26.06.2019, 16:45
(26.06.2019, 16:00)Foerster schrieb:(26.06.2019, 14:42)Mate schrieb:(26.06.2019, 13:40)Foerster schrieb:(26.06.2019, 13:26)Mate schrieb: Sinnfrei scheint mir eine sehr harte Einschätzung zu sein, aber mal ehrlich: Deine empfohlene Literatur hat einen Umfang von etwa 3.300 Seiten. Und die Gerichtsskripte sowie Deine Hemmerskripte sind nicht einmal mit einbezogen. Das mag für Dich der richtige Weg gewesen sein und Dir Freude bereitet haben; ich fürchte allerdings, dass das vielen nicht hilft.
Haller/Conzen, Strafverfahren (600+ Seiten) fand ich fast schon unverständlich und viel zu aufgebläht, Wolters/Gubitz - sofern man nicht das Kaiser-Skript lesen möchte - vermitteln da mehr Verständnis auf einem Drittel des Umfangs. Materielles Recht mit Jäger (1.000 Seiten) zu wiederholen ist für mich nicht nachvollziehbar, da er Wissenstände bringt, die im zweiten Examen nicht mehr benötigt werden. Das Grundverständnis aus dem ersten Examen mit der nötigen Klausurroutine und dem Fischer reicht da allemal.
Oberheim, Zivilprozessrecht (600 Seiten) ist ein Nachschlagewerk, Knöringer kommt mit gut der Hälfte des Umfangs aus und reicht vollkommen. Lackmann (400 Seiten) ist auch zum Nachschlagen.
Bei Kientz, Öffentliches Recht gehe ich mit, der ist stark.
Dein Aufwand in Ehren. Aber m.E. erweckt das für Lesende mglw. den Eindruck, dass man ein solches Pensum abarbeiten müsste, um gut durch das Zweite zu kommen. Und das ist einfach nicht der Fall. Man kann das Referendariat auch zu großen Teilen genießen, sich für später orientieren und dennoch gut abschließen, ohne einen solchen Arbeitsaufwand zu betreiben. Meine Meinung.
Ich möchte nicht behaupten, dass man diesen Aufwand benötigt. Wobei dieser Aufwand meiner Erfahrung nach zeitlich nicht über das hinausgeht, was zumindest viele von ihrer eigenen Vorbereitung erzählen. Bei mir war z.B. das Wochenende grundsätzlich frei- abgesehen vom Samstag mit einer Klausur. In der Woche war ich, falls kein Ref-Termin war, von 8-16(17) Uhr in der Bibliothek. Abends hatte ich vollständig frei. Meinen Beobachtungen nach waren Referendarkollegen zumindest auch tagsüber in der Bibliothek anwesend. Die Frage ist dann nur wie ich diese Zeit effektiv nutze.
Zu der Seitenanzahl: Die Lehrbücher habe ich zusammengefasst und musste ich damit vollständig lesen. Ein Kaiser-Skript kann man beim ersten mal in 1-2 Tagen durcharbeiten. Bei 2 Jahren Vorbereitungszeit ist das kein "Hexenwerk".
Das materielle Recht mit Jäger würde ich weiterhin uneingeschränkt empfehlen, wobei der Schwerpunkt auf dem BT-Buch liegen sollte. Ich habe sehr viele Originalklausuren geschrieben und gesehen. Bei uns gab es eine Reihe von Klausuren, die 90 % materiell waren (Staatsanwaltsklausuren), in denen es rauf und runter mit Raub- erpresserischer Menschenraub usw. ging. Die Feinheiten beherrscht die Mehrheit aber trotzdem nicht. Wenn man den Jäger fürs 2. Examen verwendet geht es auch nicht darum etwaige Literaturmeinungen sich in den Kopf zu hämmern, sondern die Original-BGH Fälle nachzuvollziehen. Dazu gehören z.B. die neueren Fälle zum 316a StGB (z.B. Polizeikelle auf Autobahn).
Haller/Conzen ist kein ideales Buch, aber für einen Überblick über die gesamte StPO geeignet. Natürlich kann ich mir wie ein Großteil auch nur die Kaiserskripten "reinballern" und damit Erfolg haben. Ich bin nur ein Freund von "nachhaltigen" Lösungen. Und wie gesagt: Das Kaiser-Skript zum materiellen Recht beinhaltet weniger materielles Recht als meine Zusammenfassungen, aber ist deutlich länger.
Warum sollte der Oberheim nur ein Nachschlagewerk sein? Der ist an vielen Stellen schon verkürzt. Das 2. Examen ist nun einmal so breit aufgestellt, dass eine Verknappung nur beschränkt möglich ist. Den besonderen Teil des Oberheims sollte eigentlich jeder Referendar vorm Examen beherrschen.
Zeit effektiv nutzen und Literatur im Umfang von mehreren tausend Seiten/3000 digitale Karteikarten passt für mich einfach nicht zusammen. Ein Skript erstmalig innerhalb eines Tages durchzuarbeiten ist mir bisher auch noch nicht gelungen. Und ob das Ganze in zwei Jahren "Hexenwerk" ist oder nicht kann ich auch nicht sagen. Deine Herangehensweise mag für Dich funktioniert haben. Ich glaube aber, dass sie nur für wenige Referendarinnen und Referendare überhaupt in Betracht kommt. Kann aber natürlich auch anders sein, können die anderen Mitlesenden vielleicht bestätigen oder verneinen.
Wenn Du etwa der Meinung bist, man müsste zu strafrechtlichen Standards irgendwelche Feinheiten beherrschen, dann ist das Deine Schwerpunktsetzung. Ich brauchte so etwas für die Klausuren nicht und für mich spielt Strafrecht in diesem Leben auch keine Rolle mehr. Deshalb kam für mich auch keine "nachhaltige" Lösung in Betracht, was auch immer das sein soll nach zwei Jahren Bibaufenthalt und fünf Jahren Studium.
Es freut mich aber, dass Du den besonderen Teil von Oberheim verinnerlicht hast. Dessen Beherrschen vor dem Examen allerdings als Selbstverständlichkeit hinzustellen, ist einfach falsch. Auch ohne diese 300 Seiten durchgearbeitet zu haben, kommt man gut durch die Klausuren.
Was ist denn die Alternative zu der von mir genannten Literatur? Irgendeine Grundlage benötigt man nun einmal für die Examensvorbereitung. Wie schon mal gesagt: Diejenigen, die bei Alpmann waren, mögen bitte alle ihre Unterlagen nebeneinander stellen oder schauen wie viel Material dort zusammengekommen ist.
