08.10.2021, 13:57
(08.10.2021, 13:31)Gast schrieb: Hallo Threadersteller,
ich habe mein 1. Staatsexamen abgeschlossen und würde gerne meine ehrliche Erfahrung mit dir teilen.
In den 4 1/2 Jahren habe ich einige Kommilitonen und deren Erfahrungen kennengelernt. Es war eindeutig so, dass sich diejenigen ohne Nebenjob deutlich leichter getan und am Ende auch besser abgeschlossen haben.
Bei mir lief es so, dass ich mich von Anfang an jeden Wochentag mit dem Studium befasst habe. Ich habe die Vorlesungen und AGs besucht und in einem Umfang gelernt, der den der Vorlesungen nochmal übertraf. Durch diese Präsenz an der Uni habe ich viele Freunde kennengelernt. Ich habe jede Klausur bestanden und oft überdurchschnittlich gute Ergebnisse erzielt. Die Examemsvorbereitung war aus fachlicher Sicht gut machbar, da ich in fast allen Rechtsgebieten erhebliche Vorkenntnisse hatte und es eher um das Auswendiglernen des Gesamtwissens ging. Zeitlich habe ich also während des gesamten Studiums so viel gelernt, bis ich so erschöpft war, dass ich nichts Produktives mehr leisten konnte. Deshalb schied eine Nebentätigkeit aus.
Finanziell war dieser Lebensabschnitt dabei eher unangenehm. Kein Auto, Freizeitaktivitäten wegen leeren Kontos öfter mal abgesagt, Kontoüberziehungen, günstiges Essen, etc.
Wenn du wirklich Jurist werden möchtest, würde ich also empfehlen den Lebensstandard runterzufahren, ggf. Bafög zu beantragen und eine vollständige Fokussierung aufs Studium durchzuziehen.
Das ist sehr subjektiv und keinesfalls verallgemeinbar. Die meisten Leute die ich kenne z.B. haben die ersten Jahre kaum/wenig gelernt und nur das mindeste gemacht. Viele davon haben ordentliche Noten. Ich selbst habe wirklich sehr hart geharzt die ersten Jahre und nur die Examensvorbereitung wirklich ernst genommen. Hat dann trotzdem für ein gut gereicht.
Grundsätzlich würde ich es aber jedem empfehlen, von Anfang an konsequent zu sein und zumindest die Grundlagen in jedem Fach schonmal gehört zu haben. Dafür braucht man aber ehrlicherweise nicht mehr als 10-20 Stunden pro Woche (Vorlesungen sind meist sowieso verlorene Zeit, AGs dagegen sinnvoller).
"Vollständige Fokussierung aufs Studium" gerade die ersten Jahre ist einfach Schwachsinn. Man kann locker mal paar Semester nebenbei studieren und schauen ob es einem gefällt.
Kenne wenige Studiengänge die die ersten Jahre so entspannd sein können, wie Jura. Gibt natürlich immer wieder Leute die sich den absoluten Stress machen, wie z.B. mein Vorposter. Da sind aber dann auch viele Leute von der Sorte dabei, die ein halbes Jahr oder länger für das Abi gelernt haben

08.10.2021, 14:09
Ich habe auch etwas später studiert nach anderer Ausbildung. Ich habe danach keinen juristischen Job mehr bekommen umd ich hatte keine andere Tätigkeit. In Deutschland ist das Problem, wenn du keine Topnoten hast, so dass sie dich noch mit 40 als Richterin einstellen nach langer Zeit als Hausfrau bekommt man keinen Job mehr, denn einen besseren oder jüngeren Bewerber gibt es dann immer.
Ich würde davon träumen in einem Dax Unternehmen zu arbeiten. Leider bekommt man sowas ab Mitte 30 und mit mäßigen Noten nicht mehr. Deshalb mein Rat: das Fernstudium kannst du ja nebenbei zum Spaß machen bis zum 1. Aber den Job im Dax für das Ref aufgeben mit nachher Mitte 30 lieber nicht, weil du sowas vllt nicht noch mal bekommst und dich danach nur noch mit Mini Einkommen selbstständig machen kannst. Du wirfst deine Karriere hin für den falschen Traum vom Volljuristen. Von denen machen aber viele keine Karriere.
