20.03.2024, 13:38
[Edit: Betrifft nur Saarland und Rheinland-Pfalz]
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich möchte gern ein Thema diskutieren, welches mich beschäftigt. Die Einsichtnahme in die Aufsichtsarbeiten der Staatsexamen wird nach den Juristenausbildungsgesetzen und Prüfungsordnungen der Länder regelmäßig erst nach Abschluss des Prüfungsverfahrens, also nach der mündlichen Prüfung gewährt. Damit fällt die Einsichtnahme in eine Zeit, in welcher viele von euch mit dem Berufsstart beschäftigt sind. Wäre es nicht besser, wenn man die Einsichtnahme zeitnah nach Bekanntgabe der schriftlichen Ergebnisse durchführen könnte? Dann wäre die Erinnerungen an die Klausuren weniger verblasst und man könnte womöglich vor der mündlichen Prüfung aus den eigenen Fehlern lernen. Außerdem könnte man ca. drei Monate früher feststellen, ob die Bewertungen fair waren oder man ggf. nach der mündlichen Prüfung gegen die Bewertungen vorgehen möchte.
Meine Idee zur Umsetzung des Anliegens fußt auf dem Urteil des BVerwG vom 30.11.2022 - 6 C 10/21 - (= NJW 2023, 1079; = NVwZ 2023, 346). Dort hat ein Kollege (Vielen Dank an der Stelle) seinen Auskunftsanspruch nach der DSGVO gegen das Prüfungsamt in NRW durchgesetzt. Das BVerwG hat bestätigt, dass die Aufsichtsarbeiten und die Prüfergutachten personenbezogene Daten des Geprüften sind. Gemäß Art. 15 I, III DSGVO hat man einen Anspruch auf Übersendung von Kopien dieser personenbezogenen Daten. Gemäß Art. 12 III S. 1 DSGVO ist die Auskunft unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats, zu gewähren. Aus meiner Sicht gibt es innerhalb der DSGVO, dem BDSG und den LDSG keine Ausschlussgründe für den Anspruch. Die vorhandenen Ausschlussgründe stellen aus meiner Sicht hohe Hürden auf (nationale Sicherheit, wichtige Staatsinteressen, Verschlusssachen usw.).
Wie seht ihr die Erfolgschancen eines Auskunftsantrags? Datenschutzrechtler vor! :)
Und in die andere Richtung gefragt: Welchen Grund hat es, dass die Einsichtnahme erst nach der mündlichen Prüfung gewährt wird? Können ja mal die Mitlesenden aus den Pürfungsämter (Grüße) beantworten.
Und nun nochmal in die Zukunft gedacht: Nehmen wir an, der Anspruch auf Übersendung der Kopien würde bestehen und wäre unverzüglich zu erfüllen. Und nehmen wir zudem an - höchst hypothetisch - die Prüfungsämter würde dennoch gern an ihrer Verwaltungspraxis festhalten wollen. Welche Möglichkeiten und Chancen hätte man gegen einen "Bummelstreik" der Prüfungsämter?
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich möchte gern ein Thema diskutieren, welches mich beschäftigt. Die Einsichtnahme in die Aufsichtsarbeiten der Staatsexamen wird nach den Juristenausbildungsgesetzen und Prüfungsordnungen der Länder regelmäßig erst nach Abschluss des Prüfungsverfahrens, also nach der mündlichen Prüfung gewährt. Damit fällt die Einsichtnahme in eine Zeit, in welcher viele von euch mit dem Berufsstart beschäftigt sind. Wäre es nicht besser, wenn man die Einsichtnahme zeitnah nach Bekanntgabe der schriftlichen Ergebnisse durchführen könnte? Dann wäre die Erinnerungen an die Klausuren weniger verblasst und man könnte womöglich vor der mündlichen Prüfung aus den eigenen Fehlern lernen. Außerdem könnte man ca. drei Monate früher feststellen, ob die Bewertungen fair waren oder man ggf. nach der mündlichen Prüfung gegen die Bewertungen vorgehen möchte.
