01.10.2021, 16:56
Hallo zusammen, ich habe mir gerade eine Lösungsskizze zu einer Klausur angesehen, in der es um zwei Vollstreckungsgläubiger geht, die sich um den Rang ihres Pfändungspfandrechtes streiten. Ich hatte in Erinnerung, dass dieser Streit im Verteilungsverfahrens ausgetragen werden muss. Jetzt heißt es aber in der Klause, dass auch eine Klage nach § 805 ZPO möglich sei; 771 ZPO würde dagegen ausscheiden, da es sich bei dem Pfändungspfandrecht um ein besitzloses Pfandrecht handele. Jetzt habe ich aber wiederum in Erinnerung, dass der Vollstreckungsgläubiger durch die wirksame Pfändung zum mittelbaren (Fremd)Besitzer erster oder zweiter Stufe wird; der GV besitzt für den Vollstreckungsgläubiger. Demnach kann ich nicht nachvollziehen, dass 771 StPO wegen des Besitzes ausscheiden soll. Ich würde eher argumentieren, dass § 771 ZPO ausscheidet, da das Pfändungspfandrecht keinen Herausgabeanspruch begründen kann und eine Klage nach § 771 ZPO außerdem dem Sinn und Zweck des auf Verwertung gerichteten Pfändungspfandrechtes entgegenstehen würde. Die Möglichkeit über 805 ZPO statt §§ 872 ff. ZPO zu gehen leuchtet mir aber grdzl ein. Ich kann allerdings noch nicht ganz nachvollziehen, wo dir Zweckmäßigkeit eines Vorgehens nach § 805 ZPO liegt?
01.10.2021, 17:19
Ich denke, die Zweckmäßigkeit eines Vorgehens nach § 805 ZPO ergibt sich daraus, dass das Gericht im Rahmen des Verteilungsplanes nach § 874 ZPO nur einen beschränkten Prüfungsumfang hat, also zum Beispiel nicht prüfen kann, ob das Pfändungspfandrecht in einer nach dem Anfechtungsgesetz anfechtbaren Weise entstanden ist. Im Ergebnis müsste der nachrangige Pfändungspfandgläubiger also den Verteilungsplan abwarten und im Zuge dessen Widerspruch gegen den Verteilungsplan einlegen und danach wiederum die Widerspruchsklage nach § 878 ZPO einlegen. Es würde also in beiden Fällen auf eine Klage hinauslaufen. Um zu verhindern, dass der Erlös im Vorfeld der Entscheidung aus §805 ZPO ausgekehrt wird, kann der Kläger ja im Wege der einstweiligen Anordnung die Hinterlegung beantragen. Würde ein Antrag auf Hinterlegung auch im Rahmen einer Anfechtungsklage nach dem Anfechtungsgesetz möglich sein?
01.10.2021, 22:34
Drittwiderspruchsklage nach 771 ZPO scheidet deshalb aus, weil das Gesetz in 805 ZPO sagt, der nicht besitzende Dritte könne nicht widersprechen. Mit "nicht im Besitz der Sache befindet" ist in 805 ZPO auch das Pfändungspfandrecht gemeint, egal ob Besitz vermittelt oder nicht, denn es wäre von der Rechtsfolge her unpassend, wenn der eine Gläubiger dem anderen widersprechen könnte, obgleich das Gesetz in 826 ZPO die Pfändung für mehrere Gläubiger gerade voraussetzt. Richtige Rechtsfolge kann da nur Partizipation am Erlös sein, nicht Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung.