Die ex-post Betrachtung, dass man dieses oder jenes nicht im Examen brauchte ist der Fehler bei der Beratschlagung der kommenden Kandidaten. Dieses Examen schreibt man höchstens 2x im Leben, sodass man sich auf alles vorbereiten sollte. Die Inhalte im Jäger stellen jedoch meiner Meinung nach keine Feinheiten dar, sondern bilden echte Fälle wider. Vor allem das Strafrecht lebt von einer hohen "Trefferquote", da ein bisschen strafbar in der Klausur oder auch im realen Leben nicht zielführend ist. Im Übrigen handelt es sich doch gerade nicht um Feinheiten, die nicht beherrscht werden, wenn immer noch eine beträchtliche Anzahl der Referendare durchfällt oder im unteren Bereich ist, weil Basics gerade nicht beherrscht werden.. Es geht doch gerade darum mit den von mir aufgezeigten Mitteln diese Basics+X zu beherrschen.
Den besonderen Teil des Oberheims anscheinend nicht beherrschen zu wollen oder dies nicht als notwendig anzusehen ist für mich nicht nachvollziehbar. Es handelt es sich dabei um die grundlegenden Regelungen des Zivilprozesses. Wenn das 2. Examen direkt in den Richter- oder Anwaltsberuf führen soll, dann sollten solche Kenntnisse zumindest angestrebt werden. Aber vielleicht ist auch dieser divergierende Anspruch ein Grund für die teilweise unterirdische juristische Qualität von mündlichen Verhandlungen oder auch Schriftsätzen.
Ich habe Dir gleich in meiner ersten Antwort Alternativen mit geringerem Umfang genannt. Mit Alpmann habe ich nichts zu tun und ich habe auch keine Ordner mit Repunterlagen gefüllt. Sich im zweiten Examen "auf alles" vorbereiten zu wollen kann man aber wohl tatsächlich nur mit einer deartigen Literaturfülle leisten.
Dass Dir das Werk von Jäger so gut gefällt, ist angekommen. Ich fand ihn für das Erste auch gut, für das Zweite halt nicht. Aber ich habe auch nicht auf eine "Trefferquote" gelernt (ich dachte, es geht ums Systemverständnis?!). Mit Deinen Mitteln lernst Du von mir aus gerne Basic+X, X ist in diesem Fall aber universitäres Zusatzwissen ohne Bedeutung für die Klausur - die gute, alte Feuerprobe.
Es geht ohne Oberheim oder ein Pendant entsprechenden Umfangs. Tausende vor uns haben und tausende nach uns werden das Examen solide ohne eine solche Detailtiefe bestehen.
PS: Das mit der juristischen Qualität von mündlichen Verhandlungen und Schriftsätzen ist irgendwie niedlich. Zumindest dann, wenn es von jemandem kommt, der für einen Forumspost auf ex post zurückgreifen muss.
26.06.2019, 16:57
(26.06.2019, 16:45)Mate schrieb:(26.06.2019, 16:00)Foerster schrieb:(26.06.2019, 14:42)Mate schrieb:(26.06.2019, 13:40)Foerster schrieb:(26.06.2019, 13:26)Mate schrieb: Sinnfrei scheint mir eine sehr harte Einschätzung zu sein, aber mal ehrlich: Deine empfohlene Literatur hat einen Umfang von etwa 3.300 Seiten. Und die Gerichtsskripte sowie Deine Hemmerskripte sind nicht einmal mit einbezogen. Das mag für Dich der richtige Weg gewesen sein und Dir Freude bereitet haben; ich fürchte allerdings, dass das vielen nicht hilft.
Haller/Conzen, Strafverfahren (600+ Seiten) fand ich fast schon unverständlich und viel zu aufgebläht, Wolters/Gubitz - sofern man nicht das Kaiser-Skript lesen möchte - vermitteln da mehr Verständnis auf einem Drittel des Umfangs. Materielles Recht mit Jäger (1.000 Seiten) zu wiederholen ist für mich nicht nachvollziehbar, da er Wissenstände bringt, die im zweiten Examen nicht mehr benötigt werden. Das Grundverständnis aus dem ersten Examen mit der nötigen Klausurroutine und dem Fischer reicht da allemal.
Oberheim, Zivilprozessrecht (600 Seiten) ist ein Nachschlagewerk, Knöringer kommt mit gut der Hälfte des Umfangs aus und reicht vollkommen. Lackmann (400 Seiten) ist auch zum Nachschlagen.
Bei Kientz, Öffentliches Recht gehe ich mit, der ist stark.
Dein Aufwand in Ehren. Aber m.E. erweckt das für Lesende mglw. den Eindruck, dass man ein solches Pensum abarbeiten müsste, um gut durch das Zweite zu kommen. Und das ist einfach nicht der Fall. Man kann das Referendariat auch zu großen Teilen genießen, sich für später orientieren und dennoch gut abschließen, ohne einen solchen Arbeitsaufwand zu betreiben. Meine Meinung.
Ich möchte nicht behaupten, dass man diesen Aufwand benötigt. Wobei dieser Aufwand meiner Erfahrung nach zeitlich nicht über das hinausgeht, was zumindest viele von ihrer eigenen Vorbereitung erzählen. Bei mir war z.B. das Wochenende grundsätzlich frei- abgesehen vom Samstag mit einer Klausur. In der Woche war ich, falls kein Ref-Termin war, von 8-16(17) Uhr in der Bibliothek. Abends hatte ich vollständig frei. Meinen Beobachtungen nach waren Referendarkollegen zumindest auch tagsüber in der Bibliothek anwesend. Die Frage ist dann nur wie ich diese Zeit effektiv nutze.
Zu der Seitenanzahl: Die Lehrbücher habe ich zusammengefasst und musste ich damit vollständig lesen. Ein Kaiser-Skript kann man beim ersten mal in 1-2 Tagen durcharbeiten. Bei 2 Jahren Vorbereitungszeit ist das kein "Hexenwerk".
Das materielle Recht mit Jäger würde ich weiterhin uneingeschränkt empfehlen, wobei der Schwerpunkt auf dem BT-Buch liegen sollte. Ich habe sehr viele Originalklausuren geschrieben und gesehen. Bei uns gab es eine Reihe von Klausuren, die 90 % materiell waren (Staatsanwaltsklausuren), in denen es rauf und runter mit Raub- erpresserischer Menschenraub usw. ging. Die Feinheiten beherrscht die Mehrheit aber trotzdem nicht. Wenn man den Jäger fürs 2. Examen verwendet geht es auch nicht darum etwaige Literaturmeinungen sich in den Kopf zu hämmern, sondern die Original-BGH Fälle nachzuvollziehen. Dazu gehören z.B. die neueren Fälle zum 316a StGB (z.B. Polizeikelle auf Autobahn).
