16.09.2021, 14:23
Hallo zusammen,
bin beim Wiederholen auf die Stelle im Kaiserskript zum mat. Zivilrecht gestoßen, in der Kaiser das Leistungsstörungssytem mit drei "Weichenstellungen" nahebringen will (S. 28 ff. im 2021er Skript). Da ich immer schon nach einem Weg gesucht hab, die §§ 280 ff. besser gedanklich zu strukturieren dachte ich mir, hey, kannst ja mal gucken, ob das was taugt.
So, jetzt will mir aber der Sinn hinter deren System nicht wirklich einleuchten. Die erste Weichenstellung unterscheidet danach, ob sich die Pflichtverletzung auf die Leistung einerseits oder andere Rechtsgüter andererseits auswirkt. Entscheidet man sich dann für Fall zwei, etwa in dem Beispielsfall auf Seite 33 unten (der gekaufte Pkw hat mangelhafte Bremsen; beim Parkversuch fährt der Käufer daher gegen sein Garagentor), stößt man hier ja aber doch wieder auf einen Schadensersatzanspruch, der sich auf die Leistung bezieht, nämlich der Schadensersatzanspruch statt der Leistung auf Erstattung des Kaufpreises (wie Kaiser in dem Beispiel auch selbst aufzählt). Die richtige erste Weichenstellung müsste dann heißen "wirkt sich auf Leistung aus" oder "wirkt sich auf andere Rechtsgüter aus und vielleicht auch auf die Leistung", oder? Denn auch dort werden Ansprüche geprüft, die sich auf die Leistung auswirken. Bestätigt wird das auch noch davon, dass unter der dritten Weichenstellung eine Unmöglichkeit auftauchen kann (s. das Schaubild unter Rn. 20), was ja eigentlich gerade die Frage der zweiten Weichenstellung ist. Warum dann überhaupt "Weichen stellen", wenn doch auf der einen Schiene das auftaucht, was man auch auf der anderen prüft?
Ist jetzt nicht so, dass man deren System unbedingt anwenden muss, aber ich dachte mir, dass man dadurch vielleicht ein paar wertvolle Minuten in der Klausur sparen kann. Sieht aber für mich jetzt nicht unbedingt sinnvoll aus, das Ganze.
Kann das jemand aufklären?
Viele Grüße!
bin beim Wiederholen auf die Stelle im Kaiserskript zum mat. Zivilrecht gestoßen, in der Kaiser das Leistungsstörungssytem mit drei "Weichenstellungen" nahebringen will (S. 28 ff. im 2021er Skript). Da ich immer schon nach einem Weg gesucht hab, die §§ 280 ff. besser gedanklich zu strukturieren dachte ich mir, hey, kannst ja mal gucken, ob das was taugt.
So, jetzt will mir aber der Sinn hinter deren System nicht wirklich einleuchten. Die erste Weichenstellung unterscheidet danach, ob sich die Pflichtverletzung auf die Leistung einerseits oder andere Rechtsgüter andererseits auswirkt. Entscheidet man sich dann für Fall zwei, etwa in dem Beispielsfall auf Seite 33 unten (der gekaufte Pkw hat mangelhafte Bremsen; beim Parkversuch fährt der Käufer daher gegen sein Garagentor), stößt man hier ja aber doch wieder auf einen Schadensersatzanspruch, der sich auf die Leistung bezieht, nämlich der Schadensersatzanspruch statt der Leistung auf Erstattung des Kaufpreises (wie Kaiser in dem Beispiel auch selbst aufzählt). Die richtige erste Weichenstellung müsste dann heißen "wirkt sich auf Leistung aus" oder "wirkt sich auf andere Rechtsgüter aus und vielleicht auch auf die Leistung", oder? Denn auch dort werden Ansprüche geprüft, die sich auf die Leistung auswirken. Bestätigt wird das auch noch davon, dass unter der dritten Weichenstellung eine Unmöglichkeit auftauchen kann (s. das Schaubild unter Rn. 20), was ja eigentlich gerade die Frage der zweiten Weichenstellung ist. Warum dann überhaupt "Weichen stellen", wenn doch auf der einen Schiene das auftaucht, was man auch auf der anderen prüft?
