17.03.2014, 22:58
habe gemerkt, dass das mir Art.5 iVm Art.19 III GG tatsächlich großer Unfug war, das geht natürlich gar nicht (da diese bereits grundrechtsverpflichtet sind, soll grds keine Grundrechtsberechtigung gegeben sein) oh man... da habe ich irgendwie gar nicht drüber nach gedacht. aber wer rechnet schon mit sowas ?
18.03.2014, 08:33
Hier die Berliner Entscheidung:
Hauptschlagwort: Amtsträger öffentliche Äußerung Pressemitteilung Aufruf zur Gegendemonstration bezirkliche Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch Sachlichkeitsgebot Neutralitätspflicht Verhältnismäßigkeit extremistische Partei Abweisung
Normenkette:
In der Verwaltungsstreitsache
Der ...
Klägerin,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin ...
gegen
das Land ...
vertreten durch das Bezirksamt R. von B. - Rechtsamt -, E-damm ..., B.,
Beklagten,
hat das Verwaltungsgericht Berlin, 1. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2013 durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Dr. Peters als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Satzes „Deshalb fordern wir alle R.erinnen und R.er auf, friedlich gegen die NPD zu demonstrieren.“ in der Pressemitteilung Nr. 3263 vom 9. August 2012.
Diese Pressemitteilung hat folgenden Wortlaut:
„Kein Platz für die NPD in R.!
Das Bezirksamt R. und die Bezirksverordnetenversammlung sind zutiefst empört, dass die NPD auf ihrer „Deutschlandtour“
am 10. August gegen 16 Uhr in T. (G-straße/Ecke B1 Straße)
Station machen will. Es ist ein wiederholter Versuch der NPD, R. zum Ort der Propaganda ihres menschenverachtenden Gedankengutes zu machen.
Hiergegen wehren wir uns mit aller Entschiedenheit! Der Einsatz für die Demokratie und der Schutz vor jenen, die sie abschaffen wollen, ist unser aller Aufgabe!
Deshalb fordern wir alle R.erinnen und R.er auf, friedlich gegen die NPD zu demonstrieren.
In R. ist weder am 10. August 2012 noch an irgendeinem anderen Tag Platz für Neonazismus, Rassismus und Antisemitismus!
Dr. H. L.
Bezirksverordnetenvorsteher
A. H1
Stellv. Bezirksbürgermeister“
Die Pressemittelung ist bis heute unter http://www.b...de/ba-R./p...html in der Presseübersicht des Bezirksamtes R. von B. abrufbar.
Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 9. August 2012 auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und im Internet nicht weiter zur Demonstration gegen die Kundgebung der Klägerin aufzurufen. Die Abgabe dieser Erklärung durch den Beklagten erfolgte nicht.
Die Kundgebung der Klägerin unter dem Motto „Wir wollen nicht Zahlmeister Europas sein - Raus aus dem Euro“ wurde wie geplant und ohne Störungen durchgeführt, ebenso fand eine friedliche Gegendemonstration statt.
Am 12. Oktober 2012 hat die Klägerin Klage erhoben und verfolgt damit ihr Unterlassungsbegehren weiter. Sie ist der Auffassung, die Amtsträger des Beklagten hätten mit der Veröffentlichung der Pressemitteilung gegen ihre Neutralitätspflicht und das Sachlichkeitsgebot verstoßen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, auf seiner Internetseite www.b...de/ba-R. in der Pressemitteilung „Kein Platz für die NPD in R.“ zu äußern: „Deshalb fordern wir alle R.erinnen und R.er auf, friedlich gegen die NPD zu demonstrieren“.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, seine Amtsträger hätten im Rahmen ihres Aufgabenbereichs gehandelt. Der streitige Satz in der Pressemitteilung sei zumindest als Information über die geplante Gegendemonstration statthaft gewesen.
Mit Beschluss vom 27. Mai 2013 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Vorsitzenden als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, weil vorliegend über einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch zu entscheiden ist. Die nach Auffassung der Klägerin zu unterlassende Äußerung findet sich auf der Internetseite des Beklagten, so dass der erforderliche Zusammenhang mit einer hoheitlichen Tätigkeit besteht. Im Übrigen wurde diese Äußerung von den Amtsträgern des Beklagten erkennbar nicht als Privatpersonen oder als Vertreter politischer Parteien abgegeben. Der Klage ist als allgemeine Leistungsklage auf das Unterlassen der konkret bezeichneten Äußerung gerichtet. Insofern ist die Klägerin auch klagebefugt und es besteht ein Rechtsschutzinteresse. Zwar ist die Äußerung durch Zeitauflauf in der Sache gegenstandslos geworden. Sollte diese jedoch rechtswidrig erfolgt sein, würde dieser Zustand durch die fortgesetzte Veröffentlichung perpetuiert. Infolgedessen könnte die Klägerin ein Unterlassen dieser fortgesetzten Rechtsbeeinträchtigung beanspruchen.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Rechtsgrundlage für die beanspruchte Unterlassung der genannten Äußerung ist der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch in entsprechender Anwendung des § BGB § 1004 BGB, der auch bei der Verletzung anderer absoluter Rechte anzuwenden ist. Dieser Anspruch setzt voraus, dass durch hoheitliches Handeln der Amtsträger des Beklagten in ein subjektives Recht der Klägerin eingegriffen wird, in der Folge ein objektiv rechtswidriger Zustand entsteht und die konkrete Gefahr der Wiederholung dieser Rechtsbeeinträchtigung droht. Als subjektive Rechte der Klägerin dürften zumindest die Meinungsfreiheit gemäß Art. GG Artikel 5 Abs. GG Artikel 5 Absatz 1 GG und die Versammlungsfreiheit gemäß Art. GG Artikel 8 GG hier betroffen sein.
Äußerungen eines Amtsträgers mit Eingriffsqualität sind jedoch statthaft, wenn sich dieser im Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgabenbereichs bewegt und die rechtsstaatlichen Anforderungen an hoheitliche Äußerungen in der Form des Sachlichkeitsgebotes gewahrt sind. Dies erfordert es, dass mitgeteilte Tatsachen zutreffend wiedergegeben werden und Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen. Außerdem dürfen die Äußerungen nicht unverhältnismäßig sein (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 12. Juli 2005 - 15 B 1099/05 -, NVwZ-RR 2006, NVWZ-RR Jahr 2006 Seite 273, NVWZ-RR Jahr 2006 274 und Beschluss vom 16. Dezember 2003 - 15 B 2544/03 -, NVwZ-RR 2004, NVWZ-RR Jahr 2004 Seite 283, NVWZ-RR Jahr 2004 284 f.; VG Stuttgart, Urteil vom 13. April 2011 - 7 K 602/11 -, NVwZ-RR 2011, NVWZ-RR Jahr 2011 Seite 615, NVWZ-RR Jahr 2011 616).
Im Einzelnen gilt dazu Folgendes:
Der Aufgabenkreis des für das Land Berlin handelnden Bezirks R. und seiner Amtsträger umfasst die regelmäßige Wahrnehmung der örtlichen Verwaltungsaufgaben nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung (Art. BLNVERF Artikel 66 Abs. BLNVERF Artikel 66 Absatz 2 VvB). Die Bezirke sind Selbstverwaltungseinheiten Berlins ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Organe die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt sind (§ BLNBZVWG § 2 BzVwG). Dabei nehmen die Bezirke alle Aufgaben der Verwaltung wahr, die nicht als Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung der Hauptverwaltung zugewiesen sind (§ BLNBZVWG § 3 Abs. BLNBZVWG § 3 Absatz 2 BzVwG i. V. m. § 3 Abs. 2 AZG)
Die Amtsträger des Beklagten haben sich mit ihrer Äußerung gegen eine Veranstaltung der Klägerin gewandt, die auf dem Gebiet ihres Bezirks stattfinden sollte und stattgefunden hat. Folglich ist der bezirkliche Bezug gegeben, ohne dass sich aus § 4 Abs. 1 AZG i. V. m. der Anlage zum AZG eine vorrangige Zuständigkeit der Hautverwaltung ergeben würden. Darüber hinaus waren die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt nach § BLNBZVWG § 41 Abs. BLNBZVWG § 41 Absatz 1 S. 1 BzVwG jedenfalls berechtigt, auf die Veranstaltung der Klägerin und die Gegendemonstration als allgemein bedeutsame Angelegenheit hinzuweisen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Veranstaltung im Rahmen der „Deutschlandtour“ der Klägerin stattfand und somit Teil einer bundesweiten Kampagne war.
