30.08.2021, 03:49
Ausgangsfall:
Der Kläger begehrt die Herausgabe eines Fahrzeugs. Das Fahrzeug ist in dem Klageantrag in den vorbereitenden Schriftsätzen bezeichnet. Es ist aber insbesondere nicht die Fahrzeugidentifikationsnummer angegeben. Dabei ist dem Kläger die FIN bekannt und er könnte sie mühelos nachreichen. Der Anwalt des Beklagten rügt auch, dass der Klageantrag zu unkonkret ist. Wenn man ehrlich ist, dann sollte dem Beklagten aber ziemlich klar sein, welches Fahrzeug gemeint ist. Ein Gerichtsvollzieher beispielsweise könnte aber seine Probleme damit haben, das Auto zweifelsfrei zu identifizieren. Wie gehen Gerichte mit dieser Konstellation um?
Wird die Klage tatsächlich wegen des zu unkonkret gefassten Klageantrags abgewiesen?
Kann der Kläger den Klageantrag später noch konkretisieren? Bis wann? Ist es ein Fall von § 264 I Nr 1 ZPO? Ist es überhaupt eine Klageänderung?
Abwandlung:
Der Beklagte, dem natürlich klar war, welches Fahrzeug gemeint war, gibt das Fahrzeug heraus. Der Kläger erklärt die Erledigung. Der Beklagte schließt sich der Erledigungserklärung aber nicht an, sondern widerspricht dieser. Das Gericht muss also darüber entscheiden, ob Erledigung eingetreten ist. Erledigung setzt die ursprüngliche Zulässigkeit der Klage voraus, oder?
Wenn aber der Klageantrag noch zu unkonkret war und die Erledigung eintritt, bevor dieser weiter konkretisiert wurde: Was dann? Tritt die Erledigung dann zu einem Zeitpunkt ein, in dem die Klage (noch) unzulässig war? Scheitert die Feststellung er einseitigen Erledigung dann daran? Kann die "Konkretisierung" jetzt auch nicht mehr nachgeholt werden?
Ich kenne nur den Fall, in dem die Klage bei dem örtlich unzuständigen Gericht eingereicht wurde und dann Erledigung eingetreten ist, bevor der Beklagte sich auf die Klage einladden konnte oder jemand die Verweisung an das örtlich zuständige Gericht beantragen konnte. Da ist die neue BGH-Rechtsprechung jetzt offenbar: Pech gehabt! Da kommt es dem Kläger dann teuer zu stehen, dass er bei der Klageerhebung geschlampt hatte.
Gilt das auch für (zunächst) zu unkonkret gefasste Klageanträge?
Der Kläger begehrt die Herausgabe eines Fahrzeugs. Das Fahrzeug ist in dem Klageantrag in den vorbereitenden Schriftsätzen bezeichnet. Es ist aber insbesondere nicht die Fahrzeugidentifikationsnummer angegeben. Dabei ist dem Kläger die FIN bekannt und er könnte sie mühelos nachreichen. Der Anwalt des Beklagten rügt auch, dass der Klageantrag zu unkonkret ist. Wenn man ehrlich ist, dann sollte dem Beklagten aber ziemlich klar sein, welches Fahrzeug gemeint ist. Ein Gerichtsvollzieher beispielsweise könnte aber seine Probleme damit haben, das Auto zweifelsfrei zu identifizieren. Wie gehen Gerichte mit dieser Konstellation um?
Wird die Klage tatsächlich wegen des zu unkonkret gefassten Klageantrags abgewiesen?
Kann der Kläger den Klageantrag später noch konkretisieren? Bis wann? Ist es ein Fall von § 264 I Nr 1 ZPO? Ist es überhaupt eine Klageänderung?
Abwandlung:
Der Beklagte, dem natürlich klar war, welches Fahrzeug gemeint war, gibt das Fahrzeug heraus. Der Kläger erklärt die Erledigung. Der Beklagte schließt sich der Erledigungserklärung aber nicht an, sondern widerspricht dieser. Das Gericht muss also darüber entscheiden, ob Erledigung eingetreten ist. Erledigung setzt die ursprüngliche Zulässigkeit der Klage voraus, oder?
