21.10.2025, 16:13
(21.10.2025, 16:03)Patenter Gast schrieb:(21.10.2025, 15:25)Bro schrieb:(21.10.2025, 13:56)Patenter Gast schrieb: Und was hat das jetzt (unmittelbar) mit uns Anwälten zu tun? England ist seit Jahrzehnten im Niedergang der Industrie gefangen, stört die englischen Anwälte aber nicht.
Anwälte braucht es in vielen Situationen und die Entwicklung der Umsätze der Kanzleien zeigt auch (weiter) nach oben. Wer aber natürlich überall den Untergang sieht, findet ausreichend Bestätigung, dass der Untergang auf dem Weg ist.
Das, was gerade mit der deutschen Industrie (und vor allem auch dem Mittelstand) passiert, ist eigentlich nur vergleichbar mit der Deindustrialisierung Detroits. Dass die Umsätze der Kanzleien (noch) steigen (viele sinken bereits), muss nichts heißen. 2025 werden die Umsätze auf den Gesamtmarkt besehen, garantiert sinken. England ist auch nicht vergleichbar, denn dort sind Dienstleistungen vorherrschend, Industrie gibts dort vergleichsweise wenig. Ich persönlich sehe ehrlich gesagt nicht, woraus sich etwas Positives entwickeln soll.
Naja, jetzt tust du so, als ob es in Deutschland nur Industrie gab, gibt und in Zukunft geben dürfte. Wir werden uns auch mehr zu einer Dienstleistungsgesellschaft wandeln und auch dafür braucht es Anwälte.
Sicher, wer sagt, dass er in zwanzig Jahren noch genau die gleiche Mandantenbasis beraten will wie heute, der wird es schwer haben. Aber es gehört zum Anwaltsdasein dazu, dass man sich an verändernde Rahmenbedingungen anpasst.
Dass wir eine Dienstleistungsgesellschaft werden werden, ist offensichtlich. Dafür braucht es aber eigentlich einen Wandel über Jahrzehnte und nicht innerhalb weniger Jahre, wie es jetzt hier passiert. Der Mittelstand ist unfraglich das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Wenn der wegbricht (und es sieht leider so aus), dann wird das hier zu massivem Wohlstandverfall und Arbeitslosigkeit führen. Die meisten Dienstleitungsbranchen hängen nämlich mittelbar auch am Mittelstand (wie wir Rechtsanwälte auch).
21.10.2025, 16:14
(21.10.2025, 16:09)nachdenklich schrieb: Nachdem was man so lesen kann, gibt es schon viele Beschwerden über zu viel Konkurrenz und niedrige Löhne.
Das Klagen gehört zum Leben dazu. Ich hatte mal bei Recherchen einen Artikel aus den 20iger Jahren gefunden (also knapp 100 Jahre alt), in dem es darum ging, dass ein Anwalt meinte, dass die goldenen Zeiten für Rechtsanwälte jetzt vorbei wären und für die jüngere Generation an Anwälten monetär nur noch bergab ginge.
Es gehört aber wohl zum Naturell des Juristen dazu, dass er vor Veränderungen mehr Angst hat und weniger die Chancen sieht.
(21.10.2025, 16:09)nachdenklich schrieb: Nachdem was man so lesen kann, gibt es schon viele Beschwerden über zu viel Konkurrenz und niedrige Löhne.
21.10.2025, 18:46
Man darf sich nicht täuschen lassen von den hohen Kursen der Tech-Aktien. In den USA haben viele Uniabsolventen gerade auch sehr zu kämpfen und die Arbeitslosigkeit steigt. Die wirtschaftliche Lage Deutschlands will ich damit aber nicht relativieren, denn wir sind gerade auf keinem guten Weg. Als Juristen sind wir jedenfalls sehr stark an dieses Land gebunden.
