14.11.2020, 20:36
(14.11.2020, 19:36)Gastgast schrieb: Hallo Leser,
also ich bin jetzt so circa 1 Jahr in der Justiz in NRW. Man muss sich nicht überarbeiten, aber dann ist die Arbeit extrem unbefriedigend.
Wenn du zB bei der StA anfängst, kannst du einstellen was möglich ist und wozu das AG irgendwie zustimmt. Den Rest irgendwie klein schreiben, auf das Einziehungsverfahren verzichten und n Jahr auf andere Urteile warten und dann hoffentlich mach 154 StPO einstellen zu können.
Machst du das so, kannst du jeden Tag 6-8 Stunden vor Ort sein und hast wenig Stress. Ist für mich jedoch extrem unbefriedigend. HVen brauchst du nicht vorbereiten und kannst bei Beweisanträgen selbstbewusst sagen, dass du keine Stellung nimmst.
Problem ist, arbeitest du "richtig", bereitest also Hauptberhandlungen vor, nimmst dort zu Beweis- / Befangenheitsanträgen Stellung, macht der Job Spaß. Aber dann machst du auch jeden Tag (wirklich) 12 Stunden. Verdienst das gleiche wie deine Kollegen, die früh gehen und bekommst wenig Anerkennung. Denn Lob gibt es wenn die Erledigungen stimmen, egal ob du mehrere (begründete) Beschwerden bekommst oder nicht.
Man kann mE daher die Frage nach der Arbeitslast nicht universell beantworten. Du hast in der Justiz die Freiheit nach 6 oder weniger Stunden zu gehen, du hast aber auch definitiv die Verfahren um dich 12h + zu beschäftigen. Du musst dir die Frage stellen wie du arbeiten wirst.
Wow, von deiner Sorte wünsche ich mir mehr in der Justiz.
Leider machen sich die meisten, die ich kenne, nicht viel aus Recht und Gerechtigkeit und mehr aus einer Vollzeitbezahlung bei max. 20h-Woche.
14.11.2020, 20:40
Beschwerden über Richter bringen ja auch nie was. Also ist man als Richter unkündbarer Alleinherrscher.
14.11.2020, 20:40
Immer wieder spannend, wie sich Referendare die Justiz vorstellen. Man lernt in diesen Threads jedenfalls, dass die Mehrheit der Referendare bei ihren vier Besuchen beim Einzelausbilder echt NICHTS vom Berufsbild des Richters und den Arbeitsbedingungen mitbekommen haben. Diese Horrorgeschichten hier sind wirklich immer schwer zu ertragen...
Erste Infos zum Bewerbungsverfahren für den Justizdienst findest Du auf den Richter-Infoseiten von Juristenkoffer.de:
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
14.11.2020, 20:52
(14.11.2020, 20:40)Der echte Norden schrieb: Immer wieder spannend, wie sich Referendare die Justiz vorstellen. Man lernt in diesen Threads jedenfalls, dass die Mehrheit der Referendare bei ihren vier Besuchen beim Einzelausbilder echt NICHTS vom Berufsbild des Richters und den Arbeitsbedingungen mitbekommen haben. Diese Horrorgeschichten hier sind wirklich immer schwer zu ertragen...
Sind es nur die Referendare? Oder auch Richter Kollegen wie RiAG Thorsten Schleif, der Bücher wie „Urteil: ungerecht“ schreibt und die Justiz aus seiner Sicht nun mal ähnlich schildert ? Deine „Horrorgeschichten“ stammen (auch) aus deinen eigenen Reihen und dürften nicht nur „Geschichten“ sein, sondern sich real so abspielen.
14.11.2020, 20:55
(14.11.2020, 20:36)Gast schrieb: Wow, von deiner Sorte wünsche ich mir mehr in der Justiz.
Leider machen sich die meisten, die ich kenne, nicht viel aus Recht und Gerechtigkeit und mehr aus einer Vollzeitbezahlung bei max. 20h-Woche.
Das ist nicht die Sicht eines Referendars, sondern die eines Richters auf seine Kollegen.
14.11.2020, 21:03
(14.11.2020, 20:52)Gast schrieb:(14.11.2020, 20:40)Der echte Norden schrieb: Immer wieder spannend, wie sich Referendare die Justiz vorstellen. Man lernt in diesen Threads jedenfalls, dass die Mehrheit der Referendare bei ihren vier Besuchen beim Einzelausbilder echt NICHTS vom Berufsbild des Richters und den Arbeitsbedingungen mitbekommen haben. Diese Horrorgeschichten hier sind wirklich immer schwer zu ertragen...
