29.08.2021, 23:05
Hallo Forum,
hat einer von euch eine Empfehlung oder einen kurzen Erfahrungsbericht zur GK-Arbeit im Bereiche (Wirtschafts-)Strafrecht? Welche Kanzlei ist da empfehlenswert? Der Standort ist vergleichsweise egal. Besonders würden mich aber W&C oder HM in Berlin interessieren, wenn zufällig jemand zu denen etwas sagen kann. Aber auch FFM oder DD kommen für mich in Frage.
Mich interessiert vor allem:
- Art der Mandate der Kanzlei
- Aufgaben dort / Arbeitsalltag
- sympathisches Team
Ich frage mich zum Beipsiel, wie das Verhältnis von präventiver Beratung zur Vertretung im Ermittlungsverfahren ist, ob Individualverteidungen vorkommen, ob Unternehmen eher verteidigt oder eher als Geschädigte vertreten werden und so weiter. Wie groß ist der Anteil der Compliance und wie sehen die Aufgaben dazu aus?
Seid ihr zufrieden (gewesen)? Hat jemand einen Vergleich zu einer wirtschaftstrafrechtlich ausgerichteten Boutique?
hat einer von euch eine Empfehlung oder einen kurzen Erfahrungsbericht zur GK-Arbeit im Bereiche (Wirtschafts-)Strafrecht? Welche Kanzlei ist da empfehlenswert? Der Standort ist vergleichsweise egal. Besonders würden mich aber W&C oder HM in Berlin interessieren, wenn zufällig jemand zu denen etwas sagen kann. Aber auch FFM oder DD kommen für mich in Frage.
Mich interessiert vor allem:
- Art der Mandate der Kanzlei
- Aufgaben dort / Arbeitsalltag
- sympathisches Team
Ich frage mich zum Beipsiel, wie das Verhältnis von präventiver Beratung zur Vertretung im Ermittlungsverfahren ist, ob Individualverteidungen vorkommen, ob Unternehmen eher verteidigt oder eher als Geschädigte vertreten werden und so weiter. Wie groß ist der Anteil der Compliance und wie sehen die Aufgaben dazu aus?
Seid ihr zufrieden (gewesen)? Hat jemand einen Vergleich zu einer wirtschaftstrafrechtlich ausgerichteten Boutique?
30.08.2021, 09:04
Klassisches Strafrecht in ner GK kommt quasi nicht vor. Das meiste ist Steuerstrafrecht und wirklich mega langweilig. Compliance macht bei den meisten mittlerweile einen sehr großen Teil aus. Vor Gericht bist du quasi nie - 90% der Verfahren werden eingestellt. Für mich selbst war es absolut nichts. Boutique hat da oft mehr zu bieten. Zwar sind sie meist auch auf white collar crime spezialisiert, machen aber auch mal Delikte rechts und links davon. Allerdings ist die Bezahlung grottig.
30.08.2021, 09:18
(30.08.2021, 09:04)Gast28363 schrieb: Klassisches Strafrecht in ner GK kommt quasi nicht vor. Das meiste ist Steuerstrafrecht und wirklich mega langweilig. Compliance macht bei den meisten mittlerweile einen sehr großen Teil aus. Vor Gericht bist du quasi nie - 90% der Verfahren werden eingestellt. Für mich selbst war es absolut nichts. Boutique hat da oft mehr zu bieten. Zwar sind sie meist auch auf white collar crime spezialisiert, machen aber auch mal Delikte rechts und links davon. Allerdings ist die Bezahlung grottig.
Natürlich macht man kein klassisches Strafrecht in der GK. Das dürfte dem TE auch klar sein. Wo warst du denn angestellt?
30.08.2021, 09:53
30.08.2021, 09:57
Es ist wichtig zu verstehen, dass Strafrecht in einer Boutique und in der GK zwei Paar Schuhe sind.
In der GK vertritt man zu 85% Unternehmen. Dort ist nur § 30 OWiG oder Einziehung möglich. Zudem übernimmt man häufiger mal die Sockelverteidigung. D.h. auch, dass man eher ein managing Funktion übernimmt und den Überblick über das gesamte Verfahren haben muss. D.h. natürlich, dass man riesige Aktenberge auswerten und im Auge behalten muss. Wie viel Compliance man macht, hängt von der Kanzlei ab. Die meisten GKs machen dann auch Ordnungswidrigkeiten- und Sanktionsrecht.