22.10.2025, 08:29
Der FS Bayern will angeblich im Rahmen der Justizministerkonferenz im November den Antrag stellen, dass Rechtsdienstleistung (Beratung u Vertretung) im außergerichtlichen Bereich auch durch Versicherungen wahrgenommen werden darf.
https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldun...bayern-csu
https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldun...bayern-csu
22.10.2025, 11:04
(21.10.2025, 18:46)Paulaner schrieb: Man darf sich nicht täuschen lassen von den hohen Kursen der Tech-Aktien. In den USA haben viele Uniabsolventen gerade auch sehr zu kämpfen und die Arbeitslosigkeit steigt. Die wirtschaftliche Lage Deutschlands will ich damit aber nicht relativieren, denn wir sind gerade auf keinem guten Weg. Als Juristen sind wir jedenfalls sehr stark an dieses Land gebunden.Gebunden ja aber doch nicht auf ewig eingekerkert?
Innerhalb der EU geht doch einiges: Spanien, Italien, EU Institutionen.
Klar Sprache ist wichtig aber wenn man will schafft man auch den „Absprung“.
22.10.2025, 11:15
(22.10.2025, 11:04)Joko schrieb:Grundsätzliches Agree, allerdings ist das nochmal mit erheblichen Entbehrungen verbunden.(21.10.2025, 18:46)Paulaner schrieb: Man darf sich nicht täuschen lassen von den hohen Kursen der Tech-Aktien. In den USA haben viele Uniabsolventen gerade auch sehr zu kämpfen und die Arbeitslosigkeit steigt. Die wirtschaftliche Lage Deutschlands will ich damit aber nicht relativieren, denn wir sind gerade auf keinem guten Weg. Als Juristen sind wir jedenfalls sehr stark an dieses Land gebunden.Gebunden ja aber doch nicht auf ewig eingekerkert?
Innerhalb der EU geht doch einiges: Spanien, Italien, EU Institutionen.
Klar Sprache ist wichtig aber wenn man will schafft man auch den „Absprung“.
Man muss halt jedem Arbeitgeber im Ausland einen Mehrwert ggü. den ebenfalls qualifizierten Bewerber*innen aus dem entsprechenden Land bieten. Deutsche Rechtskenntnisse dürften da in den wenigsten Fällen den Ausschlag geben. Anders ist es vielleicht, wenn man full-on im Bereich M&A oder Finance unterwegs sein möchte, da diesbezüglich die deutsche Rechtspraxis bereits stark internationalisiert ist.
zur EU: Es ist sicher leichter gesagt als getan, einfach mal für eine der Institutionen zu arbeiten. Man kann sich nicht wie in Deutschland einfach auf eine Beamtenstelle bewerben. Die Regel ist eine jahrelange Kettenbefristung, an deren Ende ein internes Auswahlverfahren zur Beamtenernennung steht. Dazu sind die befristeten Verträge nicht besonders gut bezahlt. Das geht vielleicht mit Mitte 20 noch gut, dürfte aber für die meisten Volljurist*innen irgendwann keine Option mehr sein.
22.10.2025, 12:00
(22.10.2025, 11:15)ranger schrieb:(22.10.2025, 11:04)Joko schrieb:Grundsätzliches Agree, allerdings ist das nochmal mit erheblichen Entbehrungen verbunden.(21.10.2025, 18:46)Paulaner schrieb: Man darf sich nicht täuschen lassen von den hohen Kursen der Tech-Aktien. In den USA haben viele Uniabsolventen gerade auch sehr zu kämpfen und die Arbeitslosigkeit steigt. Die wirtschaftliche Lage Deutschlands will ich damit aber nicht relativieren, denn wir sind gerade auf keinem guten Weg. Als Juristen sind wir jedenfalls sehr stark an dieses Land gebunden.Gebunden ja aber doch nicht auf ewig eingekerkert?
Innerhalb der EU geht doch einiges: Spanien, Italien, EU Institutionen.
Klar Sprache ist wichtig aber wenn man will schafft man auch den „Absprung“.
