26.09.2020, 11:14
Das Examen ist bekanntlich auch Glückssache. Deshalb will ich nicht behaupten, dass sich eine gute Note wirklich planen lässt. Oder dass man nur diesen einen Tipp beherzigen muss, um plötzlich weitaus bessere Noten zu erzielen.
Trotzdem habe ich den Eindruck, dass einige Juristen, gerade hier im Forum, die Bedeutung der Argumentation, der Sprache und des Stiles für den Erfolg in einer Klausur unterschätzen. Manchmal liest man hier Examensberichte, in denen Bearbeiter sehr überzeugende Lösungsskizzen präsentieren. Dennoch erreichen sie nicht selten eher enttäuschende Noten. Das kann viele Gründe haben, wie unfaire Korrektoren. Es kann aber jedenfalls in einigen Fällen auch schlicht an der Art der Darstellung liegen.
Eine gute Klausur ist nicht nur vollständig und juristisch weitgehend fehlerfrei. Sondern sie liest sich auch gut: das heißt der Korrektor kann dem Gedankengang des Autors folgen, die Argumentation ist stichhaltig, die Sprache erinnert an obergerichtliche Formulierungen. Es genügt eben nicht, eine ordentliche Skizze zu haben und zu jedem größeren Problempunkt ein halbgares Argument zu präsentieren. Auch eine unjuristisch klingende, teilweise laienhaft anmutende Sprache stört den Gesamteindruck erheblich.
All das wird dann nicht unbedingt vom Korrektor ausdrücklich moniert werden. Stattdessen werden regelmäßig Kleinigkeiten verhältnismäßig stark negativ gewertet. Der Bearbeiter wundert sich bei der Klausureinsicht: nur 8 Punkte, obwohl ich alle Probleme gesehen und weitgehend richtig gelöst habe?! Der wahre Grund für diese Note liegt dann aber manchmal nicht in den fünf Fehlerchen, welche der Korrektor angestrichen hat, sondern in dem Gesamteindruck: "diese Arbeit wurde von einem befriedigenden Kandidaten verfasst, nicht von einem guten".
Leider lassen sich Argumentation, Sprache und Stil nur schwer verbessern. Dennoch meine ich, dass ihre Bedeutung von vielen - gerade hier - unterschätzt wird.
Trotzdem habe ich den Eindruck, dass einige Juristen, gerade hier im Forum, die Bedeutung der Argumentation, der Sprache und des Stiles für den Erfolg in einer Klausur unterschätzen. Manchmal liest man hier Examensberichte, in denen Bearbeiter sehr überzeugende Lösungsskizzen präsentieren. Dennoch erreichen sie nicht selten eher enttäuschende Noten. Das kann viele Gründe haben, wie unfaire Korrektoren. Es kann aber jedenfalls in einigen Fällen auch schlicht an der Art der Darstellung liegen.
Eine gute Klausur ist nicht nur vollständig und juristisch weitgehend fehlerfrei. Sondern sie liest sich auch gut: das heißt der Korrektor kann dem Gedankengang des Autors folgen, die Argumentation ist stichhaltig, die Sprache erinnert an obergerichtliche Formulierungen. Es genügt eben nicht, eine ordentliche Skizze zu haben und zu jedem größeren Problempunkt ein halbgares Argument zu präsentieren. Auch eine unjuristisch klingende, teilweise laienhaft anmutende Sprache stört den Gesamteindruck erheblich.
All das wird dann nicht unbedingt vom Korrektor ausdrücklich moniert werden. Stattdessen werden regelmäßig Kleinigkeiten verhältnismäßig stark negativ gewertet. Der Bearbeiter wundert sich bei der Klausureinsicht: nur 8 Punkte, obwohl ich alle Probleme gesehen und weitgehend richtig gelöst habe?! Der wahre Grund für diese Note liegt dann aber manchmal nicht in den fünf Fehlerchen, welche der Korrektor angestrichen hat, sondern in dem Gesamteindruck: "diese Arbeit wurde von einem befriedigenden Kandidaten verfasst, nicht von einem guten".
Leider lassen sich Argumentation, Sprache und Stil nur schwer verbessern. Dennoch meine ich, dass ihre Bedeutung von vielen - gerade hier - unterschätzt wird.
26.09.2020, 11:29
Habe ein passendes Beispiel: Eine meiner ÖR-Klausuren wurde vom Erstkorrektor (RA) mit 11 Punkten bewertet, obwohl sie einige kleinere und mittelgroße Fehler aufwies. In der Begründung der Note hieß es dann, dass insbesondere wegen der überzeugenden Argumentation eine überdurchschnittliche Leistung vorliegt (hatte mir in dieser Klausur auch ordentlich Zeit dafür genommen, weil mir viel eingefallen ist). Der Zweitkorrektor hat die Punkte nochmal um 2 gesenkt, mit Hinweis auf die Mängel.
