21.08.2024, 12:00
Hallo zusammen,
ich stelle mir zunehmend die Frage, wie die Chancen derzeit für Berufseinsteiger mit Doppel-VB und Dr. (oder vergleichbar; aber eben generell mit guten "Ausbildungsqualifikationen") liegen, einen Job mit einem Gehalt zwischen 80.000 und 100.000 EUR zum Einstieg in Unternehmen zu finden. Ich kenne die Azur-Zahlen und weiß entsprechend, dass wohl manche Arbeitgeber ca. 100.000 EUR zum Einstieg zahlen (bspw. Siemens). Ich frage mich, womit man grundsätzlich bei größeren Unternehmen in NRW rechnen kann.
Hintergrund meiner Frage ist unter anderem auch, mit welchen Gehaltsvorstellungen man sinnvollerweise bei einem Unternehmen vorstellig werden sollte - ohne sich sofort zu disqualifizieren. Dabei sollte man wohl zwischen Unternehmen wie E.ON, RWE, Bayer etc. und solchen wie Henkel, REWE, großen Versicherungen etc. unterscheiden (vielleicht schätze ich hier auch die jeweilige Größe und Zahlungsbereitschaft völlig falsch ein).
Gleichzeitig frage ich mich auch, was an "Arbeitsbereitschaft" und Erreichbarkeit in derartigen Unternehmen erwartet wird. Wird man dort eher mit 50h+/Woche rechnen müssen, dafür aber weitestgehende Planbarkeit an Wochenenden/im Urlaub sowie zu späteren Uhrzeiten haben? Ich finde nämlich genau diesen Punkt besonders wichtig für meine Entscheidung zwischen Unternehmen und Kanzlei. Die Vorstellung, jederzeit abrufbereit sein zu müssen und einen gebuchten Urlaub am Laptop zu verbringen (wir reden nicht von einer kurzen Antwort auf E-Mails), schreckt mich ehrlich gesagt ab. Und zwar so sehr, dass ich auf nahezu das doppelte Gehalt verzichten würde. Andererseits finde ich es nachvollziehbar, dass man für ein hohes Gehalt auch in Unternehmen mehr als 40h/Woche arbeiten soll. Letztlich sind Juristen für Unternehmen auch nur ein Teil des Gesamtsystems.
Ich habe hier im Forum viel mitgelesen und weiß, dass es bereits verschiedene Threads zu diesen Themen gibt. Viele sind allerdings verhältnismäßig alt oder teils unbeantwortet geblieben.
Vielen Dank für jede Antwort!
ich stelle mir zunehmend die Frage, wie die Chancen derzeit für Berufseinsteiger mit Doppel-VB und Dr. (oder vergleichbar; aber eben generell mit guten "Ausbildungsqualifikationen") liegen, einen Job mit einem Gehalt zwischen 80.000 und 100.000 EUR zum Einstieg in Unternehmen zu finden. Ich kenne die Azur-Zahlen und weiß entsprechend, dass wohl manche Arbeitgeber ca. 100.000 EUR zum Einstieg zahlen (bspw. Siemens). Ich frage mich, womit man grundsätzlich bei größeren Unternehmen in NRW rechnen kann.
Hintergrund meiner Frage ist unter anderem auch, mit welchen Gehaltsvorstellungen man sinnvollerweise bei einem Unternehmen vorstellig werden sollte - ohne sich sofort zu disqualifizieren. Dabei sollte man wohl zwischen Unternehmen wie E.ON, RWE, Bayer etc. und solchen wie Henkel, REWE, großen Versicherungen etc. unterscheiden (vielleicht schätze ich hier auch die jeweilige Größe und Zahlungsbereitschaft völlig falsch ein).
Gleichzeitig frage ich mich auch, was an "Arbeitsbereitschaft" und Erreichbarkeit in derartigen Unternehmen erwartet wird. Wird man dort eher mit 50h+/Woche rechnen müssen, dafür aber weitestgehende Planbarkeit an Wochenenden/im Urlaub sowie zu späteren Uhrzeiten haben? Ich finde nämlich genau diesen Punkt besonders wichtig für meine Entscheidung zwischen Unternehmen und Kanzlei. Die Vorstellung, jederzeit abrufbereit sein zu müssen und einen gebuchten Urlaub am Laptop zu verbringen (wir reden nicht von einer kurzen Antwort auf E-Mails), schreckt mich ehrlich gesagt ab. Und zwar so sehr, dass ich auf nahezu das doppelte Gehalt verzichten würde. Andererseits finde ich es nachvollziehbar, dass man für ein hohes Gehalt auch in Unternehmen mehr als 40h/Woche arbeiten soll. Letztlich sind Juristen für Unternehmen auch nur ein Teil des Gesamtsystems.
