05.05.2023, 16:23
Hallo,
ich bin am Überlegen mich in Hamburg als Amtsanwalt zu bewerben. Hat dazu jemand Erfahrungen? Insbesondere was die Anzahl der Verfahren, Arbeitszeiten und Kollegen angeht.
Viele Grüße
ich bin am Überlegen mich in Hamburg als Amtsanwalt zu bewerben. Hat dazu jemand Erfahrungen? Insbesondere was die Anzahl der Verfahren, Arbeitszeiten und Kollegen angeht.
Viele Grüße
05.05.2023, 16:28
06.05.2023, 07:49
(05.05.2023, 16:23)Jura93 schrieb: Hallo,
ich bin am Überlegen mich in Hamburg als Amtsanwalt zu bewerben. Hat dazu jemand Erfahrungen? Insbesondere was die Anzahl der Verfahren, Arbeitszeiten und Kollegen angeht.
Viele Grüße
Deinem Benutzernamen entnehme ich, dass Du Volljurist bist. Stellt HH auch die als AA ein oder wie die meisten anderen Bundesländer nur Rechtspfleger?
06.05.2023, 07:53
(06.05.2023, 07:49)juraistschön schrieb:(05.05.2023, 16:23)Jura93 schrieb: Hallo,
ich bin am Überlegen mich in Hamburg als Amtsanwalt zu bewerben. Hat dazu jemand Erfahrungen? Insbesondere was die Anzahl der Verfahren, Arbeitszeiten und Kollegen angeht.
Viele Grüße
Deinem Benutzernamen entnehme ich, dass Du Volljurist bist. Stellt HH auch die als AA ein oder wie die meisten anderen Bundesländer nur Rechtspfleger?
So ist es, HH stellt auch Volljuristen ein, siehe
https://justiz.hamburg.de/staatsanwaltsc...amtsanwalt
06.05.2023, 08:40
Volljuristen mit zwei befriedigenden Examen für den gehobenen Dienst ist dreist. Anderseits vielleicht eine Möglichkeit für Leute die als Staatsanwalt arbeiten wollen aber die Noten nicht mitbringen.
06.05.2023, 08:49
(06.05.2023, 08:40)Frieda schrieb: Volljuristen mit zwei befriedigenden Examen für den gehobenen Dienst ist dreist. Anderseits vielleicht eine Möglichkeit für Leute die als Staatsanwalt arbeiten wollen aber die Noten nicht mitbringen.
+1
da ist Unzufriedenheit und Konkurrenzdenken doch vorprogrammiert. Da würde ich mir mit den Noten eher was bei der Verwaltung suchen, anstatt mich als AA "unter Wert" zu verkaufen.
06.05.2023, 16:34
Es sind sogar 2x7 Punkte gefordert. Da geht in anderen Bundesländern schon Justiz normal
06.05.2023, 17:47
Ich selber bin seit 2017 in HH als "volljuristischer" Amtsanwalt dabei. Was die Kollegen angeht, muss man sich keine Sorgen machen, die Kollegialität ist seht gut, man kann eigentlich mit jeder Frage zu jeden Kollegen. Wenn man, wie ich, von außerhalb dazu kommt, vorher mit Hamburg nicht zu tun hatte, muss man damit rechnen, dass man eine Weile braucht, um in der Stadt Anschluss zu finden.
