08.10.2022, 12:16
(08.10.2022, 00:07)Gast schrieb: Ich habe kurz versucht, mich in das Thema einzulesen, aber das Einzige, was ich auf Google diesbezüglich finde, sind unerträglich ermüdende Beiträge über das unfaire Notensystem des Studiums.
Die halten es meistens nur für unfair, weil sie nicht bekommen, was sie wollen. Eigentlich ist die Juristenausbildung deutlich fairer als sonstige Studiengänge.
In vielen Bachelor-Studiengängen wird einem der 1er-Abschluss praktisch hintergeworfen. Die Noten sind dort daher bedeutungslos. Stattdessen muss man sich durch Praktika, Auslandssemester und anderen Schnickschnack vom Rest abheben. Praktika sind Vitamin B, Auslandssemester zum einen sehr teuer und nicht für jeden was und im Endeffekt hat das alles auch nichts mit der fachlichen Eignung zu tun.
Der Jura-Student hingegen hat alle Freiheiten der Welt, er muss nichts und kann alles machen, was er will - er kann jahrelang sein Leben genießen und muss nur zusehen, dass er irgendwann mal die Vorbereitung auf seine Staatsprüfung angeht und diese vernünftig besteht. Es kommt überwiegend* auf sein fachliches Können an. Wer es nicht kann, kann es eben nicht. Das ist nicht unfair, das ist das Leben.
Man darf auch nicht vergessen, dass Juristen eine besondere gesellschaftliche Verantwortung haben. Die Menschen legen ihre Existenz in unsere Hände - egal, ob wir Richter, Staatsanwälte, Verwaltungsjuristen oder Rechtsanwälte sind. Da darf es nicht sein, dass wir Leute, die das Recht überhaupt nicht verstanden haben, auf die Gesellschaft loslassen.
* Ja, auch andere Faktoren wie Glück spielen eine kleine Nebenrolle.
08.10.2022, 12:25
(08.10.2022, 12:16)Gast schrieb:(08.10.2022, 00:07)Gast schrieb: Ich habe kurz versucht, mich in das Thema einzulesen, aber das Einzige, was ich auf Google diesbezüglich finde, sind unerträglich ermüdende Beiträge über das unfaire Notensystem des Studiums.
Die halten es meistens nur für unfair, weil sie nicht bekommen, was sie wollen. Eigentlich ist die Juristenausbildung deutlich fairer als sonstige Studiengänge.
In vielen Bachelor-Studiengängen wird einem der 1er-Abschluss praktisch hintergeworfen. Die Noten sind dort daher bedeutungslos. Stattdessen muss man sich durch Praktika, Auslandssemester und anderen Schnickschnack vom Rest abheben. Praktika sind Vitamin B, Auslandssemester zum einen sehr teuer und nicht für jeden was und im Endeffekt hat das alles auch nichts mit der fachlichen Eignung zu tun.
Der Jura-Student hingegen hat alle Freiheiten der Welt, er muss nichts und kann alles machen, was er will - er kann jahrelang sein Leben genießen und muss nur zusehen, dass er irgendwann mal die Vorbereitung auf seine Staatsprüfung angeht und diese vernünftig besteht. Es kommt überwiegend* auf sein fachliches Können an. Wer es nicht kann, kann es eben nicht. Das ist nicht unfair, das ist das Leben.
Man darf auch nicht vergessen, dass Juristen eine besondere gesellschaftliche Verantwortung haben. Die Menschen legen ihre Existenz in unsere Hände - egal, ob wir Richter, Staatsanwälte, Verwaltungsjuristen oder Rechtsanwälte sind. Da darf es nicht sein, dass wir Leute, die das Recht überhaupt nicht verstanden haben, auf die Gesellschaft loslassen.
* Ja, auch andere Faktoren wie Glück spielen eine kleine Nebenrolle.
Ich frage mich schon wie aussagekräftig das Notensystem ist. Es differenziert am Ende des Tages doch irgendwie weniger als es könnte? Der Großteil der Leute wird in einen Notenbereich von... sagen wir mal 8 Punkte und darunter gedrängt. Würde die Notenskala nach oben tatsächlich genutzt, könnte man in den unteren Bereichen viel differenzierter sein.
08.10.2022, 12:32
Am Ende würde es aber nur andere Noten geben, ohne dass sich wirklich was ändert. Es geht ja darum, dass man sagt, man will die oberen 20, 30 oder 50% als Bewerber haben und das ist eben ca. bei Note X dann der Fall.