Haller/Conzen ist kein ideales Buch, aber für einen Überblick über die gesamte StPO geeignet. Natürlich kann ich mir wie ein Großteil auch nur die Kaiserskripten "reinballern" und damit Erfolg haben. Ich bin nur ein Freund von "nachhaltigen" Lösungen. Und wie gesagt: Das Kaiser-Skript zum materiellen Recht beinhaltet weniger materielles Recht als meine Zusammenfassungen, aber ist deutlich länger.
Warum sollte der Oberheim nur ein Nachschlagewerk sein? Der ist an vielen Stellen schon verkürzt. Das 2. Examen ist nun einmal so breit aufgestellt, dass eine Verknappung nur beschränkt möglich ist. Den besonderen Teil des Oberheims sollte eigentlich jeder Referendar vorm Examen beherrschen.
Zeit effektiv nutzen und Literatur im Umfang von mehreren tausend Seiten/3000 digitale Karteikarten passt für mich einfach nicht zusammen. Ein Skript erstmalig innerhalb eines Tages durchzuarbeiten ist mir bisher auch noch nicht gelungen. Und ob das Ganze in zwei Jahren "Hexenwerk" ist oder nicht kann ich auch nicht sagen. Deine Herangehensweise mag für Dich funktioniert haben. Ich glaube aber, dass sie nur für wenige Referendarinnen und Referendare überhaupt in Betracht kommt. Kann aber natürlich auch anders sein, können die anderen Mitlesenden vielleicht bestätigen oder verneinen.
Wenn Du etwa der Meinung bist, man müsste zu strafrechtlichen Standards irgendwelche Feinheiten beherrschen, dann ist das Deine Schwerpunktsetzung. Ich brauchte so etwas für die Klausuren nicht und für mich spielt Strafrecht in diesem Leben auch keine Rolle mehr. Deshalb kam für mich auch keine "nachhaltige" Lösung in Betracht, was auch immer das sein soll nach zwei Jahren Bibaufenthalt und fünf Jahren Studium.
Es freut mich aber, dass Du den besonderen Teil von Oberheim verinnerlicht hast. Dessen Beherrschen vor dem Examen allerdings als Selbstverständlichkeit hinzustellen, ist einfach falsch. Auch ohne diese 300 Seiten durchgearbeitet zu haben, kommt man gut durch die Klausuren.
Was ist denn die Alternative zu der von mir genannten Literatur? Irgendeine Grundlage benötigt man nun einmal für die Examensvorbereitung. Wie schon mal gesagt: Diejenigen, die bei Alpmann waren, mögen bitte alle ihre Unterlagen nebeneinander stellen oder schauen wie viel Material dort zusammengekommen ist.
Die ex-post Betrachtung, dass man dieses oder jenes nicht im Examen brauchte ist der Fehler bei der Beratschlagung der kommenden Kandidaten. Dieses Examen schreibt man höchstens 2x im Leben, sodass man sich auf alles vorbereiten sollte. Die Inhalte im Jäger stellen jedoch meiner Meinung nach keine Feinheiten dar, sondern bilden echte Fälle wider. Vor allem das Strafrecht lebt von einer hohen "Trefferquote", da ein bisschen strafbar in der Klausur oder auch im realen Leben nicht zielführend ist. Im Übrigen handelt es sich doch gerade nicht um Feinheiten, die nicht beherrscht werden, wenn immer noch eine beträchtliche Anzahl der Referendare durchfällt oder im unteren Bereich ist, weil Basics gerade nicht beherrscht werden.. Es geht doch gerade darum mit den von mir aufgezeigten Mitteln diese Basics+X zu beherrschen.
Den besonderen Teil des Oberheims anscheinend nicht beherrschen zu wollen oder dies nicht als notwendig anzusehen ist für mich nicht nachvollziehbar. Es handelt es sich dabei um die grundlegenden Regelungen des Zivilprozesses. Wenn das 2. Examen direkt in den Richter- oder Anwaltsberuf führen soll, dann sollten solche Kenntnisse zumindest angestrebt werden. Aber vielleicht ist auch dieser divergierende Anspruch ein Grund für die teilweise unterirdische juristische Qualität von mündlichen Verhandlungen oder auch Schriftsätzen.
Ich habe Dir gleich in meiner ersten Antwort Alternativen mit geringerem Umfang genannt. Mit Alpmann habe ich nichts zu tun und ich habe auch keine Ordner mit Repunterlagen gefüllt. Sich im zweiten Examen "auf alles" vorbereiten zu wollen kann man aber wohl tatsächlich nur mit einer deartigen Literaturfülle leisten.
Dass Dir das Werk von Jäger so gut gefällt, ist angekommen. Ich fand ihn für das Erste auch gut, für das Zweite halt nicht. Aber ich habe auch nicht auf eine "Trefferquote" gelernt (ich dachte, es geht ums Systemverständnis?!). Mit Deinen Mitteln lernst Du von mir aus gerne Basic+X, X ist in diesem Fall aber universitäres Zusatzwissen ohne Bedeutung für die Klausur - die gute, alte Feuerprobe.
Es geht ohne Oberheim oder ein Pendant entsprechenden Umfangs. Tausende vor uns haben und tausende nach uns werden das Examen solide ohne eine solche Detailtiefe bestehen.
PS: Das mit der juristischen Qualität von mündlichen Verhandlungen und Schriftsätzen ist irgendwie niedlich. Zumindest dann, wenn es von jemandem kommt, der für einen Forumspost auf ex post zurückgreifen muss.
Ich habe an keiner Stelle behauptet, dass es nur mit den von mir vorgeschlagenen Mitteln funktioniert, sondern diese zur Diskussion gestellt. Tausende vor uns sind auch durch das Examen gefallen und können selbst kurz vor und im Examen nicht ordentlich tenorieren. Es geht gerade nicht um Detailtiefe im engeren Sinn. Mit "alles Wissen" meine ich nicht irgendwelche Sonderprobleme, sondern den Inhalt eines Standardlehrbuchs fürs Referendariat.
Nebenbei sollte es als ernsthafter Jurist nicht ausschließlich das Ziel sein irgendwie durchs Examen- auch mit einer guten Punktzahl zu kommen- ohne den Anspruch zu haben, auch inhaltlich etwas mitzunehmen und verstanden zu haben.