Also: Argumente und Argumentationsweise können sehr viel rausreißen, aber es kommt natürlich wie immer auf den Korrektor an. Jeder gewichtet ein bisschen anders und mit etwas Pech hätten es sicher auch deutlich weniger Punkte werden können.
Also: Argumente und Argumentationsweise können sehr viel rausreißen, aber es kommt natürlich wie immer auf den Korrektor an. Jeder gewichtet ein bisschen anders und mit etwas Pech hätten es sicher auch deutlich weniger Punkte werden können.
26.09.2020, 11:46
Wie so meist bei den juristischen Bewertungen: Es ist eine Lotterie.
Wenn ich mir so manch (Examens-)Korrektur anschaue, habe ich teils nicht mal den Eindruck, als habe der Korrektur überhaupt "flüssig" durchgelesen. Da scheint es dann mehr oder weniger eine erweiterte Schlagwortsuche zu sein.
Und man darf ja auch nicht vergessen: Wenn man zB zu viel Konzentration auf Sprache und Stil legt, kostet das in der Regel ordentlich Zeit.
Wenn ich mir so manch (Examens-)Korrektur anschaue, habe ich teils nicht mal den Eindruck, als habe der Korrektur überhaupt "flüssig" durchgelesen. Da scheint es dann mehr oder weniger eine erweiterte Schlagwortsuche zu sein.
Und man darf ja auch nicht vergessen: Wenn man zB zu viel Konzentration auf Sprache und Stil legt, kostet das in der Regel ordentlich Zeit.
26.09.2020, 12:58
Als jemand, der die Examina regelmäßig wegen des zu hohen Glücksfaktors kritisiert, der aber auch bereits Prüfer gewesen ist, kann ich dazu sagen:
Der äußere Eindruck, das sprachliche Ausdrucksvermögen und die Gliederung einer Arbeit sind nicht zu unterschätzende Faktoren.
Es gibt bei Jura nicht "die richtige" Note. Wenn Dir jemand eine Arbeit vorlegt, in der keine Absätze enthalten sind, die Sprache nicht passt, am besten noch haufenweise Streichungen, Einschübe (* weiter S. 3 und a)) vorhanden sind, dann wirkt sich das negativ aus. Ich behaupte, dass dies den Unterschied zwischen 3 und 4 Punkten ausmachen kann (oder eben zwischen 7 und 10).
Denn die Erfahrung zeigt: eine gute Lösung sieht auch gut aus. Wer weiß, was er schreiben muss (inhaltlich), der hat auch die Zeit, das in der Klausur entsprechend zu präsentieren. Im Umkehrschluss kann eine schlecht aussehende Lösung nicht gut sein (kann sie natürlich schon sein, aber Korrektoren haben ihre Erfahrungsmuster und suchen diese immer wieder - genauso, wie Kandidaten immer wieder den "bekannten Fall" suchen und finden wollen).
Daher: Arbeitet an Eurer Präsentation (Überschriften, Absätze, wenige Durchstreichungen - nehmt notfalls ein neues Blatt).
Der äußere Eindruck, das sprachliche Ausdrucksvermögen und die Gliederung einer Arbeit sind nicht zu unterschätzende Faktoren.
Es gibt bei Jura nicht "die richtige" Note. Wenn Dir jemand eine Arbeit vorlegt, in der keine Absätze enthalten sind, die Sprache nicht passt, am besten noch haufenweise Streichungen, Einschübe (* weiter S. 3 und a)) vorhanden sind, dann wirkt sich das negativ aus. Ich behaupte, dass dies den Unterschied zwischen 3 und 4 Punkten ausmachen kann (oder eben zwischen 7 und 10).
Denn die Erfahrung zeigt: eine gute Lösung sieht auch gut aus. Wer weiß, was er schreiben muss (inhaltlich), der hat auch die Zeit, das in der Klausur entsprechend zu präsentieren. Im Umkehrschluss kann eine schlecht aussehende Lösung nicht gut sein (kann sie natürlich schon sein, aber Korrektoren haben ihre Erfahrungsmuster und suchen diese immer wieder - genauso, wie Kandidaten immer wieder den "bekannten Fall" suchen und finden wollen).
Daher: Arbeitet an Eurer Präsentation (Überschriften, Absätze, wenige Durchstreichungen - nehmt notfalls ein neues Blatt).
26.09.2020, 13:01
Hier würde übrigens meines Erachtens bereits die Einführung des Computerexamens einen Glücksfaktor herausnehmen und die Arbeiten vergleichbarer machen (sodass nur der Inhalt zählt). Den Schriftbild, Präsentation pp. wären dann bei allen identisch und es käme nur auf die Lösung an. Positiver Nebeneffekt wäre, dass man alles besser und schneller lesen könnte.