Ich habe hier im Forum viel mitgelesen und weiß, dass es bereits verschiedene Threads zu diesen Themen gibt. Viele sind allerdings verhältnismäßig alt oder teils unbeantwortet geblieben.
Vielen Dank für jede Antwort!
21.08.2024, 12:21
Gerade bei den genannte sehr großen Unternehmen bestehen in der Regel Tarifverträge, das heißt den verfügbaren Stellen im Unternehmen sind in der Regel feste EG zugeordnet, deren Voraussetzungen und Kompensationen sich den jeweiligen Branchen-/Haustarifverträgen entnehmen lassen. Das Gleiche gilt auch für die tarifliche festgelegte Arbeitszeit. Abweichungen davon wären allenfalls durch außertarifliche Arbeitsverträge möglich, da diese aber einen Mindestabstand zum höchsten tariflichen Entgelt beachten müssen, ist in der Regel nicht davon auszugehen, dass ein Berufseinsteiger AT eingestellt wird. Bei mehrjähriger, einschlägiger Berufserfahrung kann das je nach Branche und der Spezifikation der Stelle ggf. anders aussehen, insbesondere, wenn Führungskraft.
Du kannst ja einfach mal in die Branchentarifverträge schauen, die dich interessieren. Das ist alles online auffindbar meist über die Gewerkschaftsseite und/oder den jeweiligen Arbeitgeberverband.
Im Übrigen ja, Juristen sind nur Teil des Gesamtsystems des Unternehmens, allerdings sind sie ein vergleichsweise teurer Teil (im Vergleich zu anderen), der selbst weder direkt noch indirekt zum Umsatz des Unternehmens beiträgt. Darin unterscheidet sich dann doch der Jurist im Unternehmen, vom Jurist in der Kanzlei. Das Unternehmen stellt dann eigene Juristen ein, wenn es in der Regel aufgrund von Branche und/oder Größe dauerhaft derart viele rechtliche Fragestellungen und zu beachtende Vorschriften gibt, dass sich der Kostenpunkt der ständigen "Verfügbarkeit" auch für kleine Sachen etc. im Vergleich zum out-sourcing mehr "lohnt". Die Kanzlei stellt Juristen ein, weil sie Umsatz generieren sollen - Juristen in der Kanzlei sind aus Unternehmensperspektive wie der Fließbandarbeiter bei VW. Juristen im Unternehmen sind wie Personaler im Unternehmen, irgendwann kann das der Inhaber/die Unternehmensführung/mittleres Managemeent/whatever nicht mehr sinnvoll selbst übernehmen, dann holt man jemand extra dafür, den man idR aber niedriger vergüten kann als wenn man plötzlich zwei Führungskräfte haben müsste damit die das selbst weitermachen.
In nicht tarifgebundenen mittelständischen Unternehmen kann Vergütung/Arbeitszeit etc. durchaus variieren und hängen eben von der individuellen Vereinbarung ab.
Du kannst ja einfach mal in die Branchentarifverträge schauen, die dich interessieren. Das ist alles online auffindbar meist über die Gewerkschaftsseite und/oder den jeweiligen Arbeitgeberverband.
Im Übrigen ja, Juristen sind nur Teil des Gesamtsystems des Unternehmens, allerdings sind sie ein vergleichsweise teurer Teil (im Vergleich zu anderen), der selbst weder direkt noch indirekt zum Umsatz des Unternehmens beiträgt. Darin unterscheidet sich dann doch der Jurist im Unternehmen, vom Jurist in der Kanzlei. Das Unternehmen stellt dann eigene Juristen ein, wenn es in der Regel aufgrund von Branche und/oder Größe dauerhaft derart viele rechtliche Fragestellungen und zu beachtende Vorschriften gibt, dass sich der Kostenpunkt der ständigen "Verfügbarkeit" auch für kleine Sachen etc. im Vergleich zum out-sourcing mehr "lohnt". Die Kanzlei stellt Juristen ein, weil sie Umsatz generieren sollen - Juristen in der Kanzlei sind aus Unternehmensperspektive wie der Fließbandarbeiter bei VW. Juristen im Unternehmen sind wie Personaler im Unternehmen, irgendwann kann das der Inhaber/die Unternehmensführung/mittleres Managemeent/whatever nicht mehr sinnvoll selbst übernehmen, dann holt man jemand extra dafür, den man idR aber niedriger vergüten kann als wenn man plötzlich zwei Führungskräfte haben müsste damit die das selbst weitermachen.