Meine Idee zur Umsetzung des Anliegens fußt auf dem Urteil des BVerwG vom 30.11.2022 - 6 C 10/21 - (= NJW 2023, 1079; = NVwZ 2023, 346). Dort hat ein Kollege (Vielen Dank an der Stelle) seinen Auskunftsanspruch nach der DSGVO gegen das Prüfungsamt in NRW durchgesetzt. Das BVerwG hat bestätigt, dass die Aufsichtsarbeiten und die Prüfergutachten personenbezogene Daten des Geprüften sind. Gemäß Art. 15 I, III DSGVO hat man einen Anspruch auf Übersendung von Kopien dieser personenbezogenen Daten. Gemäß Art. 12 III S. 1 DSGVO ist die Auskunft unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats, zu gewähren. Aus meiner Sicht gibt es innerhalb der DSGVO, dem BDSG und den LDSG keine Ausschlussgründe für den Anspruch. Die vorhandenen Ausschlussgründe stellen aus meiner Sicht hohe Hürden auf (nationale Sicherheit, wichtige Staatsinteressen, Verschlusssachen usw.).
Wie seht ihr die Erfolgschancen eines Auskunftsantrags? Datenschutzrechtler vor! :)
Und in die andere Richtung gefragt: Welchen Grund hat es, dass die Einsichtnahme erst nach der mündlichen Prüfung gewährt wird? Können ja mal die Mitlesenden aus den Pürfungsämter (Grüße) beantworten.
Und nun nochmal in die Zukunft gedacht: Nehmen wir an, der Anspruch auf Übersendung der Kopien würde bestehen und wäre unverzüglich zu erfüllen. Und nehmen wir zudem an - höchst hypothetisch - die Prüfungsämter würde dennoch gern an ihrer Verwaltungspraxis festhalten wollen. Welche Möglichkeiten und Chancen hätte man gegen einen "Bummelstreik" der Prüfungsämter?
20.03.2024, 16:59
An sich ein interessanter Gedankengang. Aber ich glaube, es ist ein wenig utopisch gedacht, dass man bei Bekanntgabe der Ergebnisse weniger verblasste Erinnerungen an die Klausuren hat, als nach der mündlichen Prüfung. In meinem Bundesland werden die Ergebnisse 2-3 Wochen vor dem Termin der mündlichen Prüfung bekannt gegeben.
Ich denke - mal den Arbeitsaufwand und Mehraufwand ausgeblendet - dass es wesentlich sinnvoller wäre, wenn man mit den Prüfungsergebnissen die korrigierten Klausuren direkt mitschicken würde, ohne auf die Anfrage der Prüflinge zu warten. Wie gesagt, wäre dies vermutlich nur umsetzbar, wenn mehr Personal vorhanden wäre und die Kosten für den postalischen Versand gedeckt wären. Oder eine Art digitale Notenbekanntgabe mit Prüfungsportal, bei dem die korrigierten Klausuren eingestellt werden. Aber wie es mit der Digitalisierung läuft, sieht man ja. Daher wird sich wohl wenig an der Praxis ändern lassen. Die LJPA waren ja schon durchaus wenig begeistert, als die Möglichkeit bestand, sich auf Zuruf die Klausuren in korrigierter und kopierter Fassung zusenden zu lassen.
Ich denke - mal den Arbeitsaufwand und Mehraufwand ausgeblendet - dass es wesentlich sinnvoller wäre, wenn man mit den Prüfungsergebnissen die korrigierten Klausuren direkt mitschicken würde, ohne auf die Anfrage der Prüflinge zu warten. Wie gesagt, wäre dies vermutlich nur umsetzbar, wenn mehr Personal vorhanden wäre und die Kosten für den postalischen Versand gedeckt wären. Oder eine Art digitale Notenbekanntgabe mit Prüfungsportal, bei dem die korrigierten Klausuren eingestellt werden. Aber wie es mit der Digitalisierung läuft, sieht man ja. Daher wird sich wohl wenig an der Praxis ändern lassen. Die LJPA waren ja schon durchaus wenig begeistert, als die Möglichkeit bestand, sich auf Zuruf die Klausuren in korrigierter und kopierter Fassung zusenden zu lassen.
