07.01.2022, 17:39
(07.01.2022, 16:42)Hesssenn123 schrieb: Jap war echt wenig Zeit, aber regt mich so auf, dass ich nicht im Palandt gefunden habe, dass man den Widerruf aushändigen muss. Das ist wohl (hab recherchiert) auch VSs für die Frist. Wie habt ihr es gelöst?
Ob das zum Durchfallen führt... Ka...
Glaube nicht, dass es daran scheitern wird.
Ja, zeitlich - wie immer - sehr, sehr eng, sodass es teilweise nur für fragmentarische Prüfung gereicht hat. Ich habe zunächst thematisiert, dass Zustellung an ehemaligen Prozessbevollmächtigten - unabhängig von Kündigung des Mandats - wirksam war; wegen § 87 Abs. 1 ZPO. Aus diesem Grund habe ich angenommen, dass Einspruch noch rechtzeitig - also auch ohne Wiedereinsetzung - möglich wäre. Allerdings musste dann sofort Einspruch eingelegt werden, da das Fristende nach meiner Berechnung der Tag der Bearbeitung war; kann mich aber auch verrechnet haben; bei prozesstaktischen Erwägungen habe ich noch diskutiert, dass voraussichtlich auch Widereinsetzung gehen würde, wenn man es verfristen lassen würde, da der Mandantin nach Beendigung des Mandats nicht mehr zugerechnet werden konnte, dass der ehemalige RA sie nicht unverzüglich über VU informiert hat; darüber kann man aber sicherlich streiten. In der Sache habe ich mich leider zu sehr mit Kleinigkeiten, wie zB der Einbeziehung der AGB auseinandergesetzt, sodass ich für das eigentliche Problem, nämlich den Widerruf nicht mehr genügend Zeit hatte. Ich denke, es ist gut, wenn man erkannt hat, dass die Veranstaltung also solche kein Haustürgeschäft war, da die Beklagte der Einladung gefolgt ist. Gleichwohl war der Vertragsschluss als solches auszulegen, weil er nicht Gegenstand der Einladung war. Ich selber habe thematisiert, ob die Beklagte als Verbraucher qualifiziert werden kann. Als Argument gegen die Verbrauchereigenschaft habe ich angeführt, dass die Anzeige nicht zu Privatzwecken, sondern zur Vermittlung von Modelaufträgen erfolgte. Als Argument für Verbrauchereigenschaft, das komplette Geschäftsmodell der Mandantin :), da es m.E darauf beruft, jungen Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen; habe ich natürlich nicht so geschrieben. Schließlich musste man denke ich noch berücksichtigen, dass die Beklagte bislang noch keinen Widerruf erklärt hat, da Erklärungen zu Protokoll bisweilen zwar Formvorschriften entsprechen können, aber keinen Zugang einer empfangsbedürftigen Gestaltungserklärung ersetzen können. Im Ergebnis habe ich - nach fingierten Telefongespräch mit der Mandantin - einen Einspruch eingelegt; wegen der Frist. Und zwar aus folgenden Erwägungen: Mangels Wiederrufs wäre die Klage m.E. gegenwärtig zulässig und begründet. Erfolgt noch ein Widerruf – was wohl noch innerhalb der Frist aus 356 Abs. 3 S. 2 BGB möglich wäre, wovon sicherlich auszugehen ist, wird die Klage unbegründet. Hier habe ich dann eine parallele zur Aufrechnung gezogen, bei der die Rechtsprechung hinsichtlich der Begründetheit nicht auf die Aufrechnungslage, sondern die Erklärung abstellt. Wenn man eine solche Parallele zieht - sicherlich auch nicht unumstritten, könnte nach Widerruf auf Feststellungsklage wegen der Kosten umgestellt werden, wobei die Prozesskosten der Mandantin hier so niedrig ausfallen dürften, dass wiederum fraglich ist, ob das wirklich ein guter Rat ist. Ich habe allerdings auch § 357 Abs. 8 BGB angenommen, sodass ggf. auch noch Klageänderung/Umstellung möglich wäre; wobei ich nicht mehr geschaut habe, ob 246a 1 II Nr. 1 - 3 BGB erfüllt waren, kann also sein, dass ich da völlig auf dem Holzweg war. Zur Anwaltssache habe ich nur § 280, 241 Abs. 2 BGB angeprüft und bejaht, daraus aber nichts weiter gemacht, als der Mandantin zu raten die Kostennote noch nicht zu bedienen. Da haben mir einfach noch weitere Informationen gefehlt.
07.01.2022, 17:40
Ich fand die Klausur schrecklich.
Habe gemischten Vertrag Werk- und Dienstvertrag angenommen und die AGBs dann in der Fälligkeit geprüft weil es ja keine Abnahme gab und der Besteller unzuläsdigerweise vorleistungspflichtig wurde durch die AGB.
Widerruf war bei mir wegen der mangelnden Information nach 264a (?) EGBGB noch möglich.
Deshalb war die Situation als Anwalt total seltsam.
Was das mit dem VU sollte weiß ich auch nicht.