Das Argument mit dem Herausgabeanspruch verstehe ich nicht ganz: warum kommt es darauf an? Im Übrigen:
Mit dem Pfändungspfandrecht wird dem Pfandgläubiger gem. §§ 804 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 1227 BGB der gleiche Schutz eingeräumt wie dem Eigentümer (LG Hannover, Urteil v. 3.5.2010 – 20 O 220/09 –, juris; Brox, Walker, in: Zwangsvollstreckungsrecht, 8. Auflage, Rn. 374). Dies hat zur Folge, dass der Pfändungspfandgläubiger entspr. den Regelungen des § 985 BGB Herausgabe verlangen kann
https://www.haufe.de/recht/deutsches-anw...27957.html
Das Argument mit dem Herausgabeanspruch verstehe ich nicht ganz: warum kommt es darauf an? Im Übrigen:
Mit dem Pfändungspfandrecht wird dem Pfandgläubiger gem. §§ 804 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 1227 BGB der gleiche Schutz eingeräumt wie dem Eigentümer (LG Hannover, Urteil v. 3.5.2010 – 20 O 220/09 –, juris; Brox, Walker, in: Zwangsvollstreckungsrecht, 8. Auflage, Rn. 374). Dies hat zur Folge, dass der Pfändungspfandgläubiger entspr. den Regelungen des § 985 BGB Herausgabe verlangen kann
https://www.haufe.de/recht/deutsches-anw...27957.html
01.10.2021, 23:02
(01.10.2021, 22:34)Praktiker schrieb: Drittwiderspruchsklage nach 771 ZPO scheidet deshalb aus, weil das Gesetz in 805 ZPO sagt, der nicht besitzende Dritte könne nicht widersprechen. Mit "nicht im Besitz der Sache befindet" ist in 805 ZPO auch das Pfändungspfandrecht gemeint, egal ob Besitz vermittelt oder nicht, denn es wäre von der Rechtsfolge her unpassend, wenn der eine Gläubiger dem anderen widersprechen könnte, obgleich das Gesetz in 826 ZPO die Pfändung für mehrere Gläubiger gerade voraussetzt. Richtige Rechtsfolge kann da nur Partizipation am Erlös sein, nicht Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung.
Das Argument mit dem Herausgabeanspruch verstehe ich nicht ganz: warum kommt es darauf an? Im Übrigen:
Mit dem Pfändungspfandrecht wird dem Pfandgläubiger gem. §§ 804 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 1227 BGB der gleiche Schutz eingeräumt wie dem Eigentümer (LG Hannover, Urteil v. 3.5.2010 – 20 O 220/09 –, juris; Brox, Walker, in: Zwangsvollstreckungsrecht, 8. Auflage, Rn. 374). Dies hat zur Folge, dass der Pfändungspfandgläubiger entspr. den Regelungen des § 985 BGB Herausgabe verlangen kann
https://www.haufe.de/recht/deutsches-anw...27957.html
Hallo Praktiker,
vielen Dank für deine Antwort. Ja, du hast Recht, meine Argumentation war ein wenig schief. Was ich mit dem Herausgabeanspruch meinte, war der Vergleich zwischen Verschaffungs- und Herausgabeansprüchen. Du hast aber vollkommen Recht, das Pfändungspfandrecht vermittelt gegenüber Dritten über § 1227 BGB auch einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB. Das Rechtsfolgenargument finde ich sehr gut. Es wäre einfach widersinnig, wenn der nachrangige Pfändungspfandgläubiger die Zwangsvollstreckung in den Pfändungspfandgegenstand über 771 ZPO für unzulässig erklären könnte, um danach durch das gleiche, sprich die Zwangsvollstreckung in den Pfändungspfandgegenstand Befriedigung zu suchen. .
01.10.2021, 23:17
Hallo Andreas!
Achso, deshalb Herausgabe. Naja, damit sind wir wieder bei dem verunglückten 771 ZPO.
Ich würde analog 47 InsO einfach sagen:
"Wer auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, daß ein Gegenstand nicht zur Haftungsmasse gehört" - und das Pfändungspfandrecht sagt das halt nicht, sondern nur etwas zum Rang des Befriedigungrechts.
Interessante Fragen jedenfalls, muss nächste Woche mal nachlesen, ob es wo noch eine andere Begründung gibt.
Achso, deshalb Herausgabe. Naja, damit sind wir wieder bei dem verunglückten 771 ZPO.
Ich würde analog 47 InsO einfach sagen:
"Wer auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, daß ein Gegenstand nicht zur Haftungsmasse gehört" - und das Pfändungspfandrecht sagt das halt nicht, sondern nur etwas zum Rang des Befriedigungrechts.
Interessante Fragen jedenfalls, muss nächste Woche mal nachlesen, ob es wo noch eine andere Begründung gibt.