20.03.2024, 17:50
(20.03.2024, 16:59)Ref´inHessen schrieb: An sich ein interessanter Gedankengang. Aber ich glaube, es ist ein wenig utopisch gedacht, dass man bei Bekanntgabe der Ergebnisse weniger verblasste Erinnerungen an die Klausuren hat, als nach der mündlichen Prüfung. In meinem Bundesland werden die Ergebnisse 2-3 Wochen vor dem Termin der mündlichen Prüfung bekannt gegeben.
Ich denke - mal den Arbeitsaufwand und Mehraufwand ausgeblendet - dass es wesentlich sinnvoller wäre, wenn man mit den Prüfungsergebnissen die korrigierten Klausuren direkt mitschicken würde, ohne auf die Anfrage der Prüflinge zu warten. Wie gesagt, wäre dies vermutlich nur umsetzbar, wenn mehr Personal vorhanden wäre und die Kosten für den postalischen Versand gedeckt wären. Oder eine Art digitale Notenbekanntgabe mit Prüfungsportal, bei dem die korrigierten Klausuren eingestellt werden. Aber wie es mit der Digitalisierung läuft, sieht man ja. Daher wird sich wohl wenig an der Praxis ändern lassen. Die LJPA waren ja schon durchaus wenig begeistert, als die Möglichkeit bestand, sich auf Zuruf die Klausuren in korrigierter und kopierter Fassung zusenden zu lassen.
Das ist interessant: Mir war nicht bewusst, dass es auch noch Unterschiede bei der Dauer zwischen schriftlichen Ergebnisse und mündlicher Prüfung gibt. Bei 2-3 Wochen macht es natürlich kaum einen Unterschied; bei 3 Monaten schon eher.
20.03.2024, 17:57
Das wäre ja vor allem deshalb interessant, da nur so - jedenfalls in der Theorie - die Möglichkeit bestünde, dass die Klausuren neu (lies: richtig) bewertet würden, und man seine mündliche Prüfung auf Basis der "richtig" benoteten Klausuren hätte. So bringt es einem wenig, wenn man nach abgelegter Mündlicher noch das ganze Widerspruchsverfahren vor sich hätte. Allerdings dürfte sich eine Neubewertung im Eilverfahren auch nicht durchsetzen lassen als Vorwegnahme der Hauptsache - oder Sicherungsanordnung auf Verschiebung der mündlichen bis zur Neubewertung? Aber hilft man sich damit wirklich? Fragen über Fragen.
20.03.2024, 18:55
(20.03.2024, 17:50)MatadoroRLP schrieb:(20.03.2024, 16:59)Ref´inHessen schrieb: An sich ein interessanter Gedankengang. Aber ich glaube, es ist ein wenig utopisch gedacht, dass man bei Bekanntgabe der Ergebnisse weniger verblasste Erinnerungen an die Klausuren hat, als nach der mündlichen Prüfung. In meinem Bundesland werden die Ergebnisse 2-3 Wochen vor dem Termin der mündlichen Prüfung bekannt gegeben.
Ich denke - mal den Arbeitsaufwand und Mehraufwand ausgeblendet - dass es wesentlich sinnvoller wäre, wenn man mit den Prüfungsergebnissen die korrigierten Klausuren direkt mitschicken würde, ohne auf die Anfrage der Prüflinge zu warten. Wie gesagt, wäre dies vermutlich nur umsetzbar, wenn mehr Personal vorhanden wäre und die Kosten für den postalischen Versand gedeckt wären. Oder eine Art digitale Notenbekanntgabe mit Prüfungsportal, bei dem die korrigierten Klausuren eingestellt werden. Aber wie es mit der Digitalisierung läuft, sieht man ja. Daher wird sich wohl wenig an der Praxis ändern lassen. Die LJPA waren ja schon durchaus wenig begeistert, als die Möglichkeit bestand, sich auf Zuruf die Klausuren in korrigierter und kopierter Fassung zusenden zu lassen.