Totale Grütze einfach....
Habe gemischten Vertrag Werk- und Dienstvertrag angenommen und die AGBs dann in der Fälligkeit geprüft weil es ja keine Abnahme gab und der Besteller unzuläsdigerweise vorleistungspflichtig wurde durch die AGB.
Widerruf war bei mir wegen der mangelnden Information nach 264a (?) EGBGB noch möglich.
Deshalb war die Situation als Anwalt total seltsam.
Was das mit dem VU sollte weiß ich auch nicht.
Totale Grütze einfach....
07.01.2022, 18:06
NJW-RR 2021, 177 dürfte die Entscheidung zu dem Widerruf sein.
07.01.2022, 19:38
07.01.2022, 20:16
Was habt ihr denn mit der Frist gemacht in nrw ?
Einfach Heilung? Oder gab es was besonderes im Hinblick auf das Nichtreagieren auf ein EB?
Einfach Heilung? Oder gab es was besonderes im Hinblick auf das Nichtreagieren auf ein EB?
07.01.2022, 20:23
(07.01.2022, 19:38)LLOYD schrieb:(07.01.2022, 16:13)Gast 2 schrieb: Widerruf und Anwaltshaftung...sehr wenig Zeit gehabt, ging es noch jemandem so?
wieso Anwaltschaftshaftung? ?
Säumnis im Termin nach Widerspruch gegen Mahnbescheid. Klageabweisendes VU als Folge. RA hatte 495a beantragt und ist dann aus irgendwelchen Gründen die ich nicht mehr weiß einfach nicht zur Verhandlung gegangen.
Da der Widerspruch nicht in der gesetzten Frist von der Gegenseite begründet wurde sollte wohl irgendwie eingebaut werden dass eigentlich ein stattgegebendes VU erlassen hätte werden sollen. Aber keine Ahnung wie.
07.01.2022, 20:39
(07.01.2022, 20:23)Gast schrieb:(07.01.2022, 19:38)LLOYD schrieb:(07.01.2022, 16:13)Gast 2 schrieb: Widerruf und Anwaltshaftung...sehr wenig Zeit gehabt, ging es noch jemandem so?
wieso Anwaltschaftshaftung? ?
Säumnis im Termin nach Widerspruch gegen Mahnbescheid. Klageabweisendes VU als Folge. RA hatte 495a beantragt und ist dann aus irgendwelchen Gründen die ich nicht mehr weiß einfach nicht zur Verhandlung gegangen.
Da der Widerspruch nicht in der gesetzten Frist von der Gegenseite begründet wurde sollte wohl irgendwie eingebaut werden dass eigentlich ein stattgegebendes VU erlassen hätte werden sollen. Aber keine Ahnung wie.
Er wollte die mündliche Verhandlung wegen gesundheitlichen Risiken (wahrscheinlich Corona) nicht wahrnehmen und ist dann einfach nicht erschienen. Ich hab das mit dem Widerspruch leider auch nicht eingebaut. Wenn ich jetzt nochmal darüber nachdenke, hätte man das wohl im Rahmen der Frage nach der "Anwaltshaftung" einbauen können. Ich habe 280, 241 II wegen der Säumnis bejaht, würde das aber im Nachgang nicht mehr so einfach stehen lassen, denn tatsächlich wäre der Mandantin wohl zu raten gewesen sein, dass VU wegen fehlender Erfolgsaussichten hinzunehmen. Dann wäre aber ein kausaler Schaden problematisch, denn die Klage wäre auch verlorengegangen, wenn der RA zum Termin erschienen wäre. Durch die Säumnis wurde es für die Klägerin dann sogar billiger, weil die Terminsgebühr des Prozessbevollmächtigen nicht angefallen wäre. Dann hätte man sich die Frage stellen können, ob die Pflichtverletzung nicht schon in der Klageerhebung liegt - RA hätte Mahnbescheid ggf. zurücknehmen müssen, dann wäre irgendwann auch Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 S. 2 BGB abgelaufen, wobei die Mandantin durch das selbständige beantragen des Mahnbescheids gezeigt hat, dass sie den Anspruch verfolgen will. Ab hier hätte es dann aber m.E. an Hinweisen im SV gefehlt, denn soweit ich mich erinnern kann, gab es im SV keine Hinweise darauf, ob RA die Mandantin über das Prozessrisiko aufgeklärt hat oder nicht. Dummerweise habe ich nicht an § 628 BGB gedacht. Danach hätte man zumindest gute Aussicht gehabt, die Verfahrensgebühr des RA abzuwehren, da seine Anspruchsbegründung wegen der Säumnis letztlich nutzlos geworden ist. Egal, Montag geht's weiter.
07.01.2022, 20:49
Was habt ihr denn mit der Frist gemacht in nrw ?
Einfach Heilung? Oder gab es was besonderes im Hinblick auf das Nichtreagieren auf ein EB?
Einfach Heilung? Oder gab es was besonderes im Hinblick auf das Nichtreagieren auf ein EB?