Ist jetzt nicht so, dass man deren System unbedingt anwenden muss, aber ich dachte mir, dass man dadurch vielleicht ein paar wertvolle Minuten in der Klausur sparen kann. Sieht aber für mich jetzt nicht unbedingt sinnvoll aus, das Ganze.
Kann das jemand aufklären?
Viele Grüße!
16.09.2021, 17:17
Jetzt kenne ich weder Kaiser noch seine Weichen, vermute aber ein Missverständnis.
Im Garagentorfall hast du ja ggf. zwei Schäden, an Auto und Garage. Es geht hinsichtlich der Rechtsfolge immer nur um den Schaden hinsichtlich der Leistung (Kaufpreis Auto, nicht Garage - also Äquivalenzinteresse), aber die Weiche scheint mir hier (so formuliert Du jedenfalls) zu sein, worauf sich die Pflichtverletzung (!) bezieht, und das wäre im Garagenbeispiel das Garagentor, wenn Du zu 282 BGB kommen magst. Wenn Du dagegen auf die mangelhafte Sache abstellst (281 BGB), wäre es die andere Weiche. Besser wäre dann aber ein Beispiel, in dem das Auto mangelfrei ist und nur bei Gelegenheit der Erfüllung Unheil angerichtet wird (Mingvase...).
Im Garagentorfall hast du ja ggf. zwei Schäden, an Auto und Garage. Es geht hinsichtlich der Rechtsfolge immer nur um den Schaden hinsichtlich der Leistung (Kaufpreis Auto, nicht Garage - also Äquivalenzinteresse), aber die Weiche scheint mir hier (so formuliert Du jedenfalls) zu sein, worauf sich die Pflichtverletzung (!) bezieht, und das wäre im Garagenbeispiel das Garagentor, wenn Du zu 282 BGB kommen magst. Wenn Du dagegen auf die mangelhafte Sache abstellst (281 BGB), wäre es die andere Weiche. Besser wäre dann aber ein Beispiel, in dem das Auto mangelfrei ist und nur bei Gelegenheit der Erfüllung Unheil angerichtet wird (Mingvase...).
17.09.2021, 06:42
Hey, danke erst mal für die Antwort!
Was du schreibst, würde auf jeden Fall Sinn ergeben, aber ich glaube es ist nicht das, was Kaiser meint. Denn Kaiser macht nochmal unter dem Punkt "Pflichtverletzung bezüglich eines anderen Rechtsgutes" eine "Weichenstellung": ist eine Hauptpflicht verletzt oder ist eine Neben-/Sorgfaltspflicht verletzt? Unter dem Punkt "Hauptpflicht verletzt" taucht dann ein Anspruch aus §§ 280 I, III, 281 BGB auf; der Anspruch auf §§ 280 I, III, 282 BGB taucht auch auf (unter dem Punkt Sorgfalts-/Nebenpflicht verletzt), ist aber damit nicht der einzige in Betracht kommende Schadensersatzanspruch statt der Leistung unter der Weichenstellung "Pflichtverletzung bezieht sich auf andere Rechtsgüter".
Ich verlinke mal ein Bild zur entsprechenden Stelle:
https://imgur.com/4asNtVK
Von den insgesamt vier Spiegelpunkten auf diesem Bild macht mir also der zweite Probleme: der Anspruch aus § 281 BGB beinhaltet meiner Meinung nach, dass sich die Pflichtverletzung auf die Leistung bezieht und nicht auf andere Rechtsgüter.
Was du schreibst, würde auf jeden Fall Sinn ergeben, aber ich glaube es ist nicht das, was Kaiser meint. Denn Kaiser macht nochmal unter dem Punkt "Pflichtverletzung bezüglich eines anderen Rechtsgutes" eine "Weichenstellung": ist eine Hauptpflicht verletzt oder ist eine Neben-/Sorgfaltspflicht verletzt? Unter dem Punkt "Hauptpflicht verletzt" taucht dann ein Anspruch aus §§ 280 I, III, 281 BGB auf; der Anspruch auf §§ 280 I, III, 282 BGB taucht auch auf (unter dem Punkt Sorgfalts-/Nebenpflicht verletzt), ist aber damit nicht der einzige in Betracht kommende Schadensersatzanspruch statt der Leistung unter der Weichenstellung "Pflichtverletzung bezieht sich auf andere Rechtsgüter".
