30.12.2019, 13:50
Moin zusammen, man lernt an der Uni und im Ref ja viel, aber natürlich nicht alles, was man im Berufsleben, sei es in der Justiz, in einer Kanzlei, in Unternehmen etc. benötigt. Was sind typische Fehler, die Euch oder Bekannten von Euch zu Beginn im Job unterliefen und die man besser vermeidet?
30.12.2019, 18:51
(30.12.2019, 13:50)Gast321 schrieb: Moin zusammen, man lernt an der Uni und im Ref ja viel, aber natürlich nicht alles, was man im Berufsleben, sei es in der Justiz, in einer Kanzlei, in Unternehmen etc. benötigt. Was sind typische Fehler, die Euch oder Bekannten von Euch zu Beginn im Job unterliefen und die man besser vermeidet?
Mein größter Fehler war es, in der Justiz anzufangen. Bin dort mittlerweile - zum Glück- wieder weg.
30.12.2019, 20:19
Vermeidbarer Fehler: sich davor zu scheuen, nachzufragen. Ich habe mir am Anfang als RA ohne Hemmungen teilweise organisatorische Dinge von Refa-Azubis im 1. Lehrjahr zeigen lassen. Falscher stolz ist beim Berufseinstieg mMn völlig fehl am Platz.
30.12.2019, 20:24
(30.12.2019, 18:51)Gast schrieb:(30.12.2019, 13:50)Gast321 schrieb: Moin zusammen, man lernt an der Uni und im Ref ja viel, aber natürlich nicht alles, was man im Berufsleben, sei es in der Justiz, in einer Kanzlei, in Unternehmen etc. benötigt. Was sind typische Fehler, die Euch oder Bekannten von Euch zu Beginn im Job unterliefen und die man besser vermeidet?
Mein größter Fehler war es, in der Justiz anzufangen. Bin dort mittlerweile - zum Glück- wieder weg.
Mich würde ernsthaft interessiert,was bei Dir den Ausschlag gegen die Justiz gegeben hat. Könntest Du dazu vielleicht was schreiben?
30.12.2019, 20:32
1. Keine Fragen stellen bzw. keine Hilfestellung annehmen.
2. Keine vernünftigen Grenzen setzen (wer das in der Kanzlei am Anfang nicht hinbekommt, hat es meist schwer später nachzusteuern).
3. Zu wenig Zeit zum Lernen der notwendigen Anwendungen (Legal Tech, Mustersammlungen und Zeiterfassungstools) aufbringen - besser einmal vernünftig blicken, als später immer wieder Zeit verschwenden)
4. Zu wenig Interesse aufbringen, um notwendige Ansprechpartner kennen zu lernen (nichts hilft weiter als der richtige Telefonjoker)
5.-1005 Arrogantes Auftreten ggü dem Verwaltungs- und Support Team - ihr könnt Euch nicht tief genug bücken, wenn ihr einmal bei denen unten durch seid.
2. Keine vernünftigen Grenzen setzen (wer das in der Kanzlei am Anfang nicht hinbekommt, hat es meist schwer später nachzusteuern).
3. Zu wenig Zeit zum Lernen der notwendigen Anwendungen (Legal Tech, Mustersammlungen und Zeiterfassungstools) aufbringen - besser einmal vernünftig blicken, als später immer wieder Zeit verschwenden)
4. Zu wenig Interesse aufbringen, um notwendige Ansprechpartner kennen zu lernen (nichts hilft weiter als der richtige Telefonjoker)
5.-1005 Arrogantes Auftreten ggü dem Verwaltungs- und Support Team - ihr könnt Euch nicht tief genug bücken, wenn ihr einmal bei denen unten durch seid.
30.12.2019, 20:39
(30.12.2019, 20:19)Gast schrieb: Vermeidbarer Fehler: sich davor zu scheuen, nachzufragen. Ich habe mir am Anfang als RA ohne Hemmungen teilweise organisatorische Dinge von Refa-Azubis im 1. Lehrjahr zeigen lassen. Falscher stolz ist beim Berufseinstieg mMn völlig fehl am Platz.
