01.06.2022, 22:50
Heute habe ich meine letzte Abiturprüfung absolviert und bin eigentlich ganz zufrieden. Im Oktober, also in drei Monaten, möchte ich mit dem Studium der Rechtswissenschaften beginnen, da die berufliche Tätigkeit als Anwalt schon immer mein Traum war. Zum Grundverständnis: Ich bin dermaßen fasziniert von Jura und dem Beruf, dass ich schon seit meiner Kindheit dieses Ziel verfolge und bis heute daran denke.
Nebenbei pflege ich ein großes Interesse an wirtschaftliche Themen und bin dahingehend auch mehr gereizt als strafrechtliche Themen. Also sowas hat mich noch nie ganz beeindruckt und ich könnte mir auch niemals vorstellen als Richter, Staatsanwalt oder Strafverteidiger zu fungieren (habe da schon paar Einblicke bekommen).
Jedenfalls bin ich ein Mensch, dem Lernen äußerst viel Freude bereitet und insbesondere Bildung. In unserem Bundesland haben wir sogar die Möglichkeit statt einer mündlichen Abiturprüfung, eine wissenschaftliche Arbeit zu verfassen. Die Arbeit hat es mir EXTREM angetan und ich habe irgendwie Blut geleckt. Ich habe es geliebt, stunden bis in die Nacht zu forschen und auch am Forschungsgebiet zu sein.
Nun zu meinem eigentlichen Problem:
Seit ungefähr zwei Monaten verfolge ich in diesem Forum sehr viele Fragen und ich bin einfach nur geschockt vor Angst. Es gibt Absolventen, die ,,nur'' 2x 5p oder 1x5p und 1x6p haben und ihre Träume sozusagen geplatzt sind. Manche wollten eine Dissertation angehen und manche als Richter arbeiten - nichts klappt. Mentaler Beistand existiert hier wohl gar nicht, wenn ich mir die Antworten darunter durchlese.
Nun, ich bin ein sehr motivierter Mensch, der sich schon früh Ziele gesetzt hat. Allerdings kann ich jetzt schon sagen, dass ich niemals damit klarkommen würde, etwas nicht zu erreichen. Ich bin damit aufgewachsen, dass man alles im Leben erreichen kann, sofern man sich genug anstrengt. Das habe ich auch vor, aber wenn ich sowas lese, bereitet es mir einfach nur Angst.
Eines meiner Träume ist es bsp. auf jeden Fall mal ein Jahr im Ausland zu studieren. Mein Kumpel hatte letztes Jahr beispielsweise eine 1,0 im Abitur und war sehr gut in Mathe, sodass er jetzt an Yale studiert. Als ich mir diese Universität mal angesehen habe, war ich einfach zu tiefst beeindruckt vor diesem Ehrgeiz aller Schüler. Alle sind so ambitioniert und visioniert. Sowas geht auch in Jura, aber --> überdimensionale Notenvoraussetzungen.
Aber auch das wissenschaftliche Arbeiten hat mir immer Spaß gemacht und ich möchte in meinem zukünftigen Leben auf jeden FALL ein wissenschaftliches Problem angehen (In Jura natürlich) und dieses lösen. Sowas ist nun mal nur möglich, wenn man eine Diss. angeht. Aber auch hier: Wieder überdimensionale Notenvoraussetzungen.
--> Außerdem geht es mir ÜBEREHAUPT nicht um das Geld. Eine Dissertation sehe ich eher als akademischen Lebenserfolg und mir wäre es auch völlig egal, wenn es einem sowieso nicht hilft.
Das klingt jetzt für euch wahrscheinlich so als wenn ich von Märchen träume, weil es so unrealistisch ist, aber bitte versteht mich. Das klingt gerade extrem weird, cringe und lächerlich - ich weiß :D, aber von meiner Geburt an ist sowas in meiner Persönlichkeit gefestigt. Ich kann mich NIE mit kleinen Dingen zu frieden geben. Es ist wie ein ,,Jucken im Gehirn an dem man nicht rankommt'', wenn ich es mal visuell darstellen soll.
