24.05.2022, 18:06
Liebe Foristen,
kommt es nur mir so vor, oder haben auch andere das Gefühl, dass grundlegende Entscheidungen des BVerfG nicht mehr nachvollziehbar sind? Dies gilt sowohl für mich und meine Partnerin (beide Juristen), als auch und gerade für juristische Laien. Ich habe das Gefühl, dass sich das Gericht zunehmend von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfremdet und Entscheidungen vom Kopf her gedacht werden.
1. Ich würde an dieser Stelle gerne einmal Euch Fragen, welche aktuellen Entscheidungen Ihr kontrovers seht?
2. Sollt die Richterschaft vielleicht sogar eher die Richter auf Bundesebene aus ihrer Mitte wählen?
(Es geht mir jetzt nicht nur um die aktuelle Corona Entscheidung)
kommt es nur mir so vor, oder haben auch andere das Gefühl, dass grundlegende Entscheidungen des BVerfG nicht mehr nachvollziehbar sind? Dies gilt sowohl für mich und meine Partnerin (beide Juristen), als auch und gerade für juristische Laien. Ich habe das Gefühl, dass sich das Gericht zunehmend von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfremdet und Entscheidungen vom Kopf her gedacht werden.
1. Ich würde an dieser Stelle gerne einmal Euch Fragen, welche aktuellen Entscheidungen Ihr kontrovers seht?
2. Sollt die Richterschaft vielleicht sogar eher die Richter auf Bundesebene aus ihrer Mitte wählen?
(Es geht mir jetzt nicht nur um die aktuelle Corona Entscheidung)
24.05.2022, 18:51
Kontrovers sehe ich:
1. Entscheidung zum Rundfunkbeitrag: Dass ALLE Länder gegen die Empfehlung der Rundfunkkommission stimmen müssen, führt das Zustimmungserfordernis ad absurdum
2. Pflege-Impfpflicht: Das Abstellen auf den wissenschaftlichen Konsens zur Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes ist zwar einleuchtend. Jedoch mutet es seltsam an, dass man später (noch vor Urteilsverkündung) gefundene wissenschaftliche Erkenntnisse (Geimpfte und Ungeimpfte stecken sich gleich häufig an) nicht berücksichtigt. Man hätte zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Impflicht anfangs verfassungskonform war, mittlerweile aber verfassungswidrig geworden ist.
3. Bei kontroversen Themen, insbesondere der Pflege-Imfpflicht wird auf mündliche Verhandlungen verzichtet.
Seit Harbarth im Amt ist, drängt sich mir der Eindruck auf, dass alles nur noch abgenickt wird (Ausgangssperren etc.) und ein großer Begründungsaufwand hierfür betrieben wird, auch wenn das gegenteilige Ergebnis deutlich naheliegender erscheint.
1. Entscheidung zum Rundfunkbeitrag: Dass ALLE Länder gegen die Empfehlung der Rundfunkkommission stimmen müssen, führt das Zustimmungserfordernis ad absurdum
2. Pflege-Impfpflicht: Das Abstellen auf den wissenschaftlichen Konsens zur Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes ist zwar einleuchtend. Jedoch mutet es seltsam an, dass man später (noch vor Urteilsverkündung) gefundene wissenschaftliche Erkenntnisse (Geimpfte und Ungeimpfte stecken sich gleich häufig an) nicht berücksichtigt. Man hätte zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Impflicht anfangs verfassungskonform war, mittlerweile aber verfassungswidrig geworden ist.
3. Bei kontroversen Themen, insbesondere der Pflege-Imfpflicht wird auf mündliche Verhandlungen verzichtet.
Seit Harbarth im Amt ist, drängt sich mir der Eindruck auf, dass alles nur noch abgenickt wird (Ausgangssperren etc.) und ein großer Begründungsaufwand hierfür betrieben wird, auch wenn das gegenteilige Ergebnis deutlich naheliegender erscheint.
24.05.2022, 19:41
(24.05.2022, 18:51)Gast schrieb: Kontrovers sehe ich:
1. Entscheidung zum Rundfunkbeitrag: Dass ALLE Länder gegen die Empfehlung der Rundfunkkommission stimmen müssen, führt das Zustimmungserfordernis ad absurdum
2. Pflege-Impfpflicht: Das Abstellen auf den wissenschaftlichen Konsens zur Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes ist zwar einleuchtend. Jedoch mutet es seltsam an, dass man später (noch vor Urteilsverkündung) gefundene wissenschaftliche Erkenntnisse (Geimpfte und Ungeimpfte stecken sich gleich häufig an) nicht berücksichtigt. Man hätte zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Impflicht anfangs verfassungskonform war, mittlerweile aber verfassungswidrig geworden ist.
