10.02.2021, 17:23
Der Klager erhebt eine Klage, die auf Herausgabe eines speziellen Gemäldes gerichtet ist. Der Beklagte ist auch im Besitz dieses Gemäldes. Der zugrundeliegende Sachverhalt ist banal, muss also kaum aufgeklärt werden. Der Beklagte hält die Klage für unbegründet und nebenbei auch für unzulässig. Gleichwohl gibt der Beklagte die Sache nun wunschgemäß heraus. Damit wäre der angebliche Anspruch offensichtlich erfüllt. Der Kläger erklärt Erledigung. Der Beklagte steht vor der Wahl, ob er der Erledigung (ggf. durch Schweigen) zustimmt oder widerspricht.
Widerspricht der Beklagte, dann wird der ursprüngliche auf Herausgabe gerichtete Antrag des Klägers geändert in einen auf Feststellung, dass die Klage ursprünglich zulässig und begründet war und sich später erledigt hat. Aber was kann aus der Sicht eines Beklagten für oder gegen die Erledigungserklärung sprechen?
Bei beidseitig erklärter Erledigung entscheidet das Gericht nach § 91a ZPO nur noch summarisch und nach billigem Ermessen. Wenn der Beklagte befürchtet, dass alles nach einer Niederlage für ihn aussieht (bzw. aussah) und das auch das Ergebnis einer nur summarischen Prüfung gewesen wäre), dann sollte er sich wohl der Erledigungserklärung anschließen. Denn dann kann es nicht mehr schlimmer werden als bei der sowieso zu erwartenden Niederlage. Vielmehr kann er sich dann wenigstens erhoffen, dass das Gericht (aus welchen Gründen auch immer) aus Billigkeitsgründen ihn zumindest von einem Teil der Kosten verschont, diese nämlich dem Kläger auferlegt.
Wenn der Beklagte hingegen meint, dass die Klage sowieso von Anfang an unzulässig/unbegründet war und sein Sieg vorgezeichnet war, dann sollte er diese Klage (bzw. jetzt auf Feststellung gerichtet) einfach weiterlaufen lassen. Insbesondere das "billige Ermessen" aus § 91 ZPO würde für ihn sonst nur ein Risiko bedeuten.
Frage 1:
Ist das so richtig? Also dass der Beklagte sich in einer solchen Situation einfach fragen muss, ob die Klage ursprünglich zulässig und begründet war oder nicht, bzw. wie das Gericht diese Frage wohl beurteilen wird?
Frage 2:
Im Ergebnis dürften beide Wege (Zustimmung oder Widerspruch) vermutlich sowieso nah aneinander liegen, da das Gericht sich auch bei der Kostenverteilung nach § 91a ZPO ganz maßgeblich daran orientiert, ob die Klage zulässig und begründet war. Oder?
Frage 3:
Könnte es sonstige Gründe hinsichtlich der Kosten geben, die für Zustimmung oder Widerspruch sprechen? Ich denke da vor allem an den Streitwert. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann entspricht bei beiderseitiger Erledigungserklärung der (Gebühren-)Streitwert nur noch den bisher angefallenen Kosten. Diese würden aufgrund der Billigkeitsentscheidung möglicherweise nicht 100:0, sondern zum Beispiel 90:10 (oder umgekehrt) verteilt werden. Bleibt es bei der einseitigen Erledigungserklärung und wird die Klage als Feststellungsklage fortgeführt, bleibt es auch bei dem ursprünglichen Streitwert (oder?). Und dieser wird dann (grundsätzlich) zu 100:0 verteilt (oder umgekehrt).
Aber die 100% bei verlorener Feststellungsklage sind immer schlechter als die 90% aus der Billigkeitsentscheidung, oder? Zumal bei der Feststellungsklage dann ja womöglich doch noch weitere Beweise erhoben oder Termine angesetzt werden müssen.
Widerspricht der Beklagte, dann wird der ursprüngliche auf Herausgabe gerichtete Antrag des Klägers geändert in einen auf Feststellung, dass die Klage ursprünglich zulässig und begründet war und sich später erledigt hat. Aber was kann aus der Sicht eines Beklagten für oder gegen die Erledigungserklärung sprechen?
Bei beidseitig erklärter Erledigung entscheidet das Gericht nach § 91a ZPO nur noch summarisch und nach billigem Ermessen. Wenn der Beklagte befürchtet, dass alles nach einer Niederlage für ihn aussieht (bzw. aussah) und das auch das Ergebnis einer nur summarischen Prüfung gewesen wäre), dann sollte er sich wohl der Erledigungserklärung anschließen. Denn dann kann es nicht mehr schlimmer werden als bei der sowieso zu erwartenden Niederlage. Vielmehr kann er sich dann wenigstens erhoffen, dass das Gericht (aus welchen Gründen auch immer) aus Billigkeitsgründen ihn zumindest von einem Teil der Kosten verschont, diese nämlich dem Kläger auferlegt.