In nicht tarifgebundenen mittelständischen Unternehmen kann Vergütung/Arbeitszeit etc. durchaus variieren und hängen eben von der individuellen Vereinbarung ab.
21.08.2024, 15:36
Es ist so, wie RefNdsOL schreibt.
Bis knapp unter 100k und als Berufseinsteiger bist du im Normalfall im Tarifvertrag eingruppiert. D.h. du arbeitest die im Tarifvertrag vorgesehenen Stunden von 35-40h, je nach Tarifvertrag. Klar, kann es in intensiven Phasen auch zu Überstunden kommen. Da diese aber voll erfasst werden, kannst du entsprechenden Zeitausgleich nehmen, sprich freie Tage oder einzelne Stunden.
Alle dieser Unternehmen haben einen Betriebsrat, der die Hand darüber hält, dass die Vorgaben eingehalten werden. Übrigens auch bei den ATlern, auch wenn dort nicht ganz so strikt.
Im Urlaub und am Wochenende musst du keine E-Mails lesen und beantworten. Auch darauf achtet der Betriebsrat.
Die Antwort zur Zahlungsbereitschaft hast du dir ebenfalls schon gegeben. Als Jurist bist du nur ein Rädchen im Gesamtsystem. Juristen sind wie andere Akademiker eingruppiert. Du wirst also nicht besser bezahlt als der Ingenieur.
100k wirst du als Berufseinsteiger eher nicht bekommen. Wenn du mit 90-95k in die Verhandlungen gehst, wirst du dich voraussichtlich nicht ins Aus schießen. Bei uns, einem Konzernunternehnen der von dir genannten Firmen, würdest du derzeit mit rund 87k einsteigen.
Bis knapp unter 100k und als Berufseinsteiger bist du im Normalfall im Tarifvertrag eingruppiert. D.h. du arbeitest die im Tarifvertrag vorgesehenen Stunden von 35-40h, je nach Tarifvertrag. Klar, kann es in intensiven Phasen auch zu Überstunden kommen. Da diese aber voll erfasst werden, kannst du entsprechenden Zeitausgleich nehmen, sprich freie Tage oder einzelne Stunden.
Alle dieser Unternehmen haben einen Betriebsrat, der die Hand darüber hält, dass die Vorgaben eingehalten werden. Übrigens auch bei den ATlern, auch wenn dort nicht ganz so strikt.
Im Urlaub und am Wochenende musst du keine E-Mails lesen und beantworten. Auch darauf achtet der Betriebsrat.
Die Antwort zur Zahlungsbereitschaft hast du dir ebenfalls schon gegeben. Als Jurist bist du nur ein Rädchen im Gesamtsystem. Juristen sind wie andere Akademiker eingruppiert. Du wirst also nicht besser bezahlt als der Ingenieur.
100k wirst du als Berufseinsteiger eher nicht bekommen. Wenn du mit 90-95k in die Verhandlungen gehst, wirst du dich voraussichtlich nicht ins Aus schießen. Bei uns, einem Konzernunternehnen der von dir genannten Firmen, würdest du derzeit mit rund 87k einsteigen.
21.08.2024, 16:27
Hi,
rein aus Interesse: findest du denn überhaupt Stellen als Berufsanfänger?
Ich habe damals (außer bei irgendwelchen Mini-Unternehmen) nur Ausschreibungen gefunden, die 3-5 Jahre Berufserfahrung gefordert haben, bestenfalls natürlich einschlägig in einem Unternehmen :-D
Bin dann letztlich zur Justiz gegangen
rein aus Interesse: findest du denn überhaupt Stellen als Berufsanfänger?
Ich habe damals (außer bei irgendwelchen Mini-Unternehmen) nur Ausschreibungen gefunden, die 3-5 Jahre Berufserfahrung gefordert haben, bestenfalls natürlich einschlägig in einem Unternehmen :-D
Bin dann letztlich zur Justiz gegangen
21.08.2024, 16:35
(21.08.2024, 16:27)MichaelJordan schrieb: Hi,
rein aus Interesse: findest du denn überhaupt Stellen als Berufsanfänger?
Ich habe damals (außer bei irgendwelchen Mini-Unternehmen) nur Ausschreibungen gefunden, die 3-5 Jahre Berufserfahrung gefordert haben, bestenfalls natürlich einschlägig in einem Unternehmen :-D
Bin dann letztlich zur Justiz gegangen
Kann die Frage absolut nachvollziehen. Stellen für Berufseinsteiger sind wirklich selten zu finden.