Das habe ich leider genau andersrum erlebt. Ich habe am Anfang mein nicht vorhandenes Wissen zu sehr zu erkennen geben. Das wurde mir von meinem Tutor als Mangel ausgelegt und angekreidet.
30.12.2019, 20:51
(30.12.2019, 20:24)Auch Bln schrieb:(30.12.2019, 18:51)Gast schrieb:(30.12.2019, 13:50)Gast321 schrieb: Moin zusammen, man lernt an der Uni und im Ref ja viel, aber natürlich nicht alles, was man im Berufsleben, sei es in der Justiz, in einer Kanzlei, in Unternehmen etc. benötigt. Was sind typische Fehler, die Euch oder Bekannten von Euch zu Beginn im Job unterliefen und die man besser vermeidet?
Mein größter Fehler war es, in der Justiz anzufangen. Bin dort mittlerweile - zum Glück- wieder weg.
Mich würde ernsthaft interessiert,was bei Dir den Ausschlag gegen die Justiz gegeben hat. Könntest Du dazu vielleicht was schreiben?
Ja, gern. Ich war ehrlich schockiert von den Zuständen in der Justiz. Obwohl ich am selben Gericht davor schon als Referendar war, hat es mich eiskalt erwischt. Zum einen fand ich hinter den Kulissen eine völlig zerstrittene Richterschaft vor. So teilte man mir am ersten Tag bereits mit, ich solle mich doch bitte nicht von der schlechten Stimmung beirren lassen. Zum anderen schien sich wirklich keiner der erfahreneren Richter um die Arbeitslast der jungen Richter zu scheren. Der Vorsitzende meiner Kammer trat jeden Tag um 12 Uhr den Heimweg an, während ich das doppelte seiner Verfahrenszahl zu erledigen sollte. Hilfe aber wurde so gut wie keine angebotenen, außer von den jüngeren Kollegen- obwohl es gerade die sind, die am wenigsten Zeit haben.
Mir scheint es, als hätten viele der erfahreneren Richter aus Frust kapituliert und aufgegeben, vielleicht ist es ihnen aber auch nur völlig egal, aber so wenig Solidarität hätte ich gerade in der Justiz nicht erwartet. Ich bin danach in die Großkanzlei gegangen und war überrascht, dass dort vieles besser läuft und auch ist. Denn eigentlich kam Anwalt für mich nicht in Frage, die Justiz war immer mein Wunscharbeitgeber...
31.12.2019, 11:36
(30.12.2019, 20:51)Gast schrieb:(30.12.2019, 20:24)Auch Bln schrieb:(30.12.2019, 18:51)Gast schrieb: Mein größter Fehler war es, in der Justiz anzufangen. Bin dort mittlerweile - zum Glück- wieder weg.
Mich würde ernsthaft interessiert,was bei Dir den Ausschlag gegen die Justiz gegeben hat. Könntest Du dazu vielleicht was schreiben?
Ja, gern. Ich war ehrlich schockiert von den Zuständen in der Justiz. Obwohl ich am selben Gericht davor schon als Referendar war, hat es mich eiskalt erwischt. Zum einen fand ich hinter den Kulissen eine völlig zerstrittene Richterschaft vor. So teilte man mir am ersten Tag bereits mit, ich solle mich doch bitte nicht von der schlechten Stimmung beirren lassen. Zum anderen schien sich wirklich keiner der erfahreneren Richter um die Arbeitslast der jungen Richter zu scheren. Der Vorsitzende meiner Kammer trat jeden Tag um 12 Uhr den Heimweg an, während ich das doppelte seiner Verfahrenszahl zu erledigen sollte. Hilfe aber wurde so gut wie keine angebotenen, außer von den jüngeren Kollegen- obwohl es gerade die sind, die am wenigsten Zeit haben.