Die Äußerungen der Amtsträger des Beklagten verletzen auch nicht das Gebot der Sachlichkeit. Die Aufforderung, friedlich gegen die Versammlung der Klägerin zu demonstrieren, steht im Kontext weiterer Äußerungen des Beklagten in der Pressmitteilung, die von der Klägerin nicht angegriffen worden sind. So heißt es dort u. a., die angemeldete Veranstaltung der Kläger sei „ein wiederholter Versuch der NPD, R. zum Ort der Propaganda ihres menschenverachtenden Gedankengutes zu machen“. Außerdem heißt es: „In R. ist weder am 10. August 2012 noch an irgendeinem anderen Tag Platz für Neonazismus, Rassismus und Antisemitismus!“ Diese Aussagen sind, gemessen an den Erkenntnissen über die Klägerin aus öffentlich zugänglichen Verfassungsschutzberichten vom Tatsachenkern her zutreffend. Zwar mag das Motto der angemeldeten Versammlung („Wir wollen nicht Zahlmeister Europas sein - Raus aus dem Euro“) auf den ersten Blick nicht extremistisch zu sein (vgl. zum dahinter stehenden Konzept einer Verschleierung rechtsextremer Positionen: Berliner Verfassungsschutzbericht 2012, Hrsg. Senatsverwaltung für Inneres und Sport, S. 76, http://www.b...de/i...pdf?st...pdf.). Die Klägerin vertritt diese Auffassung indes vor dem Hintergrund ihrer rechtsextremen Programmatik. Die gesamte europäische Einigungsbewegung, einschließlich des Euro, wird von ihr vehement bekämpft, weil sie im Widerspruch zum Konzept einer „Volksgemeinschaft“ steht. Die Erhaltung eines ethnisch homogenen Volkes ist für die Klägerin das oberste politische Ziel und die europäische Einheit die „perverse Gesellschaftsutopie der Eurokraten“ (Verfassungsschutzbericht 2012, Hrsg. Bundesministerium des Innern, Stand: Sept. 2013, S. 80 f., http://www.v...de/e...pdf). Dieses völkische Grundkonzept der Klägerin hat zur Konsequenz, dass nicht nur allen Ausländern, unbeachtet ihres Aufenthaltsstatus und ihrer Integration, sondern auch allen eingebürgerten Deutschen das Bleiberecht in Deutschland abgesprochen wird (Verfassungsschutzbericht a. a. O., S. 84 f.). Dieser radikal ausgrenzende Ansatz, der nur ein ethnisch homogenes Gemeinwesen erlaubt, muss als menschenverachtend und rassistisch bezeichnet werden. Ähnliches gilt für den bei der Klägerin tief verwurzelten Antisemitismus (Verfassungsschutzbericht a. a. O., S. 86 ff.). Diese Überzeugung zum extremistischen Charakter der Klägerin vertreten ist für Amtsträger rechtlich zulässig und sachlich begründet, ohne dass eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der NPD ergangen sein muss (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 25. April 1989 - 1 S 1635/88 -, VBlBW 1989, VBLBW Jahr 1989 Seite 332 m. w. N.). Auf dieser Grundlage verletzt die Aufforderung zur Gegendemonstration durch den Beklagten nicht das Sachlichkeitsgebot.
Die streitige Äußerung ist auch sonst verhältnismäßig. Der Beklagte und seine Amtsträger haben weder eigenes rechtswidriges Verhalten gezeigt noch zu einem rechtswidrigen Handeln gegen die Klägerin aufgerufen. Mit dem OVG Berlin-Brandenburg ist im Ausgangspunkt darauf hinzuweisen, dass dem Beklagten an der Wahrung des Versammlungsrechts als Form der politischen Beteiligung gerade von Minderheiten als einem Wesenselement des demokratischen Rechtsstaats in besonderer Weise gelegen sein muss (vgl. Urteil vom 20. November 2008 - OVG 1 B 5.06 - OVGE 29 -, OVGE Band 29 Seite 170, OVGE Band 29 182). Es ist aber nicht erkennbar, dass die dafür maßgebliche Grenze, die einfachrechtlich in § VERSAMMLG § 21 VersammlG (in Zusammenschau mit § STGB § 111 StGB) nachgezeichnet ist, hier überschritten wäre. Nach den genannten Bestimmungen ist es unter Strafe gestellt, in der Absicht, nicht-verbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten vorzunehmen oder anzudrohen oder grobe Störungen zu verursachen; nach § STGB § 111 StGB darf hierzu auch nicht öffentlich aufgefordert werden. Eine derartige öffentliche Aufforderung lässt sich dem streitigen Satz der Pressemitteilung nicht entnehmen, denn es wird dort lediglich dazu aufgefordert, „friedlich gegen die NPD zu demonstrieren“ (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. September 2012 - OVG 1 S 127.12 -, juris, Rdnr. 10). Tatsächlich konnte die Veranstaltung der Klägerin am 10. August 2012 als einstündige Kundgebung stattfinden (Berliner Verfassungsschutzbericht 2012, Hrsg. Senatsverwaltung für Inneres und Sport, S. 78, http://www.b...de/i...pdf). Auch die Klägerin selbst macht nicht geltend, dass es insofern zu einer Blockade oder Verhinderung kam.
Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot vor. Die Beklagte und ihre Amtsträger haben die ihnen kraft Amtes gegebenen Einflussmöglichkeiten nicht in einer Weise genutzt, die mit ihren der Allgemeinheit verpflichteten Aufgaben unvereinbar wären (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 - BVerwG BVERWG Aktenzeichen 8 C 5.96 -, BVerwGE 104, BVERWGE Jahr 104 Seite 323, BVERWGE Jahr 104 326 f.). Diese haben als kommunale Amtsträger gehandelt, die hier keinem gesteigerten Neutralitätsgebot unterliegen, weil sie etwa gleichzeitig die Aufgaben der Versammlungsbehörde wahrzunehmen haben. Die staatliche Aufgabe der Versammlungsbehörde ist im Land Berlin dem Polizeipräsidenten zugewiesen (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 AZG i. V. m. Nr. 23 Abs. 2 ZustKat Ord). Ein besonderer Anlass zur Mäßigung, um keine Zweifel an der Unparteilichkeit als Versammlungsbehörde aufkommen zu lassen, bestand deshalb vorliegend nicht (vgl. zu abweichenden Konstellationen: VGH Kassel, Beschluss vom 3. Mai 2013 - 8 A 772/13.Z -, juris, Rdnr. 4 und VG Gera, Beschluss vom 6. Juli 2010 - 2 E 465/10 Ge -, juris, Rdnr. 38). Zwar handeln sowohl die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt als auch der Polizeipräsident für den Beklagten, für Außenstehende sind sie jedoch in ihrem Handeln deutlich unterscheidbar und damit jeweils gesondert zu betrachten.
Die Kostenentscheidung folgt aus den § VWGO § 154 Abs. VWGO § 154 Absatz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus § VWGO § 167 VwGO i. V. m. §§ ZPO § 708 Nr. ZPO § 708 Nummer 11, ZPO § 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit der Justiz im Lande Berlin vom 27. Dezember 2006, GVBl. S. 1183, in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 9. Dezember 2009, GVBl. S. 881) zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe schriftlich oder in elektronischer Form darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen.
Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus können auch die in § VWGO § 67 Abs. VWGO § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten Personen und Organisationen auftreten. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht, ehrenamtliche Richter nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören.
BESCHLUSS
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf
5.000,00 Euro
festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit der Justiz im Lande Berlin vom 27. Dezember 2006, GVBl. S. 1183, in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 9. Dezember 2009, GVBl. S. 881) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen. Sie ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Der Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten bedarf es nicht.
Hauptschlagwort: Amtsträger öffentliche Äußerung Pressemitteilung Aufruf zur Gegendemonstration bezirkliche Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch Sachlichkeitsgebot Neutralitätspflicht Verhältnismäßigkeit extremistische Partei Abweisung
Normenkette:
In der Verwaltungsstreitsache
Der ...
Klägerin,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin ...
gegen
das Land ...
vertreten durch das Bezirksamt R. von B. - Rechtsamt -, E-damm ..., B.,
Beklagten,
hat das Verwaltungsgericht Berlin, 1. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2013 durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Dr. Peters als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Satzes „Deshalb fordern wir alle R.erinnen und R.er auf, friedlich gegen die NPD zu demonstrieren.“ in der Pressemitteilung Nr. 3263 vom 9. August 2012.
Diese Pressemitteilung hat folgenden Wortlaut:
„Kein Platz für die NPD in R.!
Das Bezirksamt R. und die Bezirksverordnetenversammlung sind zutiefst empört, dass die NPD auf ihrer „Deutschlandtour“
am 10. August gegen 16 Uhr in T. (G-straße/Ecke B1 Straße)
Station machen will. Es ist ein wiederholter Versuch der NPD, R. zum Ort der Propaganda ihres menschenverachtenden Gedankengutes zu machen.
Hiergegen wehren wir uns mit aller Entschiedenheit! Der Einsatz für die Demokratie und der Schutz vor jenen, die sie abschaffen wollen, ist unser aller Aufgabe!
Deshalb fordern wir alle R.erinnen und R.er auf, friedlich gegen die NPD zu demonstrieren.
In R. ist weder am 10. August 2012 noch an irgendeinem anderen Tag Platz für Neonazismus, Rassismus und Antisemitismus!
Dr. H. L.
Bezirksverordnetenvorsteher
A. H1
Stellv. Bezirksbürgermeister“
Die Pressemittelung ist bis heute unter http://www.b...de/ba-R./p...html in der Presseübersicht des Bezirksamtes R. von B. abrufbar.
Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 9. August 2012 auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und im Internet nicht weiter zur Demonstration gegen die Kundgebung der Klägerin aufzurufen. Die Abgabe dieser Erklärung durch den Beklagten erfolgte nicht.
Die Kundgebung der Klägerin unter dem Motto „Wir wollen nicht Zahlmeister Europas sein - Raus aus dem Euro“ wurde wie geplant und ohne Störungen durchgeführt, ebenso fand eine friedliche Gegendemonstration statt.
Am 12. Oktober 2012 hat die Klägerin Klage erhoben und verfolgt damit ihr Unterlassungsbegehren weiter. Sie ist der Auffassung, die Amtsträger des Beklagten hätten mit der Veröffentlichung der Pressemitteilung gegen ihre Neutralitätspflicht und das Sachlichkeitsgebot verstoßen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, auf seiner Internetseite www.b...de/ba-R. in der Pressemitteilung „Kein Platz für die NPD in R.“ zu äußern: „Deshalb fordern wir alle R.erinnen und R.er auf, friedlich gegen die NPD zu demonstrieren“.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, seine Amtsträger hätten im Rahmen ihres Aufgabenbereichs gehandelt. Der streitige Satz in der Pressemitteilung sei zumindest als Information über die geplante Gegendemonstration statthaft gewesen.
Mit Beschluss vom 27. Mai 2013 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Vorsitzenden als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, weil vorliegend über einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch zu entscheiden ist. Die nach Auffassung der Klägerin zu unterlassende Äußerung findet sich auf der Internetseite des Beklagten, so dass der erforderliche Zusammenhang mit einer hoheitlichen Tätigkeit besteht. Im Übrigen wurde diese Äußerung von den Amtsträgern des Beklagten erkennbar nicht als Privatpersonen oder als Vertreter politischer Parteien abgegeben. Der Klage ist als allgemeine Leistungsklage auf das Unterlassen der konkret bezeichneten Äußerung gerichtet. Insofern ist die Klägerin auch klagebefugt und es besteht ein Rechtsschutzinteresse. Zwar ist die Äußerung durch Zeitauflauf in der Sache gegenstandslos geworden. Sollte diese jedoch rechtswidrig erfolgt sein, würde dieser Zustand durch die fortgesetzte Veröffentlichung perpetuiert. Infolgedessen könnte die Klägerin ein Unterlassen dieser fortgesetzten Rechtsbeeinträchtigung beanspruchen.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Rechtsgrundlage für die beanspruchte Unterlassung der genannten Äußerung ist der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch in entsprechender Anwendung des § BGB § 1004 BGB, der auch bei der Verletzung anderer absoluter Rechte anzuwenden ist. Dieser Anspruch setzt voraus, dass durch hoheitliches Handeln der Amtsträger des Beklagten in ein subjektives Recht der Klägerin eingegriffen wird, in der Folge ein objektiv rechtswidriger Zustand entsteht und die konkrete Gefahr der Wiederholung dieser Rechtsbeeinträchtigung droht. Als subjektive Rechte der Klägerin dürften zumindest die Meinungsfreiheit gemäß Art. GG Artikel 5 Abs. GG Artikel 5 Absatz 1 GG und die Versammlungsfreiheit gemäß Art. GG Artikel 8 GG hier betroffen sein.
Äußerungen eines Amtsträgers mit Eingriffsqualität sind jedoch statthaft, wenn sich dieser im Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgabenbereichs bewegt und die rechtsstaatlichen Anforderungen an hoheitliche Äußerungen in der Form des Sachlichkeitsgebotes gewahrt sind. Dies erfordert es, dass mitgeteilte Tatsachen zutreffend wiedergegeben werden und Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen. Außerdem dürfen die Äußerungen nicht unverhältnismäßig sein (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 12. Juli 2005 - 15 B 1099/05 -, NVwZ-RR 2006, NVWZ-RR Jahr 2006 Seite 273, NVWZ-RR Jahr 2006 274 und Beschluss vom 16. Dezember 2003 - 15 B 2544/03 -, NVwZ-RR 2004, NVWZ-RR Jahr 2004 Seite 283, NVWZ-RR Jahr 2004 284 f.; VG Stuttgart, Urteil vom 13. April 2011 - 7 K 602/11 -, NVwZ-RR 2011, NVWZ-RR Jahr 2011 Seite 615, NVWZ-RR Jahr 2011 616).
Im Einzelnen gilt dazu Folgendes:
Der Aufgabenkreis des für das Land Berlin handelnden Bezirks R. und seiner Amtsträger umfasst die regelmäßige Wahrnehmung der örtlichen Verwaltungsaufgaben nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung (Art. BLNVERF Artikel 66 Abs. BLNVERF Artikel 66 Absatz 2 VvB). Die Bezirke sind Selbstverwaltungseinheiten Berlins ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Organe die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt sind (§ BLNBZVWG § 2 BzVwG). Dabei nehmen die Bezirke alle Aufgaben der Verwaltung wahr, die nicht als Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung der Hauptverwaltung zugewiesen sind (§ BLNBZVWG § 3 Abs. BLNBZVWG § 3 Absatz 2 BzVwG i. V. m. § 3 Abs. 2 AZG)
Die Amtsträger des Beklagten haben sich mit ihrer Äußerung gegen eine Veranstaltung der Klägerin gewandt, die auf dem Gebiet ihres Bezirks stattfinden sollte und stattgefunden hat. Folglich ist der bezirkliche Bezug gegeben, ohne dass sich aus § 4 Abs. 1 AZG i. V. m. der Anlage zum AZG eine vorrangige Zuständigkeit der Hautverwaltung ergeben würden. Darüber hinaus waren die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt nach § BLNBZVWG § 41 Abs. BLNBZVWG § 41 Absatz 1 S. 1 BzVwG jedenfalls berechtigt, auf die Veranstaltung der Klägerin und die Gegendemonstration als allgemein bedeutsame Angelegenheit hinzuweisen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Veranstaltung im Rahmen der „Deutschlandtour“ der Klägerin stattfand und somit Teil einer bundesweiten Kampagne war.
