Planlos nach dem 2. Examen

[Ref_NRW_Okt23]

Hi zusammen, 

ich habe kürzlich mein 2. Examen gemacht und habe insgesamt jetzt 2x VB, kann also wirklich nicht meckern. Damit stehen mir theoretisch die allermeisten Möglichkeiten offen und ich habe sozusagen die "Qual der Wahl" und das ist auch mein (Luxus-)problem. Ich kann mir irgendwie alles, aber irgendwie auch nichts vorstellen für meine berufliche Zukunft. Mein Schwerpunkt lag bisher eher im Öffentlichen Recht, aber im Zivilrecht war ich auch nicht schlecht. Von Großkanzleien habe ich mich aufgrund des speziellen "Mindsets" bislang ferngehalten, zögere aber, ob ich dem ganzen nicht doch eine Chance geben soll. Auch mit dem Richterdienst liebäugele ich (dann wohl eher am VG), hab aber das Gefühl, wenn ich mich jetzt schon dafür entscheide, ist es irgendwie so endgültig und ich würde gerne vorher nochmal die "richtige" Arbeitswelt kennenlernen. Ich habe das Gefühl, mir fehlt auch ein bisschen die Fantasie...eine Tätigkeit als Anwalt hatte ich bisher eigentlich auch eher ausgeschlossen, schwanke aber jetzt wieder. Ich hab das Gefühl, einige Unsicherheit kommt auch von der unterschwelligen Angst, am Anfang überfordert zu sein (was vermutlich in jedem Job ein bisschen so sein wird...)
Vielleicht ist hier ja jemand, dem es ähnlich geht, oder der mir ein bisschen Inspiration geben kann :)

[Spencer]

Wenn GK für dich eine Option ist, würde ich dir raten, erstmal das zu machen, bevor du direkt in die piefige Behörden-Welt der Verwaltungsgerichtsbarkeit einsteigst. Ansonsten trauerst du den vermeintlichen Millionen und gläsernen Büros mit flacher Hierarchie, wie man sie aus US-Serien kennt, irgendwann nach und wirst unzufrieden. 

Andersrum halte ich es für sinnvoller. Schau dir erst mal die Realität einer GK an und entscheide dich nach einer Zeit, ob du das länger machen willst bzw durchhältst. Dann kannst du immer noch downgraden und zum VG wechseln. 

Ich habe beide Welten kennengelernt und kann mir kaum Gegensätzlichere Kulturen vorstellen. Wir hatten auch schon Ex-GKler, die zu uns ans VG gewechselt sind und nach 6 Wochen auf der Flucht irgendwas von „wollte doch eigentlich Anwalt sein“ gemurmelt haben…

[Therizinosaurus]

Kann ich auch nur empfehlen. Geh erst in die GK. Ich habe es anders gemacht und bin gleich zum Staat, jetzt frage ich mich manchmal was ich verpasst habe. Es ist schon ein extrem träges Umfeld hier.. Überlege seit längerem, zu gehen. Aber der Schritt fällt schwer, wenn man mal im weichen Schoß des Beamtentums fläzt...

[Topha795]

Mir geht es ganz ähnlich wie dir. Bin auch vor Kurzem mit dem 2. Examen fertig geworden und bin rat- und planlos, was genau ich will. Ich kann mir auch irgendwie alles vorstellen, aber sehe mich nirgendwo so wirklich. War während des Refs in einer GK und bei einer WP-Gesellschaft, allerdings der Rechtsanwaltsgesellschaft. Beides hat mir eigentlich Spaß gemacht. Aber auch die anderen Stationen haben mir grundsätzlich gefallen und könnte ich mir theoretisch vorstellen.

Wahrscheinlich werde ich es zunächst einmal in einer GK probieren und schauen, wie es im "echten" Arbeitsalltag so ist. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dort mein ganzes Leben zu bleiben, sondern ca. 2 Jahre und dann eventuell in die Verwaltung oder Justiz. Zwei Bewerbungen sind momentan raus, mal sehen, was sich dann ergibt. 

[VerzweifelterJurist]

Ich bin in der Justiz und sehr zufrieden aber bereue es schon auch ein bisschen, nicht erst 1-3 Jahre GK ausprobiert zu haben. Einfach mal bisschen was anderes sehen, neue Leute kennen lernen, recht steile Lernkurve und ein bisschen Geld. Für ne gewisse Zeit kann man sich das bestimmt antun und Justiz / Verwaltung geht immer! Glaube bisschen Berufserfahrung hilft da sogar mehr als dass sie schadet. 

Daher: Probier GK :-).