20.07.2023, 14:56
Ich stehe gerade bei folgendem Fall, auf dem
Schlauch:
A ist Caterer. A und B schließen einen Cateringvertrag ab. Plötzlich will B nichts mehr davon wissen.
Bekommt A sein Geld als SE statt der Leistung oder ganz normal als Primärforderung?
Wenn er sie als Primärforderung bekommt, wie werden dann seine ersparten Aufwendungen angerechnet?
Schlauch:
A ist Caterer. A und B schließen einen Cateringvertrag ab. Plötzlich will B nichts mehr davon wissen.
Bekommt A sein Geld als SE statt der Leistung oder ganz normal als Primärforderung?
Wenn er sie als Primärforderung bekommt, wie werden dann seine ersparten Aufwendungen angerechnet?
20.07.2023, 15:50
Wenn der Catering- Vertrag als Werkvertrag einzustufen ist (würde ich so sehen), dann käme eine Vergütung iRd Primärebene in Betracht:
Eig. tritt die Fälligkeit der Vergütung im Werkvertragsrecht gem. § 641 erst mit der Abnahme iSd § 640 ein.
Eig. tritt die Fälligkeit der Vergütung im Werkvertragsrecht gem. § 641 erst mit der Abnahme iSd § 640 ein.
Aber auch ohne Abnahme tritt Fälligkeit ein, wenn der Besteller (iRe Kündigung) eine endgültige Erfüllungsverweigerung abgibt, auch wenn der Unternehmer das Werk noch nicht abnahmereif hergestellt hat. Denn dann muss die Vergütung auch ohne Abnahme fällig werden, da dem Unternehmer durch die Erfüllungsverweigerung des Bestellers die Möglichkeit genommen ist, das Werk zu vollenden und Abnahmereife herzustellen. Die Vergütung reduziert sich aber um die Aufwendungen, die der Unternehmer durch die Erfüllungsverweigerung erspart hat - das Verhalten des Bestellers hier könnte als eine solche Kündigung mit endgültiger Erfüllungsverweigerung anzusehen sein - § 648 S. 2. In diesem Stadium liegt ein sog. Abrechnungsverhältnis vor.
(Grüneberg § 641 Rn. 6 und § 648 Rn. 4)
20.07.2023, 16:07
Danke dir! Klingt gut
20.07.2023, 20:59
Würdest du § 648 BGB als vorrangig gegenüber § 326 Abs. 2 BGB ansehen?
Theoretisch könnte man zb nach Zeitablauf prüfen:
1. Anspruch auf Geldzahlung aus Werkvertrag grds (+)
2. Aber mgwl entfallen nach § 326 Abs. 1 BGB, weil nach Zeitablauf die Erbringung des Werkes nicht mehr an dem vereinbarten Termin möglich ist.
Aber mglw § 326 Abs. 2 als vergütungserhaltende Norm? Hier wohl (+), weil es in der Sphäre des Bestellers lag
Theoretisch könnte man zb nach Zeitablauf prüfen:
1. Anspruch auf Geldzahlung aus Werkvertrag grds (+)
2. Aber mgwl entfallen nach § 326 Abs. 1 BGB, weil nach Zeitablauf die Erbringung des Werkes nicht mehr an dem vereinbarten Termin möglich ist.
Aber mglw § 326 Abs. 2 als vergütungserhaltende Norm? Hier wohl (+), weil es in der Sphäre des Bestellers lag
20.07.2023, 21:52
In diesem Fall würde ich § 326 I nicht (mehr) für anwendbar halten, da die Pflicht des Schuldners ja nicht durch § 275 entfallen ist (wie es § 326 I voraussetzt) sondern durch die Kündigung des Bestellers erloschen ist.
Also ja, so gesehen ist § 648 dann "vorrangig" bzw. schließt den Anwendungsbereich von § 326 aus.
Im BeckOGK zu § 648 Rn. 84.1 steht, dass § 326 II hinsichtlich der Wertung des § 684 S. 2 eine "Parallelvorschrift" ist
Also ja, so gesehen ist § 648 dann "vorrangig" bzw. schließt den Anwendungsbereich von § 326 aus.