Wenn aber der Klageantrag noch zu unkonkret war und die Erledigung eintritt, bevor dieser weiter konkretisiert wurde: Was dann? Tritt die Erledigung dann zu einem Zeitpunkt ein, in dem die Klage (noch) unzulässig war? Scheitert die Feststellung er einseitigen Erledigung dann daran? Kann die "Konkretisierung" jetzt auch nicht mehr nachgeholt werden?
Ich kenne nur den Fall, in dem die Klage bei dem örtlich unzuständigen Gericht eingereicht wurde und dann Erledigung eingetreten ist, bevor der Beklagte sich auf die Klage einladden konnte oder jemand die Verweisung an das örtlich zuständige Gericht beantragen konnte. Da ist die neue BGH-Rechtsprechung jetzt offenbar: Pech gehabt! Da kommt es dem Kläger dann teuer zu stehen, dass er bei der Klageerhebung geschlampt hatte.
Gilt das auch für (zunächst) zu unkonkret gefasste Klageanträge?
30.08.2021, 07:48
(30.08.2021, 03:49)Gast schrieb: Ausgangsfall:
Der Kläger begehrt die Herausgabe eines Fahrzeugs. Das Fahrzeug ist in dem Klageantrag in den vorbereitenden Schriftsätzen bezeichnet. Es ist aber insbesondere nicht die Fahrzeugidentifikationsnummer angegeben. Dabei ist dem Kläger die FIN bekannt und er könnte sie mühelos nachreichen. Der Anwalt des Beklagten rügt auch, dass der Klageantrag zu unkonkret ist. Wenn man ehrlich ist, dann sollte dem Beklagten aber ziemlich klar sein, welches Fahrzeug gemeint ist. Ein Gerichtsvollzieher beispielsweise könnte aber seine Probleme damit haben, das Auto zweifelsfrei zu identifizieren. Wie gehen Gerichte mit dieser Konstellation um?
Wird die Klage tatsächlich wegen des zu unkonkret gefassten Klageantrags abgewiesen?
Kann der Kläger den Klageantrag später noch konkretisieren? Bis wann? Ist es ein Fall von § 264 I Nr 1 ZPO? Ist es überhaupt eine Klageänderung?
Abwandlung:
Der Beklagte, dem natürlich klar war, welches Fahrzeug gemeint war, gibt das Fahrzeug heraus. Der Kläger erklärt die Erledigung. Der Beklagte schließt sich der Erledigungserklärung aber nicht an, sondern widerspricht dieser. Das Gericht muss also darüber entscheiden, ob Erledigung eingetreten ist. Erledigung setzt die ursprüngliche Zulässigkeit der Klage voraus, oder?
Wenn aber der Klageantrag noch zu unkonkret war und die Erledigung eintritt, bevor dieser weiter konkretisiert wurde: Was dann? Tritt die Erledigung dann zu einem Zeitpunkt ein, in dem die Klage (noch) unzulässig war? Scheitert die Feststellung er einseitigen Erledigung dann daran? Kann die "Konkretisierung" jetzt auch nicht mehr nachgeholt werden?
Ich kenne nur den Fall, in dem die Klage bei dem örtlich unzuständigen Gericht eingereicht wurde und dann Erledigung eingetreten ist, bevor der Beklagte sich auf die Klage einladden konnte oder jemand die Verweisung an das örtlich zuständige Gericht beantragen konnte. Da ist die neue BGH-Rechtsprechung jetzt offenbar: Pech gehabt! Da kommt es dem Kläger dann teuer zu stehen, dass er bei der Klageerhebung geschlampt hatte.
Gilt das auch für (zunächst) zu unkonkret gefasste Klageanträge?
In jedem Fall ist der Antrag fehlerhaft und das entsprechende Urteil dürfte den so nicht übernehmen. Da Anträge jedoch auslegungsfähig sind, würde ich mich zu Beginn der Entscheidungsgründe mit der Auslegung des Antrags beschäftigen und somit im Ergebnis den Antrag zurechtbiegen, weil ja tatsächlich alle zu wissen scheinen, welches Auto gemeint ist. Man muss ja nicht päpstlicher sein als der Papst.