Den Bezug zwischen Forumspost und der Qualität der mündlichen Verhandlungen verstehe ich leider nicht.
27.06.2019, 11:02
(26.06.2019, 09:57)Foerster schrieb: Liebe Forumsgemeinde,
da ich selbst nach meinen beiden Examina noch sehr viel Interesse an den Inhalten des Staatsexamens habe und hier im Forum wie im realen Leben auf oftmals verunsicherte und planlose Kandidaten treffe, würde ich gerne meine Erfahrungen teilen. Diese richten sich insbesondere an die kommenden Absolventen, die sich ihrer Lernmethode und Herangehensweise noch unsicher sind. Nach meinen Beobachtungen sind es genau diese Kandidaten, die z.B. im aktuellen Thread zum Examen Juni 2019 von einer Berufungsklausur oder "Ausnahmeklausuren" überrascht werden und mit diesen nicht umgehen können.
Vorweg: Ich bin kein Fan von kommerziellen Repititorien und habe diese fürs 1. Examen nicht besucht und lediglich fürs 2. zur Ergänzung einzelne Kaiser-Kurse und einen Hemmer und Jura Intensiv Kurs besucht.
Folgende Vorbereitung empfehle ich für das 2. Examen (inklusive Literatur):
Grundregeln:
1. Mit den Stationen "mitlernen"- das heißt: ZPO wird zum ersten mal komplett in der Ziviltation erarbeitet, StPO in der Strafstation usw. Viele Referendare machen sich nach meinen Beobachtungen gerade am Anfang ein entspanntes Leben, obwohl man nie wieder so viel Zeit wie in den ersten Stationen haben wird.
2. Sollte es keine Benotung o.ä geben keine AG vorbereiten/nachbereiten, da es darum geht nach 2 Jahren auf Examensniveau zu sein. Dabei muss man sein eigenes Tempo nehmen und es bringt nichts, wenn man früh "Spitzenkenntnisse" in manchen Teilbereichen erwirbt, aber keinen Blick aufs Ganze gewinnt.
3. Von Anfang an JEDE mögliche Klausur mitschreiben, die von dem Gericht angeboten wird. Wir durften z.B. beim Probeexamen anderer AGs mitschreiben, sodass ich insgesamt 3 Probeexamen mitgeschrieben habe. Am Anfang geht es bei den Klausuren nur darum eine grobe Idee von der Gliederung von Urteilen und den Standardinhalten zu bekommen. Dabei kann man sich auch ein "Musterurteil" daneben legen, wenn es zB. um die Einleitung eines Urteils nach Einspruch gegen ein VU geht. Wichtig ist nur: Zu der Besprechung gehen und zuhören und dabei aus seinen eigenen (groben) Fehlern lernen. Die Klausuren kann man auch gerne einfach nur 3-4 Stunden schreiben. Es geht nicht um die Endnote, sondern die Auseinandersetzung mit den Sachverhalten.
4. Direkt am Anfang (alte) Kommentare kaufen und diese IMMER beim Lernen und Klausurschreiben dabei haben und auch nutzen. Ein Blick auf die Threads zu den aktuellen Klausuren reicht aus, um zu sehen, dass wieder einmal vieles im Kommentar stand, aber die Hemmschwelle diesen auch zu nutzen, immer noch viel zu hoch liegt. Dabei hiflt es auch, die Kommentare schon zu kennen. Wenn man Rechtsprobleme, die man behalten sollte sofort nachschlägt, kann man sich die Speicherung im Gehirn sparen und weiß gleichzeitig wo man das Problem im Kommentar findet.
5. Tu für die Stationsarbeit so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig. Höchstens 2-3 Tage sollten auf die Arbeit an Urteilen oder Anklagen verwendet werden. Den Rest der Zeit sollte man für das Eigenstudium nutzen.
6. Gründet eine heterogene Lerngruppe- z.B. 2 Leute, die zum kommerziellen Rep gehen, und 2 ohne Rep o.ä. Sorgt dafür, dass die Gruppe auch vond er Stärke unterschiedlich ist, traut euch mit "besseren" Leuten zusammenzuarbeiten.
7. Nicht auf irgendwelche Experten hören, die "wissen" was dran kommt, was man nicht lernen muss o.ä. Der Schlüssel zu einer guten Punktzahl ist provokant formuliert: ALLES lernen!
Literatur/Materialien:
Ich habe meine materielle Vorbereitung komplett mit meinen selbsterstellten Skripten vom 1. Examen absolviert. Dabei habe ich für jedes Rechtsgebiet ein Lehrbuch zusammengefasst und diese Zusammenfassungen zigfach wiederholt- vor dem 2. Examen jede Zusammenfassung (30-120 Seiten) bestimmt mindestens 30x.
Wer zuvor mit Skripten gelernt hat und sich dabei wohlfühlte, sollte genau die gleichen Materialien verwenden um Wiederholungseffekte zu haben. Mögliche Gesetzes- (Rechtsprechungsänderungen) sollten natürlich beachtet werden. Dazu gibt es genug Aufsätze und z.B. den BGH Newsletter.
Zu den einzelnen Rechtsgebieten:
Umgang mit Zusammenfassungen/Skript:
- Für ZPO empfehle ich den Oberheim. Dabei geht es nicht darum, dieses Buch einmal zu lesen. Es sollte von Seite 1 bis zum Ende selbst zusammengefasst werden und dabei kein Kapitel (z.B. Berufung o.ä) weggelassen werden. Der Oberheim bietet die Grundstruktur für das Verständnis der ZPO. Auf diesem aufbauend kann man dann das Kaiser Skript Die Zivilgerichtsklausur durcharbeiten und als Anleitung für die einzelne Klausursituation nutzen. Wie auch für die anderen Rechtsgebiete gilt hier: Die Zusammenfassung von Oberheim und das ZPO Skript sollte man zigfach durchgehen um durch Verständnis und Wiederholung faktisch "mit Hirn auswendig zu lernen". Meine Vorbereitung lief 6 Monate vorm Examen so, dass ich ALLE Rechtsgebiete in jeder Woche wiederholt habe, das heißt die Zusammenfassungen+ das entsprechende Kaiser Skript durchgegangen bin. Dazu kam noch die Anwaltsklausur von Kaiser.
