11.07.2025, 17:05
Kann jemand kurz berichten, was heute in NRW dran kam? :)
11.07.2025, 17:35
Absolut keine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit, nur meine Lösung:
Hessen: ArbeitsR aus Anwaltssicht
Grund-Sachverhalt: Mandant schwerbehinderter Angestellter mit Aggressionsproblemen.
„Teil“ 1): befreundeter Kollege von ihm hat eine Abmahnung wegen unentschuldigtem Zuspätkommen erhalten, die er für unbegründet hält. Daher hat er bereits selbständig Klage auf Feststellubg der RWK der seinem Kollegen gegenüber ausgesprochenen Abmahnung erhoben
Es sollte nur die Zulässigkeit dessen geprüft werden.
Lösung dazu: Es dürfte am FI nach 256 I fehlen, weil es sich dabei nicht um ein Rechtsverhältnis zwischen Mandant ubd AG handelt und es sich um eine bloße abstrakte Rechtsfrage und damit kein Feststellungsfähiges RV handelt.
„Teil“ 2: Mandant hatte in der Vergangenheit schon wegen Beleidigungen/körperlichen Übergriffen Abmahnungen kassiert. Entsprechende Massnahmen nach 167 SGB IX tut er als Firlefanz ab. An einem Tag dreht er mehr oder weniger durch und beleidigt einen als „Arschloch“ und fährt mehr oder weniger vorsätzlich auf den Vorgesetzten zu, der nur durch Zufall unverletzt bleibt. Es kommt zum Personalgespräch, wo er sich uneinsichtig zeigt.
In der Klageerwiderung des AGs zu der bereits vom Mandanten erhobenen Feststellungsklage spricht der nur eine Prozessvollmacht vorlegende Anwalt eine AOK wegen dieser beiden Vorfälle aus.
Das integrationsamt wurde 20 Tage nach dem Vorfall um Zustimmung gebeten. Die AOK wurde noch später ausgesprochen.
Aufgabe: prüfe materielle Rechtslage bzgl. Der Kündigung und sodann die Zulässigkeit einer Klageerweiterung
A. materielle Rechtslage
I. Wirksamkeitsfiktion nach 4, 7 KSchG
- bei AOK wegen 13 I 2 anwendbar
- hier noch einhaltbar, weil MDT-Gespräch heute genau 3 Wochen nach Zugang der Klageerwiderung (mit der Kündigung)
- aber ohnehin egal, weil keine schriftliche Kündigung, 126 I, 623 BGB, beA als elektronische Form nach 126 III geht wegen 623 HS 2 gerade nicht
- wenn keine schriftliche Kdg auch keine Präklusion
II. Besonderer KSchG nach 168 ff SGB IX
-> hier 174 II Frist missachtet, daher Kündigung unwirksam
III. Formelle WirksamkeitsVssen
- fehlende Schriftform (s.o.)
- zudem uU Zurückweisujg nach 174/180?