Was die Arbeitszeiten angeht, kommt es darauf an, welchen Anspruch man an seine eigene Arbeit hat, ob man ein aufgeräumtes oder ein abgesoffenes Dezernmat übernimmt. In den ersten 3 Monaten hat man nur ein halbes Dezernat, ich habe die Arbeit da noch in den 40 Stunden locker schaffen können. Als ich mit dem sog. kleinen Zeichnungsrecht das volle Dezernat übertragen bekommen habe, habe ich in den ersten Jahren eher 50+ Stunden und regelmäßig auch am Sonntag gearbeitet. Da seit meiner Anfangszeit jedoch diverse neue Stellen geschaffen wurden, denke ich, dass heute der Neueinstieg etwas leichter ist. Da ich seit mehreren Jahren Sonderdezernent bin, kenne ich leider die aktuellen Verfahrenszahlen nicht, die man als Anfänger im allgemeinen Dezernat oder Verkehrtsdezernat hat. Damals hatte man an Bekanntsachen ca. 180 bis 200 an Neueingängen im Monat (im vollen Dezernat - in den ersten 3 Monaten dann die Hälfte davon), dies dürfte jetzt nach diversen neu geschaffenen Stellen etwas geringer ausfallen. Neben diesen Bekanntsachen bekommt man noch ca. 2 bis 3 Mappen mit Unberkanntsachen pro Woche. In einer Unbekanntmappe sind jeweils 10 Unbekanntsachen, dies sind Verfahren, in welchen kein Täter ermittelt werden konnte, wie z.B. unaufklärbare Taschendiebstähle. So eine Mappe kann man je nach Glück oder Pech in 15 Minuten erledigen oder (eher selten) auch mal 2 Stunden benötigen. Sitzungsdienst hat man ca. 2mal in der Woche, anfangs nur beim Strafrichter und Jugendrichter, nach ca. 2 Jahren, wenn man überhört worden ist, kann man auch zum Schöffengericht/ Jugendschöffengericht. Wenn man sich gut entwickelt, ist sogar unabhängig von den erzielten Examensnoten ein Laufbahnwechsel in den höheren staatsanwaltschaftlichen Dienst möglich, jedoch muss man dafür auf spezielle Ausschreibungen warten, diese erfolgen derzeit ca. aller 1-2 Jahre.
Was die Arbeitszeiten angeht, kommt es darauf an, welchen Anspruch man an seine eigene Arbeit hat, ob man ein aufgeräumtes oder ein abgesoffenes Dezernmat übernimmt. In den ersten 3 Monaten hat man nur ein halbes Dezernat, ich habe die Arbeit da noch in den 40 Stunden locker schaffen können. Als ich mit dem sog. kleinen Zeichnungsrecht das volle Dezernat übertragen bekommen habe, habe ich in den ersten Jahren eher 50+ Stunden und regelmäßig auch am Sonntag gearbeitet. Da seit meiner Anfangszeit jedoch diverse neue Stellen geschaffen wurden, denke ich, dass heute der Neueinstieg etwas leichter ist. Da ich seit mehreren Jahren Sonderdezernent bin, kenne ich leider die aktuellen Verfahrenszahlen nicht, die man als Anfänger im allgemeinen Dezernat oder Verkehrtsdezernat hat. Damals hatte man an Bekanntsachen ca. 180 bis 200 an Neueingängen im Monat (im vollen Dezernat - in den ersten 3 Monaten dann die Hälfte davon), dies dürfte jetzt nach diversen neu geschaffenen Stellen etwas geringer ausfallen. Neben diesen Bekanntsachen bekommt man noch ca. 2 bis 3 Mappen mit Unberkanntsachen pro Woche. In einer Unbekanntmappe sind jeweils 10 Unbekanntsachen, dies sind Verfahren, in welchen kein Täter ermittelt werden konnte, wie z.B. unaufklärbare Taschendiebstähle. So eine Mappe kann man je nach Glück oder Pech in 15 Minuten erledigen oder (eher selten) auch mal 2 Stunden benötigen. Sitzungsdienst hat man ca. 2mal in der Woche, anfangs nur beim Strafrichter und Jugendrichter, nach ca. 2 Jahren, wenn man überhört worden ist, kann man auch zum Schöffengericht/ Jugendschöffengericht. Wenn man sich gut entwickelt, ist sogar unabhängig von den erzielten Examensnoten ein Laufbahnwechsel in den höheren staatsanwaltschaftlichen Dienst möglich, jedoch muss man dafür auf spezielle Ausschreibungen warten, diese erfolgen derzeit ca. aller 1-2 Jahre.
06.05.2023, 20:50
(06.05.2023, 17:47)Volljurist und Amtsanwalt schrieb: Ich selber bin seit 2017 in HH als "volljuristischer" Amtsanwalt dabei. Was die Kollegen angeht, muss man sich keine Sorgen machen, die Kollegialität ist seht gut, man kann eigentlich mit jeder Frage zu jeden Kollegen. Wenn man, wie ich, von außerhalb dazu kommt, vorher mit Hamburg nicht zu tun hatte, muss man damit rechnen, dass man eine Weile braucht, um in der Stadt Anschluss zu finden.