Ich habe einfach die Sorge gewisse Noten im Endeffekt nicht zu erreiche und diese genannten Träume platzen zu sehen. Was könnte ihr mir dazu sagen?
Liebe Grüße.
Nebenbei pflege ich ein großes Interesse an wirtschaftliche Themen und bin dahingehend auch mehr gereizt als strafrechtliche Themen. Also sowas hat mich noch nie ganz beeindruckt und ich könnte mir auch niemals vorstellen als Richter, Staatsanwalt oder Strafverteidiger zu fungieren (habe da schon paar Einblicke bekommen).
Jedenfalls bin ich ein Mensch, dem Lernen äußerst viel Freude bereitet und insbesondere Bildung. In unserem Bundesland haben wir sogar die Möglichkeit statt einer mündlichen Abiturprüfung, eine wissenschaftliche Arbeit zu verfassen. Die Arbeit hat es mir EXTREM angetan und ich habe irgendwie Blut geleckt. Ich habe es geliebt, stunden bis in die Nacht zu forschen und auch am Forschungsgebiet zu sein.
Nun zu meinem eigentlichen Problem:
Seit ungefähr zwei Monaten verfolge ich in diesem Forum sehr viele Fragen und ich bin einfach nur geschockt vor Angst. Es gibt Absolventen, die ,,nur'' 2x 5p oder 1x5p und 1x6p haben und ihre Träume sozusagen geplatzt sind. Manche wollten eine Dissertation angehen und manche als Richter arbeiten - nichts klappt. Mentaler Beistand existiert hier wohl gar nicht, wenn ich mir die Antworten darunter durchlese.
Nun, ich bin ein sehr motivierter Mensch, der sich schon früh Ziele gesetzt hat. Allerdings kann ich jetzt schon sagen, dass ich niemals damit klarkommen würde, etwas nicht zu erreichen. Ich bin damit aufgewachsen, dass man alles im Leben erreichen kann, sofern man sich genug anstrengt. Das habe ich auch vor, aber wenn ich sowas lese, bereitet es mir einfach nur Angst.
Eines meiner Träume ist es bsp. auf jeden Fall mal ein Jahr im Ausland zu studieren. Mein Kumpel hatte letztes Jahr beispielsweise eine 1,0 im Abitur und war sehr gut in Mathe, sodass er jetzt an Yale studiert. Als ich mir diese Universität mal angesehen habe, war ich einfach zu tiefst beeindruckt vor diesem Ehrgeiz aller Schüler. Alle sind so ambitioniert und visioniert. Sowas geht auch in Jura, aber --> überdimensionale Notenvoraussetzungen.
Aber auch das wissenschaftliche Arbeiten hat mir immer Spaß gemacht und ich möchte in meinem zukünftigen Leben auf jeden FALL ein wissenschaftliches Problem angehen (In Jura natürlich) und dieses lösen. Sowas ist nun mal nur möglich, wenn man eine Diss. angeht. Aber auch hier: Wieder überdimensionale Notenvoraussetzungen.
--> Außerdem geht es mir ÜBEREHAUPT nicht um das Geld. Eine Dissertation sehe ich eher als akademischen Lebenserfolg und mir wäre es auch völlig egal, wenn es einem sowieso nicht hilft.
Das klingt jetzt für euch wahrscheinlich so als wenn ich von Märchen träume, weil es so unrealistisch ist, aber bitte versteht mich. Das klingt gerade extrem weird, cringe und lächerlich - ich weiß :D, aber von meiner Geburt an ist sowas in meiner Persönlichkeit gefestigt. Ich kann mich NIE mit kleinen Dingen zu frieden geben. Es ist wie ein ,,Jucken im Gehirn an dem man nicht rankommt'', wenn ich es mal visuell darstellen soll.
Ich habe einfach die Sorge gewisse Noten im Endeffekt nicht zu erreiche und diese genannten Träume platzen zu sehen. Was könnte ihr mir dazu sagen?
Liebe Grüße.