Im BeckOGK zu § 648 Rn. 84.1 steht, dass § 326 II hinsichtlich der Wertung des § 684 S. 2 eine "Parallelvorschrift" ist
20.07.2023, 23:28
(20.07.2023, 21:52)Gast123321 schrieb: In diesem Fall würde ich § 326 I nicht (mehr) für anwendbar halten, da die Pflicht des Schuldners ja nicht durch § 275 entfallen ist (wie es § 326 I voraussetzt) sondern durch die Kündigung des Bestellers erloschen ist.
Also ja, so gesehen ist § 648 dann "vorrangig" bzw. schließt den Anwendungsbereich von § 326 aus.
Im BeckOGK zu § 648 Rn. 84.1 steht, dass § 326 II hinsichtlich der Wertung des § 684 S. 2 eine "Parallelvorschrift" ist
Ahh super, danke! Klingt sehr einleuchtend. Parallelvorschrift heißt nebeneinander anwendbar?
21.07.2023, 06:30
Das ist ein ganz klarer Fall von 648. Parallel heißt sicher nur, dass die Wertung die gleiche ist. Anders zu konstruieren ist sehr holprig, weil ja kein Werk und keine Abnahme da ist. Genau deshalb gibt es den 648. Daneben würde ich nichts mehr prüfen.
21.07.2023, 09:33
Vielen Dank!
27.07.2023, 07:46
Die Einordnung als Werkvertrag überrascht mich. Was soll der geschuldete Erfolg sein? Dass alle Leute satt werden?
Bei einem einzelnen Cateringvorgang (zB Essen wird für Buffett geliefert und aufgestellt) dürfte doch eher ein Kaufvertragsschwerpunkt (Werklieferung), bei Serviceleistungen vor Ort (Bedienung oä) mit zusätzlich Dienstvertragselementen vorliegen.
Bei dauerhaftem, lokal gebundenem Catering ggf. ein Pachtvertrag.
(Edit: Typo)
Bei einem einzelnen Cateringvorgang (zB Essen wird für Buffett geliefert und aufgestellt) dürfte doch eher ein Kaufvertragsschwerpunkt (Werklieferung), bei Serviceleistungen vor Ort (Bedienung oä) mit zusätzlich Dienstvertragselementen vorliegen.
Bei dauerhaftem, lokal gebundenem Catering ggf. ein Pachtvertrag.
(Edit: Typo)
27.07.2023, 09:45
Es kommt natürlich wie immer drauf an, wie der Vertrag ausgestaltet ist, das ist klar!
Beispiele:
Mann/Schenn/Baisch, Vertrieb von Waren und Dienstleistungen in Zeiten von Corona 1. Auflage 2020 - C, IX, 3., b):
Ein Werkvertrag (…) kann durch freie Kündigung (§ 648 BGB) sowie durch außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§ 648 a BGB) oder durch Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB beendet werden. Beispielsweise auch Verträge über Catering-Leistungen, die ähnlich wie typengemischte Bewirtungsverträge in der Regel als Werkvertrag einzuordnen sind, können nach den genannten Vorschriften beendet werden.
Bspw. ebenso OLG Nürnberg Hinweisbeschluss vom 27.05.2010- U 1442/09
Beispiele:
Mann/Schenn/Baisch, Vertrieb von Waren und Dienstleistungen in Zeiten von Corona 1. Auflage 2020 - C, IX, 3., b):
Ein Werkvertrag (…) kann durch freie Kündigung (§ 648 BGB) sowie durch außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§ 648 a BGB) oder durch Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB beendet werden. Beispielsweise auch Verträge über Catering-Leistungen, die ähnlich wie typengemischte Bewirtungsverträge in der Regel als Werkvertrag einzuordnen sind, können nach den genannten Vorschriften beendet werden.
Bspw. ebenso OLG Nürnberg Hinweisbeschluss vom 27.05.2010- U 1442/09