Man muss halt jedem Arbeitgeber im Ausland einen Mehrwert ggü. den ebenfalls qualifizierten Bewerber*innen aus dem entsprechenden Land bieten. Deutsche Rechtskenntnisse dürften da in den wenigsten Fällen den Ausschlag geben. Anders ist es vielleicht, wenn man full-on im Bereich M&A oder Finance unterwegs sein möchte, da diesbezüglich die deutsche Rechtspraxis bereits stark internationalisiert ist.
zur EU: Es ist sicher leichter gesagt als getan, einfach mal für eine der Institutionen zu arbeiten. Man kann sich nicht wie in Deutschland einfach auf eine Beamtenstelle bewerben. Die Regel ist eine jahrelange Kettenbefristung, an deren Ende ein internes Auswahlverfahren zur Beamtenernennung steht. Dazu sind die befristeten Verträge nicht besonders gut bezahlt. Das geht vielleicht mit Mitte 20 noch gut, dürfte aber für die meisten Volljurist*innen irgendwann keine Option mehr sein.
EU ist nochmal tricky, stimmt.
Aber EU weit werden regelmäßig deutsche Volljuristen für die DACH Teams vor Ort gesucht. Letztens laß ich hier was von Barcelona und Malta. Und nein, dass ist bei weitem nicht nur M&A.
Klar Litigation oder Datenschutz geht natürlich einfacher. Aber es gibt schon einige Stellen EU-weit abseits der Großkanzleien.
23.10.2025, 18:59
Mal ehrlich: Wer sich den deutschen Arbeitsmarkt derzeit anschaut, braucht kein Pessimist zu sein, um Bauchschmerzen zu bekommen. Der einst starke Industriestandort wurde in den letzten Jahren politisch eher stiefmütterlich behandelt – oder besser gesagt: totreguliert und dann vergessen.
Und der Bürger? Der zahlt brav mit – über Steuern, Abgaben, Gebühren, Umlagen und, wenn’s geht, nochmal über die Mehrwertsteuer. Es ist eine Art Dauer-Mehrfachbesteuerung ohne Gegenleistung. Die Straßen bröckeln, die Bahn bleibt stehen, die Schulen vergammeln – aber Hauptsache, wir haben neue Beratungsstellen für digitale Teilhabe.
Als nächstes kommen KI und Automation, wodurch sich irgendwann eine ganze Reihe von Aufgaben erledigen lassen. Da wird die Luft für Dienstleister - und zu den gehören nunmal aucz Anwälte - dünn werden. Vielleicht ist KI jetzt noch nicht so weit, aber das Ganze wird stets weiterentwickelt.
Ich habe die letzten zwei Jahre im Ausland verbracht und war schon erschrocken, als ich wieder in Deutschland war.
Und der Bürger? Der zahlt brav mit – über Steuern, Abgaben, Gebühren, Umlagen und, wenn’s geht, nochmal über die Mehrwertsteuer. Es ist eine Art Dauer-Mehrfachbesteuerung ohne Gegenleistung. Die Straßen bröckeln, die Bahn bleibt stehen, die Schulen vergammeln – aber Hauptsache, wir haben neue Beratungsstellen für digitale Teilhabe.
Als nächstes kommen KI und Automation, wodurch sich irgendwann eine ganze Reihe von Aufgaben erledigen lassen. Da wird die Luft für Dienstleister - und zu den gehören nunmal aucz Anwälte - dünn werden. Vielleicht ist KI jetzt noch nicht so weit, aber das Ganze wird stets weiterentwickelt.
Ich habe die letzten zwei Jahre im Ausland verbracht und war schon erschrocken, als ich wieder in Deutschland war.
23.10.2025, 19:09
(23.10.2025, 18:59)Legalicious schrieb: Mal ehrlich: Wer sich den deutschen Arbeitsmarkt derzeit anschaut, braucht kein Pessimist zu sein, um Bauchschmerzen zu bekommen. Der einst starke Industriestandort wurde in den letzten Jahren politisch eher stiefmütterlich behandelt – oder besser gesagt: totreguliert und dann vergessen.Die Frage ist, ob es Jurist*innen im Ausland besser geht oder besser gehen wird. Immerhin sind die ja genauso von AI-fication ihrer Branche betroffen.