- 174 BGB dann, wenn Vollmacht existent, aber nicht vorgelegt
- 180 BGB dann, wenn gar keine Bevollmächtigung
- hier Prozessvollmacht nach 80 ZPO, die von rechtsgeschäftlicher Vollmscht zu unterscheiden ist und nicht zur Kündigung berechtigt
Damit an sich Fall des 180 S. 2 BGB, sodass Gefahr der Genehmigung besteht, aber laut Grüneberg 626 II Frist auf die Möglicjkeit der Genehmigung anzuwenden, die verstrichen ist
- für den unwahrscheinlichen Fall, dass tatsächlich eine separate rechtsgeschäftliche Vollmscht existiert, hätte diese unverzüglich zurückgewiesen werden müssen (was hier nicht passiert ist und nicht mehr geht, weil zu spät, 121 BGB). Falls dem nicht so ist muss die Prozessvollmacjt auch nicht zurpckgewiesen werden, weil - wie gesagt - keine rechtsgeschäftliche Vollmscht iSv 167, 174
- führt daher mangels wirksamer Abgabe iÜ ebenso dazu, dass keine Präklusion möglich
Materielle Vssen
I. 626 II Frist
- eig verstrichen
- AG hätte aber ausnahmsweise noch die Möglichkeit nachträglichbzu kündigen, wenn er gem 174 II, V SGB IX das integrationsamt rechtzeitig eingeschaltet hätte, was aber ebenfalls (-), daher auch deshalb Kündigung verfristet
II. Wichtiger Grund
- Prüfungsmasstab
- 2 Stufen-Prüfung
1. Stufe: abstrakt-generelle Eignung -> quasi inzidente Prüfung einer verhaltensbedingten Kündigung
- schuldhafte Pflichtverletzung 611a, 241 II
- Negativprognose
- Vorrang der Abmahnung: hier entbehrlich, auch wenn vorher bei ähnlichen Verstößen immer abgemahnt wurde
- 167 I SGB IX anzubieten bloße Förmelei
- hier natürlich sehr viel argumentiert
- (+)
2. stufe: Zumutbarkeit abwarten ordentliche Kündigungsfrist
- inzidente Prüfung 622 BGB: hier 32 Jahre schon Mitarbeiter, daher ewig lange Kündigungsfrist, was nicht zumutbar ist mit weiteren blabla Argumenten
Daher AO Kündigung inhaltlich an sich rm, aber wie gezeigt aus den andern Gründen unwirksam
Dann noch 134 BGB iVm 7 AGG geprüft:
- Schwerbehinderung = Merkmal iSv 1 AGG
- Motivbündel reicht
- aber Beweislast bei Mandant
- zwar 22 zu seinen Gunsten, hier aber nichts ersichtlich, insbesondere nicht im sich an die Vorfälle anschließenden Personalgespräch
IE AOK aus den O.g. „Formellen“ Gründen rechtsunwirksam
Noch Umdeutung nach 140 angeprüft, geht aber jedenfalls momentan noch nicht durch, weil das Integrationsamt der OK noch nicht zugestimmt hat.
Dann Zulässigkeit der Klageerweiterung
(+) nach 263 Alt. 1, 267, weil die AG in der Klageerwiderung bereits antizipiert auf den SV zur Kündigung eingelassen hat
FI nach 256 I (+) zur Vermeidung der Präklusion als qualifizierte ProzessVss
Zuständigkeit 8, 48 Ia ArbGG
Dann war als praktischer teil kein Schriftsatz, sondern nur der KSch-Antrag nach dem punktuellen Streitgegenstand zu formulieren.
Auch ZMK und andere Anträge (Schleppnetz) oder so waren wie der Schriftsatz und die Prüfung der Begründetheit der RWK der Abmahnung („Teil“ I) vollständig erlassen.
Hessen: ArbeitsR aus Anwaltssicht
Grund-Sachverhalt: Mandant schwerbehinderter Angestellter mit Aggressionsproblemen.
„Teil“ 1): befreundeter Kollege von ihm hat eine Abmahnung wegen unentschuldigtem Zuspätkommen erhalten, die er für unbegründet hält. Daher hat er bereits selbständig Klage auf Feststellubg der RWK der seinem Kollegen gegenüber ausgesprochenen Abmahnung erhoben
Es sollte nur die Zulässigkeit dessen geprüft werden.
Lösung dazu: Es dürfte am FI nach 256 I fehlen, weil es sich dabei nicht um ein Rechtsverhältnis zwischen Mandant ubd AG handelt und es sich um eine bloße abstrakte Rechtsfrage und damit kein Feststellungsfähiges RV handelt.
„Teil“ 2: Mandant hatte in der Vergangenheit schon wegen Beleidigungen/körperlichen Übergriffen Abmahnungen kassiert. Entsprechende Massnahmen nach 167 SGB IX tut er als Firlefanz ab. An einem Tag dreht er mehr oder weniger durch und beleidigt einen als „Arschloch“ und fährt mehr oder weniger vorsätzlich auf den Vorgesetzten zu, der nur durch Zufall unverletzt bleibt. Es kommt zum Personalgespräch, wo er sich uneinsichtig zeigt.
In der Klageerwiderung des AGs zu der bereits vom Mandanten erhobenen Feststellungsklage spricht der nur eine Prozessvollmacht vorlegende Anwalt eine AOK wegen dieser beiden Vorfälle aus.