Was die Arbeitszeiten angeht, kommt es darauf an, welchen Anspruch man an seine eigene Arbeit hat, ob man ein aufgeräumtes oder ein abgesoffenes Dezernmat übernimmt. In den ersten 3 Monaten hat man nur ein halbes Dezernat, ich habe die Arbeit da noch in den 40 Stunden locker schaffen können. Als ich mit dem sog. kleinen Zeichnungsrecht das volle Dezernat übertragen bekommen habe, habe ich in den ersten Jahren eher 50+ Stunden und regelmäßig auch am Sonntag gearbeitet. Da seit meiner Anfangszeit jedoch diverse neue Stellen geschaffen wurden, denke ich, dass heute der Neueinstieg etwas leichter ist. Da ich seit mehreren Jahren Sonderdezernent bin, kenne ich leider die aktuellen Verfahrenszahlen nicht, die man als Anfänger im allgemeinen Dezernat oder Verkehrtsdezernat hat. Damals hatte man an Bekanntsachen ca. 180 bis 200 an Neueingängen im Monat (im vollen Dezernat - in den ersten 3 Monaten dann die Hälfte davon), dies dürfte jetzt nach diversen neu geschaffenen Stellen etwas geringer ausfallen. Neben diesen Bekanntsachen bekommt man noch ca. 2 bis 3 Mappen mit Unberkanntsachen pro Woche. In einer Unbekanntmappe sind jeweils 10 Unbekanntsachen, dies sind Verfahren, in welchen kein Täter ermittelt werden konnte, wie z.B. unaufklärbare Taschendiebstähle. So eine Mappe kann man je nach Glück oder Pech in 15 Minuten erledigen oder (eher selten) auch mal 2 Stunden benötigen. Sitzungsdienst hat man ca. 2mal in der Woche, anfangs nur beim Strafrichter und Jugendrichter, nach ca. 2 Jahren, wenn man überhört worden ist, kann man auch zum Schöffengericht/ Jugendschöffengericht. Wenn man sich gut entwickelt, ist sogar unabhängig von den erzielten Examensnoten ein Laufbahnwechsel in den höheren staatsanwaltschaftlichen Dienst möglich, jedoch muss man dafür auf spezielle Ausschreibungen warten, diese erfolgen derzeit ca. aller 1-2 Jahre.
Aber stört es Dich nicht - aus der Perspektive des Volljuristen - nur niedere Arbeiten auszuüben?
07.05.2023, 00:54
(06.05.2023, 20:50)DAS IST KEIN SPIEL schrieb:(06.05.2023, 17:47)Volljurist und Amtsanwalt schrieb: Ich selber bin seit 2017 in HH als "volljuristischer" Amtsanwalt dabei. Was die Kollegen angeht, muss man sich keine Sorgen machen, die Kollegialität ist seht gut, man kann eigentlich mit jeder Frage zu jeden Kollegen. Wenn man, wie ich, von außerhalb dazu kommt, vorher mit Hamburg nicht zu tun hatte, muss man damit rechnen, dass man eine Weile braucht, um in der Stadt Anschluss zu finden.