- Für StPO empfehle ich Halle/Conzen zusammenzufassen. Dieses Buch ist zwar nicht vollkommen klausurorientiert, aber man bekommt den Überblick über die gesamte StPO mit allen Verfahrensarten usw. Dazu ist das Kaiser Skript für die Staatsanwaltsklausr zu empfehlen und das Seminar/Skript von Russack zum Strafurteil. Auch wenn viele dieses Seminar mangels materieler/prozessualer Inhalte kritisieren, zeigt er eindrucksvoll wie man den Kommentar in der Klausur einsetzen kann. Im Revisionsrecht nimmt man einfach den Russack. Der Haller/Conzen liefert zu allen Klausurarten die grundsätzlichen Infos.
- Wer das materielle Stafrecht wiederholen möchte, sollte einfachd die beiden Bücher von Jäger (Examens-Repititorium) durcharbeiten. Um es zu verkürzen, kann man auch einfach nur die Fälle bearbeiten. Dabei sollte jeder Fall solange durchdacht werden, bis man diese verstanden hat- verstehen heißt nicht: Auswendig gelernt. Es geht darum die Systematiken der Strafnormen zu verstehen. Mit Hilfe von Kommentaren oder Aufsätzen ist dies jederzeit möglich, wenn man sich traut;).
- Für das Verwaltungsrecht empfehle ich den Kintz und die Wochenendkurse von Jura-Intensiv.
- Im Zwangsvollstreckungsrecht empfele ich zumindest den Lachmann zusammenzufassen und erst danach das Kaiser-Skript zu nutzen. Wer zu viel Zeit hat, kann auch den Brox-Walker (ca. 800 Seiten) bearbeiten;).
- Für alle Rechtsgebiete gibt es Din A 4 Klausurenbücher von Hemmer, die sich sehr gut zum Einüben der Grundstrukturen eignen.
Ich kann nur empfehlen, nach Ende der 3. Station alle Inhalte gleichmäßig und wöchentlich zu lernen und nichts zu verschieben. Im Examen müssen auch alle Inhalte innerhalb von 2 Wochen "gleichzeitig"abgerufen werden. Deshalb sah mein Lernplan so aus, dass ich ca. 2 Tage pro Woche Zivilrecht, 1 Strafrecht und einen Ö-Recht gemacht habe, was sich natürlich erst beim Tauchen zu 100% durchziehen lässt. In diesem Zusammenhang sollte man auch überlegen, Urlaube "geballt" zu nehmen um lange Lernphasen zu haben.
Ich habe im Ergebnis JEDE Woche die Zusammenfassungen+ das Kaiser Skript durchgearbeitet- jede Woche also den gleichen Inhalt wiederholt. Dabei geht es darum die entsprechenden Seiten aufzuschlagen und zu gucken welche Stichwörter dort stehen und im Kopf zu prüfen, ob die entsprechenden Inhalte abgespeichert sind und diese sich dann vorzusprechen bzw. anhand des Gesetzes und Kommentars immer wieder neu zu überprüfen. Dabei ist es wichtig, Inhalte mit den Normane zu verbinden, um in der Klausursituation einen Anhalts- bzw. Verknüpfungspunkt zu haben.
Zusammenfassung:
Durch die Bearbeitung der Lehrbücher werdet ihr keine Lücken haben und euch auch keine Klausuren komisch vorkommen, da ihr keine willkürrlichen Schwerpunkte gesetzt haben werdet. Nutzt die Zeit, die ihr habt und lasst euch nicht einreden, dass keine Zeit bleibt. Ich habe z.B. jede Woche am Samstag morgens eine Klausur geschrieben. Nicht schön- aber effektiv.
Ich würde mich freuen, hier im Forum mit Interessierten ins Gespräch zu kommen. Da ich komplett in der Bibliothek gelernt habe (8-16(17) Uhr) kenne ich mich im Bücherwald ganz gut aus und kann entsprechende Tipps für Fallsammlungen usw. gerne geben. Ich bin auch für Kritik an meinen Tipps offen. Ich kann nur sagen, dass diese Arbeitsweise in beiden Examen erfolgreich war und Personen, die ich von der Arbeitsweise überzeugt habe, im 2. Examen wesentlich erfolgreicher waren als im 1. Examen. Dabei spielt es vor allem eine Rolle, dass man Jura als Herausforderung begreift, die auch Spaß machen kann. Das ist dann der Fall, wenn man sich die Inhalte selbst erarbeitet und sich kritisch mit den Inhalten auseinandersetzt. Meine kurze Antwort, wenn mal wieder die klassischen Repgänger (Übersicht 51 zu § 263 StGB usw.) sich fragten was sie besser machen können: Denken!! Sobald man aufhört Klausuren nur als Produktion von vorgefertigten Lösungshorizonten zu begreifen, macht es auch mehr Spaß. Löst die Klausur mit vertretbaren Argumenten hinter denen ihr auch wirklich steht. Dabei steigt die Argumentationsqualität automatisch.
Großartig, dass Du Deine Lernerfahrungen so ausführlich teilst, auch wenn ich nicht alles teile! Eins würde mich interessieren: Ich habe im Juni geschrieben und das Gefühl, dass das Examen deutlich schlechter gelaufen ist als das Erste (knappes gut). Überrascht war ich - obwohl man dies natürlich vorher 1000 Mal gesagt bekommt - vom enormen Zeitdruck. Wie hast Du Dich hierauf vorbereitet ? Ich habe das Gefühl, dass das ständige Schreiben von Probeklausuren dieses Problem eher verstärkt hat, da man sich anhand der viel kürzeren Sachverhalte eine Bearbeitungstechnik aneignet, die für das Examen nicht geeignet ist.
28.06.2019, 21:17
Was hat die Schilderung eigentlich mit Mut zum "Abweichen" zu tun? Es handelt sich um eine solide Vorbereitung die vermutlich vielen Ratschlägen entspricht.
Von den genannten Punkten könnte ich halbwegs vorbehaltslos auch nur den ersten Punkt unterschreiben, aber das ist hier nicht auszudiskutieren.
Am Herzen liegt mir eigentlich nur, die Berufungsopfer etwas zu verteidigen. Es gibt soviele Entscheidungssituationen um den Normalprozess 1. Instanz herum, dass man seinen Lernstoff schon erheblich ausweiten müsste, um sich gänzlich abzusichern, auch wenn eine Berufung deutlich näher liegt als gewisse Beschwerden oä. Auch darf man die Empirie zur Häufigkeit von Berufungsfragen so berücksichtigen (natürlich nicht im Sinne von Vertrauen sondern als Risiko), dass man es vernachlässigt. Man muss dann eben in der Klausur anerkennen, dass es ebenso ist und man immer noch Gesetze vor sich hat, mit denen man arbeiten kann.
