28.08.2020, 14:18
Hey,
Genügt es ein unmittelbares Ansetzen anzunehmen, wenn der Angeklagte ein Messer vorhält u droht das Opfer abzustechen? Er kann ja ohne zwischenakt auch den Erfolg herbeiführen oder muss beim Messer tatsächlich erst ein Stoß in Richtung des Opfers erfolgen ?
VG
Genügt es ein unmittelbares Ansetzen anzunehmen, wenn der Angeklagte ein Messer vorhält u droht das Opfer abzustechen? Er kann ja ohne zwischenakt auch den Erfolg herbeiführen oder muss beim Messer tatsächlich erst ein Stoß in Richtung des Opfers erfolgen ?
VG
28.08.2020, 14:49
Natürlich nicht
28.08.2020, 16:45
Für den Versuch eines Tötungsdelikts reicht dies nicht aus; soweit es aber zB um einen (besonders schweren) versuchten Raub geht, dann schon!
28.08.2020, 19:06
(28.08.2020, 14:18)Jurahesse schrieb: Hey,
Genügt es ein unmittelbares Ansetzen anzunehmen, wenn der Angeklagte ein Messer vorhält u droht das Opfer abzustechen? Er kann ja ohne zwischenakt auch den Erfolg herbeiführen oder muss beim Messer tatsächlich erst ein Stoß in Richtung des Opfers erfolgen ?
VG
Die Vorposten haben recht, soweit es um ein Tötungsdelikt geht. Die Kontrollfrage ist ja immer: muss noch etwas getan werden, damit der Erfolg eintritt? Die Antwort gibst du selbst: ja, er muss noch zustechen. Dass er dies könnte, genügt nicht.
28.08.2020, 19:13
(28.08.2020, 19:06)Gast schrieb:Man könnte doch im Vorhalten auch die erste Ausführungshandlung sehen, halte ich aber für schwer begründbar und kommt auf die Umstände an. Bei Tatentschluss würde ich mit dem Ansetzen großzügiger umgehen, falls noch ein Rücktritt im Raum steht, aber auch nur wenn die Klausur darauf anspielt, z.B. falls der Täter abbrechen musste wegen was auch immer.(28.08.2020, 14:18)Jurahesse schrieb: Hey,
Genügt es ein unmittelbares Ansetzen anzunehmen, wenn der Angeklagte ein Messer vorhält u droht das Opfer abzustechen? Er kann ja ohne zwischenakt auch den Erfolg herbeiführen oder muss beim Messer tatsächlich erst ein Stoß in Richtung des Opfers erfolgen ?
VG
Die Vorposten haben recht, soweit es um ein Tötungsdelikt geht. Die Kontrollfrage ist ja immer: muss noch etwas getan werden, damit der Erfolg eintritt? Die Antwort gibst du selbst: ja, er muss noch zustechen. Dass er dies könnte, genügt nicht.
Warum hat er denn nicht zugestochen?
28.08.2020, 19:16
Beim Ansetzen geht es nur um die erste Ausführungshandlung, die zum Erfolg führen soll. Je nach Fallgestaltung ist ed nicht undenkbar, dass das Zücken eines Messers und Vorhalten die erste Handlung ist, wenn der Täter töten wollte und dann vllt von einem Dritten sofort gestoppt worden ist.
Ob der Täter noch etwas für den Erfolg tun muss, aus seiner Sicht, ist eine Frage des Rücktrittshorizontes / der Freiwilligkeit.
Ob der Täter noch etwas für den Erfolg tun muss, aus seiner Sicht, ist eine Frage des Rücktrittshorizontes / der Freiwilligkeit.
30.08.2020, 08:34
Das Vorhalten des Messers ist genauso wenig Ausführungshandlung zum KV-/Tötungsdelikt wie das Anlegen eines eBay-Accounts zum eBay-Betrug.
30.08.2020, 08:38
Wenn ich mich auf den weg zu meinem späteren Opfer mache, ist das Verlassen des Hauses auch Ausführungshandlung, doch da würde doch hoffentlich niemand ein unmittelbares Ansetzen sehen.
Die Handlung muss ohne weitere wesentliche Zwischenschritte zum Erfolg führen sollen.
Wenn ich ein Messer in der Hand halte, halte ich einfach nur ein Messer in der Hand. Damit drohe ich vielleicht, aber ich versuche nicht, jemanden zu verletzen. Das Wort unmittelbar hat eine Funktion
Die Handlung muss ohne weitere wesentliche Zwischenschritte zum Erfolg führen sollen.