Das integrationsamt wurde 20 Tage nach dem Vorfall um Zustimmung gebeten. Die AOK wurde noch später ausgesprochen.
Aufgabe: prüfe materielle Rechtslage bzgl. Der Kündigung und sodann die Zulässigkeit einer Klageerweiterung
A. materielle Rechtslage
I. Wirksamkeitsfiktion nach 4, 7 KSchG
- bei AOK wegen 13 I 2 anwendbar
- hier noch einhaltbar, weil MDT-Gespräch heute genau 3 Wochen nach Zugang der Klageerwiderung (mit der Kündigung)
- aber ohnehin egal, weil keine schriftliche Kündigung, 126 I, 623 BGB, beA als elektronische Form nach 126 III geht wegen 623 HS 2 gerade nicht
- wenn keine schriftliche Kdg auch keine Präklusion
II. Besonderer KSchG nach 168 ff SGB IX
-> hier 174 II Frist missachtet, daher Kündigung unwirksam
III. Formelle WirksamkeitsVssen
- fehlende Schriftform (s.o.)
- zudem uU Zurückweisujg nach 174/180?
- 174 BGB dann, wenn Vollmacht existent, aber nicht vorgelegt
- 180 BGB dann, wenn gar keine Bevollmächtigung
- hier Prozessvollmacht nach 80 ZPO, die von rechtsgeschäftlicher Vollmscht zu unterscheiden ist und nicht zur Kündigung berechtigt
Damit an sich Fall des 180 S. 2 BGB, sodass Gefahr der Genehmigung besteht, aber laut Grüneberg 626 II Frist auf die Möglicjkeit der Genehmigung anzuwenden, die verstrichen ist
- für den unwahrscheinlichen Fall, dass tatsächlich eine separate rechtsgeschäftliche Vollmscht existiert, hätte diese unverzüglich zurückgewiesen werden müssen (was hier nicht passiert ist und nicht mehr geht, weil zu spät, 121 BGB). Falls dem nicht so ist muss die Prozessvollmacjt auch nicht zurpckgewiesen werden, weil - wie gesagt - keine rechtsgeschäftliche Vollmscht iSv 167, 174
- führt daher mangels wirksamer Abgabe iÜ ebenso dazu, dass keine Präklusion möglich
Materielle Vssen
I. 626 II Frist
- eig verstrichen
- AG hätte aber ausnahmsweise noch die Möglichkeit nachträglichbzu kündigen, wenn er gem 174 II, V SGB IX das integrationsamt rechtzeitig eingeschaltet hätte, was aber ebenfalls (-), daher auch deshalb Kündigung verfristet
II. Wichtiger Grund
- Prüfungsmasstab
- 2 Stufen-Prüfung
1. Stufe: abstrakt-generelle Eignung -> quasi inzidente Prüfung einer verhaltensbedingten Kündigung
- schuldhafte Pflichtverletzung 611a, 241 II
- Negativprognose
- Vorrang der Abmahnung: hier entbehrlich, auch wenn vorher bei ähnlichen Verstößen immer abgemahnt wurde
- 167 I SGB IX anzubieten bloße Förmelei
- hier natürlich sehr viel argumentiert
- (+)
2. stufe: Zumutbarkeit abwarten ordentliche Kündigungsfrist
- inzidente Prüfung 622 BGB: hier 32 Jahre schon Mitarbeiter, daher ewig lange Kündigungsfrist, was nicht zumutbar ist mit weiteren blabla Argumenten
Daher AO Kündigung inhaltlich an sich rm, aber wie gezeigt aus den andern Gründen unwirksam
Dann noch 134 BGB iVm 7 AGG geprüft:
- Schwerbehinderung = Merkmal iSv 1 AGG
- Motivbündel reicht
- aber Beweislast bei Mandant
- zwar 22 zu seinen Gunsten, hier aber nichts ersichtlich, insbesondere nicht im sich an die Vorfälle anschließenden Personalgespräch
IE AOK aus den O.g. „Formellen“ Gründen rechtsunwirksam
Noch Umdeutung nach 140 angeprüft, geht aber jedenfalls momentan noch nicht durch, weil das Integrationsamt der OK noch nicht zugestimmt hat.