Das ist interessant: Mir war nicht bewusst, dass es auch noch Unterschiede bei der Dauer zwischen schriftlichen Ergebnisse und mündlicher Prüfung gibt. Bei 2-3 Wochen macht es natürlich kaum einen Unterschied; bei 3 Monaten schon eher.
In welchem Bundesland erhält man denn so früh die Ergebnisse? Bei uns in Hessen sind ca 3 1/2 Monate zwischen Klausuren und mündlicher Prüfung.
20.03.2024, 22:47
Ihr habt echt nichts zu tun, oder ….
20.03.2024, 23:48
(20.03.2024, 17:57)dankeGPA schrieb: Das wäre ja vor allem deshalb interessant, da nur so - jedenfalls in der Theorie - die Möglichkeit bestünde, dass die Klausuren neu (lies: richtig) bewertet würden, und man seine mündliche Prüfung auf Basis der "richtig" benoteten Klausuren hätte. So bringt es einem wenig, wenn man nach abgelegter Mündlicher noch das ganze Widerspruchsverfahren vor sich hätte. Allerdings dürfte sich eine Neubewertung im Eilverfahren auch nicht durchsetzen lassen als Vorwegnahme der Hauptsache - oder Sicherungsanordnung auf Verschiebung der mündlichen bis zur Neubewertung? Aber hilft man sich damit wirklich? Fragen über Fragen.
Rechtsschutz hat man in dem Stadium ohnehin nicht, weil die Gutachten nur Vorbereitungsakte sind. Verwaltungsakt, den man angreifen könnte, ist erst das Examenszeugnis. Vermutlich wird das laufende Verfahren, das nicht durch Einsichtnahme gestört werden soll, dem Anspruch entgegenstehen, aber wo das geregelt ist bzw. woraus das herzuleiten wäre, müssen aber die Datenschutzrechter sagen...
21.03.2024, 07:24
(20.03.2024, 18:55)Ref´inHessen schrieb:(20.03.2024, 17:50)MatadoroRLP schrieb:(20.03.2024, 16:59)Ref´inHessen schrieb: An sich ein interessanter Gedankengang. Aber ich glaube, es ist ein wenig utopisch gedacht, dass man bei Bekanntgabe der Ergebnisse weniger verblasste Erinnerungen an die Klausuren hat, als nach der mündlichen Prüfung. In meinem Bundesland werden die Ergebnisse 2-3 Wochen vor dem Termin der mündlichen Prüfung bekannt gegeben.
Ich denke - mal den Arbeitsaufwand und Mehraufwand ausgeblendet - dass es wesentlich sinnvoller wäre, wenn man mit den Prüfungsergebnissen die korrigierten Klausuren direkt mitschicken würde, ohne auf die Anfrage der Prüflinge zu warten. Wie gesagt, wäre dies vermutlich nur umsetzbar, wenn mehr Personal vorhanden wäre und die Kosten für den postalischen Versand gedeckt wären. Oder eine Art digitale Notenbekanntgabe mit Prüfungsportal, bei dem die korrigierten Klausuren eingestellt werden. Aber wie es mit der Digitalisierung läuft, sieht man ja. Daher wird sich wohl wenig an der Praxis ändern lassen. Die LJPA waren ja schon durchaus wenig begeistert, als die Möglichkeit bestand, sich auf Zuruf die Klausuren in korrigierter und kopierter Fassung zusenden zu lassen.
Das ist interessant: Mir war nicht bewusst, dass es auch noch Unterschiede bei der Dauer zwischen schriftlichen Ergebnisse und mündlicher Prüfung gibt. Bei 2-3 Wochen macht es natürlich kaum einen Unterschied; bei 3 Monaten schon eher.
In welchem Bundesland erhält man denn so früh die Ergebnisse? Bei uns in Hessen sind ca 3 1/2 Monate zwischen Klausuren und mündlicher Prüfung.
Ich hab mal recherchiert: Es betrifft eigentlich nur das Saarland und Rheinland-Pfalz. Die übrigen Bundesländer schreiben die Klausuren so spät, dass die Ergebnisse sowieso erst kurz vor der mündlichen Prüfung vorliegen.