08.12.2024, 13:20
Hallo!
Ich überlege, ob ich in die Justiz wechseln soll und dort insbesondere zur StA oder zum LG in eine Strafkammer. Letzeres kann man sich nicht aussuchen, ich weiß. Aber man kann ja das Interesse bekunden. Ich frage mich vor einem Wechsel aber, ob die Tätigkeit in der Strafjustiz wirklich so spannend ist, wie ich sie mir vorstelle.
Ich bin im Privatbereich großer Fan von Krimis, Thriller und allen voran TrueCrime. Ich mag die Dogmatik des Strafrechts, beschäftige mich gerne mit Psychologie und Geschichten von Menschen. Ich denke gerne bei Filmen, Büchern oder Podcasts mit und versuche herauszufinden, wer der Täter ist. Die "wahren" Fälle haben etwas sehr aufregendes für mich.
Bin ich da in der Strafjustiz mit diesem Interesse gut mit aufgehoben? Ich frage dies deshalb, weil der Wechsel gut überlegt sein muss und ich nicht am Ende vollkommen ernüchtert sein möchte. Ist es vielleicht doch nur einfach ein Kampf gegen die Akten und inhaltlich gar nicht so spannend und abwechslungsreich? Vielleicht mag der ein oder andere ja mal von der Praxis und vllt. auch dem Praxisschock erzählen.
Ich überlege, ob ich in die Justiz wechseln soll und dort insbesondere zur StA oder zum LG in eine Strafkammer. Letzeres kann man sich nicht aussuchen, ich weiß. Aber man kann ja das Interesse bekunden. Ich frage mich vor einem Wechsel aber, ob die Tätigkeit in der Strafjustiz wirklich so spannend ist, wie ich sie mir vorstelle.
Ich bin im Privatbereich großer Fan von Krimis, Thriller und allen voran TrueCrime. Ich mag die Dogmatik des Strafrechts, beschäftige mich gerne mit Psychologie und Geschichten von Menschen. Ich denke gerne bei Filmen, Büchern oder Podcasts mit und versuche herauszufinden, wer der Täter ist. Die "wahren" Fälle haben etwas sehr aufregendes für mich.
Bin ich da in der Strafjustiz mit diesem Interesse gut mit aufgehoben? Ich frage dies deshalb, weil der Wechsel gut überlegt sein muss und ich nicht am Ende vollkommen ernüchtert sein möchte. Ist es vielleicht doch nur einfach ein Kampf gegen die Akten und inhaltlich gar nicht so spannend und abwechslungsreich? Vielleicht mag der ein oder andere ja mal von der Praxis und vllt. auch dem Praxisschock erzählen.
08.12.2024, 20:52
Also Staatsanwaltschaft ist (zumindest in der allgemeinen Abteilung) stumpfe Fließbandarbeit auf sehr niedrigem juristischem Niveau. Du liest dir die Akte durch und dann klickst du dich durch ein paar Masken und Textbausteine, um deine Einstellung oder deinen Strafbefehl zu erzeugen. Das "Ermitteln" übernimmt die Polizei für dich, du musst höchstens manchmal die Anordnung dafür treffen oder beim Gericht beantragen. Auch führst du selbst außer in absoluten Ausnahmefällen ja keine Vernehmungen im Ermittlungsverfahren. Da ist wenig mit (kriminal-) psychologischen Bewertungen usw...
Anders ist es natürlich in Sitzungen. Da lernst du die Menschen kennen. Musst beurteilen, wer glaubwürdig ist und wer nicht. Kannst Fragen stellen. Das könnte zu dir passen.
Die ganz überwiegende Arbeit ist aber eben doch die Büro-Tätigkeit...
Ich denke die Arbeit als Richter in Strafsachen ist da deutlich spannender, eben weil man die Staatsanwaltschaft hat, die einem schon (in beschriebener Fließbandarbeit) den ganzen Schrott "aussortiert".
Anders ist es natürlich in Sitzungen. Da lernst du die Menschen kennen. Musst beurteilen, wer glaubwürdig ist und wer nicht. Kannst Fragen stellen. Das könnte zu dir passen.
Die ganz überwiegende Arbeit ist aber eben doch die Büro-Tätigkeit...
Ich denke die Arbeit als Richter in Strafsachen ist da deutlich spannender, eben weil man die Staatsanwaltschaft hat, die einem schon (in beschriebener Fließbandarbeit) den ganzen Schrott "aussortiert".