Die Äußerungen der Amtsträger des Beklagten verletzen auch nicht das Gebot der Sachlichkeit. Die Aufforderung, friedlich gegen die Versammlung der Klägerin zu demonstrieren, steht im Kontext weiterer Äußerungen des Beklagten in der Pressmitteilung, die von der Klägerin nicht angegriffen worden sind. So heißt es dort u. a., die angemeldete Veranstaltung der Kläger sei „ein wiederholter Versuch der NPD, R. zum Ort der Propaganda ihres menschenverachtenden Gedankengutes zu machen“. Außerdem heißt es: „In R. ist weder am 10. August 2012 noch an irgendeinem anderen Tag Platz für Neonazismus, Rassismus und Antisemitismus!“ Diese Aussagen sind, gemessen an den Erkenntnissen über die Klägerin aus öffentlich zugänglichen Verfassungsschutzberichten vom Tatsachenkern her zutreffend. Zwar mag das Motto der angemeldeten Versammlung („Wir wollen nicht Zahlmeister Europas sein - Raus aus dem Euro“) auf den ersten Blick nicht extremistisch zu sein (vgl. zum dahinter stehenden Konzept einer Verschleierung rechtsextremer Positionen: Berliner Verfassungsschutzbericht 2012, Hrsg. Senatsverwaltung für Inneres und Sport, S. 76, http://www.b...de/i...pdf?st...pdf.). Die Klägerin vertritt diese Auffassung indes vor dem Hintergrund ihrer rechtsextremen Programmatik. Die gesamte europäische Einigungsbewegung, einschließlich des Euro, wird von ihr vehement bekämpft, weil sie im Widerspruch zum Konzept einer „Volksgemeinschaft“ steht. Die Erhaltung eines ethnisch homogenen Volkes ist für die Klägerin das oberste politische Ziel und die europäische Einheit die „perverse Gesellschaftsutopie der Eurokraten“ (Verfassungsschutzbericht 2012, Hrsg. Bundesministerium des Innern, Stand: Sept. 2013, S. 80 f., http://www.v...de/e...pdf). Dieses völkische Grundkonzept der Klägerin hat zur Konsequenz, dass nicht nur allen Ausländern, unbeachtet ihres Aufenthaltsstatus und ihrer Integration, sondern auch allen eingebürgerten Deutschen das Bleiberecht in Deutschland abgesprochen wird (Verfassungsschutzbericht a. a. O., S. 84 f.). Dieser radikal ausgrenzende Ansatz, der nur ein ethnisch homogenes Gemeinwesen erlaubt, muss als menschenverachtend und rassistisch bezeichnet werden. Ähnliches gilt für den bei der Klägerin tief verwurzelten Antisemitismus (Verfassungsschutzbericht a. a. O., S. 86 ff.). Diese Überzeugung zum extremistischen Charakter der Klägerin vertreten ist für Amtsträger rechtlich zulässig und sachlich begründet, ohne dass eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der NPD ergangen sein muss (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 25. April 1989 - 1 S 1635/88 -, VBlBW 1989, VBLBW Jahr 1989 Seite 332 m. w. N.). Auf dieser Grundlage verletzt die Aufforderung zur Gegendemonstration durch den Beklagten nicht das Sachlichkeitsgebot.
Die streitige Äußerung ist auch sonst verhältnismäßig. Der Beklagte und seine Amtsträger haben weder eigenes rechtswidriges Verhalten gezeigt noch zu einem rechtswidrigen Handeln gegen die Klägerin aufgerufen. Mit dem OVG Berlin-Brandenburg ist im Ausgangspunkt darauf hinzuweisen, dass dem Beklagten an der Wahrung des Versammlungsrechts als Form der politischen Beteiligung gerade von Minderheiten als einem Wesenselement des demokratischen Rechtsstaats in besonderer Weise gelegen sein muss (vgl. Urteil vom 20. November 2008 - OVG 1 B 5.06 - OVGE 29 -, OVGE Band 29 Seite 170, OVGE Band 29 182). Es ist aber nicht erkennbar, dass die dafür maßgebliche Grenze, die einfachrechtlich in § VERSAMMLG § 21 VersammlG (in Zusammenschau mit § STGB § 111 StGB) nachgezeichnet ist, hier überschritten wäre. Nach den genannten Bestimmungen ist es unter Strafe gestellt, in der Absicht, nicht-verbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten vorzunehmen oder anzudrohen oder grobe Störungen zu verursachen; nach § STGB § 111 StGB darf hierzu auch nicht öffentlich aufgefordert werden. Eine derartige öffentliche Aufforderung lässt sich dem streitigen Satz der Pressemitteilung nicht entnehmen, denn es wird dort lediglich dazu aufgefordert, „friedlich gegen die NPD zu demonstrieren“ (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. September 2012 - OVG 1 S 127.12 -, juris, Rdnr. 10). Tatsächlich konnte die Veranstaltung der Klägerin am 10. August 2012 als einstündige Kundgebung stattfinden (Berliner Verfassungsschutzbericht 2012, Hrsg. Senatsverwaltung für Inneres und Sport, S. 78, http://www.b...de/i...pdf). Auch die Klägerin selbst macht nicht geltend, dass es insofern zu einer Blockade oder Verhinderung kam.
Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot vor. Die Beklagte und ihre Amtsträger haben die ihnen kraft Amtes gegebenen Einflussmöglichkeiten nicht in einer Weise genutzt, die mit ihren der Allgemeinheit verpflichteten Aufgaben unvereinbar wären (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 - BVerwG BVERWG Aktenzeichen 8 C 5.96 -, BVerwGE 104, BVERWGE Jahr 104 Seite 323, BVERWGE Jahr 104 326 f.). Diese haben als kommunale Amtsträger gehandelt, die hier keinem gesteigerten Neutralitätsgebot unterliegen, weil sie etwa gleichzeitig die Aufgaben der Versammlungsbehörde wahrzunehmen haben. Die staatliche Aufgabe der Versammlungsbehörde ist im Land Berlin dem Polizeipräsidenten zugewiesen (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 AZG i. V. m. Nr. 23 Abs. 2 ZustKat Ord). Ein besonderer Anlass zur Mäßigung, um keine Zweifel an der Unparteilichkeit als Versammlungsbehörde aufkommen zu lassen, bestand deshalb vorliegend nicht (vgl. zu abweichenden Konstellationen: VGH Kassel, Beschluss vom 3. Mai 2013 - 8 A 772/13.Z -, juris, Rdnr. 4 und VG Gera, Beschluss vom 6. Juli 2010 - 2 E 465/10 Ge -, juris, Rdnr. 38). Zwar handeln sowohl die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt als auch der Polizeipräsident für den Beklagten, für Außenstehende sind sie jedoch in ihrem Handeln deutlich unterscheidbar und damit jeweils gesondert zu betrachten.
Die Kostenentscheidung folgt aus den § VWGO § 154 Abs. VWGO § 154 Absatz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus § VWGO § 167 VwGO i. V. m. §§ ZPO § 708 Nr. ZPO § 708 Nummer 11, ZPO § 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit der Justiz im Lande Berlin vom 27. Dezember 2006, GVBl. S. 1183, in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 9. Dezember 2009, GVBl. S. 881) zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe schriftlich oder in elektronischer Form darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen.
Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus können auch die in § VWGO § 67 Abs. VWGO § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten Personen und Organisationen auftreten. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht, ehrenamtliche Richter nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören.
BESCHLUSS
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf
5.000,00 Euro
festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit der Justiz im Lande Berlin vom 27. Dezember 2006, GVBl. S. 1183, in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 9. Dezember 2009, GVBl. S. 881) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen. Sie ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Der Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten bedarf es nicht.
18.03.2014, 16:38
Hessen: ÖII
Eine Zivilklausur, die sich als öffentlich-rechtliche Klausur verkleidet und in den Stapel der Klausuren für heute gemischt hat.
:dodgy: :@
Diesen Durchgang kam man in Hessen eigentlich ohne viel öffentliches Recht zu lernen durch.
:@
Es ging um Eltern, welche von der Schule/Stadt Geld erstattet bekommen wollten.
Der Sohn ging in die 6. Klasse. Für eine Klassenfahrt zahlten die Eltern 300 Euro Reisekosten für einen Veranstalter und 150 Euro für Eintrittsgelder und Taschengeld.
Der Schulleiter rief einen Tag vor der Reise bei den Klägern an und teilte ihnen mit, ihr Sohn wäre bereits 2 mal in den letzten Monaten durch schlechtes Benehmen aufgefallen. Er habe erst heute von den Vorfällen erfahren und wollte die Kläger darauf aufmerksam machen, dass sie mit ihrem Sprößling reden sollten.
Die Kläger verstanden den Anruf so, als ob der Schulleiter nun Konsequenzen ziehen würde und dem Sohn die "Rote Karte" zeige. Dieser behauptet, er habe dies ausdrücklich auf die Zukunft bezogen und dies hätten die Kläger auch so verstehen müssen.
Die Eltern reden mit Junior, der bricht daraufhin zusammen. Kläger rufen Klassenlehrerin an, dass der Sohn nicht mit fahren kann, da er krank ist.
Gehen mit ihm aber nicht zum Arzt.
Eltern, welche eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen haben, versuchen vergeblich von dieser die Kosten erstattet zu bekommen. Diese fordert gemäß ihren Vertragsbedingungen, welche den Klägern auch bekannt waren, ein Attest.
Die Kläger wollen nun das Geld von der Schule, da sie der Ansicht sind, der Schulleiter habe den Zusammenbruch ihres sehr sensiblen Sohnes zu verantworten, der im Übrigen keiner Fliege etwas tun könne.
Der Schulleiter wirft ihm vor, Klassenkameraden angestiftet zu haben, die Toilette zu verstopfen und einen Mitschüler die Lippe blutig geschlagen zu haben, da dieser einen anderen Fußballverein als der Sohn der Kläger mochte.
Vor der Klassenfahrt gab es einen Beschluss der Elternversammlung, dass Geld, welches von den 150 Euro übrig bleibt, in die Klassenkasse gelangt.
Die Kläger waren hiermit nicht einverstanden.
Nach der Klassenfahrt waren von jedem Kind 10 Euro übrig und dies wanderte mit den 150 Euro der Kläger in die Klassenkasse.
Mein Ergebnis waren: Klage in Höhe von 140 € einreichen.
PKH-Antrag
Schreiben an Mandanten mit der Erklärung und Antwort der Zusatzfragen.
Habe schon überlegt, mich zu melden, dass ich die falsche Klausur habe, da ich nur Zivilrecht geprüft habe.
Eine Zivilklausur, die sich als öffentlich-rechtliche Klausur verkleidet und in den Stapel der Klausuren für heute gemischt hat.
:dodgy: :@
Diesen Durchgang kam man in Hessen eigentlich ohne viel öffentliches Recht zu lernen durch.
:@
Es ging um Eltern, welche von der Schule/Stadt Geld erstattet bekommen wollten.
Der Sohn ging in die 6. Klasse. Für eine Klassenfahrt zahlten die Eltern 300 Euro Reisekosten für einen Veranstalter und 150 Euro für Eintrittsgelder und Taschengeld.
Der Schulleiter rief einen Tag vor der Reise bei den Klägern an und teilte ihnen mit, ihr Sohn wäre bereits 2 mal in den letzten Monaten durch schlechtes Benehmen aufgefallen. Er habe erst heute von den Vorfällen erfahren und wollte die Kläger darauf aufmerksam machen, dass sie mit ihrem Sprößling reden sollten.
Die Kläger verstanden den Anruf so, als ob der Schulleiter nun Konsequenzen ziehen würde und dem Sohn die "Rote Karte" zeige. Dieser behauptet, er habe dies ausdrücklich auf die Zukunft bezogen und dies hätten die Kläger auch so verstehen müssen.
Die Eltern reden mit Junior, der bricht daraufhin zusammen. Kläger rufen Klassenlehrerin an, dass der Sohn nicht mit fahren kann, da er krank ist.
Gehen mit ihm aber nicht zum Arzt.
Eltern, welche eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen haben, versuchen vergeblich von dieser die Kosten erstattet zu bekommen. Diese fordert gemäß ihren Vertragsbedingungen, welche den Klägern auch bekannt waren, ein Attest.
Die Kläger wollen nun das Geld von der Schule, da sie der Ansicht sind, der Schulleiter habe den Zusammenbruch ihres sehr sensiblen Sohnes zu verantworten, der im Übrigen keiner Fliege etwas tun könne.
Der Schulleiter wirft ihm vor, Klassenkameraden angestiftet zu haben, die Toilette zu verstopfen und einen Mitschüler die Lippe blutig geschlagen zu haben, da dieser einen anderen Fußballverein als der Sohn der Kläger mochte.
Vor der Klassenfahrt gab es einen Beschluss der Elternversammlung, dass Geld, welches von den 150 Euro übrig bleibt, in die Klassenkasse gelangt.
Die Kläger waren hiermit nicht einverstanden.
Nach der Klassenfahrt waren von jedem Kind 10 Euro übrig und dies wanderte mit den 150 Euro der Kläger in die Klassenkasse.
Mein Ergebnis waren: Klage in Höhe von 140 € einreichen.
PKH-Antrag
Schreiben an Mandanten mit der Erklärung und Antwort der Zusatzfragen.
Habe schon überlegt, mich zu melden, dass ich die falsche Klausur habe, da ich nur Zivilrecht geprüft habe.
18.03.2014, 17:44
in berlin kam wieder diegleiche klausur wie in hessen dran.
Gutachten:
- eröffnung VRW nach 40 vwgo problematisch, aber letztlich +, da sich alles im rahmen eines ör-schulverhältnisses abspielt
- statthafte klageart: allg LK
- RSB +, vorher erfolglos versucht, geld wieder zu bekommen
- klage iHv 140 begründet, da ör erstattungsanspruch 812 analog +
"vertrag" (?) zwischen schule und mandanten schon nicht wirksam zustande gekommen, da gem. 1629 bgb beide eltern unterschreiben müssen;
darüber hinaus auch wirksam gelöst (gekündigt?), da vor der reise abgesagt/krank gemeldet;
anspruch auch nicht wg mitverschulden oder § 815 analog (sohn hätte ja objektiv mitfahren dürfen) ausgeschlossen, da verhalten des schulleiters nicht gerechtfertigt: er hätte ausschluss gem § 63 schulG vorher schriftlich androhen müssen. ein solcher wäre auch nur gerechtfertigt, wenn andere erziehungsmaßnahmen nicht greifen, diese sind hier aber unversucht gelassen worden.
Schule kann sich auch nicht auf entreicherung berufen, da 818 bgb gerade nicht gilt, sondern vertrauensschutz-grundsätze, sich die schule aber hierauf nicht berufen kann, sie wusste, dass sohn nicht mitfährt und durfte keine dispositionen treffen.
10 euro wären aber eh in die klassenkasse gewandert, deswegen nur ihv 140 begründet
SS ans gericht:
- PKH-antrag mit klageentwurf im anhang
Mandantenschreiben:
- hemmt PKH antrag die verjährung (hab hierzu nichts gefunden)?