01.06.2022, 23:00
Häng dich rein, dann wird das schon ;-) außerdem solltest du dir angewöhnen im Internet selektiv zu lesen. Die 30% frustrierte Nutzer hast du immer, schau mal ins Wiwi Forum, dagegen ist hier noch Kindergarten.
Es spricht nichts dagegen, dass du deine Ziele erreichen kannst.
Es spricht nichts dagegen, dass du deine Ziele erreichen kannst.
01.06.2022, 23:09
Bei Jura kommt es wirklich sehr auf Dich und Deine Motivation an. Du interessierst Dich für juristische Themen, vielleicht etwas Politik und hast Spaß zu lernen? Dann steht der Sache nichts im Wege. Die Karten werden einfach zu Beginn des Studiums neu gemischt, besonderes Vorwissen (außer sprachliches Verständnis) eigentlich nicht erforderlich. Mit der richtigen Motivation geht das.
01.06.2022, 23:23
Bitte nimm mir das nicht Übel, aber ich lese hier wieder stark den idealistischen Abiturienten heraus. Ging mir auch mal so, aber die Realität holt einen schnell ein.
Tja, ich weiß nicht, ob du im Jura-Studium die intellektuellen Höhenflüge erleben wirst, die du dir erhoffst, aber bei deiner Begeisterung für Jura, solltest du es auf jeden Fall ausprobieren. Warum auch nicht? Andere Alternativen hattest du ja nicht genannt.
Zu den ganzen Negativberichten im Internet: Es gibt viele Gründe unzufrieden zu sein. Hier beschweren sich die Juristen, im Wiwi Forum weinen die BWLer und im Microcontroller Forum schimpfen die Ingenieure.
Sammle deine eigenen Erfahrungen.

Tja, ich weiß nicht, ob du im Jura-Studium die intellektuellen Höhenflüge erleben wirst, die du dir erhoffst, aber bei deiner Begeisterung für Jura, solltest du es auf jeden Fall ausprobieren. Warum auch nicht? Andere Alternativen hattest du ja nicht genannt.
Zu den ganzen Negativberichten im Internet: Es gibt viele Gründe unzufrieden zu sein. Hier beschweren sich die Juristen, im Wiwi Forum weinen die BWLer und im Microcontroller Forum schimpfen die Ingenieure.
Sammle deine eigenen Erfahrungen.
01.06.2022, 23:29
Schau es dir ein Jahr lang an und dann mach idealerweise etwas anderes

01.06.2022, 23:32
01.06.2022, 23:36
Weil die Vorstellung die Du hast sehr ehrenwert ist, aber mit dem Jurastudium und dem damit einhergehenden "Notendruck" nicht vereinbar sind.
Im Studium geht es nicht um Idealismus bei Jura sondern um das Einpauken schnöder Strukturen und Meinungsstreitigkeiten. Das kann einem schnell den Zahn ziehen und sehr enttäuschen. Deshalb musst du es ein Jahr gemacht haben um zu sehen was da auf dich wartet
Im Studium geht es nicht um Idealismus bei Jura sondern um das Einpauken schnöder Strukturen und Meinungsstreitigkeiten. Das kann einem schnell den Zahn ziehen und sehr enttäuschen. Deshalb musst du es ein Jahr gemacht haben um zu sehen was da auf dich wartet
01.06.2022, 23:41
(01.06.2022, 23:36)Gast schrieb: Weil die Vorstellung die Du hast sehr ehrenwert ist, aber mit dem Jurastudium und dem damit einhergehenden "Notendruck" nicht vereinbar sind.
Im Studium geht es nicht um Idealismus bei Jura sondern um das Einpauken schnöder Strukturen und Meinungsstreitigkeiten. Das kann einem schnell den Zahn ziehen und sehr enttäuschen. Deshalb musst du es ein Jahr gemacht haben um zu sehen was da auf dich wartet
Ja das stimmt auf jeden Fall. Um ehrlich zu sein habe ich früher auch gedacht, dass es bei Jura wie in diesen ganzen Filmen zugeht, doch weit verfehlt. Habe mir mal Beispielklausuren angesehen und welche Art von Vorgehensweisen abverlangt werden, habe ich davor auch nie gewusst.