Würden bessere Noten verteilt, dann ist eben nicht mehr 9 Punkt der heilige Gral, sondern 12 Punkte oder so.
Das Notensystem bei Jura ist schon fair. Viele lernen halt nur falsch bzw. kümmern sich eben nicht um ihren Lebenslauf als back-up.
Würden bessere Noten verteilt, dann ist eben nicht mehr 9 Punkt der heilige Gral, sondern 12 Punkte oder so.
Das Notensystem bei Jura ist schon fair. Viele lernen halt nur falsch bzw. kümmern sich eben nicht um ihren Lebenslauf als back-up.
08.10.2022, 13:00
(08.10.2022, 12:25)Gast schrieb:(08.10.2022, 12:16)Gast schrieb:(08.10.2022, 00:07)Gast schrieb: Ich habe kurz versucht, mich in das Thema einzulesen, aber das Einzige, was ich auf Google diesbezüglich finde, sind unerträglich ermüdende Beiträge über das unfaire Notensystem des Studiums.
Die halten es meistens nur für unfair, weil sie nicht bekommen, was sie wollen. Eigentlich ist die Juristenausbildung deutlich fairer als sonstige Studiengänge.
In vielen Bachelor-Studiengängen wird einem der 1er-Abschluss praktisch hintergeworfen. Die Noten sind dort daher bedeutungslos. Stattdessen muss man sich durch Praktika, Auslandssemester und anderen Schnickschnack vom Rest abheben. Praktika sind Vitamin B, Auslandssemester zum einen sehr teuer und nicht für jeden was und im Endeffekt hat das alles auch nichts mit der fachlichen Eignung zu tun.
Der Jura-Student hingegen hat alle Freiheiten der Welt, er muss nichts und kann alles machen, was er will - er kann jahrelang sein Leben genießen und muss nur zusehen, dass er irgendwann mal die Vorbereitung auf seine Staatsprüfung angeht und diese vernünftig besteht. Es kommt überwiegend* auf sein fachliches Können an. Wer es nicht kann, kann es eben nicht. Das ist nicht unfair, das ist das Leben.
Man darf auch nicht vergessen, dass Juristen eine besondere gesellschaftliche Verantwortung haben. Die Menschen legen ihre Existenz in unsere Hände - egal, ob wir Richter, Staatsanwälte, Verwaltungsjuristen oder Rechtsanwälte sind. Da darf es nicht sein, dass wir Leute, die das Recht überhaupt nicht verstanden haben, auf die Gesellschaft loslassen.
* Ja, auch andere Faktoren wie Glück spielen eine kleine Nebenrolle.
Ich frage mich schon wie aussagekräftig das Notensystem ist. Es differenziert am Ende des Tages doch irgendwie weniger als es könnte? Der Großteil der Leute wird in einen Notenbereich von... sagen wir mal 8 Punkte und darunter gedrängt. Würde die Notenskala nach oben tatsächlich genutzt, könnte man in den unteren Bereichen viel differenzierter sein.
Das Notensystem differenziert nach oben hin. In den unteren Punktebereichen gibt es einfach nicht viel zu differenzieren.
In der Rechtswissenschaft gibt es nicht einfach "die Lösung" wie vielleicht in einer Mathematik-Klausur. Es kommt auch sehr viel darauf an, wie man sein Ergebnis vorträgt. In den unteren Punktebereichen ist das in der Regel so, dass die Studierenden viele aufgeworfene Rechtsfragen völlig übersehen, abwegige Vorschriften prüfen, gar nicht oder unschlüssig argumentieren und oft auch der deutschen Sprache nicht wirklich mächtig sind.
Nach oben hin ist es nun aber so, dass man vielleicht alle Rechtsfragen erkannt habe und sie alle anspricht, aber nur "das nötigste" dazu schreibt. Ein anderer Prüfling argumentiert hier vielleicht noch tiefer. Vielleicht kommt er sogar auf überzeugende Argumente, die nicht zu den "Standardargumenten" gehören. Vielleicht drückt er sich auch einfach besser aus. Dann spielt auch noch eine Rolle, ob der Prüfling einfach viel auswendig gelernt hat oder wirklich verstanden hat, worum es geht. Das erkennt man nämlich in der Regel anhand der Ausdrucksweise (Gebrauch der korrekten Terminologie, präzise Wortwahl, keine schwammigen Formulierungen, um das Problem zu umschiffen) und Argumentationsweise (juristische Methodik, Argumentation auch mit eher unbekannten Vorschriften oder Rechtsfiguren). Das kann man noch viel weiter vertiefen, aber ich hoffe, ich konnte das halbwegs gut erklären, warum das Notensystem so funktioniert.