07.01.2022, 22:54
Irgendwie stehe ich auf dem Schlauch...die Zustellung des VU an den ehem.Prozessbv. erfolgte doch am 24.12.21, weshalb zum Bearbeitungszeitpunkt (07.01.22) die zweiwöchige Einspruchsfrist noch eingehalten werden konnte, ohne dass es darauf ankommt, dass die Mandantin von dem Erlass des VU erst am 28.12.21 Kenntnis erlangte?
Bezüglich des Zahlungsanspruchs von 599 Euro hab ich auch noch geprüft, ob die Beklagte ein Anfechtungs- oder RücktrittsR hat, was ich i.E. aber abgelehnt habe. Bezüglich des Widerrufsrecht habe ich (leider) ein solches nach § 312g bejaht, das durch Fernabsatz geschlossen, was ich mittlerweile aber anders beurteile :/ Bezüglich des Wertersatzanspruchs der Mandantin aus § 357 Abs. 8 BGB habe ich diesen ebenso abgelehnt weil die Belehrung nach Art. 246 EGBGB fehlerhaft war, da Mandantin nicht auf die Möglichkeit der Verwendung eines Musterprotokolls verwiesen hat. Den Anspruch gegen den ehemaligen Anwalt habe ich dann aus § 280 I BGB bejaht, da aber noch nicht vorprozessual zur Zahlung aufgefordert wurde, muss dies zunächst wg. § 93 ZPO getan werden. Hat hier wer eine ähnliche Lösung??
Bezüglich des Zahlungsanspruchs von 599 Euro hab ich auch noch geprüft, ob die Beklagte ein Anfechtungs- oder RücktrittsR hat, was ich i.E. aber abgelehnt habe. Bezüglich des Widerrufsrecht habe ich (leider) ein solches nach § 312g bejaht, das durch Fernabsatz geschlossen, was ich mittlerweile aber anders beurteile :/ Bezüglich des Wertersatzanspruchs der Mandantin aus § 357 Abs. 8 BGB habe ich diesen ebenso abgelehnt weil die Belehrung nach Art. 246 EGBGB fehlerhaft war, da Mandantin nicht auf die Möglichkeit der Verwendung eines Musterprotokolls verwiesen hat. Den Anspruch gegen den ehemaligen Anwalt habe ich dann aus § 280 I BGB bejaht, da aber noch nicht vorprozessual zur Zahlung aufgefordert wurde, muss dies zunächst wg. § 93 ZPO getan werden. Hat hier wer eine ähnliche Lösung??
07.01.2022, 23:08
(07.01.2022, 22:54)GastHessen123 schrieb: Irgendwie stehe ich auf dem Schlauch...die Zustellung des VU an den ehem.Prozessbv. erfolgte doch am 24.12.21, weshalb zum Bearbeitungszeitpunkt (07.01.22) die zweiwöchige Einspruchsfrist noch eingehalten werden konnte, ohne dass es darauf ankommt, dass die Mandantin von dem Erlass des VU erst am 28.12.21 Kenntnis erlangte?
Bezüglich des Zahlungsanspruchs von 599 Euro hab ich auch noch geprüft, ob die Beklagte ein Anfechtungs- oder RücktrittsR hat, was ich i.E. aber abgelehnt habe. Bezüglich des Widerrufsrecht habe ich (leider) ein solches nach § 312g bejaht, das durch Fernabsatz geschlossen, was ich mittlerweile aber anders beurteile :/ Bezüglich des Wertersatzanspruchs der Mandantin aus § 357 Abs. 8 BGB habe ich diesen ebenso abgelehnt weil die Belehrung nach Art. 246 EGBGB fehlerhaft war, da Mandantin nicht auf die Möglichkeit der Verwendung eines Musterprotokolls verwiesen hat. Den Anspruch gegen den ehemaligen Anwalt habe ich dann aus § 280 I BGB bejaht, da aber noch nicht vorprozessual zur Zahlung aufgefordert wurde, muss dies zunächst wg. § 93 ZPO getan werden. Hat hier wer eine ähnliche Lösung??
Ja, so habe ich es auch, also Einspruch wäre zum Bearbeitungszeitpunkt noch möglich, ohne dass es darauf ankommt, dass die Mandantin von dem Erlass des VU erst am 28.12.21 Kenntnis erlangte. Ich denke, § 312g ZPO ist schon richtig, da er sowohl für Fernabsatz als auch für Haustürgeschäfte gilt. Ich denke, am Ende war es ein Haustürgeschäft, da Vertragsschluss nicht Gegenstand der eigentlichen Veranstaltung war, also eine klassische Überrumpelung. Ob man dann am Ende auf ein Fernabsatz- statt auf ein Haustürgeschäft abstellt, halte ich aber allenfalls für einen kleinen Fehler, da die Konsequenzen im Prinzip die gleichen sind. Ich finde deine Lösung auf jeden fall überzeugend. Ich habe blöderweise § 357 Abs. 8 ZPO angenommen, da ich Art 246a § 4 EGBGB überlesen habe.