Aber alles in allem ist das in meinen Augen jetzt kein Grund, von einem Lebenstraum abzuweichen, denn das Interesse besteht ja trotzdem immens. Trotzdem danke!
01.06.2022, 23:44
Lieber Gast,
eine kleine Warnung im Voraus: Ich selber kann eigentlich kaum jemanden Jura empfehlen, mich selber verbindet eine Hass-Liebe damit und das, obwohl ich es sogar geschafft habe irgendwie in den Jura "Sweet Spot" (aka. Prädikat) zu kommen und auch ein Rechtsgebiet gefunden habe, was mich wirklich begeistert.
Anwalt werden kannst du immer. Da bist du von deinen Noten vollkommen unabhängig (edit: solange du bestehst, aber DAS sollte mit harter Arbeit immer möglich sein), im Gegenteil, es kann dir sogar etwas Freiraum verschaffen und einen freien Kopf, dass du gerade nicht unter dem Leistungsdruck stehst, unbedingt die 9 Punkte + zu erreichen. Und als Kind zweier Akademiker: Das "wissenschaftliche Arbeiten" in Jura ist auch definitiv anders als in anderen Studiengebieten und meiner Meinung nach mit einer Schularbeit nicht zu vergleichen. Trotzdem kann es enorm Spaß machen. Wissenschaftlich arbeiten kannst du allerdings auch wirklich gut ohne Diss. Viele Leute arbeiten an Lehrstühlen und als ich noch als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in einer Großkanzlei gearbeitet habe, durfte ich wirklich dauernd die Anwälte bei ihren Aufsätzen unterstützen, was oft auch sehr ähnlich war zu dem, was man in anderen Gebieten von Jura "wissenschaftlich" macht. Somit ist die Notengrenze da nicht ausschlaggebend und wenn dich das wissenschaftliche Arbeiten in Jura so begeistert finden sich auch ohne Dissertation Wege deinen Traum wahr zu machen.
Was leider deutlich eher ein Problem ist, ist dass du sagst, du würdest nicht damit klarkommen nicht das zu erreichen, was du dir vornimmst. Ganz ehrlich, Jura kann brutal sein. Klar, es kann sein, dass du direkt traumtänzerisch durchkommst und von Anfang an durch Glück, Talent und/oder harte Arbeit gute Noten bekommst, aber das ist leider nicht sicher oder auch nur planbar. Das Notenspektrum geht von 0-18 Punkten und wie immer so schön gesagt wird "18 Punkte hat nur Gott" bzw. "4-gewinnt". Mit 9 Punkten (also der Hälfte) bist du im Himmel, du kannst beinahe all deine Träume verwirklichen und du kannst all das machen, was du willst. Alles darunter ist quasi nur "Jura 2. Klasse" oder fühlt sich jedenfalls so. Wir sind notenbesessen und notengeil, nirgendwo wirst du so auf deine Note reduziert ohne das andere Werte groß etwas wettmachen. Wie einer meiner Professoren schon sagte "Eure Examensnoten werden noch auf eurem Grabstein stehen). Und die wenigsten Leute erreichen diese magische Notengrenze, selbst wenn sie sich noch so sehr bemühen.