- klagefrist nicht gehemmt
- RA-kosten des schulleiters im verlierens-fall nicht von PKH gedeckt
- letzte frage fällt mir grade nicht mehr ein
wie habt ihr es gemacht?
Gutachten:
- eröffnung VRW nach 40 vwgo problematisch, aber letztlich +, da sich alles im rahmen eines ör-schulverhältnisses abspielt
- statthafte klageart: allg LK
- RSB +, vorher erfolglos versucht, geld wieder zu bekommen
- klage iHv 140 begründet, da ör erstattungsanspruch 812 analog +
"vertrag" (?) zwischen schule und mandanten schon nicht wirksam zustande gekommen, da gem. 1629 bgb beide eltern unterschreiben müssen;
darüber hinaus auch wirksam gelöst (gekündigt?), da vor der reise abgesagt/krank gemeldet;
anspruch auch nicht wg mitverschulden oder § 815 analog (sohn hätte ja objektiv mitfahren dürfen) ausgeschlossen, da verhalten des schulleiters nicht gerechtfertigt: er hätte ausschluss gem § 63 schulG vorher schriftlich androhen müssen. ein solcher wäre auch nur gerechtfertigt, wenn andere erziehungsmaßnahmen nicht greifen, diese sind hier aber unversucht gelassen worden.
Schule kann sich auch nicht auf entreicherung berufen, da 818 bgb gerade nicht gilt, sondern vertrauensschutz-grundsätze, sich die schule aber hierauf nicht berufen kann, sie wusste, dass sohn nicht mitfährt und durfte keine dispositionen treffen.
10 euro wären aber eh in die klassenkasse gewandert, deswegen nur ihv 140 begründet
SS ans gericht:
- PKH-antrag mit klageentwurf im anhang
Mandantenschreiben:
- hemmt PKH antrag die verjährung (hab hierzu nichts gefunden)?
- klagefrist nicht gehemmt
- RA-kosten des schulleiters im verlierens-fall nicht von PKH gedeckt
- letzte frage fällt mir grade nicht mehr ein
wie habt ihr es gemacht?
18.03.2014, 22:07
Liebe NRWler,
was kam denn eigentlich bei euch in Z4 und S2 dran? Bin auch bald dran und würde mich über ein paar kurze Infos sehr freuen!
Danke und viel Erfolg im weiteren "Verfahren" !
was kam denn eigentlich bei euch in Z4 und S2 dran? Bin auch bald dran und würde mich über ein paar kurze Infos sehr freuen!
Danke und viel Erfolg im weiteren "Verfahren" !
19.03.2014, 12:06
(18.03.2014, 17:44)Gast schrieb: in berlin kam wieder diegleiche klausur wie in hessen dran.
Gutachten:
- eröffnung VRW nach 40 vwgo problematisch, aber letztlich +, da sich alles im rahmen eines ör-schulverhältnisses abspielt
- statthafte klageart: allg LK
- RSB +, vorher erfolglos versucht, geld wieder zu bekommen
- klage iHv 140 begründet, da ör erstattungsanspruch 812 analog +
"vertrag" (?) zwischen schule und mandanten schon nicht wirksam zustande gekommen, da gem. 1629 bgb beide eltern unterschreiben müssen;
darüber hinaus auch wirksam gelöst (gekündigt?), da vor der reise abgesagt/krank gemeldet;
anspruch auch nicht wg mitverschulden oder § 815 analog (sohn hätte ja objektiv mitfahren dürfen) ausgeschlossen, da verhalten des schulleiters nicht gerechtfertigt: er hätte ausschluss gem § 63 schulG vorher schriftlich androhen müssen. ein solcher wäre auch nur gerechtfertigt, wenn andere erziehungsmaßnahmen nicht greifen, diese sind hier aber unversucht gelassen worden.
Schule kann sich auch nicht auf entreicherung berufen, da 818 bgb gerade nicht gilt, sondern vertrauensschutz-grundsätze, sich die schule aber hierauf nicht berufen kann, sie wusste, dass sohn nicht mitfährt und durfte keine dispositionen treffen.
10 euro wären aber eh in die klassenkasse gewandert, deswegen nur ihv 140 begründet
SS ans gericht:
- PKH-antrag mit klageentwurf im anhang
Mandantenschreiben:
- hemmt PKH antrag die verjährung (hab hierzu nichts gefunden)?
- klagefrist nicht gehemmt
- RA-kosten des schulleiters im verlierens-fall nicht von PKH gedeckt
- letzte frage fällt mir grade nicht mehr ein
wie habt ihr es gemacht?
auch berlin:
ich habe gesagt, dass sie die 150 € (oder waren es 140?) auf jeden fall zurück kriegen, bei den übrigen 300 € für fahrt, unterkunft und verpflegung bestehen möglichkeiten, aber ist nicht so sicher, daher erst mal pkh antrag über gesammte summe als testballon steigen lassen und auf grundlage der entscheidung des gerichts darüber das weitere vorgehen überlegen.
im einzelnen:
agl: allgemeiner ör erstattungsanspruch
zulässigkeit (+)
verwaltungsrechtsweg (+), 40 I 1 vwgo, da normen über ör vertrag und regeln des ör erstattungsanspruch streitentscheidend
statthaft ist die allg. lk
klagebefugnis, 42 II analog (+), da es möglich erscheint, dass geltend gemachter anspruch besteht
klagegegner: das land berlin, 78 I nr. 1 vwgo
begründetheit (+)
agl: allg. ör erstattungsanspruch
vermögensverschiebung durch leistung (+)
im rahmen eines ör rechtsverhältnisses (+), durch schulbesuch des kindes wurde ör rechtsverhältnis begründet, 46 I schulg
ohne rechtlichen grund (+)
rechtsgrund war die vereinbarung zwischen schule und mandanten. diese ist als ör vertrag nach 54 ff. vwvfg zu qualifizieren.
vertrag schon nicht wirksam zustande gekommen:
zum einen verstoß gegen schriftformgebot des 57 vwvfg; mutter hätte auch unterschreiben müssen, vertretung durch den mann bis zur genehmigung schwebend unwirksam, nachträgliche genehmigung bisher nicht erfolgt.
außerdem fraglich, ob anmeldungsbestätigung der schule wirksame annahme darstellt. zwar urkundeneinheit mittlerweile nicht mehr als unbedingt nötig erachtet, aber es muss schon klar werden, dass vertrag zustande gekommen ist und dabei ist hier ein eher strenger maßstab anzulegen, sodass eine bloße bestätigung, der sohn sei nun angemeldet, vermutlich nicht ausreichend sein dürfte.
vertrag aber ansonsten zumindest wirksam gekündigt durch schreiben an den rektor. schreiben genügte den anforderungen des 60 vwvfg. auch kündigungsgrund in gestalt nachträglicher veränderung der vertragsverhältnisse vorhanden (erkrankung des kindes und anruf des rektors, der zur annahme führte, dass das kind ohnehin nicht hätte mitfahren dürfen). hier auch ausnahmsweise rückabwicklung des vertragsverhältnisses möglich, da gegenleistung nicht erbracht wurde.
folge: grds. anspruch auf rückzahlung des geldes.
bzgl. der 300 € für fahrt und unterkunft kann sich die behörde nicht auf entreicherung berufen. grundsätze der entreicherung im ör nicht ohne weiteres anwendbar, sondern vielmehr auch vertrauensschutz zu berücksichtigen. hier durften die eltern nach dem anruf des rektors davon ausgehen, dass ihr kind ohnehin nicht mitfahren darf und der anruf führte ja auch zu der krankheit des kindes. da kind aber bei ihnen immer lieb und brav und eher schüchtern ist, durften sie auch davon ausgehen, dass die vorwürfe gegen das kind nicht stimmen und die schule die sache in gestalt der kurzfristigen entscheidung des rektors verbockt hat und damit auch dafür geradestehen muss. aus vertrauensschutzgesichtspunkten daher anspruch (+). da kind sonst immer so lieb ist und eltern davon ausgehen durften, dass schule ohnehin mitfahrt nicht genehmigt hätte und daher dafür auch geradestehen muss, kann den eltern auch kein anspruchsminderndes mitverschulden vorgeworfen werden, weder weil sie das attest nicht eingeholt haben um es der versicherung vorzulegen, noch weil ein verhalten des kindes ursache für den ganzen spaß gewesen wäre.