26.09.2020, 13:05
Das Problem daran ist die Gewichtung. Manchen Korrektoren scheint es völlig egal zu sein (s.o., nur Stichworte) für andere ist es sehr wichtig.
Wirklich schlecht sind grammatikalische Fehler. Urteilsstil, naja, wenn aber die Obersätze z.B. schon einen ganz anderen Sinn haben als von den Bearbeitern gewollt, wird es kritisch.
Wirklich schlecht sind grammatikalische Fehler. Urteilsstil, naja, wenn aber die Obersätze z.B. schon einen ganz anderen Sinn haben als von den Bearbeitern gewollt, wird es kritisch.
26.09.2020, 14:08
Sehe es anders als die meisten hier. Das Problem sind nicht miese Korrektoren oder mangelndes Glück. Das Problem ist, dass die meisten Prüflinge überhaupt nicht sauber argumentieren können. Sofern das Problem überhaupt erkannt wird, beschränkt sich die "Leistung" der meisten schlicht darauf, einen Lösungsweg zu nennen. Argumente fehlen meist völlig. Man lernt aber schon im 1. Semester die juristischen Auslegubgsmethoden. Es kann nicht zu viel verlangt sein, Argumente selbst anhand Sinn und Zweck, Wortlaut und Systematik zu finden. Wer sich abheben will bringt dabei nicht nur Argumente, die für die eigene Lösung sprechen, sondern auch die dagegen und warum diese nicht greifen. Das ist etwas, das, so mein Eindruck aus langjähriger Korrektorentätigkeit, nur bei den wenigsten Prüflingen anzutreffen ist. Und das sind dann auch die, die es in die zweistelligen Punkteränge schaffen.
Man sieht es auch hier im Forum, dass der RPFlocki hier seine Lösungen wörtlich reingeschrieben hat und alle waren begeistert, was für eine tolle Lösung, liest sich wie vom Bundesverfassungsgericht etc...
Wer aber Erfahrung hat, konnte sofort sehen. Viel zu kurze Lösung, in dem Umfang die relevanten Probleme in der nötigen Ausführlichkeit und Tiefe zu erörtern unmöglich. Und das führt mich am Rande noch zu einem andern Punkt. Das Examen ist dazu da, wie unter Stress eine brauchbare und fundierte Lösung erstellt werden kann. Es geht also vor allem um die Zeit. W
Man sieht es auch hier im Forum, dass der RPFlocki hier seine Lösungen wörtlich reingeschrieben hat und alle waren begeistert, was für eine tolle Lösung, liest sich wie vom Bundesverfassungsgericht etc...
Wer aber Erfahrung hat, konnte sofort sehen. Viel zu kurze Lösung, in dem Umfang die relevanten Probleme in der nötigen Ausführlichkeit und Tiefe zu erörtern unmöglich. Und das führt mich am Rande noch zu einem andern Punkt. Das Examen ist dazu da, wie unter Stress eine brauchbare und fundierte Lösung erstellt werden kann. Es geht also vor allem um die Zeit. W
26.09.2020, 14:09
er sich 2 Stunden oder mehr für die Lösungsskizze nimmt, wird keine Zeit mehr haben, alles Probleme in der Tiefe in der Reinschrift niederzuschreiben.
26.09.2020, 14:31
(26.09.2020, 14:08)Gast schrieb: Sehe es anders als die meisten hier. Das Problem sind nicht miese Korrektoren oder mangelndes Glück. Das Problem ist, dass die meisten Prüflinge überhaupt nicht sauber argumentieren können. Sofern das Problem überhaupt erkannt wird, beschränkt sich die "Leistung" der meisten schlicht darauf, einen Lösungsweg zu nennen. Argumente fehlen meist völlig. Man lernt aber schon im 1. Semester die juristischen Auslegubgsmethoden. Es kann nicht zu viel verlangt sein, Argumente selbst anhand Sinn und Zweck, Wortlaut und Systematik zu finden. Wer sich abheben will bringt dabei nicht nur Argumente, die für die eigene Lösung sprechen, sondern auch die dagegen und warum diese nicht greifen. Das ist etwas, das, so mein Eindruck aus langjähriger Korrektorentätigkeit, nur bei den wenigsten Prüflingen anzutreffen ist. Und das sind dann auch die, die es in die zweistelligen Punkteränge schaffen.
Man sieht es auch hier im Forum, dass der RPFlocki hier seine Lösungen wörtlich reingeschrieben hat und alle waren begeistert, was für eine tolle Lösung, liest sich wie vom Bundesverfassungsgericht etc...