Ich verlinke mal ein Bild zur entsprechenden Stelle:
https://imgur.com/4asNtVK
Von den insgesamt vier Spiegelpunkten auf diesem Bild macht mir also der zweite Probleme: der Anspruch aus § 281 BGB beinhaltet meiner Meinung nach, dass sich die Pflichtverletzung auf die Leistung bezieht und nicht auf andere Rechtsgüter.
17.09.2021, 07:47
Danke für das Bild, so ist es klar. Und m.E. auch richtig. Vielleicht ist "Weichenstellung" auch nicht gut, sagen wir besser Konstellationen: hier ist eine Leistungspflicht verletzt, wodurch aber zwei Schäden entstehen, einmal die mangelhafte Leistung (Auto mit defekten Bremsen) und einmal die Beeinträchtigung anderer Rechtsgüter (kaputtes Garagentor). Abhängig davon, welcher Schaden ersetzt werden soll, ist Anspruchsgrundlage 280 I oder 281. Die von mir ursprünglich angenommene Konstellation ist dann in der Tat eine wieder andere, wo überhaupt keine Leistungspflicht verletzt ist, sondern nur eine Schutzpflicht.
Du musst also unterscheiden zwischen der Leistungsbezogenheit der Pflicht und des Schadens. Hilft Dir das weiter?
Du musst also unterscheiden zwischen der Leistungsbezogenheit der Pflicht und des Schadens. Hilft Dir das weiter?
17.09.2021, 08:08
(17.09.2021, 07:47)Praktiker schrieb: hier ist eine Leistungspflicht verletzt, wodurch aber zwei Schäden entstehen, einmal die mangelhafte Leistung (Auto mit defekten Bremsen) und einmal die Beeinträchtigung anderer Rechtsgüter (kaputtes Garagentor).
Eben so habe ich es auch verstanden. Dann ergibt aber die Aufteilung
a) Wirkt sich die Pflichtverletzung auf die Leistung selbst aus?
b) Wirkt sie sich auf andere Rechtsgüter als die Leistung aus?
wenig Sinn, wenn unter b) ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus § 281 BGB auf Erstattung des Kaufpreises wegen mangelhafter Leistung (Auto mit defekten Bremsen) auftauchen kann, wie aus dem Bild ersichtlich. Es müsste dann schon so sein, dass man sich ein "auch" dazu denkt, aber dazu gibt der Kontext wenig Anlass (es wird nicht einmal "auch auf andere Leistung..." geschrieben, "Weichenstellung" impliziert auch eine Ausschließlichkeit).
Wie gesagt, prinzipiell verstehe ich die Ansprüche und ihre Natur, ich versuche mir nur auf die Systematik von Kaiser einen Reim zu machen, um vielleicht in der Klausursituation schneller zu sein.
17.09.2021, 08:23
Ja, gemeint ist "wirkt sich AUCH aus"
17.09.2021, 09:23
Scheint mir die Sache eher zu verkomplizieren..
17.09.2021, 10:09
17.09.2021, 10:23
Habe nochmal bei Kaiser nachgefragt - man kann tatsächlich ein "auch" dazulesen! So leuchtet das Ganze ein.
Vielen Dank für die Antworten!
Vielen Dank für die Antworten!
17.09.2021, 19:21
Seit dem 2. Semester schaue ich mir den geltend gemachten Posten an und frage mich ob der durch eine hypothetisch gedachte Nacherfüllung entfallen würde. So kriegt man eigentlich fast alles gelöst.
Diese Weichen bei Kaiser fand ich sehr seltsam.
Diese Weichen bei Kaiser fand ich sehr seltsam.