Meistens besorgt eine exzessive inhaltliche Vorbereitung Routine, spart also Zeit und Nerven. Heißt im Umkehrschluss, dass man als Opfer fehlender Vorbereitung gleichwohl sogar gute Ergebnisse erzielen kann, nur mit vielleicht etwas mehr Stress. Manche haben oder brauchen das vielleicht sogar in der Klausur besonders, ersparen sich aber einen gewissen Druck in der Vorbereitung, wenn sie sich manche Sachen gar nicht oder nur zehn statt 30 mal ansehen.
Mehr als jede Wiederholung irgendeiens Rechtsgebietes brachte mir die Befassung mit Entscheidungen,mögen sie inhaltlich auch noch so belanglos gewesen sein. Wahrscheinlich auch nicht die Sache von jedem. Aber das rechtliche findet man, findet sich sowieso, bzw. man entscheidet sich.
Von den genannten Punkten könnte ich halbwegs vorbehaltslos auch nur den ersten Punkt unterschreiben, aber das ist hier nicht auszudiskutieren.
Am Herzen liegt mir eigentlich nur, die Berufungsopfer etwas zu verteidigen. Es gibt soviele Entscheidungssituationen um den Normalprozess 1. Instanz herum, dass man seinen Lernstoff schon erheblich ausweiten müsste, um sich gänzlich abzusichern, auch wenn eine Berufung deutlich näher liegt als gewisse Beschwerden oä. Auch darf man die Empirie zur Häufigkeit von Berufungsfragen so berücksichtigen (natürlich nicht im Sinne von Vertrauen sondern als Risiko), dass man es vernachlässigt. Man muss dann eben in der Klausur anerkennen, dass es ebenso ist und man immer noch Gesetze vor sich hat, mit denen man arbeiten kann.
Meistens besorgt eine exzessive inhaltliche Vorbereitung Routine, spart also Zeit und Nerven. Heißt im Umkehrschluss, dass man als Opfer fehlender Vorbereitung gleichwohl sogar gute Ergebnisse erzielen kann, nur mit vielleicht etwas mehr Stress. Manche haben oder brauchen das vielleicht sogar in der Klausur besonders, ersparen sich aber einen gewissen Druck in der Vorbereitung, wenn sie sich manche Sachen gar nicht oder nur zehn statt 30 mal ansehen.
Mehr als jede Wiederholung irgendeiens Rechtsgebietes brachte mir die Befassung mit Entscheidungen,mögen sie inhaltlich auch noch so belanglos gewesen sein. Wahrscheinlich auch nicht die Sache von jedem. Aber das rechtliche findet man, findet sich sowieso, bzw. man entscheidet sich.
29.06.2019, 12:51
(27.06.2019, 11:02)Kellner schrieb:(26.06.2019, 09:57)Foerster schrieb: Liebe Forumsgemeinde,
da ich selbst nach meinen beiden Examina noch sehr viel Interesse an den Inhalten des Staatsexamens habe und hier im Forum wie im realen Leben auf oftmals verunsicherte und planlose Kandidaten treffe, würde ich gerne meine Erfahrungen teilen. Diese richten sich insbesondere an die kommenden Absolventen, die sich ihrer Lernmethode und Herangehensweise noch unsicher sind. Nach meinen Beobachtungen sind es genau diese Kandidaten, die z.B. im aktuellen Thread zum Examen Juni 2019 von einer Berufungsklausur oder "Ausnahmeklausuren" überrascht werden und mit diesen nicht umgehen können.
Vorweg: Ich bin kein Fan von kommerziellen Repititorien und habe diese fürs 1. Examen nicht besucht und lediglich fürs 2. zur Ergänzung einzelne Kaiser-Kurse und einen Hemmer und Jura Intensiv Kurs besucht.
Folgende Vorbereitung empfehle ich für das 2. Examen (inklusive Literatur):
Grundregeln:
1. Mit den Stationen "mitlernen"- das heißt: ZPO wird zum ersten mal komplett in der Ziviltation erarbeitet, StPO in der Strafstation usw. Viele Referendare machen sich nach meinen Beobachtungen gerade am Anfang ein entspanntes Leben, obwohl man nie wieder so viel Zeit wie in den ersten Stationen haben wird.
2. Sollte es keine Benotung o.ä geben keine AG vorbereiten/nachbereiten, da es darum geht nach 2 Jahren auf Examensniveau zu sein. Dabei muss man sein eigenes Tempo nehmen und es bringt nichts, wenn man früh "Spitzenkenntnisse" in manchen Teilbereichen erwirbt, aber keinen Blick aufs Ganze gewinnt.
3. Von Anfang an JEDE mögliche Klausur mitschreiben, die von dem Gericht angeboten wird. Wir durften z.B. beim Probeexamen anderer AGs mitschreiben, sodass ich insgesamt 3 Probeexamen mitgeschrieben habe. Am Anfang geht es bei den Klausuren nur darum eine grobe Idee von der Gliederung von Urteilen und den Standardinhalten zu bekommen. Dabei kann man sich auch ein "Musterurteil" daneben legen, wenn es zB. um die Einleitung eines Urteils nach Einspruch gegen ein VU geht. Wichtig ist nur: Zu der Besprechung gehen und zuhören und dabei aus seinen eigenen (groben) Fehlern lernen. Die Klausuren kann man auch gerne einfach nur 3-4 Stunden schreiben. Es geht nicht um die Endnote, sondern die Auseinandersetzung mit den Sachverhalten.
4. Direkt am Anfang (alte) Kommentare kaufen und diese IMMER beim Lernen und Klausurschreiben dabei haben und auch nutzen. Ein Blick auf die Threads zu den aktuellen Klausuren reicht aus, um zu sehen, dass wieder einmal vieles im Kommentar stand, aber die Hemmschwelle diesen auch zu nutzen, immer noch viel zu hoch liegt. Dabei hiflt es auch, die Kommentare schon zu kennen. Wenn man Rechtsprobleme, die man behalten sollte sofort nachschlägt, kann man sich die Speicherung im Gehirn sparen und weiß gleichzeitig wo man das Problem im Kommentar findet.
5. Tu für die Stationsarbeit so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig. Höchstens 2-3 Tage sollten auf die Arbeit an Urteilen oder Anklagen verwendet werden. Den Rest der Zeit sollte man für das Eigenstudium nutzen.
6. Gründet eine heterogene Lerngruppe- z.B. 2 Leute, die zum kommerziellen Rep gehen, und 2 ohne Rep o.ä. Sorgt dafür, dass die Gruppe auch vond er Stärke unterschiedlich ist, traut euch mit "besseren" Leuten zusammenzuarbeiten.