bzgl. des restlichen geldes: verträge gelten nur inter partes, daher müssen eltern, die damals der regelung mit der klassenkasse nicht zugestimmt haben, sich das nicht entgegenhalten lassen. auch keine einbeziehung in den (ohnehin unwirksamen) vertrag durch vertragsschluss in kenntnis des beschlusses, da sie explizit dagegen gestimmt haben.
mandantenschreiben:
vorschlag, zunächst pkh-antrag zu stellen und weiteres vorgehen auf grundlage dieser entscheidung zu besprechen.
anspruch auf pkh besteht, 166 vwgo ivm 114 ff zpo, da kosten der prozessführung nicht aufgebracht werden können und hinreichende aussicht auf erfolg besteht. pkh deckt in diesem fall sowohl die gerichtskosten eines späteren klageverfahrens, als auch die kosten des pkh-verfahrens (als vorbereitungskosten bzgl. später erhobener klage), als auch die eigenen anwaltskosten ab (wegen grds. der waffengleichheit, behörde kündigte ja an, sich schon im pkh-verfahren anwaltlich vertreten zu lassen). über kosten des pkh-verfahrens wären dann auch die kosten für den gegnerischen anwalt ggf. geltend zu machen.
pkh-antrag hemmt verwaltungsgerichtliche klagefristen nicht, was aber hier egal ist, da es bei der lk ohnehin keine klagefrist gibt, sondern nur verwirkung.
antrag hemmt auch verjährung nicht. das könnte wohl nur eine klage, die hier aber nicht hilfsweise oder unter vorbehalt erhoben werden kann. zwar ist es im zivilrecht in der tat so, dass auch ein pkh-antrag die verjährung hemmt (204 I nr. 14 bgb), aber die auf ein gleichordnungsverhältnis ausgelegten regeln des bgb sind nicht ohne weiteres auf verwaltungsrechtliche ansprüche übertragbar. aber macht nichts, weil ör ansprüche aus gleichem grund nicht verjähren, sondern es nur verwirkung gibt. bzgl. der verwirkung können die regeln über verjährung dann anhaltspunkte sein, sodass man bei stellung eines pkh-antrags wohl dem vorwurf der verwirkung entgegenwirkt, nach dem gedanken aus 204 I nr. 14 bgb.
zur der frage mit der unzuständigkeit hab ich nichts geschrieben, hatte ich keine zeit mehr für. mandanten sollten sich noch wegen abgabe einer eidesstattlichen versicherung bzgl. der ankündigung, man werde sich schon im pkh-verfahren einen anwalt nehmen, melden.
pkh-antrag auf gewährung von pkh bzgl. als entwurf beigefügter klage, sowie des pkh-verfahrens als vorbereitungskosten, ferner antrag auf beiordnung eines rechtsanwalts schon im pkh-verfahren.
und dann halt noch die klage als entwurf auf zahlung von 450 € zzgl. zinsen ihv 5% über basiszins ab dem 08.02.2014 (mahnung der mandanten, geld bis dahin zurück zu zahlen).
19.03.2014, 13:42
war der vertrag zwischen mandanten und schule denn ein ör vertrag iSv 54 ff vwvfg? ich hab es abgelehnt, da die schule keinen VA hätte erlassen können...
19.03.2014, 14:45
Was war für dich denn dann die Grundlage für die "Vereinbarung" also wie bist du da rechtlich rangegangen ?
Ergebnis bei mir: Anspruch auf Rückzahlung der 150,00 Euro (Taschen- und Eintrittsgeld)
Bzgl. 300,00 Euro Reisekosten:
1) ÖR Erstattungsanspruch im Ergebnis (-)
bin auch von einem ör Vertrag ausgegangen, habe ihn entgegen der anderen Lösungen als wirksam durchgehen lassen (denke, hier ist beides vertretbar)
- ob dieses bloße Annahmeschreiben der Schule ausreicht ist ja gerade fraglich,
und da im ÖR zum Teil die Anforderungen an das Schriftlichkeitserfordernis nicht ganz so streng wie im ZR gesetzt werden, kann man das auch ausreichen lassen
(einseitiges Bewirken der Leistung quasi als Vorstufe der Heilung ?)
- jedenfalls aber haben Mandanten durch Zahlung zum Ausdruck gebracht, dass sie an dem -möglicherweise formunwirksamen- Vertrag festhalten wollen
- daher lag bei mir Rechtsgrund vor, sodass § 812 ausschied
- darüber hinaus war ich der Auffassung, dass sich Schule auf Entreicherung berufen könnte: die Zahlung an den Reiseveranstalter erfolgte bereits mehrere Monate im Voraus (im Dezember glaube ich, fraglich ob da schon der zweite Vorfall des Sohnes geschehen war);
Schule konnte sich also darauf verlassen, dass Geld nicht zurückgefordert wird (klingt jetzt so als sei ich Vertreter der Schule^^)
2) über ÖR Folgenbeseitigungsanspruch, im Ergebnis (-)
- Wiederherstellung/Rückgängigmachung in Form von Rückzahlung also Anspruch alf Geld gerichtet
- hier habe ich problematisiert, ob ein rechtswidriges Handeln der Schule vorlag
Wie habt ihr sonst die Vorschriften des SchulG mit eingebracht ???
- das lag mMn vor: Wäre jetzt fraglich ob "rote Karte" als Ausschluss zu verstehen war
-selbst wenn zu Gunsten der Schule davon ausgegangen wird, dass das nur Warnung sein sollte, war rw, denn:
in § 62 (?) stand diese Vorgehensweise für sämtliche Maßnahmen (Gespräch mit allen Beteiligten etc) --> selbst wenn man das wegen der Dringlichkeit ablehnt stand dort, dass der Lehrer stets verhältnismäßig vorgehen muss --> hier war Vorgehen nicht in dieser Weise erforderlich
- Eltern hatten erst durch Schreiben des Schulleiters von einzelnen Vorfällen genaue Kenntnis erhalten (das war Anfang Februar also viel später)
- daher war dieser Anruf zumindest mit dem Inhalt unverhältnismäßig (Eltern wussten nichts vom Fehlverhalten, dann kommt gleich dieser "Hammer" -rote Karte- ohne, dass genau erläutert wurde, was in Vergangenheit geschehen war und dann noch wenige Stunden vor Fahrtantritt) hätte man auch anders im Sinne von milder regeln können !
......
- scheitert im Endeffekt aber ohnehin wegen Mitverschulden der Mandanten, da diese entgegen vertraglicher Regelungen (bei mir wirksam) nicht zum Arzt sind --> in Nr.4 AV Veranstaltungen war nur vorgeschrieben, dass Hinweis auf Möglichkeit des Abschlusses Reiserücktrittsversicherung zu erfolgen hat
- Schule hatte sich in Erklärung nicht nur Kenntnisnahme der AVB bestätigen lassen, sondern darüber hinaus neben den AVB Bedingungen zur Krankheit selbst noch den Satz eingefügt
(dass bei Krankheit unverzüglich ärztliches Attest einzureichen sei)
- durch Unterschrift Mandant ist das Vertragsbestandteil geworden
- in Erklärung wurde keine Aufteilung danach vorgenommen, aus welchem Beriech/ Risiokosphäre die Krankheit stammt
......