Sind es nur die Referendare? Oder auch Richter Kollegen wie RiAG Thorsten Schleif, der Bücher wie „Urteil: ungerecht“ schreibt und die Justiz aus seiner Sicht nun mal ähnlich schildert ? Deine „Horrorgeschichten“ stammen (auch) aus deinen eigenen Reihen und dürften nicht nur „Geschichten“ sein, sondern sich real so abspielen.
Ok, jetzt hast Du mich überzeugt! Es geht in der Justiz tatsächlich drunter und drüber. Ist die Hölle!
14.11.2020, 21:34
(14.11.2020, 21:03)Der echte Norden schrieb:(14.11.2020, 20:52)Gast schrieb:(14.11.2020, 20:40)Der echte Norden schrieb: Immer wieder spannend, wie sich Referendare die Justiz vorstellen. Man lernt in diesen Threads jedenfalls, dass die Mehrheit der Referendare bei ihren vier Besuchen beim Einzelausbilder echt NICHTS vom Berufsbild des Richters und den Arbeitsbedingungen mitbekommen haben. Diese Horrorgeschichten hier sind wirklich immer schwer zu ertragen...
Sind es nur die Referendare? Oder auch Richter Kollegen wie RiAG Thorsten Schleif, der Bücher wie „Urteil: ungerecht“ schreibt und die Justiz aus seiner Sicht nun mal ähnlich schildert ? Deine „Horrorgeschichten“ stammen (auch) aus deinen eigenen Reihen und dürften nicht nur „Geschichten“ sein, sondern sich real so abspielen.
Ok, jetzt hast Du mich überzeugt! Es geht in der Justiz tatsächlich drunter und drüber. Ist die Hölle!
Und du bist stolz drauf für dein ach so niedriges Gehalt auch noch nichts zu tun?!?
DAS ist traurig.
14.11.2020, 21:42
(14.11.2020, 19:36)Gastgast schrieb: Hallo Leser,
also ich bin jetzt so circa 1 Jahr in der Justiz in NRW. Man muss sich nicht überarbeiten, aber dann ist die Arbeit extrem unbefriedigend.
Wenn du zB bei der StA anfängst, kannst du einstellen was möglich ist und wozu das AG irgendwie zustimmt. Den Rest irgendwie klein schreiben, auf das Einziehungsverfahren verzichten und n Jahr auf andere Urteile warten und dann hoffentlich mach 154 StPO einstellen zu können.
Machst du das so, kannst du jeden Tag 6-8 Stunden vor Ort sein und hast wenig Stress. Ist für mich jedoch extrem unbefriedigend. HVen brauchst du nicht vorbereiten und kannst bei Beweisanträgen selbstbewusst sagen, dass du keine Stellung nimmst.
Problem ist, arbeitest du "richtig", bereitest also Hauptberhandlungen vor, nimmst dort zu Beweis- / Befangenheitsanträgen Stellung, macht der Job Spaß. Aber dann machst du auch jeden Tag (wirklich) 12 Stunden. Verdienst das gleiche wie deine Kollegen, die früh gehen und bekommst wenig Anerkennung. Denn Lob gibt es wenn die Erledigungen stimmen, egal ob du mehrere (begründete) Beschwerden bekommst oder nicht.
Man kann mE daher die Frage nach der Arbeitslast nicht universell beantworten. Du hast in der Justiz die Freiheit nach 6 oder weniger Stunden zu gehen, du hast aber auch definitiv die Verfahren um dich 12h + zu beschäftigen. Du musst dir die Frage stellen wie du arbeiten wirst.
Diese Beschreibung trifft den Nagel auf den Kopf, auch für die Gerichte in Hessen.
Ich bin seit über sieben Jahre Amtsrichter in Hessen (und Referendarausbilder, daher gelegentlich hier unterwegs, um die Referendarperspektive nicht aus dem Blick zu verlieren), überwiegend als Strafrichter tätig. Eine anständige Bearbeitung aller Akten ist unmöglich, möchte man nicht die Kontrolle über sein Leben verlieren. Monatlich bekommt man die Pebb§y-Statistik auf den Tisch gelegt und auch in Beurteilungen geht es im Wesentlichen allein um Zahlen.
Ich konzentriere mich auf bestimmte Deliktstypen (Gewaltdelikte in Familien und im öffentlichen Raum sowie Straßenverkehrsdelikte) und lasse den Beförderungserschleicher und den BtM-Konsumenten einen guten Mann sein. Und dennoch arbeite ich 50 Stunden in der Woche, weil ich mein Gewissen nur bis zu einem bestimmten Punkt dehnen kann, bis es reißt.