Was die Arbeitszeiten angeht, kommt es darauf an, welchen Anspruch man an seine eigene Arbeit hat, ob man ein aufgeräumtes oder ein abgesoffenes Dezernmat übernimmt. In den ersten 3 Monaten hat man nur ein halbes Dezernat, ich habe die Arbeit da noch in den 40 Stunden locker schaffen können. Als ich mit dem sog. kleinen Zeichnungsrecht das volle Dezernat übertragen bekommen habe, habe ich in den ersten Jahren eher 50+ Stunden und regelmäßig auch am Sonntag gearbeitet. Da seit meiner Anfangszeit jedoch diverse neue Stellen geschaffen wurden, denke ich, dass heute der Neueinstieg etwas leichter ist. Da ich seit mehreren Jahren Sonderdezernent bin, kenne ich leider die aktuellen Verfahrenszahlen nicht, die man als Anfänger im allgemeinen Dezernat oder Verkehrtsdezernat hat. Damals hatte man an Bekanntsachen ca. 180 bis 200 an Neueingängen im Monat (im vollen Dezernat - in den ersten 3 Monaten dann die Hälfte davon), dies dürfte jetzt nach diversen neu geschaffenen Stellen etwas geringer ausfallen. Neben diesen Bekanntsachen bekommt man noch ca. 2 bis 3 Mappen mit Unberkanntsachen pro Woche. In einer Unbekanntmappe sind jeweils 10 Unbekanntsachen, dies sind Verfahren, in welchen kein Täter ermittelt werden konnte, wie z.B. unaufklärbare Taschendiebstähle. So eine Mappe kann man je nach Glück oder Pech in 15 Minuten erledigen oder (eher selten) auch mal 2 Stunden benötigen. Sitzungsdienst hat man ca. 2mal in der Woche, anfangs nur beim Strafrichter und Jugendrichter, nach ca. 2 Jahren, wenn man überhört worden ist, kann man auch zum Schöffengericht/ Jugendschöffengericht. Wenn man sich gut entwickelt, ist sogar unabhängig von den erzielten Examensnoten ein Laufbahnwechsel in den höheren staatsanwaltschaftlichen Dienst möglich, jedoch muss man dafür auf spezielle Ausschreibungen warten, diese erfolgen derzeit ca. aller 1-2 Jahre.
Aber stört es Dich nicht - aus der Perspektive des Volljuristen - nur niedere Arbeiten auszuüben?
Das muss ich in Kauf nehmen. Ich habe Jura nur studiert, da ich von Anfang an in die Justiz wollte. 2016/2017 war es mit 9,42 Punkten im ersten Examen und 7,16 Punkten in zweiten Examen (heute würde da ggf. was gehen) noch nicht möglich, sich für den höheren Justizdienst zu bewerben. So war die Amtsanwaltslaufbahn nach dem Versagen im zweiten Examen meine einzige Chance, um in die Justiz zu kommen. Dies geht scheinbar erst jetzt in den östlichen Bundesländern sowie ggf. in Hessen. Ich habe ja immer noch die Hoffnung, irgendwann in Hamburg über spezielle Auschreibungen von R1-Stellen für volljuristische Amtsanwälte noch Staatsanwalt zu werden, auch wenn es diesmal wieder nicht geklappt hat.
Ich bin es schon gewohnt, den Karriereweg nicht immer geradeaus gehen zu können, ich habe schließlich mein Abitur auch erst auf dem Berufschulzentrum (Fachgymnasium) gemacht, da man mir zum Ende der Grundschulzeit als damaligen Sonderschüler (Klassengröße: max. 10) (noch) nicht zugetraut hatte, am Gymnasium in einer Klasse mit 30 Schülern zurechtzukommen. Ich glaube, durch diesen Fehler, in der prägenden Jugendzeit eher in einer kleinen abgeschlossenen bubble der Sonderschule gewesen zu sein, habe ich bis heute Probleme, Anschluss zu finden.
Zurück zum Thema: Dass ich nur niedrige Arbeiten ausrichte, würde ich nicht behaupten. Ich bin überhört, darf also die StA beim Schöffen- und Jugendschöffengericht vertreten. Ferner bin ich Sonderdezernent, dass bedeutet, dass wenn jemand im Sitzungsdienst meine angeklagten Verfahren einstellen will, darf er es nur mit meiner Zustimmung oder die einer meiner Kollegen aus meiner Abteilung, sodass es passieren kann, dass auch ein sehr erfahrener Erster Staatsanwalt nicht ohne Erlaubnis von mir als Amtsanwalt vor Gericht einer Einstellung zustimmen darf. Das regt so manchen erfahrenen Staatsanwalt auf ;) In meinen eigenen Verfahren hat von meinen Dienstvorgesetzten abgesehen auch kein Staatsanwalt mir irgendetwas reinzureden, in der Herarchie sind wir gleichrangig, nur mit dem Unterschied, dass ein Staatsanwalt ein breiteres Spektrum an Delikten hat, die er bearbeiten darf und er auch Verfahren bearbeiten darf, die im Falle der Anklage zum Landgericht gehören.