7. Nicht auf irgendwelche Experten hören, die "wissen" was dran kommt, was man nicht lernen muss o.ä. Der Schlüssel zu einer guten Punktzahl ist provokant formuliert: ALLES lernen!
Literatur/Materialien:
Ich habe meine materielle Vorbereitung komplett mit meinen selbsterstellten Skripten vom 1. Examen absolviert. Dabei habe ich für jedes Rechtsgebiet ein Lehrbuch zusammengefasst und diese Zusammenfassungen zigfach wiederholt- vor dem 2. Examen jede Zusammenfassung (30-120 Seiten) bestimmt mindestens 30x.
Wer zuvor mit Skripten gelernt hat und sich dabei wohlfühlte, sollte genau die gleichen Materialien verwenden um Wiederholungseffekte zu haben. Mögliche Gesetzes- (Rechtsprechungsänderungen) sollten natürlich beachtet werden. Dazu gibt es genug Aufsätze und z.B. den BGH Newsletter.
Zu den einzelnen Rechtsgebieten:
Umgang mit Zusammenfassungen/Skript:
- Für ZPO empfehle ich den Oberheim. Dabei geht es nicht darum, dieses Buch einmal zu lesen. Es sollte von Seite 1 bis zum Ende selbst zusammengefasst werden und dabei kein Kapitel (z.B. Berufung o.ä) weggelassen werden. Der Oberheim bietet die Grundstruktur für das Verständnis der ZPO. Auf diesem aufbauend kann man dann das Kaiser Skript Die Zivilgerichtsklausur durcharbeiten und als Anleitung für die einzelne Klausursituation nutzen. Wie auch für die anderen Rechtsgebiete gilt hier: Die Zusammenfassung von Oberheim und das ZPO Skript sollte man zigfach durchgehen um durch Verständnis und Wiederholung faktisch "mit Hirn auswendig zu lernen". Meine Vorbereitung lief 6 Monate vorm Examen so, dass ich ALLE Rechtsgebiete in jeder Woche wiederholt habe, das heißt die Zusammenfassungen+ das entsprechende Kaiser Skript durchgegangen bin. Dazu kam noch die Anwaltsklausur von Kaiser.
- Für StPO empfehle ich Halle/Conzen zusammenzufassen. Dieses Buch ist zwar nicht vollkommen klausurorientiert, aber man bekommt den Überblick über die gesamte StPO mit allen Verfahrensarten usw. Dazu ist das Kaiser Skript für die Staatsanwaltsklausr zu empfehlen und das Seminar/Skript von Russack zum Strafurteil. Auch wenn viele dieses Seminar mangels materieler/prozessualer Inhalte kritisieren, zeigt er eindrucksvoll wie man den Kommentar in der Klausur einsetzen kann. Im Revisionsrecht nimmt man einfach den Russack. Der Haller/Conzen liefert zu allen Klausurarten die grundsätzlichen Infos.
- Wer das materielle Stafrecht wiederholen möchte, sollte einfachd die beiden Bücher von Jäger (Examens-Repititorium) durcharbeiten. Um es zu verkürzen, kann man auch einfach nur die Fälle bearbeiten. Dabei sollte jeder Fall solange durchdacht werden, bis man diese verstanden hat- verstehen heißt nicht: Auswendig gelernt. Es geht darum die Systematiken der Strafnormen zu verstehen. Mit Hilfe von Kommentaren oder Aufsätzen ist dies jederzeit möglich, wenn man sich traut;).
- Für das Verwaltungsrecht empfehle ich den Kintz und die Wochenendkurse von Jura-Intensiv.
- Im Zwangsvollstreckungsrecht empfele ich zumindest den Lachmann zusammenzufassen und erst danach das Kaiser-Skript zu nutzen. Wer zu viel Zeit hat, kann auch den Brox-Walker (ca. 800 Seiten) bearbeiten;).
- Für alle Rechtsgebiete gibt es Din A 4 Klausurenbücher von Hemmer, die sich sehr gut zum Einüben der Grundstrukturen eignen.
Ich kann nur empfehlen, nach Ende der 3. Station alle Inhalte gleichmäßig und wöchentlich zu lernen und nichts zu verschieben. Im Examen müssen auch alle Inhalte innerhalb von 2 Wochen "gleichzeitig"abgerufen werden. Deshalb sah mein Lernplan so aus, dass ich ca. 2 Tage pro Woche Zivilrecht, 1 Strafrecht und einen Ö-Recht gemacht habe, was sich natürlich erst beim Tauchen zu 100% durchziehen lässt. In diesem Zusammenhang sollte man auch überlegen, Urlaube "geballt" zu nehmen um lange Lernphasen zu haben.
Ich habe im Ergebnis JEDE Woche die Zusammenfassungen+ das Kaiser Skript durchgearbeitet- jede Woche also den gleichen Inhalt wiederholt. Dabei geht es darum die entsprechenden Seiten aufzuschlagen und zu gucken welche Stichwörter dort stehen und im Kopf zu prüfen, ob die entsprechenden Inhalte abgespeichert sind und diese sich dann vorzusprechen bzw. anhand des Gesetzes und Kommentars immer wieder neu zu überprüfen. Dabei ist es wichtig, Inhalte mit den Normane zu verbinden, um in der Klausursituation einen Anhalts- bzw. Verknüpfungspunkt zu haben.
Zusammenfassung:
Durch die Bearbeitung der Lehrbücher werdet ihr keine Lücken haben und euch auch keine Klausuren komisch vorkommen, da ihr keine willkürrlichen Schwerpunkte gesetzt haben werdet. Nutzt die Zeit, die ihr habt und lasst euch nicht einreden, dass keine Zeit bleibt. Ich habe z.B. jede Woche am Samstag morgens eine Klausur geschrieben. Nicht schön- aber effektiv.
Ich würde mich freuen, hier im Forum mit Interessierten ins Gespräch zu kommen. Da ich komplett in der Bibliothek gelernt habe (8-16(17) Uhr) kenne ich mich im Bücherwald ganz gut aus und kann entsprechende Tipps für Fallsammlungen usw. gerne geben. Ich bin auch für Kritik an meinen Tipps offen. Ich kann nur sagen, dass diese Arbeitsweise in beiden Examen erfolgreich war und Personen, die ich von der Arbeitsweise überzeugt habe, im 2. Examen wesentlich erfolgreicher waren als im 1. Examen. Dabei spielt es vor allem eine Rolle, dass man Jura als Herausforderung begreift, die auch Spaß machen kann. Das ist dann der Fall, wenn man sich die Inhalte selbst erarbeitet und sich kritisch mit den Inhalten auseinandersetzt. Meine kurze Antwort, wenn mal wieder die klassischen Repgänger (Übersicht 51 zu § 263 StGB usw.) sich fragten was sie besser machen können: Denken!! Sobald man aufhört Klausuren nur als Produktion von vorgefertigten Lösungshorizonten zu begreifen, macht es auch mehr Spaß. Löst die Klausur mit vertretbaren Argumenten hinter denen ihr auch wirklich steht. Dabei steigt die Argumentationsqualität automatisch.