08.12.2024, 21:07
+1
noch krasser ist es bei der StA im Bereich Straßenverkehrsdelikte. Da könnte man wirklich eine KI anstelle von Menschen einsetzen, so stumpfsinnig und anspruchslos ist das größtenteils.
noch krasser ist es bei der StA im Bereich Straßenverkehrsdelikte. Da könnte man wirklich eine KI anstelle von Menschen einsetzen, so stumpfsinnig und anspruchslos ist das größtenteils.
09.12.2024, 09:13
Schön am Strafrecht sind zunächst mal die sehr griffigen, oft ausgesprochen kuriosen Sachverhalte. Diese tatsächliche Seite hat mir als Staatsanwalt auf einem allgemeinen Dezernat immer sehr gut gefallen.
Natürlich ist es auch viel Massengeschäft und überhaupt sehr viel.
Die Kunst ist daher, das Kleinzeug so schnell und effektiv zu erledigen, dass man für Haftsachen oder große Akten genügend Zeit hat. Da gibt es nämlich durchaus auch Spannendes.
Das gelingt dann, wenn man das, was eingestellt werden muss, zügig und mit dem passenden Argument einstellt - und in den restlichen Fällen die Ermittlungen der Polizei eng führt, damit nicht sinnlos rumermittelt und die Akte aufgebläht wird, sondern genau das vorliegt, was man für Anklage und Verurteilung braucht. Alles in Allem ist das durchaus anspruchsvoll und hat mir auch Spaß gemacht.
Natürlich ist es auch viel Massengeschäft und überhaupt sehr viel.
Die Kunst ist daher, das Kleinzeug so schnell und effektiv zu erledigen, dass man für Haftsachen oder große Akten genügend Zeit hat. Da gibt es nämlich durchaus auch Spannendes.
Das gelingt dann, wenn man das, was eingestellt werden muss, zügig und mit dem passenden Argument einstellt - und in den restlichen Fällen die Ermittlungen der Polizei eng führt, damit nicht sinnlos rumermittelt und die Akte aufgebläht wird, sondern genau das vorliegt, was man für Anklage und Verurteilung braucht. Alles in Allem ist das durchaus anspruchsvoll und hat mir auch Spaß gemacht.
10.12.2024, 20:44
(09.12.2024, 09:13)Praktiker schrieb: Schön am Strafrecht sind zunächst mal die sehr griffigen, oft ausgesprochen kuriosen Sachverhalte. Diese tatsächliche Seite hat mir als Staatsanwalt auf einem allgemeinen Dezernat immer sehr gut gefallen.
Natürlich ist es auch viel Massengeschäft und überhaupt sehr viel.
Die Kunst ist daher, das Kleinzeug so schnell und effektiv zu erledigen, dass man für Haftsachen oder große Akten genügend Zeit hat. Da gibt es nämlich durchaus auch Spannendes.
Das gelingt dann, wenn man das, was eingestellt werden muss, zügig und mit dem passenden Argument einstellt - und in den restlichen Fällen die Ermittlungen der Polizei eng führt, damit nicht sinnlos rumermittelt und die Akte aufgebläht wird, sondern genau das vorliegt, was man für Anklage und Verurteilung braucht. Alles in Allem ist das durchaus anspruchsvoll und hat mir auch Spaß gemacht.
Das entspricht meiner Erfahrung nach nunmehr 3 Jahren bei der StA.
Grade das allgemeine Dezernat ist sehr bunt gemischt, seien es kuriose Sachverhalte, Querulanten, psychisch kranke Anzeigeerstatter oder Beschuldigte, Nachbeben gescheiterter Beziehungen oder jahrelanger Nachbarschaftsstreitigkeiten, die Anzeige der sich betrogen fühlenden Zivilprozesspartei und dann noch schwere Tatvorwürfe wie Raub, gewerbsmäßiger Betrug, gef. KV und fahrlässige Tötung. Dann kommen noch Fragen ob Bewährungsstrafen widerrufen werden oder Haftsachen (112 ff. StPO) hinzu.
Es macht durchaus Spaß in den kleinen Verfahren schnelle und sachgerechte Abschlüsse zu erzielen um Zeit für umfangreicheres zu haben und dort engmaschig die Ermittlungen zu leiten.
Wünschen würde ich mir die Unbhängigkeit eines Richters, ohne Berichtssachen und die steile Hierarchie innerhalb der Behörde oder ggü. der GStA. Mehr Ressourcen- und besser geschultes Personal bei der Polizei sowie fehlendes Personal auf Geschäftsstellenebene stellen die größten Herausforderungen dar.
Alles hat auch Schattenseiten.
Ich empfinde meine Arbeit als erfüllend und würde mich wieder bewerben.