Ich würde davon träumen in einem Dax Unternehmen zu arbeiten. Leider bekommt man sowas ab Mitte 30 und mit mäßigen Noten nicht mehr. Deshalb mein Rat: das Fernstudium kannst du ja nebenbei zum Spaß machen bis zum 1. Aber den Job im Dax für das Ref aufgeben mit nachher Mitte 30 lieber nicht, weil du sowas vllt nicht noch mal bekommst und dich danach nur noch mit Mini Einkommen selbstständig machen kannst. Du wirfst deine Karriere hin für den falschen Traum vom Volljuristen. Von denen machen aber viele keine Karriere.
08.10.2021, 14:16
(08.10.2021, 14:09)Gast schrieb: Ich habe auch etwas später studiert nach anderer Ausbildung. Ich habe danach keinen juristischen Job mehr bekommen umd ich hatte keine andere Tätigkeit. In Deutschland ist das Problem, wenn du keine Topnoten hast, so dass sie dich noch mit 40 als Richterin einstellen nach langer Zeit als Hausfrau bekommt man keinen Job mehr, denn einen besseren oder jüngeren Bewerber gibt es dann immer.
Ich würde davon träumen in einem Dax Unternehmen zu arbeiten. Leider bekommt man sowas ab Mitte 30 und mit mäßigen Noten nicht mehr. Deshalb mein Rat: das Fernstudium kannst du ja nebenbei zum Spaß machen bis zum 1. Aber den Job im Dax für das Ref aufgeben mit nachher Mitte 30 lieber nicht, weil du sowas vllt nicht noch mal bekommst und dich danach nur noch mit Mini Einkommen selbstständig machen kannst. Du wirfst deine Karriere hin für den falschen Traum vom Volljuristen. Von denen machen aber viele keine Karriere.
Das ist aber ordentlich Schwarzmalerei. Lieber TE, hieran soll es nicht scheitern. Die Noten sind ein Faktor, ja, und für manche Berufe der entscheidende. Aber der Arbeitsmarkt ist so gut wie lange nicht (sinkende Absolventenzahlen, steigender Bedarf), und es sieht nicht danach aus als würde sich das zeitnah zulasten der Bewerber ändern. „Keinen juristischen Job“ bekommen halte ich für ausgeschlossen. Man muss vielleicht auch seine Ansprüche justieren oder - neben den Noten - weitere Schwachpunkte, die die Jobsuche schwer machen, ausmachen und ausmerzen.
08.10.2021, 14:20
(08.10.2021, 13:57)Gast schrieb:(08.10.2021, 13:31)Gast schrieb: Hallo Threadersteller,
ich habe mein 1. Staatsexamen abgeschlossen und würde gerne meine ehrliche Erfahrung mit dir teilen.
In den 4 1/2 Jahren habe ich einige Kommilitonen und deren Erfahrungen kennengelernt. Es war eindeutig so, dass sich diejenigen ohne Nebenjob deutlich leichter getan und am Ende auch besser abgeschlossen haben.
Bei mir lief es so, dass ich mich von Anfang an jeden Wochentag mit dem Studium befasst habe. Ich habe die Vorlesungen und AGs besucht und in einem Umfang gelernt, der den der Vorlesungen nochmal übertraf. Durch diese Präsenz an der Uni habe ich viele Freunde kennengelernt. Ich habe jede Klausur bestanden und oft überdurchschnittlich gute Ergebnisse erzielt. Die Examemsvorbereitung war aus fachlicher Sicht gut machbar, da ich in fast allen Rechtsgebieten erhebliche Vorkenntnisse hatte und es eher um das Auswendiglernen des Gesamtwissens ging. Zeitlich habe ich also während des gesamten Studiums so viel gelernt, bis ich so erschöpft war, dass ich nichts Produktives mehr leisten konnte. Deshalb schied eine Nebentätigkeit aus.
Finanziell war dieser Lebensabschnitt dabei eher unangenehm. Kein Auto, Freizeitaktivitäten wegen leeren Kontos öfter mal abgesagt, Kontoüberziehungen, günstiges Essen, etc.
Wenn du wirklich Jurist werden möchtest, würde ich also empfehlen den Lebensstandard runterzufahren, ggf. Bafög zu beantragen und eine vollständige Fokussierung aufs Studium durchzuziehen.
Das ist sehr subjektiv und keinesfalls verallgemeinbar. Die meisten Leute die ich kenne z.B. haben die ersten Jahre kaum/wenig gelernt und nur das mindeste gemacht. Viele davon haben ordentliche Noten. Ich selbst habe wirklich sehr hart geharzt die ersten Jahre und nur die Examensvorbereitung wirklich ernst genommen. Hat dann trotzdem für ein gut gereicht.