Wer aber Erfahrung hat, konnte sofort sehen. Viel zu kurze Lösung, in dem Umfang die relevanten Probleme in der nötigen Ausführlichkeit und Tiefe zu erörtern unmöglich. Und das führt mich am Rande noch zu einem andern Punkt. Das Examen ist dazu da, wie unter Stress eine brauchbare und fundierte Lösung erstellt werden kann. Es geht also vor allem um die Zeit. W
Ich (TE) sehe es ähnlich, auch wenn ich es (u.a. mangels eigener Korrekturerfahrung) nicht so drastisch formuliert habe.
26.09.2020, 14:48
(26.09.2020, 14:08)Gast schrieb: Sehe es anders als die meisten hier. Das Problem sind nicht miese Korrektoren oder mangelndes Glück. Das Problem ist, dass die meisten Prüflinge überhaupt nicht sauber argumentieren können. Sofern das Problem überhaupt erkannt wird, beschränkt sich die "Leistung" der meisten schlicht darauf, einen Lösungsweg zu nennen. Argumente fehlen meist völlig. Man lernt aber schon im 1. Semester die juristischen Auslegubgsmethoden. Es kann nicht zu viel verlangt sein, Argumente selbst anhand Sinn und Zweck, Wortlaut und Systematik zu finden. Wer sich abheben will bringt dabei nicht nur Argumente, die für die eigene Lösung sprechen, sondern auch die dagegen und warum diese nicht greifen. Das ist etwas, das, so mein Eindruck aus langjähriger Korrektorentätigkeit, nur bei den wenigsten Prüflingen anzutreffen ist. Und das sind dann auch die, die es in die zweistelligen Punkteränge schaffen.
Man sieht es auch hier im Forum, dass der RPFlocki hier seine Lösungen wörtlich reingeschrieben hat und alle waren begeistert, was für eine tolle Lösung, liest sich wie vom Bundesverfassungsgericht etc...
Wer aber Erfahrung hat, konnte sofort sehen. Viel zu kurze Lösung, in dem Umfang die relevanten Probleme in der nötigen Ausführlichkeit und Tiefe zu erörtern unmöglich. Und das führt mich am Rande noch zu einem andern Punkt. Das Examen ist dazu da, wie unter Stress eine brauchbare und fundierte Lösung erstellt werden kann. Es geht also vor allem um die Zeit. W
Also beim besten Willen. Dass der Flocki hier seine vollständige Lösung 1zu1 gepostet hat, ist einfach deine Vermutung, zumal Du nicht einmal weißt, wie die jeweilige Klausur bewertet worden ist.
Ich habe die Klausuren im selben Durchgang zum Teil ähnlich gelöst und bin schriftlich im VB Bereich gelandet und im Zivilrecht nicht gerade knapp zweistellig. Für mich war es der Verbesserungsversuch und in meinem ersten Versuch ist es sehr bescheiden gelaufen. Wirklich etwas anders gemacht habe ich aber nicht. Ich persönlich finde es schwierig, dass überhaupt Rechtsanwälte korrigieren dürfen. Vor allem weil der Großteil eben dieser Korrektoren keine zwei zweistelligen Examina haben wird (welcher Anwalt mit Topnoten korrigiert bitte im Examen? Eben.) Es ist einfach so. Ein Korrektor mit 2x7 wird bei einer hervorragenden Klausur 9 bis 12 Punkte vergeben, während jemand mit 2x11 oder mehr bei einer richtig guten Klausur auch mal 16 Punkte vergibt. Es sollte Mindestnoten für Korrektoren geben, damit auch das volle Notenspektrum ausgeschöpft wird. Ich bin mir zu 100% sicher, dass in diesem Durchgang meine Klausuren überwiegend von Richtern korrigiert wurden, die eben viel großzügiger bei der Bewertung sind (So meine Erfahrung aus erstem und zweiten Examen mit z.T. 3 Punkten Differenz zwischen den Bewertungen).Dazu kommt noch die Willkür der Gewichtung bei den Formalia etc. Es ist viel zu kurz gegriffen, einfach zu behaupten, der Großteil der Prüflinge könne nicht vernünftig auslegen oder kein ordentliches Deutsch. Ich kenne so viele Leute in Hamburg, die richtig gut sind (VB oder weit zweistellig im ersten Examen) und trotzdem im ausreichenden oder befriedigenden Bereich gelandet sind. Das lag ganz sicher nicht daran, dass die nicht das juristische Handwerkszeug beherrschen oder fürs Erste „gut auswendig gelernt haben“ (die wohl beliebteste Aussage über Leute die im ersten Examen gerockt haben, aber im zweiten auf die Nase gefallen sind).