Ein paar Anekdoten:
- In meiner Schulklasse waren zwei Typen, nennen wir sie - ganz ohne voreingenommen zu sein - BWL Justus und Jura Bernd. Während Justus es schafft im Abi die beste Note des ganzen Bundeslandes zu schreiben (fast überall 15 Punkte auf dem Zeugnis) ist Bernd nicht ganz so genial, hat Justus aber als glänzendes Beispiel vor Augen. Beide haben natürlich das 1,0 Abi und fangen schon in der Schule an, an ihren Karrieren zu planen - einer wird Schulsprecher - macht sich gut auf dem Lebenslauf, machen hochangesehene Praktika - macht sich gut auf dem Lebenslauf, treten beide unterschiedlichen Parteien bei - Connections! und haben ihr Leben beide schon vor Augen. Großkanzlei, das große Geld, später Partner, einfach richtig geil. Beide haben auch schon immer alles erreicht, was sie sich vorgenommen haben und haben jedes Ziel erreicht. Beide halten sich übrigens auch für viel intelligenter als den "Durchschnittsmenschen", aber eigentlich für jeden von beiden. Während ich mit Justus weniger Kontakt hatte, habe ich mit Bernd in der gleichen Stadt studiert und alles lief gut. Bernd war jede Woche in der Bibliothek, Bernd hatte einen Lernplan, Bernd hat nebenher angefangen eine Sprache zu lernen, Bernd traf sich mehrfach im Monat mit dem Stammtisch seiner Partei. Und dann fiel Bernd durch die erste Zwischenprüfungsklausur, was auch kein Wunder war, bei einer Durchfallrate von 70%. In der Hausarbeit, an der Bernd die gesamten Semesterferien bis tief in die Nacht saß, hatte er 5 Punkte und ein paar von den Vollidioten, die er sonst immer belächelte, weil er ihnen immer helfen musste, hatten plötzlich bessere Noten als er. Bernd hatte noch nie eine Niederlage gehabt, wenn er nur hart genug gearbeitet hat. Er fiel auch durch noch ein paar Klausuren und hat am Ende Jura aufgegeben, bevor er auch nur die Zwischenprüfung hatte. Ich glaube er ist ganz zufrieden in irgendeinem BWL Artigen Fach nachher geworden.
Justus in all seiner Brillianz hingegen hatte schon von Anfang an zweistellige Noten, bracht dann aber, als er in Baurecht in einer Klausur durchfiel im 4. Semester auch sein Studium ab, mit der Argumentation, er würde es nicht mögen, dass es keine konkreten Antworten und keine konkreten Lösungen gibt. Danach hat er ein Medizinstudium begonnen und mittlerweile weiß ich nicht mehr, was er macht, denn wir haben den Kontakt verloren und er ist über das Internet nicht aufzufinden.
Eine weitere Anekdote ist ein Kommilitone: Er hatte von Anfang an in Jura ohne viel zu machen immer zweistellige Noten. Er lachte nur über diejenigen, die sowas wie Repetitorien nötig hatten. Er überlegte schon an einem Thema für seine Doktorarbeit als er durchs Examen fiel. Das war vor 5 Jahren, seitdem hat er sich nicht wieder getraut, nochmal zu schreiben.
Also gerade die Leute, die sehr motiviert waren, sich früh Ziele gesetzt haben und für die es immer extrem gut gelaufen ist, waren genau diejenigen, die es nicht verkraftet haben, dass Jura einfach echt unfair sein kann. Damit will ich dich nicht davon abbringen, es zu studieren, wenn es dein Traum ist, dann versuch das auch zu verwirklichen, aber leider kann man in Jura allein durch "Ziele setzen" nicht unbedingt alles erreichen und damit muss man sich abfinden. Glück, Talent und harte Arbeit gehen da Hand in Hand - und wer von einem zu wenig hat, muss es mit etwas anderem wieder wettmachen. Außerdem ist die Ausbildung auch einfach verflucht lang - während andere mit Bachelor und Master in ein paar Semestern durch sind, dauert das Studium schon ungewöhnlich lange, das Examen ist hart, dann Wartezeiten aufs Ref, dann über zwei Jahre Ref und noch ein Examen, das natürlich noch viel bedeutender ist, als das erste Examen. Das ist einfach sehr zermürbend.
Das ist auch der Grund, warum hier alle so unfreundlich sind - es ist ein Forum für Rechtsreferendare, wir alle sind jetzt schon an die 10 Jahre in den Mühlen des Systems und stehen weiter Noten und Examen vor uns thronen. Ein paar sind fertig und halten es noch für nötig hier zu schreiben, dazu noch der Mantel der Anonymität und man hat einen giftigen Mix aus frustrierten Gefühlen.
