13.05.2021, 09:28
Die Zäsurwirkung folgt letztendlich aus dem Zweck der nachträglichen Gesamtstrafenbildung, den Angeklagten nicht schlechter zu stellen. Er ist nur so zu stellen, als wäre von vorneherein eine zutreffende Gesamtstrafe gebildet worden (d.h. vorliegend: im Urteil vom 30.10.2019 hinsichtlich der Taten A und B, die ja beide vor dem Urteil begangen wurden). Eine Besserstellung des Angeklagten soll durch die nachträgliche Gesamtstrafenbildung allerdings nicht erfolgen.
Daher entfaltet die unerledigte (d.h. nicht vollständig vollstreckte, was in Bezug auf das Urteil vom 30.10.2019 noch zu prüfen wäre) Vorverurteilung Zäsurwirkung. Das bedeutet: Die zwischen den beiden Verurteilungen (in Bezug auf Tat A und Tat B) begangene Tat C ist nicht gesamtstrafenfähig. Denn hätte das Gericht im Urteil vom 30.10.2019 bereits beide Taten einbezogen, gäbe es das Urteil vom 14.04.2020 zur Tat A überhaupt nicht mehr. Die Tat C würde dann isoliert stehen.
Wäre von Anfang an alles richtig gelaufen, würde der Zeitablauf so aussehen:
Besser oder einfacher kann ich es leider nicht erklären. Das Thema ist nicht ganz einfach und landet regelmäßig beim BGH.
Der BGH formuliert die Zäsurwirkung m.E. noch kryptischer:
"Wurde zwar die eine neue Strafe nach sich ziehende Tat vor einer rechtskräftigen Vorverurteilung begangen, lag dieser aber eine Tat zugrunde, die wiederum vor einer (nicht erledigten) vorausgegangenen Vorverurteilung begangen wurde, hat die zeitlich erste Entscheidung ihrerseits Zäsurwirkung, nicht hingegen die zweite. Das spätere Erkenntnis hat gesamtstrafenrechtlich keine eigenständige Bedeutung; denn es wäre nicht ergangen, wenn mit dem früheren Erkenntnis die Taten aus beiden Entscheidungen geahndet worden wären."
(BGH Beschl. v. 27.1.2021 – 3 StR 416/20, BeckRS 2021, 3461 Rn. 7)
Daher entfaltet die unerledigte (d.h. nicht vollständig vollstreckte, was in Bezug auf das Urteil vom 30.10.2019 noch zu prüfen wäre) Vorverurteilung Zäsurwirkung. Das bedeutet: Die zwischen den beiden Verurteilungen (in Bezug auf Tat A und Tat B) begangene Tat C ist nicht gesamtstrafenfähig. Denn hätte das Gericht im Urteil vom 30.10.2019 bereits beide Taten einbezogen, gäbe es das Urteil vom 14.04.2020 zur Tat A überhaupt nicht mehr. Die Tat C würde dann isoliert stehen.
Wäre von Anfang an alles richtig gelaufen, würde der Zeitablauf so aussehen:
Zitat:(...):
Begehung der Tat A (am 14.04.2020 30.10.2019 abgeurteilt)
(...):
Begehung der Tat B (am 30.10.2019 abgeurteilt)
30.10.2019:
Urteil zur Tat B und zur Tat A
Zäsurwirkung
01.04.2020:
Begehung der Tat C (hiesiges Verfahren)
14.04.2020:
Urteil zur Tat A
(...):
Urteil zur Tat C mit nachträglicher Gesamtstrafenbildung Urteil zur Tat A (hiesiges Verfahren)
(2 Tage später):
Nachträgliche Gesamtstrafenbildung im Beschlusswege aus Urteil zur Tat B und Urteil zur Tat A
Besser oder einfacher kann ich es leider nicht erklären. Das Thema ist nicht ganz einfach und landet regelmäßig beim BGH.
Der BGH formuliert die Zäsurwirkung m.E. noch kryptischer:
"Wurde zwar die eine neue Strafe nach sich ziehende Tat vor einer rechtskräftigen Vorverurteilung begangen, lag dieser aber eine Tat zugrunde, die wiederum vor einer (nicht erledigten) vorausgegangenen Vorverurteilung begangen wurde, hat die zeitlich erste Entscheidung ihrerseits Zäsurwirkung, nicht hingegen die zweite. Das spätere Erkenntnis hat gesamtstrafenrechtlich keine eigenständige Bedeutung; denn es wäre nicht ergangen, wenn mit dem früheren Erkenntnis die Taten aus beiden Entscheidungen geahndet worden wären."
(BGH Beschl. v. 27.1.2021 – 3 StR 416/20, BeckRS 2021, 3461 Rn. 7)
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