Und der Bürger? Der zahlt brav mit – über Steuern, Abgaben, Gebühren, Umlagen und, wenn’s geht, nochmal über die Mehrwertsteuer. Es ist eine Art Dauer-Mehrfachbesteuerung ohne Gegenleistung. Die Straßen bröckeln, die Bahn bleibt stehen, die Schulen vergammeln – aber Hauptsache, wir haben neue Beratungsstellen für digitale Teilhabe.
Als nächstes kommen KI und Automation, wodurch sich irgendwann eine ganze Reihe von Aufgaben erledigen lassen. Da wird die Luft für Dienstleister - und zu den gehören nunmal aucz Anwälte - dünn werden. Vielleicht ist KI jetzt noch nicht so weit, aber das Ganze wird stets weiterentwickelt.
Ich habe die letzten zwei Jahre im Ausland verbracht und war schon erschrocken, als ich wieder in Deutschland war.
Ein Kumpel meinte grade zu mir, dass der ÖD wirklich langfristig die beste Option ist, da man da wenigstens sicher sein kann, dass sie das mit AI nicht hinkriegen.
Ansonsten stimme ich deiner Diagnose voll zu. Es ist alles zum Schreien.
23.10.2025, 20:54
(23.10.2025, 19:09)ranger schrieb:(23.10.2025, 18:59)Legalicious schrieb: Mal ehrlich: Wer sich den deutschen Arbeitsmarkt derzeit anschaut, braucht kein Pessimist zu sein, um Bauchschmerzen zu bekommen. Der einst starke Industriestandort wurde in den letzten Jahren politisch eher stiefmütterlich behandelt – oder besser gesagt: totreguliert und dann vergessen.Die Frage ist, ob es Jurist*innen im Ausland besser geht oder besser gehen wird. Immerhin sind die ja genauso von AI-fication ihrer Branche betroffen.
Und der Bürger? Der zahlt brav mit – über Steuern, Abgaben, Gebühren, Umlagen und, wenn’s geht, nochmal über die Mehrwertsteuer. Es ist eine Art Dauer-Mehrfachbesteuerung ohne Gegenleistung. Die Straßen bröckeln, die Bahn bleibt stehen, die Schulen vergammeln – aber Hauptsache, wir haben neue Beratungsstellen für digitale Teilhabe.
Als nächstes kommen KI und Automation, wodurch sich irgendwann eine ganze Reihe von Aufgaben erledigen lassen. Da wird die Luft für Dienstleister - und zu den gehören nunmal aucz Anwälte - dünn werden. Vielleicht ist KI jetzt noch nicht so weit, aber das Ganze wird stets weiterentwickelt.
Ich habe die letzten zwei Jahre im Ausland verbracht und war schon erschrocken, als ich wieder in Deutschland war.
Ein Kumpel meinte grade zu mir, dass der ÖD wirklich langfristig die beste Option ist, da man da wenigstens sicher sein kann, dass sie das mit AI nicht hinkriegen.
Ansonsten stimme ich deiner Diagnose voll zu. Es ist alles zum Schreien.
Natürlich ist der Arbeitsmarkt aktuell nicht der Beste, aber dieses Gejammer und Deutschland-Bashing wirkt auf mich schon sehr verzweifelt und teilweise unwissend.
Natürlich läuft nicht alles wie es sollte und vieles läuft auch gar nicht, aber habt ihr nicht auch studiert und euch und euer Wissen irgendwo einzusetzen und Sachen/Prozesse positiv zu beeinflussen?
Das man mit der Einstellung "es ist alles kacke" und ich will doch nur irgendwo 100k verdienen nichts findet verwundert nicht wirklich.
Zudem: in welchem Land warst du denn wo alles so viel besser läuft?