Dann Zulässigkeit der Klageerweiterung
(+) nach 263 Alt. 1, 267, weil die AG in der Klageerwiderung bereits antizipiert auf den SV zur Kündigung eingelassen hat
FI nach 256 I (+) zur Vermeidung der Präklusion als qualifizierte ProzessVss
Zuständigkeit 8, 48 Ia ArbGG
Dann war als praktischer teil kein Schriftsatz, sondern nur der KSch-Antrag nach dem punktuellen Streitgegenstand zu formulieren.
Auch ZMK und andere Anträge (Schleppnetz) oder so waren wie der Schriftsatz und die Prüfung der Begründetheit der RWK der Abmahnung („Teil“ I) vollständig erlassen.
11.07.2025, 17:50
NRW lag wohl das Urteil in abgewandelter Form zu Grunde: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Do...71?hl=true
11.07.2025, 18:00
Hessen: 47h ArbGG war noch wichtig zu sehen, da dann elektronische Signatur ausreichend.
Wie würdet ihr die drei Aufgaben prozentual gewichten?
1. 70 Prozent
2. Beiden Zulässigkeiten 20 Prozent
3. Anträge 10
Wie würdet ihr die drei Aufgaben prozentual gewichten?
1. 70 Prozent
2. Beiden Zulässigkeiten 20 Prozent
3. Anträge 10
11.07.2025, 18:09
Achso und bzgl. des Integrationamtes war die Fristversäumung egal. Herrin des Verfahrens, hat einen positiven Bescheid erlassen und gab eine Norm noch im SGB IX, dass die Frist nach Bescheid geheilt wird des 626 Absatz 2 BGB, wenn Entscheidung des Amtes nach frisrversäumung ergeht.
Kurz gesagt: Antragsfrist nach SGB IX prüft das Amt, das Gericht darf lediglich 626 Absatz.2 BGB prüfen.
Kurz gesagt: Antragsfrist nach SGB IX prüft das Amt, das Gericht darf lediglich 626 Absatz.2 BGB prüfen.
11.07.2025, 18:51
Jup, bzgl den beiden Sachen lag ich daneben
11.07.2025, 18:55
Sonst liest sich das aber sehr gut:)
Wie würdest du das prozentual einordnen? Also wie stark zählen die unterschiedlichen Aufgaben?
Wie würdest du das prozentual einordnen? Also wie stark zählen die unterschiedlichen Aufgaben?
11.07.2025, 19:52
(11.07.2025, 18:09)Ref2025 hessen schrieb: Achso und bzgl. des Integrationamtes war die Fristversäumung egal. Herrin des Verfahrens, hat einen positiven Bescheid erlassen und gab eine Norm noch im SGB IX, dass die Frist nach Bescheid geheilt wird des 626 Absatz 2 BGB, wenn Entscheidung des Amtes nach frisrversäumung ergeht.
Kurz gesagt: Antragsfrist nach SGB IX prüft das Amt, das Gericht darf lediglich 626 Absatz.2 BGB prüfen.
Zu der Frage gibt es konfligierende BAG-Rechtsprechung. Das BAG scheint da aber zuletzt seine Meinung geändert zu haben und stimmt dir zu, dass die Fristversäumung durch das Integrationsamt geheilt werden kann.
Es wird aber sicherlich beides gut vertretbar sein, da die konkrete BAG-Rechtsprechung zu irgendwelchen SGB IX Normen ohne Kommentar wohl kaum verlangt sein kann.
11.07.2025, 19:59
(11.07.2025, 18:55)Ref2025 hessen schrieb: Sonst liest sich das aber sehr gut:)Aber es sollte doch gar nicht die Zulässigkeit der Kündigungsschutzklage geprüft werden sondern nur die Zulässigkeit der Klageerweiterung? Dementsprechend würde ich eher denken dass auf den ganzen letzten Teil mit Antrag 20% gehen
Wie würdest du das prozentual einordnen? Also wie stark zählen die unterschiedlichen Aufgaben?
11.07.2025, 20:00