In der Boutique macht man eher Individualverteidigung. Das ist das klassisches Strafprozessrecht, wie man es aus dem Examen kennt, mit Einstellungen, Anklagen, U-Haft, Hauptverhandlungen etc. Ist i.d.R. weniger international als die Arbeit in der GK.
Auch die Arbeitsweise ist grundverschieden.
In der GK arbeitet man in größeren Teams und ist vor allem am Anfang ein kleines Rädchen, das Backoffice-Tätigkeiten verrichtet.
In der Boutique übernimmt man schon recht früh Eigenverantwortung und leitet ehe man sich versieht ganze Verfahren. Wie gesagt, es ist dann klassisches Strafprozessrecht mit all seinen Finessen.
Unterschiede gibt es auch bei der Bezahlung. Während man in der GK hoch anfängt, verläuft die Gehaltsentwicklung eher flach. In der Boutique startet man mit 60-80k. Dafür wächst das Gehalt stetig. Spätestens nach 4-5 Jahren hat man den GK Senior Associate überholt. In der Boutique wird man i.d.R. auch (zumidest Salary) Partner, wenn man sich nicht zu doof anstellt.
Nun zu den von die erwähnten GKs.
HM in Berlin ist wahrlich nicht der Branchenprimus in Sachen Wirtschaftsstrarecht. Das Team ist nicht sehr groß (1 Partner, 3 Associates), wobei der letzt Associate meines Wissens erst vor ein paar Monaten dazugekommen ist. Gut möglich, dass sie momentan keinen Bedarf haben. HM macht auch viel interne Untersuchungen. Es wäre nichts für mich, weil man manchmal wochenlang damit beschäftigt ist, irgendwelche Unterlagen und vor allem interne E-Mails zu sichten und zusammenzufassen. Der zuständige Partner ist in Ordnung, aber etwas wenig nahbar.
WC macht meines Wissens eher klassisches Wirtschaftsstrafrecht, viel in der Digital- und Technikbranche. Meines Wissens halten sie Ausschau nach potentiellen Berufseinsteigern, da es viel zu tun gibt. Der Senior Partner ist dort allerdings sehr eigen.
Ansonsten gibt es die üblichen Verdächtigen auf dem Markt:
FBD in DD ist wirklich saustark. In München macht HL gutes Wirtschaftsstrafrecht. In FFM ist CC der Platzhirsch und bedient vor allem die Finanzbranche. DLA macht eher "klassisches Strafrecht". Ein paar Teams sind gerade in der Entwicklung: GL, AO, Norton Rose.
Noerr wächst in dem Bereich auch, wobei ich nicht so recht weiß, wo da der geographische Schwerpunkt liegt.
In der GK vertritt man zu 85% Unternehmen. Dort ist nur § 30 OWiG oder Einziehung möglich. Zudem übernimmt man häufiger mal die Sockelverteidigung. D.h. auch, dass man eher ein managing Funktion übernimmt und den Überblick über das gesamte Verfahren haben muss. D.h. natürlich, dass man riesige Aktenberge auswerten und im Auge behalten muss. Wie viel Compliance man macht, hängt von der Kanzlei ab. Die meisten GKs machen dann auch Ordnungswidrigkeiten- und Sanktionsrecht.
In der Boutique macht man eher Individualverteidigung. Das ist das klassisches Strafprozessrecht, wie man es aus dem Examen kennt, mit Einstellungen, Anklagen, U-Haft, Hauptverhandlungen etc. Ist i.d.R. weniger international als die Arbeit in der GK.
Auch die Arbeitsweise ist grundverschieden.
In der GK arbeitet man in größeren Teams und ist vor allem am Anfang ein kleines Rädchen, das Backoffice-Tätigkeiten verrichtet.
In der Boutique übernimmt man schon recht früh Eigenverantwortung und leitet ehe man sich versieht ganze Verfahren. Wie gesagt, es ist dann klassisches Strafprozessrecht mit all seinen Finessen.
Unterschiede gibt es auch bei der Bezahlung. Während man in der GK hoch anfängt, verläuft die Gehaltsentwicklung eher flach. In der Boutique startet man mit 60-80k. Dafür wächst das Gehalt stetig. Spätestens nach 4-5 Jahren hat man den GK Senior Associate überholt. In der Boutique wird man i.d.R. auch (zumidest Salary) Partner, wenn man sich nicht zu doof anstellt.