Wenn ich ein Messer in der Hand halte, halte ich einfach nur ein Messer in der Hand. Damit drohe ich vielleicht, aber ich versuche nicht, jemanden zu verletzen. Das Wort unmittelbar hat eine Funktion
30.09.2020, 15:11
Mal eine Frage zu einem realen Fall:
A sticht B ohne Vorwarnung 2x in den Hals und verfehlt knapp die Halsschlagader. A sieht, dass B noch steht, steckt aber das Messer weg. B überlebt mit entsprechender Hilfe, wäre aber ohne die Hilfe verblutet. Zu einem Tötungsvorsatz lässt sich nichts weiter feststellen, jedenfalls hat A nichts entsprechendes geäußert.
Zunächst wurde A angeklagt wegen versuchten Totschlags, später jedoch aufgrund Rücktritts nur wegen gefährlicher KV verurteilt.
Für mich ist der Rücktritt logisch. Dass die Tathandlung nicht ausreichend ist, um den Erfolg herbeizuführen, hat A ja erkannt. Dennoch kenne ich einige Strafrechtler aus der Justiz persönlich, die davon ausgehen, dass hier der A davon ausgehen musste, dass der Tötungserfolg eingetreten sei - wenn auch nicht sofort. Denn nur weil B kurz nach dem Stich noch lebte, hätte er auch einige Stunden später sterben können. Aus Sicht des A lag daher ein beendeter Versuch vor.
Mir erscheint die Lösung aus dem Urteil naheliegender.
A sticht B ohne Vorwarnung 2x in den Hals und verfehlt knapp die Halsschlagader. A sieht, dass B noch steht, steckt aber das Messer weg. B überlebt mit entsprechender Hilfe, wäre aber ohne die Hilfe verblutet. Zu einem Tötungsvorsatz lässt sich nichts weiter feststellen, jedenfalls hat A nichts entsprechendes geäußert.
Zunächst wurde A angeklagt wegen versuchten Totschlags, später jedoch aufgrund Rücktritts nur wegen gefährlicher KV verurteilt.
Für mich ist der Rücktritt logisch. Dass die Tathandlung nicht ausreichend ist, um den Erfolg herbeizuführen, hat A ja erkannt. Dennoch kenne ich einige Strafrechtler aus der Justiz persönlich, die davon ausgehen, dass hier der A davon ausgehen musste, dass der Tötungserfolg eingetreten sei - wenn auch nicht sofort. Denn nur weil B kurz nach dem Stich noch lebte, hätte er auch einige Stunden später sterben können. Aus Sicht des A lag daher ein beendeter Versuch vor.
Mir erscheint die Lösung aus dem Urteil naheliegender.
30.09.2020, 16:43
(30.09.2020, 15:11)Gast schrieb: Mal eine Frage zu einem realen Fall:
A sticht B ohne Vorwarnung 2x in den Hals und verfehlt knapp die Halsschlagader. A sieht, dass B noch steht, steckt aber das Messer weg. B überlebt mit entsprechender Hilfe, wäre aber ohne die Hilfe verblutet. Zu einem Tötungsvorsatz lässt sich nichts weiter feststellen, jedenfalls hat A nichts entsprechendes geäußert.
Zunächst wurde A angeklagt wegen versuchten Totschlags, später jedoch aufgrund Rücktritts nur wegen gefährlicher KV verurteilt.
Für mich ist der Rücktritt logisch. Dass die Tathandlung nicht ausreichend ist, um den Erfolg herbeizuführen, hat A ja erkannt. Dennoch kenne ich einige Strafrechtler aus der Justiz persönlich, die davon ausgehen, dass hier der A davon ausgehen musste, dass der Tötungserfolg eingetreten sei - wenn auch nicht sofort. Denn nur weil B kurz nach dem Stich noch lebte, hätte er auch einige Stunden später sterben können. Aus Sicht des A lag daher ein beendeter Versuch vor.
Mir erscheint die Lösung aus dem Urteil naheliegender.
Da kann man mutmaßen, wie man will. Es kommt letztendlich auf die Vorstellung des Täters an und die wird sich nicht mit Sicherheit feststellen lassen, daher wird im Zweifel die günstigere Auslegung gewählt.
Der klassische Messerstecher mit dem entsprechenden Bildungshintergrund, möglichst auch noch mit Alkohol im Blut, wird aber erfahrungsgemäß nicht davon ausgehen, dass seine Stiche "irgendwann später mal" zum Tod führen können, wenn der Geschädigte nach zwei Stichen noch steht. So weit wird üblicherweise nicht gedacht. Aber auch das ist eine Mutmaßung anhand Erfahrungswerten und ersetzt keine Feststellung im Einzelfall.