09.11.2022, 15:54
Meine persönliche Meinung (= nicht die absolute und letztgültige Wahrheit):
- hohe Bereitschaft sich für die Arbeit aufzuopfern, was dadadurch begünstigt wird, dass man Anerkennung über den Beruf bekommen möchte, was wiederum der Fall ist, wenn man kein gesundes Selbstwertgefühl hat
- starke Entfremdung von der eigenen Gefühlswelt, sodass man gar nicht checkt, dass man eigentlich viel lieber anders leben würde. Kann dadurch begünstigt sein, dass man als Kind gelernt hat, dass die eigenen Gefühle und Bedürfnisse nicht wichtig sind, was häufig bei Kindern vorkommt, deren Eltern (beispielsweise karrierebedingt) abwesend sind
Nochmal anders ausgedrückt: unbewusste (!) Bereitschaft in die Arbeit zu flüchten, ständig beschäft sein wollen, um von tieferliegenden Probleme und Nöten abzulenken.
Ausreichende juristische Fähigkeiten und Anpassungsfähigkeit sind natürlich erforderlich, aber ermöglichen nur den Jobeinstieg und nicht, dass man länger bleibt.
Mir ist vollkommen klar, dass mein Beitrag wenig Zustimmung bekommen wird. Für Zustimmung bräuchte es ja genau das Bewusstsein, das fehlen muss für die hier in Rede stehende Laufbahn.
- hohe Bereitschaft sich für die Arbeit aufzuopfern, was dadadurch begünstigt wird, dass man Anerkennung über den Beruf bekommen möchte, was wiederum der Fall ist, wenn man kein gesundes Selbstwertgefühl hat
- starke Entfremdung von der eigenen Gefühlswelt, sodass man gar nicht checkt, dass man eigentlich viel lieber anders leben würde. Kann dadurch begünstigt sein, dass man als Kind gelernt hat, dass die eigenen Gefühle und Bedürfnisse nicht wichtig sind, was häufig bei Kindern vorkommt, deren Eltern (beispielsweise karrierebedingt) abwesend sind
Nochmal anders ausgedrückt: unbewusste (!) Bereitschaft in die Arbeit zu flüchten, ständig beschäft sein wollen, um von tieferliegenden Probleme und Nöten abzulenken.
Ausreichende juristische Fähigkeiten und Anpassungsfähigkeit sind natürlich erforderlich, aber ermöglichen nur den Jobeinstieg und nicht, dass man länger bleibt.
Mir ist vollkommen klar, dass mein Beitrag wenig Zustimmung bekommen wird. Für Zustimmung bräuchte es ja genau das Bewusstsein, das fehlen muss für die hier in Rede stehende Laufbahn.
09.11.2022, 16:31
Gegenthese zum Vorposter (ohne abstreiten zu wollen, dass es auch solche Typen natürlich gibt):
Wer in der GK bleibt, dem macht u.U. einfach die Arbeit Spaß. Jura ist in fast allen Belangen Konfliktlösung (wo man keinen Konflikt hat, braucht es kein geschriebenes Recht). Ist man aber im Transaktionsbereich tätig, gibt es selbst in SPA-Verhandlungen relativ wenig "Gegeneinander" im Sinne von "ich will meinem Gegenüber richtig eine reinbuttern", sondern es herrscht ein fast durchgehend ungemein konstruktives Klima. Mit der Transaktion ist ein riesiger Meilenstein erreicht und das fast immer im positiven Sinne. Das schlägt sich eben auch auf die Motivation aller Beteiligten nieder. Man hat das gemeinsame Ziel, das Signing und Closing erfolgreich über die Bühne zu bringen.
Und auch hinsichtlich der Arten von Arbeitsbelastung ist in Großkanzleien alles dabei: in manchen Teams und Rechtsgebieten hat man eine relativ konstante Auslastung, was sich positiv auf die Planbarkeit auswirkt. In M&A kommt es hingegen vor allem projektbedingt zu Spitzenauslastungen. Manche Leute finden das voll okay, weil dann in den ruhigeren Phasen sehr vernünftige Arbeitszeiten möglich sind. In Tier 1-Kanzleien reiht sich natürlich dann Spitzenauslastung an Spitzenauslastung, das ist natürlich weniger sexy. Klar, viel gearbeitet wird immer. Aber das schlägt sich ja auch auf dem Konto nieder und mit der Wahl des Schwerpunkts kann man durchaus eine Auswahl treffen, welche Art von Mehrarbeit einem lieber ist.
Noch ein Punkt zum Thema Arbeitsbelastung: die Pendelzeit nimmt dem in vielen Fällen zu einem gewissen Grad den Stachel. Viele Leute, die Vollzeit tätig sind, pendeln gut und gerne eine Dreiviertelstunde oder länger zur Arbeit (so manche Assistentin in München auch wesentlich länger). Als GK-Anwalt kann man sich hingegen (wenn man es will) eine schöne Wohnung in der Innenstadt leisten. Wer nur 15 Minuten von Tür zu Tür braucht, spart pro Woche 5-10 Stunden Pendelzeit. Damit schrumpft der Abstand zu "normalen" Arbeitszeiten nochmal erheblich.
Und wer das Geld hat, kauft sich gewisse Dinge einfach, die er mit einer 40-Stunden-Woche selbst gemacht hätte. Vom Reifenwechseln (Leute, es ist Zeit für Winterreifen!) über Wohnungsputz, Einkauf und Gartenpflege. Ich kann diesen Arbeiten nichts abgewinnen. Deshalb arbeite ich gerne mehr und habe dafür in meiner Freizeit auch wirklich frei.