Ansonsten bin ich jetzt zu müde, um alles nochmal Korrektur zu lesen und muss morgen leider wieder früh raus, also hoffe ich, dass mein Beitrag mit meinen persönlichen Erlebnissen dir irgendwie weiterhilft - in die eine oder andere Richtung :)
eine kleine Warnung im Voraus: Ich selber kann eigentlich kaum jemanden Jura empfehlen, mich selber verbindet eine Hass-Liebe damit und das, obwohl ich es sogar geschafft habe irgendwie in den Jura "Sweet Spot" (aka. Prädikat) zu kommen und auch ein Rechtsgebiet gefunden habe, was mich wirklich begeistert.
Anwalt werden kannst du immer. Da bist du von deinen Noten vollkommen unabhängig (edit: solange du bestehst, aber DAS sollte mit harter Arbeit immer möglich sein), im Gegenteil, es kann dir sogar etwas Freiraum verschaffen und einen freien Kopf, dass du gerade nicht unter dem Leistungsdruck stehst, unbedingt die 9 Punkte + zu erreichen. Und als Kind zweier Akademiker: Das "wissenschaftliche Arbeiten" in Jura ist auch definitiv anders als in anderen Studiengebieten und meiner Meinung nach mit einer Schularbeit nicht zu vergleichen. Trotzdem kann es enorm Spaß machen. Wissenschaftlich arbeiten kannst du allerdings auch wirklich gut ohne Diss. Viele Leute arbeiten an Lehrstühlen und als ich noch als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in einer Großkanzlei gearbeitet habe, durfte ich wirklich dauernd die Anwälte bei ihren Aufsätzen unterstützen, was oft auch sehr ähnlich war zu dem, was man in anderen Gebieten von Jura "wissenschaftlich" macht. Somit ist die Notengrenze da nicht ausschlaggebend und wenn dich das wissenschaftliche Arbeiten in Jura so begeistert finden sich auch ohne Dissertation Wege deinen Traum wahr zu machen.
Was leider deutlich eher ein Problem ist, ist dass du sagst, du würdest nicht damit klarkommen nicht das zu erreichen, was du dir vornimmst. Ganz ehrlich, Jura kann brutal sein. Klar, es kann sein, dass du direkt traumtänzerisch durchkommst und von Anfang an durch Glück, Talent und/oder harte Arbeit gute Noten bekommst, aber das ist leider nicht sicher oder auch nur planbar. Das Notenspektrum geht von 0-18 Punkten und wie immer so schön gesagt wird "18 Punkte hat nur Gott" bzw. "4-gewinnt". Mit 9 Punkten (also der Hälfte) bist du im Himmel, du kannst beinahe all deine Träume verwirklichen und du kannst all das machen, was du willst. Alles darunter ist quasi nur "Jura 2. Klasse" oder fühlt sich jedenfalls so. Wir sind notenbesessen und notengeil, nirgendwo wirst du so auf deine Note reduziert ohne das andere Werte groß etwas wettmachen. Wie einer meiner Professoren schon sagte "Eure Examensnoten werden noch auf eurem Grabstein stehen). Und die wenigsten Leute erreichen diese magische Notengrenze, selbst wenn sie sich noch so sehr bemühen.