Mir scheint es, als hätten viele der erfahreneren Richter aus Frust kapituliert und aufgegeben, vielleicht ist es ihnen aber auch nur völlig egal, aber so wenig Solidarität hätte ich gerade in der Justiz nicht erwartet. Ich bin danach in die Großkanzlei gegangen und war überrascht, dass dort vieles besser läuft und auch ist. Denn eigentlich kam Anwalt für mich nicht in Frage, die Justiz war immer mein Wunscharbeitgeber...
Hi Gast,
danke für Deine Antwort! Ich war nach fast vier Jahren Anwalt an dem Punkt, dass ich einfach keine Perspektive gesehen habe, die zu mir passt. Die erste Einheit war ein typischer Satellitenstandort, d.h. vor Ort verhältnismäßig wenig Geschäft um einen eigenen Track Record aufzustellen. Zuarbeit für die (meist Londoner oder Frankfurter) Kollegen war mal mehr, mal weniger gut organisiert und angenehem. Mehrmals wurde mir ein Standortwechsel angetragen - das wäre aber nicht meins gewesen. Deswegen dann Wechsel in die zweite Einheit - mehr eigenes Geschäft, aber (da Mittelstand) Altpartner, die Neurerungen gebremst haben (und wegen ihrer Versorgungsansprüche auch ganz schön die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Neupartner beschränkten). Für ein Spin-Off fehlte mir der Mut und gleichzeitig brauchte ich auch nicht das anwaltiche Einkommen.
War es ein Kulturschock in die Berliner Justiz zu wechseln? Ja! Ich hätte nie gedacht, wie schlecht die technische, räumliche und teils auch personelle Ausstattung war. Zum Glück ist da inzwischen vieles unternommen und angestoßen worden - es bleibt also zu hoffen, dass bald alle Dienststellen vernünftig ausgestattet werden.
Vor allem hatte ich aber nie das Problem, dass ich von (älteren) Kollegen keine Unterstützung erfahren habe. Im Gegenteil bin ich fast ausnahmslos auf freundliche, hilfsbereite und (Galgen-)humorvolle Kollegen aller Dienststufen getroffen. Es gab und gibt an vielen Dienststellen wegen der Neueinstellungen der letzten Jahre auch sehr viele junge (Assessoren-)Kollegen, was die Zusammenarbeit und Stimmung sehr angenehm macht. Mir macht das Verhandeln einfach Spaß und ich habe "meinen Laden im Griff". Deswegen bereue ich meinen Wechsel nicht. Es hätte aber auch anders kommen können. Ich hoffe bei Dir geht es in der GK super weiter.
31.12.2019, 11:51
(30.12.2019, 20:39)Gast schrieb:(30.12.2019, 20:19)Gast schrieb: Vermeidbarer Fehler: sich davor zu scheuen, nachzufragen. Ich habe mir am Anfang als RA ohne Hemmungen teilweise organisatorische Dinge von Refa-Azubis im 1. Lehrjahr zeigen lassen. Falscher stolz ist beim Berufseinstieg mMn völlig fehl am Platz.
Das habe ich leider genau andersrum erlebt. Ich habe am Anfang mein nicht vorhandenes Wissen zu sehr zu erkennen geben. Das wurde mir von meinem Tutor als Mangel ausgelegt und angekreidet.
klingt nach einem ungeeigneten Tutor, sorry.
31.12.2019, 14:08
(31.12.2019, 11:51)Gast schrieb:(30.12.2019, 20:39)Gast schrieb:(30.12.2019, 20:19)Gast schrieb: Vermeidbarer Fehler: sich davor zu scheuen, nachzufragen. Ich habe mir am Anfang als RA ohne Hemmungen teilweise organisatorische Dinge von Refa-Azubis im 1. Lehrjahr zeigen lassen. Falscher stolz ist beim Berufseinstieg mMn völlig fehl am Platz.
Das habe ich leider genau andersrum erlebt. Ich habe am Anfang mein nicht vorhandenes Wissen zu sehr zu erkennen geben. Das wurde mir von meinem Tutor als Mangel ausgelegt und angekreidet.
klingt nach einem ungeeigneten Tutor, sorry.
Absolut, ich selbst sehe das auch so. Leider kann man an einem unfähigen Vorgesetzten wenig ändern...