Am Ende steht folgende Erkenntnis: Die Justiz ist der Bevölkerung einfach nicht genug Wert. Sonst würde der jeweilige Justizhaushalt mehr als die 4-6 % der Gesamtausgaben des Staats betragen.
14.11.2020, 21:46
(14.11.2020, 21:42)Justizgast schrieb:(14.11.2020, 19:36)Gastgast schrieb: Hallo Leser,
also ich bin jetzt so circa 1 Jahr in der Justiz in NRW. Man muss sich nicht überarbeiten, aber dann ist die Arbeit extrem unbefriedigend.
Wenn du zB bei der StA anfängst, kannst du einstellen was möglich ist und wozu das AG irgendwie zustimmt. Den Rest irgendwie klein schreiben, auf das Einziehungsverfahren verzichten und n Jahr auf andere Urteile warten und dann hoffentlich mach 154 StPO einstellen zu können.
Machst du das so, kannst du jeden Tag 6-8 Stunden vor Ort sein und hast wenig Stress. Ist für mich jedoch extrem unbefriedigend. HVen brauchst du nicht vorbereiten und kannst bei Beweisanträgen selbstbewusst sagen, dass du keine Stellung nimmst.
Problem ist, arbeitest du "richtig", bereitest also Hauptberhandlungen vor, nimmst dort zu Beweis- / Befangenheitsanträgen Stellung, macht der Job Spaß. Aber dann machst du auch jeden Tag (wirklich) 12 Stunden. Verdienst das gleiche wie deine Kollegen, die früh gehen und bekommst wenig Anerkennung. Denn Lob gibt es wenn die Erledigungen stimmen, egal ob du mehrere (begründete) Beschwerden bekommst oder nicht.
Man kann mE daher die Frage nach der Arbeitslast nicht universell beantworten. Du hast in der Justiz die Freiheit nach 6 oder weniger Stunden zu gehen, du hast aber auch definitiv die Verfahren um dich 12h + zu beschäftigen. Du musst dir die Frage stellen wie du arbeiten wirst.
Diese Beschreibung trifft den Nagel auf den Kopf, auch für die Gerichte in Hessen.
Ich bin seit über sieben Jahre Amtsrichter in Hessen (und Referendarausbilder, daher gelegentlich hier unterwegs, um die Referendarperspektive nicht aus dem Blick zu verlieren), überwiegend als Strafrichter tätig. Eine anständige Bearbeitung aller Akten ist unmöglich, möchte man nicht die Kontrolle über sein Leben verlieren. Monatlich bekommt man die Pebb§y-Statistik auf den Tisch gelegt und auch in Beurteilungen geht es im Wesentlichen allein um Zahlen.
Ich konzentriere mich auf bestimmte Deliktstypen (Gewaltdelikte in Familien und im öffentlichen Raum sowie Straßenverkehrsdelikte) und lasse den Beförderungserschleicher und den BtM-Konsumenten einen guten Mann sein. Und dennoch arbeite ich 50 Stunden in der Woche, weil ich mein Gewissen nur bis zu einem bestimmten Punkt dehnen kann, bis es reißt.
Am Ende steht folgende Erkenntnis: Die Justiz ist der Bevölkerung einfach nicht genug Wert. Sonst würde der jeweilige Justizhaushalt mehr als die 4-6 % der Gesamtausgaben des Staats betragen.
Guter, wahrer Kommentar. Ich bin seit acht Jahren Amtsrichter in Nds. (Erwachsenenstrafsachen) und kann dein Statement unterschreiben.
14.11.2020, 21:47
(14.11.2020, 20:40)Der echte Norden schrieb: Immer wieder spannend, wie sich Referendare die Justiz vorstellen. Man lernt in diesen Threads jedenfalls, dass die Mehrheit der Referendare bei ihren vier Besuchen beim Einzelausbilder echt NICHTS vom Berufsbild des Richters und den Arbeitsbedingungen mitbekommen haben. Diese Horrorgeschichten hier sind wirklich immer schwer zu ertragen...
Naja sofern du Richter bist, hoffe ich, dass du für gewöhnlich argumentativ mehr drauf hast, als Poster die ihre Einblicke schildern ohne Sachgründe zu Referendaren zu degradieren.
In irgendeiner Form hilfreich war dein Beitrag zumindest nicht.