Großartig, dass Du Deine Lernerfahrungen so ausführlich teilst, auch wenn ich nicht alles teile! Eins würde mich interessieren: Ich habe im Juni geschrieben und das Gefühl, dass das Examen deutlich schlechter gelaufen ist als das Erste (knappes gut). Überrascht war ich - obwohl man dies natürlich vorher 1000 Mal gesagt bekommt - vom enormen Zeitdruck. Wie hast Du Dich hierauf vorbereitet ? Ich habe das Gefühl, dass das ständige Schreiben von Probeklausuren dieses Problem eher verstärkt hat, da man sich anhand der viel kürzeren Sachverhalte eine Bearbeitungstechnik aneignet, die für das Examen nicht geeignet ist.
Welche Probeklausuren mit zu kurzen Sachverhalten meinst Du denn? Die Klausuren aus Berlin oder aus er JuS oder JA sind nicht per se kürzer, teilweise sogar originale Klausuren. Klausuren von Kaiser sind tendenziell wohl eher länger.
Jeder muss da sein eigenes Tempo finden. Ich habe z.B. oft 2-3 Stunden gegliedert und war dann relativ schnell im Schreiben. Andere fangen nach 10 Minuten schon an zu formulieren.
Schnelligkeit kann man am ehesten im Umgang mit den Sachverhalten erlernen. Ich habe diese meist nur 1 mal richig gelesen und beim 2. mal nur noch überflogen, da es sonst zu viel Zeit kostet. Man muss also beim ersten mal lesen möglichst viele "AHA-Effekte" zu Schlüsselwörtern oder Themenkomplexen erzeugen. Dies kann man lernen, indem man sich Klausuren aus den oben genannten Quellen nimmt und diese in 30 Minuten liest und grob die Schwerpunkte versucht rauszufiltern, inklusive einer Lösungsidee. Dieses schnelle Lesen und Scannen ist meiner Meinung nach der Schlüssel.
Zum Klausurenschreiben: Einfach mal nur 3-4 Stunden bearbeiten und dabei trotzdem alles "beantworten" und an unwichtigen Stellen einfach mal nur 1-2 Sätze. Man sollte eine Klausurlösung auch als "Gesamtkunstwerk" betrachten und deshalb Spielereien wie das Vorziehen der Entscheidungsgründe vor den Tatbestand bei der Bearbeitung lassen (meiner Meinung nach;). Mit dem Schreiben soltle man erst beginnen, wenn man sich mit der Lösung sicher ist. Das gilt auch für die Tenorierung.
29.06.2019, 12:59
(28.06.2019, 21:17)Revisionsgrund schrieb: Was hat die Schilderung eigentlich mit Mut zum "Abweichen" zu tun? Es handelt sich um eine solide Vorbereitung die vermutlich vielen Ratschlägen entspricht.
Von den genannten Punkten könnte ich halbwegs vorbehaltslos auch nur den ersten Punkt unterschreiben, aber das ist hier nicht auszudiskutieren.
Am Herzen liegt mir eigentlich nur, die Berufungsopfer etwas zu verteidigen. Es gibt soviele Entscheidungssituationen um den Normalprozess 1. Instanz herum, dass man seinen Lernstoff schon erheblich ausweiten müsste, um sich gänzlich abzusichern, auch wenn eine Berufung deutlich näher liegt als gewisse Beschwerden oä. Auch darf man die Empirie zur Häufigkeit von Berufungsfragen so berücksichtigen (natürlich nicht im Sinne von Vertrauen sondern als Risiko), dass man es vernachlässigt. Man muss dann eben in der Klausur anerkennen, dass es ebenso ist und man immer noch Gesetze vor sich hat, mit denen man arbeiten kann.
Meistens besorgt eine exzessive inhaltliche Vorbereitung Routine, spart also Zeit und Nerven. Heißt im Umkehrschluss, dass man als Opfer fehlender Vorbereitung gleichwohl sogar gute Ergebnisse erzielen kann, nur mit vielleicht etwas mehr Stress. Manche haben oder brauchen das vielleicht sogar in der Klausur besonders, ersparen sich aber einen gewissen Druck in der Vorbereitung, wenn sie sich manche Sachen gar nicht oder nur zehn statt 30 mal ansehen.
Mehr als jede Wiederholung irgendeiens Rechtsgebietes brachte mir die Befassung mit Entscheidungen,mögen sie inhaltlich auch noch so belanglos gewesen sein. Wahrscheinlich auch nicht die Sache von jedem. Aber das rechtliche findet man, findet sich sowieso, bzw. man entscheidet sich.
1. Abweichen deshalb, weil meine Vorbereitung vielleicht irgendwelchen Ratschlägen entspricht, aber in der Praxis dies wohl eher die Ausnahme ist (hier im Forum anscheinend auch).
2. Ich wollte nicht so verstanden werden, dass man jede auch nur denkbare Klausurkonstellation auswendig lernen sollte oder sich darauf vorbereiten könnte. Es geht lediglich darum, sich mit den Normen der ZPO- eben u.a auch aus dem Bereich der Berufung- mal auseinandergesetzt zu haben. Ich weiß nicht, ob hier viele auch aus der NRW-Perspektive argumentieren, aber im Süden muss man z.B. auch prozessuale Situationen aus dem FamFG meistern. Dabei ist es zeitlich durchaus machbar, sich mal solch ein Muster anzugucken und die entsprechenden Normane zu lesen und ein paar Klausuren in diesem Bereich zu bearbeiten.
3. Der letzte Absatz zum "Rechtlichen" ist symptomatisch. KAndiaten mit unter 5 Punkten schriftlich haben dort wohl nichts oder eben das Falsche erkannt. Dabei scheitern sie regelmäßig eben an den Grundlagen. Was ist eine Berufung? Was ist ein Vorbehaltsurteil, warum gibt es ein Schlussurteil? Warum macht die Tenorierung der Kosten in einem Fall Sinn und im anderen nicht? Welche Bindungswirkung hat ein Vorbehaltsurteil usw..