Fun fact: Mir ist eine Person persönlich bekannt, die 18 Punkte von einem der beiden Gutachter für eine Klausur im Examen bekommen hat. Das Notensystem wird also schon tatsächlich genutzt - aber dafür muss man sich halt sehr deutlich abheben und ich finde es auch fair, dass die jeweiligen Kandidaten auch die Möglichkeit haben, sich so abzuheben.
08.10.2022, 13:14
Manch ein Korrektor würde aus Prinzip keine 18 Punkte geben.
08.10.2022, 17:42
(08.10.2022, 13:14)Gast schrieb: Manch ein Korrektor würde aus Prinzip keine 18 Punkte geben.
Exakt.
Der Notengebungsprozess bei manchen sieht eher so aus: "Super Leistung gezeigt, alle wichtigen Probleme erkannt und gut gelöst. Ich - der ja besonders schlau und fähig bin - habe für meine super Leistung damals 9 Punkte bekommen. Naja, dann sind das hier 8 Punkte und gut ist."
08.10.2022, 22:45
(08.10.2022, 13:14)Gast schrieb: Manch ein Korrektor würde aus Prinzip keine 18 Punkte geben.
Schwer zu sagen - ich würde es machen, habe aber noch keine Klausur gesehen, die in allen Teilen überragend war. Oft ist eben nur eine Aufgabe super, die andere dafür "nur" sehr ordentlich. Aber das reicht ja dann auch, um mit dem Ergebnis zufrieden zu sein.
Und ich kenne auch jemanden, der vom Erstgutachter 18 bekommen hat...
29.10.2022, 00:39
Hallo,
der Threadersteller wieder hier, nachdem ich mich nach langer Zeit an meinen Post erinnert habe.
Vielen Dank für die zahlreichen Antworten, sie sind wirklich interessant zu lesen und scheinen doch recht unterschiedlich auszufallen. Um die Kernfrage und damit auch meinen begrenzten Horizont etwas zu erweitern, noch ein paar weitere Fragen (die Auflistung ist hierbei vielmehr als Ordnungselement statt als Schreibfaulheit anzusehen):
- Wenn die Examina laut allgemeinem Konsens letztendlich doch allesentscheidend sind - abgesehen von Aushilfsstellen oder scheinbar nicht benötigten Praktika - ließe sich das Studium dann nicht irgendwie verkürzen? Ich habe soeben dazu recherchiert und einen Artikel gefunden: https://www.juraexamen.info/jurastudium-...anmeldung/. Dort heißt es weiter unten: "Dies lag meines Erachtens an der sorgenfreien Einstellung, da ich seit dem zweiten Semester in jede Klausur (außer examensrelevanten Leistungen natürlich) mit dem Gefühl gegangen bin, dass selbst null Punkte keinerlei negative Auswirkungen haben." Wie ist das zu verstehen; gibt es Prüfungen, die letzten Endes vollkommen irrelevant für das Curriculum sind?
- Anknüpfend an vorangegangenen Spiegelstrich: Gibt es obligatorische und fakultative Klausuren?
- Das erste Staatsexamen ist in seiner Prüfungsanzahl laut Wikipedia abhängig vom jeweiligen Bundesland; lässt sich dadurch eine Diskrepanz hinsichtlich Schwierigkeitsgrad der einzelnen Bundesländer feststellen?
- Ich würde mich persönlich als durchaus sprachgewandten und mehr oder minder intellektuellen Menschen bezeichnen. Meine Schulnoten in Deutsch auf Leistungskurs-Niveau lagen durchweg bei 0,7 - 1,0 und würde behaupten, dass ein Jura- Studium meinem Naturell deutlich eher entsprechen würde als mein jetziges der Wirtschaftswissenschaften (wobei ich weiß, dass Sprachgewandtheit nur einen (kleinen) Teil der juristischen Ausbildung ausmacht). Da mich aber zeitlebens der Gedanke an die vergleichsweise unfassbar lange Ausbildung sowie die Abhängigkeit von doch wenigen Prüfungen am ende ebendieser immerfort davon abgehalten hat, ein Studium der Rechtswissenschaften ernsthaft in Erwägung zu ziehen: Warum habt IHR euch für dieses Studium entschieden? Wart ihr euch der Ausbildungsdauer und der allgemeinen Prüfungsordnung im Vorhinein bewusst? Wie würdet ihr sprachliches Ausdrucksvermögen gegen Fähigkeit zu logischem Denken gewichten, bestenfalls prozentual quantifiziert?
der Threadersteller wieder hier, nachdem ich mich nach langer Zeit an meinen Post erinnert habe.