Nun zu den von die erwähnten GKs.
HM in Berlin ist wahrlich nicht der Branchenprimus in Sachen Wirtschaftsstrarecht. Das Team ist nicht sehr groß (1 Partner, 3 Associates), wobei der letzt Associate meines Wissens erst vor ein paar Monaten dazugekommen ist. Gut möglich, dass sie momentan keinen Bedarf haben. HM macht auch viel interne Untersuchungen. Es wäre nichts für mich, weil man manchmal wochenlang damit beschäftigt ist, irgendwelche Unterlagen und vor allem interne E-Mails zu sichten und zusammenzufassen. Der zuständige Partner ist in Ordnung, aber etwas wenig nahbar.
WC macht meines Wissens eher klassisches Wirtschaftsstrafrecht, viel in der Digital- und Technikbranche. Meines Wissens halten sie Ausschau nach potentiellen Berufseinsteigern, da es viel zu tun gibt. Der Senior Partner ist dort allerdings sehr eigen.
Ansonsten gibt es die üblichen Verdächtigen auf dem Markt:
FBD in DD ist wirklich saustark. In München macht HL gutes Wirtschaftsstrafrecht. In FFM ist CC der Platzhirsch und bedient vor allem die Finanzbranche. DLA macht eher "klassisches Strafrecht". Ein paar Teams sind gerade in der Entwicklung: GL, AO, Norton Rose.
Noerr wächst in dem Bereich auch, wobei ich nicht so recht weiß, wo da der geographische Schwerpunkt liegt.
30.08.2021, 11:27
(30.08.2021, 09:57)Gast schrieb: Unterschiede gibt es auch bei der Bezahlung. Während man in der GK hoch anfängt, verläuft die Gehaltsentwicklung eher flach. In der Boutique startet man mit 60-80k. Dafür wächst das Gehalt stetig. Spätestens nach 4-5 Jahren hat man den GK Senior Associate überholt. In der Boutique wird man i.d.R. auch (zumidest Salary) Partner, wenn man sich nicht zu doof anstellt.
Insgesamt gute Zusammenfassung. Das ist aber - v.a. in Berlin - mit Sicherheit kein Selbstläufer...
30.08.2021, 11:52
(30.08.2021, 11:27)Gast schrieb:(30.08.2021, 09:57)Gast schrieb: Unterschiede gibt es auch bei der Bezahlung. Während man in der GK hoch anfängt, verläuft die Gehaltsentwicklung eher flach. In der Boutique startet man mit 60-80k. Dafür wächst das Gehalt stetig. Spätestens nach 4-5 Jahren hat man den GK Senior Associate überholt. In der Boutique wird man i.d.R. auch (zumidest Salary) Partner, wenn man sich nicht zu doof anstellt.
Insgesamt gute Zusammenfassung. Das ist aber - v.a. in Berlin - mit Sicherheit kein Selbstläufer...
Ich meinte natürlich die renommierten Boutiquen à la Dierlamm, Feigen Graf, TDWE etc.
30.08.2021, 12:16
(30.08.2021, 11:52)Gast schrieb:(30.08.2021, 11:27)Gast schrieb:(30.08.2021, 09:57)Gast schrieb: Unterschiede gibt es auch bei der Bezahlung. Während man in der GK hoch anfängt, verläuft die Gehaltsentwicklung eher flach. In der Boutique startet man mit 60-80k. Dafür wächst das Gehalt stetig. Spätestens nach 4-5 Jahren hat man den GK Senior Associate überholt. In der Boutique wird man i.d.R. auch (zumidest Salary) Partner, wenn man sich nicht zu doof anstellt.
Insgesamt gute Zusammenfassung. Das ist aber - v.a. in Berlin - mit Sicherheit kein Selbstläufer...
Ich meinte natürlich die renommierten Boutiquen à la Dierlamm, Feigen Graf, TDWE etc.
Noch eine Anmerkung als Boutiquler: Der Clou in Boutiquen ist dann oft die Kombi aus moderatem Fixum aber umsatzabhängigen Bonus, der relevante Größen erreichen kann. Man wird im Fixum selten auf das kommen, was GKs bieten, am Jahresende ist es dann aber wieder sehr ähnlich, wenn man gut performt.