Bzgl. 150,00 Euro Taschengeld (+)
hier greift der ÖR Erstattungsanspruch
- Vereinbarung, dass das Geld der Klassenkasse zukommt, war nicht Bestandteil des Vertrages und ließ sich auch nicht durch ergänzende Vertragsauslegung oÄ ermitteln, daher Bestand hierfür kein Rechtsgrund
(- evtl hätte man noch problematisieren sollen, ob die Beschlussfassung der Elternversammlung einen Rechtsgrund darstellen kann !)
- ansonsten kein Vertrauensschutz, da Mandanten ja eindeutig dagegen gestimmt hatten (das ging ja auch aus dem Schreiben des Schulleiters von Anfang Februar ganz ausdrücklich hervor)
PKH Antrag mit Klageentwurf und Mdt.schreiben
Auf mögliche Kündigung usw bin ich leider nicht weiter eingegangen...
Ergebnis bei mir: Anspruch auf Rückzahlung der 150,00 Euro (Taschen- und Eintrittsgeld)
Bzgl. 300,00 Euro Reisekosten:
1) ÖR Erstattungsanspruch im Ergebnis (-)
bin auch von einem ör Vertrag ausgegangen, habe ihn entgegen der anderen Lösungen als wirksam durchgehen lassen (denke, hier ist beides vertretbar)
- ob dieses bloße Annahmeschreiben der Schule ausreicht ist ja gerade fraglich,
und da im ÖR zum Teil die Anforderungen an das Schriftlichkeitserfordernis nicht ganz so streng wie im ZR gesetzt werden, kann man das auch ausreichen lassen
(einseitiges Bewirken der Leistung quasi als Vorstufe der Heilung ?)
- jedenfalls aber haben Mandanten durch Zahlung zum Ausdruck gebracht, dass sie an dem -möglicherweise formunwirksamen- Vertrag festhalten wollen
- daher lag bei mir Rechtsgrund vor, sodass § 812 ausschied
- darüber hinaus war ich der Auffassung, dass sich Schule auf Entreicherung berufen könnte: die Zahlung an den Reiseveranstalter erfolgte bereits mehrere Monate im Voraus (im Dezember glaube ich, fraglich ob da schon der zweite Vorfall des Sohnes geschehen war);
Schule konnte sich also darauf verlassen, dass Geld nicht zurückgefordert wird (klingt jetzt so als sei ich Vertreter der Schule^^)
2) über ÖR Folgenbeseitigungsanspruch, im Ergebnis (-)
- Wiederherstellung/Rückgängigmachung in Form von Rückzahlung also Anspruch alf Geld gerichtet
- hier habe ich problematisiert, ob ein rechtswidriges Handeln der Schule vorlag
Wie habt ihr sonst die Vorschriften des SchulG mit eingebracht ???
- das lag mMn vor: Wäre jetzt fraglich ob "rote Karte" als Ausschluss zu verstehen war
-selbst wenn zu Gunsten der Schule davon ausgegangen wird, dass das nur Warnung sein sollte, war rw, denn:
in § 62 (?) stand diese Vorgehensweise für sämtliche Maßnahmen (Gespräch mit allen Beteiligten etc) --> selbst wenn man das wegen der Dringlichkeit ablehnt stand dort, dass der Lehrer stets verhältnismäßig vorgehen muss --> hier war Vorgehen nicht in dieser Weise erforderlich
- Eltern hatten erst durch Schreiben des Schulleiters von einzelnen Vorfällen genaue Kenntnis erhalten (das war Anfang Februar also viel später)
- daher war dieser Anruf zumindest mit dem Inhalt unverhältnismäßig (Eltern wussten nichts vom Fehlverhalten, dann kommt gleich dieser "Hammer" -rote Karte- ohne, dass genau erläutert wurde, was in Vergangenheit geschehen war und dann noch wenige Stunden vor Fahrtantritt) hätte man auch anders im Sinne von milder regeln können !
......
- scheitert im Endeffekt aber ohnehin wegen Mitverschulden der Mandanten, da diese entgegen vertraglicher Regelungen (bei mir wirksam) nicht zum Arzt sind --> in Nr.4 AV Veranstaltungen war nur vorgeschrieben, dass Hinweis auf Möglichkeit des Abschlusses Reiserücktrittsversicherung zu erfolgen hat
- Schule hatte sich in Erklärung nicht nur Kenntnisnahme der AVB bestätigen lassen, sondern darüber hinaus neben den AVB Bedingungen zur Krankheit selbst noch den Satz eingefügt
(dass bei Krankheit unverzüglich ärztliches Attest einzureichen sei)
- durch Unterschrift Mandant ist das Vertragsbestandteil geworden
- in Erklärung wurde keine Aufteilung danach vorgenommen, aus welchem Beriech/ Risiokosphäre die Krankheit stammt
......
Bzgl. 150,00 Euro Taschengeld (+)
hier greift der ÖR Erstattungsanspruch
- Vereinbarung, dass das Geld der Klassenkasse zukommt, war nicht Bestandteil des Vertrages und ließ sich auch nicht durch ergänzende Vertragsauslegung oÄ ermitteln, daher Bestand hierfür kein Rechtsgrund
(- evtl hätte man noch problematisieren sollen, ob die Beschlussfassung der Elternversammlung einen Rechtsgrund darstellen kann !)
- ansonsten kein Vertrauensschutz, da Mandanten ja eindeutig dagegen gestimmt hatten (das ging ja auch aus dem Schreiben des Schulleiters von Anfang Februar ganz ausdrücklich hervor)
PKH Antrag mit Klageentwurf und Mdt.schreiben
Auf mögliche Kündigung usw bin ich leider nicht weiter eingegangen...
19.03.2014, 23:15
(19.03.2014, 13:42)Gast schrieb: war der vertrag zwischen mandanten und schule denn ein ör vertrag iSv 54 ff vwvfg? ich hab es abgelehnt, da die schule keinen VA hätte erlassen können...
Hab ich auch gemacht.
Aber im Nachhinein gelesen, dass die Teilnahme an einer Klassenfahrt wohl doch ein Ö-Vertrag ist.
Hätte man vielleicht wissen müssen, denn ich kannte das Abgrenzungskriterium mit dem VA auch und konnte mir nicht vorstellen, wie die Schule einen VA mit entsprechendem Inhalt erlassen sollte. Zumal ich keine Pflicht in der Teilnahme an einer Fahrt sah.
Aus meiner Schulzeit kannte ich das so, dass zwar eigentlich alle Kinder mitgefahren sind, aber falls nicht, musste man in der zeit in eine andere Klasse.
Bei mir gings vor die Zivilgerichte. Ist aber wohl falsch.
20.03.2014, 00:20
(19.03.2014, 23:15)Gast schrieb:(19.03.2014, 13:42)Gast schrieb: war der vertrag zwischen mandanten und schule denn ein ör vertrag iSv 54 ff vwvfg? ich hab es abgelehnt, da die schule keinen VA hätte erlassen können...
Hab ich auch gemacht.
Aber im Nachhinein gelesen, dass die Teilnahme an einer Klassenfahrt wohl doch ein Ö-Vertrag ist.
Hätte man vielleicht wissen müssen, denn ich kannte das Abgrenzungskriterium mit dem VA auch und konnte mir nicht vorstellen, wie die Schule einen VA mit entsprechendem Inhalt erlassen sollte. Zumal ich keine Pflicht in der Teilnahme an einer Fahrt sah.
Aus meiner Schulzeit kannte ich das so, dass zwar eigentlich alle Kinder mitgefahren sind, aber falls nicht, musste man in der zeit in eine andere Klasse.
Bei mir gings vor die Zivilgerichte. Ist aber wohl falsch.
Wenn man den Wortlaut des § 54 2 VwVfG genau liest, dann sieht man dass ein ÖR-Vertrag nicht nur anstelle eines VA erlassen werden kann ("... Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde)...mit anderen Worten ein ÖR Vertrag kann auch in anderen Situationen geschlossen werden nämlich denen nach § 54 1 VwVfG.