Vielen Dank für die zahlreichen Antworten, sie sind wirklich interessant zu lesen und scheinen doch recht unterschiedlich auszufallen. Um die Kernfrage und damit auch meinen begrenzten Horizont etwas zu erweitern, noch ein paar weitere Fragen (die Auflistung ist hierbei vielmehr als Ordnungselement statt als Schreibfaulheit anzusehen):
- Wenn die Examina laut allgemeinem Konsens letztendlich doch allesentscheidend sind - abgesehen von Aushilfsstellen oder scheinbar nicht benötigten Praktika - ließe sich das Studium dann nicht irgendwie verkürzen? Ich habe soeben dazu recherchiert und einen Artikel gefunden: https://www.juraexamen.info/jurastudium-...anmeldung/. Dort heißt es weiter unten: "Dies lag meines Erachtens an der sorgenfreien Einstellung, da ich seit dem zweiten Semester in jede Klausur (außer examensrelevanten Leistungen natürlich) mit dem Gefühl gegangen bin, dass selbst null Punkte keinerlei negative Auswirkungen haben." Wie ist das zu verstehen; gibt es Prüfungen, die letzten Endes vollkommen irrelevant für das Curriculum sind?
- Anknüpfend an vorangegangenen Spiegelstrich: Gibt es obligatorische und fakultative Klausuren?
- Das erste Staatsexamen ist in seiner Prüfungsanzahl laut Wikipedia abhängig vom jeweiligen Bundesland; lässt sich dadurch eine Diskrepanz hinsichtlich Schwierigkeitsgrad der einzelnen Bundesländer feststellen?
- Ich würde mich persönlich als durchaus sprachgewandten und mehr oder minder intellektuellen Menschen bezeichnen. Meine Schulnoten in Deutsch auf Leistungskurs-Niveau lagen durchweg bei 0,7 - 1,0 und würde behaupten, dass ein Jura- Studium meinem Naturell deutlich eher entsprechen würde als mein jetziges der Wirtschaftswissenschaften (wobei ich weiß, dass Sprachgewandtheit nur einen (kleinen) Teil der juristischen Ausbildung ausmacht). Da mich aber zeitlebens der Gedanke an die vergleichsweise unfassbar lange Ausbildung sowie die Abhängigkeit von doch wenigen Prüfungen am ende ebendieser immerfort davon abgehalten hat, ein Studium der Rechtswissenschaften ernsthaft in Erwägung zu ziehen: Warum habt IHR euch für dieses Studium entschieden? Wart ihr euch der Ausbildungsdauer und der allgemeinen Prüfungsordnung im Vorhinein bewusst? Wie würdet ihr sprachliches Ausdrucksvermögen gegen Fähigkeit zu logischem Denken gewichten, bestenfalls prozentual quantifiziert?
29.10.2022, 00:56
Mir war es immer egal, was im Internet rumgejammert wurde. Ich habe mir einfach zugetraut, in den Prüfungen zu den Besten zu zählen. So ist es dann auch gekommen.
29.10.2022, 08:34
(29.10.2022, 00:56)Gast schrieb: Mir war es immer egal, was im Internet rumgejammert wurde. Ich habe mir einfach zugetraut, in den Prüfungen zu den Besten zu zählen. So ist es dann auch gekommen.
Absolut. Wer mit der Einstellung rein geht, nicht gut zu sein, wird oft auch Probleme bekommen.
@Frager: Mach bloß nicht den Fehler, dich alleine auf die Examensnoten zu verlassen. Schau dir verschiedene Bereiche an, mach Praktika, knüpfe Kontakte und bekomm vielleicht eine Hiwi Stelle am Lehrstuhl. Es gibt so viele Leute, die rushen durchs Studium, schließen mit 7,x ab und wissen dann nicht, was sie machen wollen.