Ein paar Anekdoten:
- In meiner Schulklasse waren zwei Typen, nennen wir sie - ganz ohne voreingenommen zu sein - BWL Justus und Jura Bernd. Während Justus es schafft im Abi die beste Note des ganzen Bundeslandes zu schreiben (fast überall 15 Punkte auf dem Zeugnis) ist Bernd nicht ganz so genial, hat Justus aber als glänzendes Beispiel vor Augen. Beide haben natürlich das 1,0 Abi und fangen schon in der Schule an, an ihren Karrieren zu planen - einer wird Schulsprecher - macht sich gut auf dem Lebenslauf, machen hochangesehene Praktika - macht sich gut auf dem Lebenslauf, treten beide unterschiedlichen Parteien bei - Connections! und haben ihr Leben beide schon vor Augen. Großkanzlei, das große Geld, später Partner, einfach richtig geil. Beide haben auch schon immer alles erreicht, was sie sich vorgenommen haben und haben jedes Ziel erreicht. Beide halten sich übrigens auch für viel intelligenter als den "Durchschnittsmenschen", aber eigentlich für jeden von beiden. Während ich mit Justus weniger Kontakt hatte, habe ich mit Bernd in der gleichen Stadt studiert und alles lief gut. Bernd war jede Woche in der Bibliothek, Bernd hatte einen Lernplan, Bernd hat nebenher angefangen eine Sprache zu lernen, Bernd traf sich mehrfach im Monat mit dem Stammtisch seiner Partei. Und dann fiel Bernd durch die erste Zwischenprüfungsklausur, was auch kein Wunder war, bei einer Durchfallrate von 70%. In der Hausarbeit, an der Bernd die gesamten Semesterferien bis tief in die Nacht saß, hatte er 5 Punkte und ein paar von den Vollidioten, die er sonst immer belächelte, weil er ihnen immer helfen musste, hatten plötzlich bessere Noten als er. Bernd hatte noch nie eine Niederlage gehabt, wenn er nur hart genug gearbeitet hat. Er fiel auch durch noch ein paar Klausuren und hat am Ende Jura aufgegeben, bevor er auch nur die Zwischenprüfung hatte. Ich glaube er ist ganz zufrieden in irgendeinem BWL Artigen Fach nachher geworden.
Justus in all seiner Brillianz hingegen hatte schon von Anfang an zweistellige Noten, bracht dann aber, als er in Baurecht in einer Klausur durchfiel im 4. Semester auch sein Studium ab, mit der Argumentation, er würde es nicht mögen, dass es keine konkreten Antworten und keine konkreten Lösungen gibt. Danach hat er ein Medizinstudium begonnen und mittlerweile weiß ich nicht mehr, was er macht, denn wir haben den Kontakt verloren und er ist über das Internet nicht aufzufinden.
Eine weitere Anekdote ist ein Kommilitone: Er hatte von Anfang an in Jura ohne viel zu machen immer zweistellige Noten. Er lachte nur über diejenigen, die sowas wie Repetitorien nötig hatten. Er überlegte schon an einem Thema für seine Doktorarbeit als er durchs Examen fiel. Das war vor 5 Jahren, seitdem hat er sich nicht wieder getraut, nochmal zu schreiben.
Also gerade die Leute, die sehr motiviert waren, sich früh Ziele gesetzt haben und für die es immer extrem gut gelaufen ist, waren genau diejenigen, die es nicht verkraftet haben, dass Jura einfach echt unfair sein kann. Damit will ich dich nicht davon abbringen, es zu studieren, wenn es dein Traum ist, dann versuch das auch zu verwirklichen, aber leider kann man in Jura allein durch "Ziele setzen" nicht unbedingt alles erreichen und damit muss man sich abfinden. Glück, Talent und harte Arbeit gehen da Hand in Hand - und wer von einem zu wenig hat, muss es mit etwas anderem wieder wettmachen. Außerdem ist die Ausbildung auch einfach verflucht lang - während andere mit Bachelor und Master in ein paar Semestern durch sind, dauert das Studium schon ungewöhnlich lange, das Examen ist hart, dann Wartezeiten aufs Ref, dann über zwei Jahre Ref und noch ein Examen, das natürlich noch viel bedeutender ist, als das erste Examen. Das ist einfach sehr zermürbend.
Das ist auch der Grund, warum hier alle so unfreundlich sind - es ist ein Forum für Rechtsreferendare, wir alle sind jetzt schon an die 10 Jahre in den Mühlen des Systems und stehen weiter Noten und Examen vor uns thronen. Ein paar sind fertig und halten es noch für nötig hier zu schreiben, dazu noch der Mantel der Anonymität und man hat einen giftigen Mix aus frustrierten Gefühlen.
Ansonsten bin ich jetzt zu müde, um alles nochmal Korrektur zu lesen und muss morgen leider wieder früh raus, also hoffe ich, dass mein Beitrag mit meinen persönlichen Erlebnissen dir irgendwie weiterhilft - in die eine oder andere Richtung :)
01.06.2022, 23:44
Wie kann man hier eine Weile lesen und trotzdem Jura studieren gehen? Mach was anderes. Informatik z.B.