30.08.2021, 16:40
(30.08.2021, 07:48)Gästle schrieb: In jedem Fall ist der Antrag fehlerhaft und das entsprechende Urteil dürfte den so nicht übernehmen. Da Anträge jedoch auslegungsfähig sind, würde ich mich zu Beginn der Entscheidungsgründe mit der Auslegung des Antrags beschäftigen und somit im Ergebnis den Antrag zurechtbiegen, weil ja tatsächlich alle zu wissen scheinen, welches Auto gemeint ist. Man muss ja nicht päpstlicher sein als der Papst.
Wenn der Kläger die Nummer aber nicht nennt, kann man auch nichts tenorieren.. In der Abwandlung wäre ich aber wirklich nicht so päpstlich und würde einfach davon ausgehen, dass die Nummer genannt würde und die Klage deshalb als zulässig zu behandeln ist.
30.08.2021, 18:47
Das KFZ muss nicht unbedingt mit der FIN bezeichnet werden, wohl aber so, dass das Vollstreckungsorgan es aus dem Titel heraus identifizieren und von anderen unterscheiden könnte. Fehle es daran, ist die Klage unzulässig. Demnach ist auf der Feststellungsantrag unbegründet, denn es hat sich keine ursprünglich zulässige und begründete Klage erledigt.
Dass der Beklagte wusste, um welches Fahrzeug es geht, ist unerheblich.
Dass der Beklagte wusste, um welches Fahrzeug es geht, ist unerheblich.
30.08.2021, 20:13
(30.08.2021, 18:47)Praktiker schrieb: Das KFZ muss nicht unbedingt mit der FIN bezeichnet werden, wohl aber so, dass das Vollstreckungsorgan es aus dem Titel heraus identifizieren und von anderen unterscheiden könnte. Fehle es daran, ist die Klage unzulässig. Demnach ist auf der Feststellungsantrag unbegründet, denn es hat sich keine ursprünglich zulässige und begründete Klage erledigt.
Dass der Beklagte wusste, um welches Fahrzeug es geht, ist unerheblich.
Danke! Ich gehe davon aus, dass (zum Beispiel) die FIN aber noch nachgeschoben könnte, solange der ursprüngliche Klageantrag noch nicht erledigt ist. Und wenn jetzt plötzlich die Erledigung eintritt (und der Kläger diese auch noch erklärt): Dann kann der Kläger den ursprünglichen Klageantrag nicht mehr weiter konkretisieren?
Kommt es damit entscheidend auf den zeitpunkt an, in dem die Erledigung eingetreten ist? Beziehungsweise in dem sie erklärt wurde?
Zitat:Da Anträge jedoch auslegungsfähig sind, würde ich mich zu Beginn der Entscheidungsgründe mit der Auslegung des Antrags beschäftigen und somit im Ergebnis den Antrag zurechtbiegen, weil ja tatsächlich alle zu wissen scheinen, welches Auto gemeint ist.
Aber das würde jedenfalls eine weitere Konkretisierung durch den Kläger erfordern. Oder anderswie muss irgendwie die FIN in die Akte gelangen. Also das Gericht kann die Konkretisierung ja nicht ganz im Blindflug selber vornehmen, da es (anders als der Beklagte) nicht unbedingt weiß, welcher "schwarze Mercedes" jetzt gemeint ist oder wie man den wohl besser beschreiben könnte.
30.08.2021, 20:27
Beides richtig: ob die unzulässige Klage später zulässig gemacht worden wäre, spielt bei der Feststellung keine Rolle. Bei 91a mag das anders sein, da geht es ja um eine Prognose.
Und auslegbar ist der Antrag nur mit Auslegungsmaterial, wenn also die FIN im Fließtext steht oder das Auto sonstwie eindeutig beschrieben wird (was bei einem Massenprodukt natürlich schwierig ist).
Und auslegbar ist der Antrag nur mit Auslegungsmaterial, wenn also die FIN im Fließtext steht oder das Auto sonstwie eindeutig beschrieben wird (was bei einem Massenprodukt natürlich schwierig ist).