30.08.2021, 13:25
(30.08.2021, 11:27)Gast schrieb:(30.08.2021, 09:57)Gast schrieb: Unterschiede gibt es auch bei der Bezahlung. Während man in der GK hoch anfängt, verläuft die Gehaltsentwicklung eher flach. In der Boutique startet man mit 60-80k. Dafür wächst das Gehalt stetig. Spätestens nach 4-5 Jahren hat man den GK Senior Associate überholt. In der Boutique wird man i.d.R. auch (zumidest Salary) Partner, wenn man sich nicht zu doof anstellt.
Insgesamt gute Zusammenfassung. Das ist aber - v.a. in Berlin - mit Sicherheit kein Selbstläufer...
Das ist völlig übertrieben. Das Gehalt ist schlicht ne Lachplatte.
30.08.2021, 13:26
(30.08.2021, 09:57)Gast schrieb: Es ist wichtig zu verstehen, dass Strafrecht in einer Boutique und in der GK zwei Paar Schuhe sind.
In der GK vertritt man zu 85% Unternehmen. Dort ist nur § 30 OWiG oder Einziehung möglich. Zudem übernimmt man häufiger mal die Sockelverteidigung. D.h. auch, dass man eher ein managing Funktion übernimmt und den Überblick über das gesamte Verfahren haben muss. D.h. natürlich, dass man riesige Aktenberge auswerten und im Auge behalten muss. Wie viel Compliance man macht, hängt von der Kanzlei ab. Die meisten GKs machen dann auch Ordnungswidrigkeiten- und Sanktionsrecht.
In der Boutique macht man eher Individualverteidigung. Das ist das klassisches Strafprozessrecht, wie man es aus dem Examen kennt, mit Einstellungen, Anklagen, U-Haft, Hauptverhandlungen etc. Ist i.d.R. weniger international als die Arbeit in der GK.
Auch die Arbeitsweise ist grundverschieden.
In der GK arbeitet man in größeren Teams und ist vor allem am Anfang ein kleines Rädchen, das Backoffice-Tätigkeiten verrichtet.
In der Boutique übernimmt man schon recht früh Eigenverantwortung und leitet ehe man sich versieht ganze Verfahren. Wie gesagt, es ist dann klassisches Strafprozessrecht mit all seinen Finessen.
Unterschiede gibt es auch bei der Bezahlung. Während man in der GK hoch anfängt, verläuft die Gehaltsentwicklung eher flach. In der Boutique startet man mit 60-80k. Dafür wächst das Gehalt stetig. Spätestens nach 4-5 Jahren hat man den GK Senior Associate überholt. In der Boutique wird man i.d.R. auch (zumidest Salary) Partner, wenn man sich nicht zu doof anstellt.
Nun zu den von die erwähnten GKs.
HM in Berlin ist wahrlich nicht der Branchenprimus in Sachen Wirtschaftsstrarecht. Das Team ist nicht sehr groß (1 Partner, 3 Associates), wobei der letzt Associate meines Wissens erst vor ein paar Monaten dazugekommen ist. Gut möglich, dass sie momentan keinen Bedarf haben. HM macht auch viel interne Untersuchungen. Es wäre nichts für mich, weil man manchmal wochenlang damit beschäftigt ist, irgendwelche Unterlagen und vor allem interne E-Mails zu sichten und zusammenzufassen. Der zuständige Partner ist in Ordnung, aber etwas wenig nahbar.
WC macht meines Wissens eher klassisches Wirtschaftsstrafrecht, viel in der Digital- und Technikbranche. Meines Wissens halten sie Ausschau nach potentiellen Berufseinsteigern, da es viel zu tun gibt. Der Senior Partner ist dort allerdings sehr eigen.
Ansonsten gibt es die üblichen Verdächtigen auf dem Markt:
FBD in DD ist wirklich saustark. In München macht HL gutes Wirtschaftsstrafrecht. In FFM ist CC der Platzhirsch und bedient vor allem die Finanzbranche. DLA macht eher "klassisches Strafrecht". Ein paar Teams sind gerade in der Entwicklung: GL, AO, Norton Rose.
Noerr wächst in dem Bereich auch, wobei ich nicht so recht weiß, wo da der geographische Schwerpunkt liegt.
Gleiss und Wirtschaftsstrafrecht. Ich lach mich schlapp. Deshalb wechseln ja auch Strafrechtler von GL zu DLA, um dort endlich Strafrecht machen zu dürfen.