Wenn der Beklagte hingegen meint, dass die Klage sowieso von Anfang an unzulässig/unbegründet war und sein Sieg vorgezeichnet war, dann sollte er diese Klage (bzw. jetzt auf Feststellung gerichtet) einfach weiterlaufen lassen. Insbesondere das "billige Ermessen" aus § 91 ZPO würde für ihn sonst nur ein Risiko bedeuten.
Frage 1:
Ist das so richtig? Also dass der Beklagte sich in einer solchen Situation einfach fragen muss, ob die Klage ursprünglich zulässig und begründet war oder nicht, bzw. wie das Gericht diese Frage wohl beurteilen wird?
Frage 2:
Im Ergebnis dürften beide Wege (Zustimmung oder Widerspruch) vermutlich sowieso nah aneinander liegen, da das Gericht sich auch bei der Kostenverteilung nach § 91a ZPO ganz maßgeblich daran orientiert, ob die Klage zulässig und begründet war. Oder?
Frage 3:
Könnte es sonstige Gründe hinsichtlich der Kosten geben, die für Zustimmung oder Widerspruch sprechen? Ich denke da vor allem an den Streitwert. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann entspricht bei beiderseitiger Erledigungserklärung der (Gebühren-)Streitwert nur noch den bisher angefallenen Kosten. Diese würden aufgrund der Billigkeitsentscheidung möglicherweise nicht 100:0, sondern zum Beispiel 90:10 (oder umgekehrt) verteilt werden. Bleibt es bei der einseitigen Erledigungserklärung und wird die Klage als Feststellungsklage fortgeführt, bleibt es auch bei dem ursprünglichen Streitwert (oder?). Und dieser wird dann (grundsätzlich) zu 100:0 verteilt (oder umgekehrt).
Aber die 100% bei verlorener Feststellungsklage sind immer schlechter als die 90% aus der Billigkeitsentscheidung, oder? Zumal bei der Feststellungsklage dann ja womöglich doch noch weitere Beweise erhoben oder Termine angesetzt werden müssen.
10.02.2021, 17:39
(10.02.2021, 17:23)Gast schrieb: Der Klager erhebt eine Klage, die auf Herausgabe eines speziellen Gemäldes gerichtet ist. Der Beklagte ist auch im Besitz dieses Gemäldes. Der zugrundeliegende Sachverhalt ist banal, muss also kaum aufgeklärt werden. Der Beklagte hält die Klage für unbegründet und nebenbei auch für unzulässig. Gleichwohl gibt der Beklagte die Sache nun wunschgemäß heraus. Damit wäre der angebliche Anspruch offensichtlich erfüllt. Der Kläger erklärt Erledigung. Der Beklagte steht vor der Wahl, ob er der Erledigung (ggf. durch Schweigen) zustimmt oder widerspricht.
Widerspricht der Beklagte, dann wird der ursprüngliche auf Herausgabe gerichtete Antrag des Klägers geändert in einen auf Feststellung, dass die Klage ursprünglich zulässig und begründet war und sich später erledigt hat. Aber was kann aus der Sicht eines Beklagten für oder gegen die Erledigungserklärung sprechen?
Bei beidseitig erklärter Erledigung entscheidet das Gericht nach § 91a ZPO nur noch summarisch und nach billigem Ermessen. Wenn der Beklagte befürchtet, dass alles nach einer Niederlage für ihn aussieht (bzw. aussah) und das auch das Ergebnis einer nur summarischen Prüfung gewesen wäre), dann sollte er sich wohl der Erledigungserklärung anschließen. Denn dann kann es nicht mehr schlimmer werden als bei der sowieso zu erwartenden Niederlage. Vielmehr kann er sich dann wenigstens erhoffen, dass das Gericht (aus welchen Gründen auch immer) aus Billigkeitsgründen ihn zumindest von einem Teil der Kosten verschont, diese nämlich dem Kläger auferlegt.
Wenn der Beklagte hingegen meint, dass die Klage sowieso von Anfang an unzulässig/unbegründet war und sein Sieg vorgezeichnet war, dann sollte er diese Klage (bzw. jetzt auf Feststellung gerichtet) einfach weiterlaufen lassen. Insbesondere das "billige Ermessen" aus § 91 ZPO würde für ihn sonst nur ein Risiko bedeuten.