Grundsätzlich würde ich es aber jedem empfehlen, von Anfang an konsequent zu sein und zumindest die Grundlagen in jedem Fach schonmal gehört zu haben. Dafür braucht man aber ehrlicherweise nicht mehr als 10-20 Stunden pro Woche (Vorlesungen sind meist sowieso verlorene Zeit, AGs dagegen sinnvoller).
"Vollständige Fokussierung aufs Studium" gerade die ersten Jahre ist einfach Schwachsinn. Man kann locker mal paar Semester nebenbei studieren und schauen ob es einem gefällt.
Kenne wenige Studiengänge die die ersten Jahre so entspannd sein können, wie Jura. Gibt natürlich immer wieder Leute die sich den absoluten Stress machen, wie z.B. mein Vorposter. Da sind aber dann auch viele Leute von der Sorte dabei, die ein halbes Jahr oder länger für das Abi gelernt haben.
Ja klar, ist nur meine subjektive Erfahrung. Ich denke jeder bewegt sich auch in einer anderen und seiner eigenen Bubble. In meiner können sich sicher die meisten mit meiner Erfahrung identifizieren.
08.10.2021, 14:24
(08.10.2021, 13:57)Gast schrieb:(08.10.2021, 13:31)Gast schrieb: Hallo Threadersteller,
ich habe mein 1. Staatsexamen abgeschlossen und würde gerne meine ehrliche Erfahrung mit dir teilen.
In den 4 1/2 Jahren habe ich einige Kommilitonen und deren Erfahrungen kennengelernt. Es war eindeutig so, dass sich diejenigen ohne Nebenjob deutlich leichter getan und am Ende auch besser abgeschlossen haben.
Bei mir lief es so, dass ich mich von Anfang an jeden Wochentag mit dem Studium befasst habe. Ich habe die Vorlesungen und AGs besucht und in einem Umfang gelernt, der den der Vorlesungen nochmal übertraf. Durch diese Präsenz an der Uni habe ich viele Freunde kennengelernt. Ich habe jede Klausur bestanden und oft überdurchschnittlich gute Ergebnisse erzielt. Die Examemsvorbereitung war aus fachlicher Sicht gut machbar, da ich in fast allen Rechtsgebieten erhebliche Vorkenntnisse hatte und es eher um das Auswendiglernen des Gesamtwissens ging. Zeitlich habe ich also während des gesamten Studiums so viel gelernt, bis ich so erschöpft war, dass ich nichts Produktives mehr leisten konnte. Deshalb schied eine Nebentätigkeit aus.
Finanziell war dieser Lebensabschnitt dabei eher unangenehm. Kein Auto, Freizeitaktivitäten wegen leeren Kontos öfter mal abgesagt, Kontoüberziehungen, günstiges Essen, etc.
Wenn du wirklich Jurist werden möchtest, würde ich also empfehlen den Lebensstandard runterzufahren, ggf. Bafög zu beantragen und eine vollständige Fokussierung aufs Studium durchzuziehen.
Das ist sehr subjektiv und keinesfalls verallgemeinbar. Die meisten Leute die ich kenne z.B. haben die ersten Jahre kaum/wenig gelernt und nur das mindeste gemacht. Viele davon haben ordentliche Noten. Ich selbst habe wirklich sehr hart geharzt die ersten Jahre und nur die Examensvorbereitung wirklich ernst genommen. Hat dann trotzdem für ein gut gereicht.
Grundsätzlich würde ich es aber jedem empfehlen, von Anfang an konsequent zu sein und zumindest die Grundlagen in jedem Fach schonmal gehört zu haben. Dafür braucht man aber ehrlicherweise nicht mehr als 10-20 Stunden pro Woche (Vorlesungen sind meist sowieso verlorene Zeit, AGs dagegen sinnvoller).
"Vollständige Fokussierung aufs Studium" gerade die ersten Jahre ist einfach Schwachsinn. Man kann locker mal paar Semester nebenbei studieren und schauen ob es einem gefällt.
Kenne wenige Studiengänge die die ersten Jahre so entspannd sein können, wie Jura. Gibt natürlich immer wieder Leute die sich den absoluten Stress machen, wie z.B. mein Vorposter. Da sind aber dann auch viele Leute von der Sorte dabei, die ein halbes Jahr oder länger für das Abi gelernt haben.