Wer in der GK bleibt, dem macht u.U. einfach die Arbeit Spaß. Jura ist in fast allen Belangen Konfliktlösung (wo man keinen Konflikt hat, braucht es kein geschriebenes Recht). Ist man aber im Transaktionsbereich tätig, gibt es selbst in SPA-Verhandlungen relativ wenig "Gegeneinander" im Sinne von "ich will meinem Gegenüber richtig eine reinbuttern", sondern es herrscht ein fast durchgehend ungemein konstruktives Klima. Mit der Transaktion ist ein riesiger Meilenstein erreicht und das fast immer im positiven Sinne. Das schlägt sich eben auch auf die Motivation aller Beteiligten nieder. Man hat das gemeinsame Ziel, das Signing und Closing erfolgreich über die Bühne zu bringen.
Und auch hinsichtlich der Arten von Arbeitsbelastung ist in Großkanzleien alles dabei: in manchen Teams und Rechtsgebieten hat man eine relativ konstante Auslastung, was sich positiv auf die Planbarkeit auswirkt. In M&A kommt es hingegen vor allem projektbedingt zu Spitzenauslastungen. Manche Leute finden das voll okay, weil dann in den ruhigeren Phasen sehr vernünftige Arbeitszeiten möglich sind. In Tier 1-Kanzleien reiht sich natürlich dann Spitzenauslastung an Spitzenauslastung, das ist natürlich weniger sexy. Klar, viel gearbeitet wird immer. Aber das schlägt sich ja auch auf dem Konto nieder und mit der Wahl des Schwerpunkts kann man durchaus eine Auswahl treffen, welche Art von Mehrarbeit einem lieber ist.
Noch ein Punkt zum Thema Arbeitsbelastung: die Pendelzeit nimmt dem in vielen Fällen zu einem gewissen Grad den Stachel. Viele Leute, die Vollzeit tätig sind, pendeln gut und gerne eine Dreiviertelstunde oder länger zur Arbeit (so manche Assistentin in München auch wesentlich länger). Als GK-Anwalt kann man sich hingegen (wenn man es will) eine schöne Wohnung in der Innenstadt leisten. Wer nur 15 Minuten von Tür zu Tür braucht, spart pro Woche 5-10 Stunden Pendelzeit. Damit schrumpft der Abstand zu "normalen" Arbeitszeiten nochmal erheblich.
Und wer das Geld hat, kauft sich gewisse Dinge einfach, die er mit einer 40-Stunden-Woche selbst gemacht hätte. Vom Reifenwechseln (Leute, es ist Zeit für Winterreifen!) über Wohnungsputz, Einkauf und Gartenpflege. Ich kann diesen Arbeiten nichts abgewinnen. Deshalb arbeite ich gerne mehr und habe dafür in meiner Freizeit auch wirklich frei.
09.11.2022, 16:52
(09.11.2022, 16:31)A_Ghast schrieb: Wer in der GK bleibt, dem macht u.U. einfach die Arbeit Spaß. (...)
Und auch hinsichtlich der Arten von Arbeitsbelastung ist in Großkanzleien alles dabei: in manchen Teams und Rechtsgebieten hat man eine relativ konstante Auslastung, was sich positiv auf die Planbarkeit auswirkt.
Naja, ich meinte ja schon, Spaß ist das eine, die Aufgabe eines Großteils des sozialen Lebens etwas anderes. Aber ich kenne auch Kollegen, die stört das nicht. Spaß an der Arbeit ist daher ein Baustein. Wer die Arbeit doof findet, bleibt sicher nicht (gilt für fast alle Jobs).
Man muss aber mit der Arbeitsbelastung klarkommen, ob Spitzen oder nicht, fast jede GK-Tätigkeit steht einem normalen Sozialleben entgegen. Viele in der GK Bubble merken das nicht mal mehr und finden es normal, wenn man sich unter der Woche ab 21 Uhr auf ein Feierabendbier verabredet aber das ist halt nicht normal. Oder man dem Partner sagt, dass man an einem normalen Arbeitstag um 20:15 Uhr zum Abendessen zuhause ist.
Aber, das muss ich auch zugeben, mit Ende 20 sah das bei mir auch noch anders aus. Da hat mich die viele Arbeit nicht gestört aber dann war irgendwann der Punkt erreicht, an dem ich mir gedacht habe, dass alles bei der Arbeit gar nicht so viel Spaß machen kann, dass es diese Einschnitte in mein Privat-/Sozialleben rechtfertigt. Vor allem weil es halt Arbeit bleibt... als ein Kollege schwer krank wurde, haben ihn (hoffentlich) seine Familie und Freunde im Krankenhaus besucht. Von der Kanzlei und den Kollegen gab es eine Karte und einen monatlichen Blumenstrauß in die Klinik (und von den engsten Arbeitskollegen mal einen Besuch im Monat; war aber auch schwierig weil Besuchszeiten und Arbeitszeiten natürlich nicht konform gingen).
09.11.2022, 17:09
(08.11.2022, 08:56)Juramaus schrieb: 1. Fachkompetenz, weil man sonst untergeht.
2. Richtig gute Jura-Skills im Allgemeinen.
3. Wille
4. Sozialkompetenz, wenn du nicht ins Team passt, gehst du irgendwann
5. Interesse am Rechtsgebiet
Des Gelded wegen hält man das nicht lange durch. Wenn man sich nicht dafür interessiert und für sich einen Sinn darin sieht, gibt man sich sehr schnell mit einem Beamtengehalt zufrieden.
Außer Punkt 3. erlebt man allzu oft doch eher das Gegenteil.
Es ist einzig und allein die Opferbereitschaft, ohne die macht das niemand lange mit. Und die kann resultieren aus Geldnot, Interesse am Fach oder Mangel an Alternativen