Frage 1:
Ist das so richtig? Also dass der Beklagte sich in einer solchen Situation einfach fragen muss, ob die Klage ursprünglich zulässig und begründet war oder nicht, bzw. wie das Gericht diese Frage wohl beurteilen wird?
Frage 2:
Im Ergebnis dürften beide Wege (Zustimmung oder Widerspruch) vermutlich sowieso nah aneinander liegen, da das Gericht sich auch bei der Kostenverteilung nach § 91a ZPO ganz maßgeblich daran orientiert, ob die Klage zulässig und begründet war. Oder?
Frage 3:
Könnte es sonstige Gründe hinsichtlich der Kosten geben, die für Zustimmung oder Widerspruch sprechen? Ich denke da vor allem an den Streitwert. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann entspricht bei beiderseitiger Erledigungserklärung der (Gebühren-)Streitwert nur noch den bisher angefallenen Kosten. Diese würden aufgrund der Billigkeitsentscheidung möglicherweise nicht 100:0, sondern zum Beispiel 90:10 (oder umgekehrt) verteilt werden. Bleibt es bei der einseitigen Erledigungserklärung und wird die Klage als Feststellungsklage fortgeführt, bleibt es auch bei dem ursprünglichen Streitwert (oder?). Und dieser wird dann (grundsätzlich) zu 100:0 verteilt (oder umgekehrt).
Aber die 100% bei verlorener Feststellungsklage sind immer schlechter als die 90% aus der Billigkeitsentscheidung, oder? Zumal bei der Feststellungsklage dann ja womöglich doch noch weitere Beweise erhoben oder Termine angesetzt werden müssen.
Beidseitige Erledigung führt ebenso wie Klagerücknahme zu einer Ermäßigung der Gerichtsgebühr von 3 auf 1, wenn sich die Parteien im Vorfeld über die Kostenverteilung einigen; vgl. Anlage 1 1211 Nr. 4 zum GKG. Wenn der Beklagte also davon ausgeht, dass die Klage zulässig und begründet ist, kann schon Sinn machen, der Erledigung zuzustimmen. Umgekehrt gilt das gleiche; der Kläger könnte der Beklagtenseite dann anbieten, die Kosten zu tragen.
10.02.2021, 17:42
Zur Frage 1 noch: Die Klage muss bei Klageerhebung zulässig und begründet gewesen und durch ein Ereignis, also zum Beispiel die Herausgabe des Bildes, nach Klageerhebung unzulässig oder unbegründet geworden sein.
10.02.2021, 17:53
Ansonsten ist noch zu bedenken, dass das Gericht im Rahmen des Beschlusses nach § 91a ZPO natürlich nur summarisch prüft; eine Beweiserhebung findet grundsätzlich nicht statt. Wenn der Beklagte die Sache also nur herausgibt, weil er seine Ruhe haben will, aber eigentlich weiß, dass der Kläger keinen Anspruch hat, sollte er der beidseitigen Erledigung nicht zustimmen. Andernfalls trägt er ggf. auch noch die Kosten; das Gericht berücksichtigt im Rahmen der Kostenentscheidung natürlich auch, dass das Bild herausgegeben wurde, und kann in Ermangelung entgegenstehender Hinweise auch daraus schließen, dass der Klageantrag begründet war. § 93 ZPO ist in Hinblick auf Beschlüsse nach § 91a ZPO natürlich auch immer zu berücksichtigen.
10.02.2021, 22:15
Wenn Rechtsanwälte beteiligt sind ergibt sich ein grosser Unterschied falls die Terminsgebühr entsteht (und die volle Verfahrensgebuer, welche sich bei einer vorzeitigen Erledigung auf 0.8 reduzieren kann).
Der Königsweg in der Klausur ist oftmals, den Kläger klaglos zu stellen, klagerücknahmen anzuregen bei gleichzeitiger Erklärung der kostentragung. Dabei aber aufpassen, dass keine eingigunsgebuehr für den Rechtsanwalt entsteht. Habe aber schon öfter gesehen, dass das in Lösungsskizzen nicht richtig dargestellt wird.
Der Königsweg in der Klausur ist oftmals, den Kläger klaglos zu stellen, klagerücknahmen anzuregen bei gleichzeitiger Erklärung der kostentragung. Dabei aber aufpassen, dass keine eingigunsgebuehr für den Rechtsanwalt entsteht. Habe aber schon öfter gesehen, dass das in Lösungsskizzen nicht richtig dargestellt wird.