Und ich habe überhaupt nicht für mein Abi gelernt. Das Jurastudium ist aber auch deutlich anspruchsvoller

08.10.2021, 14:24
Ich habe übrigens das 1. Examen mit ausreichend bestanden, indem ich ein halbes Jahr lang von morgens bis abends Skripten gelesen habe zu jedem Rechtsgebiet und dann noch eine Woche lang zu Hause die Examenssituation mit Probeklausuren geübt (nachdem ich durch den Erstversuch gefallen bin).
Anderthalb Jahre Vollzeit lernen ist also übertrieben.
Anderthalb Jahre Vollzeit lernen ist also übertrieben.
08.10.2021, 14:34
(08.10.2021, 14:24)Gast schrieb: Ich habe übrigens das 1. Examen mit ausreichend bestanden, indem ich ein halbes Jahr lang von morgens bis abends Skripten gelesen habe zu jedem Rechtsgebiet und dann noch eine Woche lang zu Hause die Examenssituation mit Probeklausuren geübt (nachdem ich durch den Erstversuch gefallen bin).
Anderthalb Jahre Vollzeit lernen ist also übertrieben.
Wenn es nur um Bestehen geht, ist das tatsächlich übertrieben, aber wer will das schon?
08.10.2021, 14:35
Ein gutes Pferd springt nur so hoch wie es muss.
08.10.2021, 14:37
08.10.2021, 14:41
(08.10.2021, 14:16)Gast schrieb:(08.10.2021, 14:09)Gast schrieb: Ich habe auch etwas später studiert nach anderer Ausbildung. Ich habe danach keinen juristischen Job mehr bekommen umd ich hatte keine andere Tätigkeit. In Deutschland ist das Problem, wenn du keine Topnoten hast, so dass sie dich noch mit 40 als Richterin einstellen nach langer Zeit als Hausfrau bekommt man keinen Job mehr, denn einen besseren oder jüngeren Bewerber gibt es dann immer.
Ich würde davon träumen in einem Dax Unternehmen zu arbeiten. Leider bekommt man sowas ab Mitte 30 und mit mäßigen Noten nicht mehr. Deshalb mein Rat: das Fernstudium kannst du ja nebenbei zum Spaß machen bis zum 1. Aber den Job im Dax für das Ref aufgeben mit nachher Mitte 30 lieber nicht, weil du sowas vllt nicht noch mal bekommst und dich danach nur noch mit Mini Einkommen selbstständig machen kannst. Du wirfst deine Karriere hin für den falschen Traum vom Volljuristen. Von denen machen aber viele keine Karriere.
Das ist aber ordentlich Schwarzmalerei. Lieber TE, hieran soll es nicht scheitern. Die Noten sind ein Faktor, ja, und für manche Berufe der entscheidende. Aber der Arbeitsmarkt ist so gut wie lange nicht (sinkende Absolventenzahlen, steigender Bedarf), und es sieht nicht danach aus als würde sich das zeitnah zulasten der Bewerber ändern. „Keinen juristischen Job“ bekommen halte ich für ausgeschlossen. Man muss vielleicht auch seine Ansprüche justieren oder - neben den Noten - weitere Schwachpunkte, die die Jobsuche schwer machen, ausmachen und ausmerzen.
Ich wollte nur mal aufzeigen wie es auch laufen kann. Etwas Realismus ist angebracht. Vllt solltest du dich fragen, was dich am Jurastudium wirklich fasziniert. Sind alle in deiner Familie Akademiker nur du nicht oder bist du eifersüchtig auf die Qualifikation der Anwälte bei der Arbeit?
Man entwickelt so ein Interesse ja nicht grundlos.
Bei mir war es, dass ich öfter Probleme mit Behörden hatte und Rechtsfälle in der Familie und ich nicht wehrlos sein wollte.
Zudem hat es gut zu meinem Sternzeichen gepasst und mein Vater hatte auch 2 StE.
Vllt hast du auch durch Filme falsche Vorstellungen vom Anwaltsberuf. Viele krebsen am Existenzminimum rum.
Geld ist immer wichtiger als Status. Als jemand, der null in die Rentenkasse eingezahlt hat (unter 5 J. kriegt man ja nichts raus) sage ich dir: Halte an deinem Dax Job fest. Da verdienst du mit Sicherheit mehr als später als Einzelanwalt und deine Rente ist sicher.