreies Vorhaben.
Gesamteindruck: war eine gut machbare, faire Klausur, die viel Argumentationsstoff beinhaltete.
13.06.2023, 15:45
(13.06.2023, 15:40)New-NRW schrieb:(13.06.2023, 15:29)JurinatorBW schrieb: Ich oute mich mal zur ZLK heute in BW:
A. ZLK
I. § 40 I 1 (+)
II. Statthafte Klageart, § 88 VwGO
- Gestellt ist Feststellungsantrag, § 43 VwGO
- In sachlicher Hinsicht liegt Fortsetzungsfeststellungssituation mit Erledigung, § 43 Abs. 2 VwVfG, vor Klageerhebung vor
- Antragsteller bittet um Auslegung unter Beachtung des Meistbegünstigungsgrundsatzes
P!
- BVerwG: § 43 VwGO ist (auch?)statthaft
- wohl h.M.: § 113 I S. 4 VwGO analog
Argumente für h.M.
- VA ist kein feststellungsfähiges RV iSv. § 43 I VwGO, sondern begründet, verändert oder beendigt ein solches
- Schwerwiegende System- und Wertungswidersprüche: Zufälliger Erledigungszeitpunkt entschiede über statthafte Klageart
- Systematik des VwGO trennt klar zwischen RBH mit VA-Bezug und sonstigen
- Meistbegünstigungsgrundsatz jedenfalls (-), betrifft Zulässigkeit zweier Rechtsmittel, wenn inkorrekte Entscheidungsform gewählt
- Auslegung als FFK gem. § 88 VwGO geboten
III. Klagebef., § 42 II analog
- Adressat eines belastenden VA, jdf. Art. 2 I GG, vorl. wohl auch Art. 13 GG
IV. Berechtigtes Feststellungsinteresse
1. Präjudizialität
(-), da nur bei Erledigung nach Klageerhebung denkbar
2. Rehabilitationsinteresse
- Stigmatisierung hier wohl (+), aber etwas Diskussion notwendig. Denn: Dorfkneipe findet andere (!) fadenscheinige Ausrede sowie „das Maul zerreißen“ sehr unpräzise ist
3. Wiederholungsgefahr
- Wohl auch (+), wobei nicht ausreicht, dass die Behörde den VA für rm hält
- Aber: Mehrere Anzeigen in Vergangenheit lassen gleich gelagerte tatsächliche Umstände wieder erwarten, v.a. da kein Auszug erfolgt ist; auch ist insofern gleiches Verhalten der Behörde zu erwarten
4. Schwerwiegender, sich typischer Weise schnell erledigender GR-Eingriff
- Wohl ebenfalls (+), da Eingriff in Art. 13 GG sowie § 30 PolG grundsätzlich max. 2 Wochen erlaubt, sodass anderweitig niemals Hauptsacherechtsschutz ersucht werden könnte, was nicht mit der institutionellen Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV GG zu vereinbaren ist
V. Vorverfahren, §§ 68 ff.
- Streitig ob nötig, aber jedenfalls durchgeführt
VI. Klagefrist, § 74 I VwGO
- Streitig ob Klagefrist einzuhalten ist, wenn vorprozessuale Erledigung des VA
- Argumente gegen Klagefrist:
Vorverfahren ist dann schon gar nicht statthaft, denn es kann seine Funktionen (Selbstkontrolle der VW, Rechtsschutz, Entlastung der VGe) nicht mehr erfüllen
- Aber vorliegend: Vorverfahren wurde durchgeführt, dann muss wohl auch Klagefrist eingehalten werden
P! Einhaltung der Klagefrist?
- Fristbeginn mit Zustellung am 23.8., Fristentde gem. § 57 I VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 I, 188 II BGB am 23.9.
- Schriftsatz v. 19.9. damit fristgemäß, jedoch nicht formgerecht, vgl. § 55d S. 1 VwGO; Ausnahme des § 55d S. 3 VwGO ebenfalls (-), da unter Verstoß gegen § 55d S. 4 VwGO
- Schriftsatz v. 26.9. jedenfalls außerhalb der Frist des § 74 I
- P! Dennoch fristgemäß wg. Wochenfrist, die durch Gericht m. Verf. vom 23.9. gesetzt wurde?
- (-), da gesetzliche Frist, die gem. § 57 II VwGO, § 224 II ZPO nicht verlängert werden kann
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO?
- Jedenfalls Versäumung einer Frist sowie Antrag und Glaubhaftmachung
- P! Ohne Verschulden?
- Verschulden des Prozessbevollmächtigten wird jedenfalls gem. § 173 S. 1 VwGO, § 85 II ZPO zugerechnet
- Aber: Wohl kein Organisationsverschulden des PV
- Glaubhaftmachung der Umstände iSd. § 55d S. 4 VwGO wurde auch innerhalb der Frist nachgeholt
- Mithin: Wiedereinsetzung gem. § 60 VwGO (+)
VII. Richtiger Klagegegner, § 78 I Nr. 1 VwGO
- Gemeinde, § 111 II, 107 IV 1 PolG, 2 III GemO
VIII. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62
- Gemeinde = jP iSd. § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO
- Wird gem. § 62 III VwGO, § 42 I 2 GemO vom BM vertreten
Habe nicht mitgeschrieben, aber eine Frage:
Woher hast du das mit der Klagefrist? "Vorverfahren wurde durchgeführt, dann muss wohl auch Klagefrist eingehalten werden" ?