3. Bei kontroversen Themen, insbesondere der Pflege-Imfpflicht wird auf mündliche Verhandlungen verzichtet.
Seit Harbarth im Amt ist, drängt sich mir der Eindruck auf, dass alles nur noch abgenickt wird (Ausgangssperren etc.) und ein großer Begründungsaufwand hierfür betrieben wird, auch wenn das gegenteilige Ergebnis deutlich naheliegender erscheint.
Hauptsache das Abendessen hat geschmeckt.
24.05.2022, 19:50
Volle Zustimmung, aber nicht verwunderlich. Wir wissen doch alle, wie man Richter in Kaiserslautern wird.
24.05.2022, 19:57
Darauf, dass einzelne juristische Laien proklamieren, Gerichtsentscheidungen seien für sie nicht nachvollziehbar, kann man nichts geben. Da müssen doch auch Zivilurteile immer gegen die Reichen und Strafurteile immer möglichst hart gegen Kinderschänder o.Ä. gehen. Und egal was ausgeurteilt wird, am Ende passt es vielen doch nicht. Auf das Gesetz (oder die Verfassung) kommt es dabei nie an, sondern nur auf das eigene Bauchgefühl. Ähnlich beim BVerfG. Die meisten Laien dürften das GG nie angeschaut haben, nicht wissen, dass und was da abgewogen wird etc. Dass Grundrechte betreffende Entscheidungen nicht mainstream-fähig sind ist außerdem grade der Sinn der Grundrechte.
Trotzdem finde ich auch einiges am BVerfG derzeit nicht gut. Man hat sich in der Pandemie viel zu viel Zeit mit kaum aussagekräftigen Entscheidungen gelassen und die Regierung(-en) so ziemlich machen lassen. Mies finde ich die eigenen Ansichten zur (eigenen) Befangenheit, die so kein (ordentlicher) Richter durchgehen lassen würde. Dazu noch das Abendessen.. alles in allem macht das BVerfG in letzter Zeit keine gute Figur. Andererseits ist es aber auch kein Organ, das auf besonders viel Zustimmung aus sein muss oder sollte.
Trotzdem finde ich auch einiges am BVerfG derzeit nicht gut. Man hat sich in der Pandemie viel zu viel Zeit mit kaum aussagekräftigen Entscheidungen gelassen und die Regierung(-en) so ziemlich machen lassen. Mies finde ich die eigenen Ansichten zur (eigenen) Befangenheit, die so kein (ordentlicher) Richter durchgehen lassen würde. Dazu noch das Abendessen.. alles in allem macht das BVerfG in letzter Zeit keine gute Figur. Andererseits ist es aber auch kein Organ, das auf besonders viel Zustimmung aus sein muss oder sollte.
24.05.2022, 23:01
BVerfG macht den gleichen Job wie immer. Dass es sich im Vergleich zu früher eher zrückgehalten hat entspricht seiner Aufgabe. Nennt sich judicial self-restraint. BVerfG ist kein Ersatzgesetzgeber ( 2 Euro ins Phrasenschwein)
Interessant aber auch wie die Eindrücke sich unterscheiden. Unter Voßkuhle wurde dem Gericht eine zu große Einmischung vorgeworfen. Und nun soll es zu wenig sein?
Diese Unkenrufe wonach das BverfG dem Niedergang geweiht ist sind nur das übliche Stammtisch-Geblubber...
Interessant aber auch wie die Eindrücke sich unterscheiden. Unter Voßkuhle wurde dem Gericht eine zu große Einmischung vorgeworfen. Und nun soll es zu wenig sein?
Diese Unkenrufe wonach das BverfG dem Niedergang geweiht ist sind nur das übliche Stammtisch-Geblubber...
24.05.2022, 23:29
Die früher übliche politische Zurückhaltung der Parteien bei der Besetzung von neuen Richterstellen hat stark nachgelassen (siehe jüngst Wolff). Es drängt sich immer mehr der Eindruck amerikanischer Verhältnisse auf. Beurteilen mag das jeder für sich selbst.
25.05.2022, 00:05
Was sagt man zu der Abkehr von der Dogmatik Einordnung von Grundrechten als Abwehrrechten hin zu umfassenden Schutzpflichten etc. ?
25.05.2022, 05:54
25.05.2022, 06:13
Mir scheinen die Klagen so alt wie das Gericht, vielleicht sogar so alt wie Gerichte überhaupt. Man kann das vermutlich allenfalls mit ein paar Jahren Abstand einordnen. Die Annahme jedenfalls, ein einzelner Präsident oder Vizepräsident könne das ganze Gericht in eine bestimmte Richtung treiben, scheint mir fernliegend, dafür sind dort alle zu selbstbewusst und bedeutend...