Also
a) basiert die Auffassung, dass es keiner Klagefrist bedarf, ja auf derjenigen, dass ein Vorverfahren gar nicht statthaft sei bei vorprozessualer Erledigung. Danach wäre es meiner Auffassung nach nur konsequent, dass für den Fall, dass ein statthaft durchgeführtes Vorverfahren gem. § 68 ff. auch das Erfordernis der Einhaltung der Klagefrist nach sich zieht
b) lagen in der Klausur ganz eindeutig Probleme iRd. Klagefrist angelegt, s. die weiteren Ausführungen. Klausurtaktisch musste man also irgendwie dazu kommen, dass eine Frist einzuhalten sei.
13.06.2023, 15:52
(13.06.2023, 15:40)RefBW96 schrieb: War bezüglich der Annäherungsverfügung nicht eine Anfechtungsklage statthaft? Die war ja nicht befristet und daher nicht erledigt (wenn ich nicht ausversehen falsch gelesen hab...?) ansonsten hab ich es ähnlich
Es war doch eine Wohnungsverweisung sowie ein Rückkehr- und ein Annäherungsverbot, letztere beide auf 2 Wochen beschränkt, oder?
Wenn das anders war, habe ich es überlesen.
Wäre einerseits krass, wenn es anders war, denn dann war es NOCH MEHR und ich wurde so schon nicht fertig.
Andererseits macht dann der Punkt mit der "Meistbegünstigung" etwas mehr Sinn, nämlich in dem Sinne, dass er einen Antrag als zwei verstanden wissen wollte.
13.06.2023, 15:56
(13.06.2023, 15:52)JurinatorBW schrieb:(13.06.2023, 15:40)RefBW96 schrieb: War bezüglich der Annäherungsverfügung nicht eine Anfechtungsklage statthaft? Die war ja nicht befristet und daher nicht erledigt (wenn ich nicht ausversehen falsch gelesen hab...?) ansonsten hab ich es ähnlich
Es war doch eine Wohnungsverweisung sowie ein Rückkehr- und ein Annäherungsverbot, letztere beide auf 2 Wochen beschränkt, oder?
Wenn das anders war, habe ich es überlesen.
Wäre einerseits krass, wenn es anders war, denn dann war es NOCH MEHR und ich wurde so schon nicht fertig.
Andererseits macht dann der Punkt mit der "Meistbegünstigung" etwas mehr Sinn, nämlich in dem Sinne, dass er einen Antrag als zwei verstanden wissen wollte.
Ich bin mir jetzt echt nicht mehr sicher wie es gestellt war... aber ich hatte es so verstanden, dass eben das Annäherungsverbot nicht befristet war. Kann aber auch sein, dass ich falsch gelesen hab.
Aber ich bin eben wegen der Meistbegünstigung drauf gekommen. Vielleicht kann jemand Licht ins Dunkel bringen.
Wegen des Umfangs hab ich das Annäherungsverbot auch nur ganz oberflächlich in wenigen Sätzen geprüft. War einfach keine Zeit mehr.
13.06.2023, 15:57
(13.06.2023, 15:43)Carlos1984 schrieb: Berlin-Brandenburg: Baurecht
Kläger haben ein Haus. Es gibt keinen Bebauungsplan. Sie fangen an einen Pool zu errichten (unter 100 Kubikmeter). Bauamt bekommt es mit, macht Verbotsverfügung. Streitpunkt 1: Im Außenbereich sind Wasserbecken nach Bauordnung erlaubt, K meint: Wasserbecken und Pool ist dasselbe. Streitpunkt 2: Ist es überhaupt Außenbereich oder unbeplanter Innenbereich? Denn wenn unbeplanter Innenbereich, wäre ein Schwimmbecken ohne Genehmigung möglich. Dann ganz viele Angaben mit Ortsbegehung über das Gebiet. Teilweise erschlossen (kein Anschluss an Kanalisation, aber teilweise an Trinkwasser, Strom, Telefon), Straße nach Altenburg gibt es. Im Gebiet sind 19 Gebäude, davon einige Doppelhäuser (alte Bergwerkshäuser, geschlossene Bauweise) und ehemalige DDR-Wochenendhäuser, offene Bauweise, die jetzt zum Wohnen genutzt werden. Prozessual "kleines" Problem, weil Widerspruchsbehörde wegen Corona es nicht schaffte, einen Widerspruchsbescheid zu schreiben.
Klage war bei mir zulässig, Vorverfahren musste entgegen § 68 I 1 VwGO nicht beendet sein für Klageerhebung wegen § 75 VwGO. In der Sache habe ich einen unbeplanten Innenbereich bejaht. Denke, man kann es auch anders sehen. Aber Zersiedelung etc. habe ich nicht gesehen, vielmehr Bebauungszusammenhang und auch von einigem Gewicht bei 19 Häusern. Somit haben bei mir haben die Kläger obsiegt, da keine Genehmigungspflicht, da genehmigungsfreies Vorhaben.
Gesamteindruck: war eine gut machbare, faire Klausur, die viel Argumentationsstoff beinhaltete.
Diesen Sachverhalt hatten wir in NRW auch. Normen der BauO NRW waren bei uns nicht abgedruckt, waren mithilfe des Sachverhalts aber gut zu finden.
Habe Außenbereich am Ende angenommen und die Klage abgewiesen. Kommt ja denke ich da einfach auf die Argumentation an, ist hoffentlich beides vertretbar.