09.04.2022, 21:56
Moin, folgender Fall spielte sich ab:
Mdtin ist, wie sie selbst behauptet, gelernte ReNo. Sie hat ne 17j Tochter. Der Vater ist Alki und muss ans Kind Unterhalt abdrücken. Es kommt im Jahr 2020 zum Vergleich. Er verpflichtet sich rückständigen Unterhalt (ca. 4000) monatlich mit Summe x abzubezahlen und künftigen Unterhalt mit mtl 330 zu bezahlen.
Die Zahlungen laufen schleppend. Mdtin stellt eigenständig Antrag auf Herabsetzung der Pfändungsfreigrenze. Parallel stellt der Vater anwaltlich vertreten einen Antrag auf Abänderung des Unterhalts. Er ist auf Kurzarbeit und will nur noch 130€ mtl zahlen. Auch dieses Verfahren betreibt die Mdtin noch selbst.
Dann beauftragt sie unsere Kanzlei. Die Sache bekomme ich als relativ unerfahrener Anwalt im FamR. Die Sache hinsichtlich der pfändungsfreigrenze wird vom Gericht nur schleppend betrieben. Die andere Sache nimmt Fahrt auf. Es folgen hier mehrere Schriftsätze, es wird terminiert, dann wieder unterminiert.
Die Mdtin bekommt natürlich alles in Kopie. Dann kommt’s zum Termin in der Unterhaltssache. Dieser erfolgt als videoverhandlung. Nach viel blablabla kommt’s zu vergleichsverhandlungen. Ich rufe die mdtin und wiederhole den bisherigen Inhalt. Sie sagt, auf die Summe kommt es ihr nicht so sehr an, der Vater soll bitte nur pünktlich zahlen. Sie will Ruhe für ihre Tochter. Wir einigen uns dann auf 270€. Ein Widerrufsmöglichkeit war nicht erforderlich.Mdtin zunächst zufrieden und glücklich.
Nach der Verhandlung meldet sich der Vater bei der Tochter und beschimpft die Mutter.
Ein paar Tage später meldet sich die Mdtin bzw Mutter bei mir und sagt, sie will den Vergleich nicht mehr. Das Vorbringen des Vaters in der Verhandlung stimmt jetzt angeblich nicht. Er hat Geld arbeitet schwarz usw.
Jetzt kommts: Mdtin behauptet jetzt, sie habe gedacht, der Vergleichsbetrag betrifft den Betrag, den der Vater zur Begleichung des rückständigen Unterhalts aufbringen will. Also sie behauptet jetzt, aus ihrer Sicht sei es nur um die alten Schulden gegangen und nicht um den herabsetzungsantrag.
Ich bin aus allen Wolken gefallen. Also entweder die sind richtig dreist, oder einfach nur blöd.
Beide Verfahren laufen auch unter völlig unterschiedlichen Aktenzeichen und Gerichten.
Jetzt hat sich die Mdtin mit ihrem noch schlimmeren neuen Lebenspartner einen (Petz-)Termin bei meinem Chef gemacht.
Ich hab schon bisschen Panik, da ich noch nicht so lange dabei bin.
Wie seht ihr die Sache?
Mdtin ist, wie sie selbst behauptet, gelernte ReNo. Sie hat ne 17j Tochter. Der Vater ist Alki und muss ans Kind Unterhalt abdrücken. Es kommt im Jahr 2020 zum Vergleich. Er verpflichtet sich rückständigen Unterhalt (ca. 4000) monatlich mit Summe x abzubezahlen und künftigen Unterhalt mit mtl 330 zu bezahlen.
Die Zahlungen laufen schleppend. Mdtin stellt eigenständig Antrag auf Herabsetzung der Pfändungsfreigrenze. Parallel stellt der Vater anwaltlich vertreten einen Antrag auf Abänderung des Unterhalts. Er ist auf Kurzarbeit und will nur noch 130€ mtl zahlen. Auch dieses Verfahren betreibt die Mdtin noch selbst.
Dann beauftragt sie unsere Kanzlei. Die Sache bekomme ich als relativ unerfahrener Anwalt im FamR. Die Sache hinsichtlich der pfändungsfreigrenze wird vom Gericht nur schleppend betrieben. Die andere Sache nimmt Fahrt auf. Es folgen hier mehrere Schriftsätze, es wird terminiert, dann wieder unterminiert.
Die Mdtin bekommt natürlich alles in Kopie. Dann kommt’s zum Termin in der Unterhaltssache. Dieser erfolgt als videoverhandlung. Nach viel blablabla kommt’s zu vergleichsverhandlungen. Ich rufe die mdtin und wiederhole den bisherigen Inhalt. Sie sagt, auf die Summe kommt es ihr nicht so sehr an, der Vater soll bitte nur pünktlich zahlen. Sie will Ruhe für ihre Tochter. Wir einigen uns dann auf 270€. Ein Widerrufsmöglichkeit war nicht erforderlich.Mdtin zunächst zufrieden und glücklich.
Nach der Verhandlung meldet sich der Vater bei der Tochter und beschimpft die Mutter.
Ein paar Tage später meldet sich die Mdtin bzw Mutter bei mir und sagt, sie will den Vergleich nicht mehr. Das Vorbringen des Vaters in der Verhandlung stimmt jetzt angeblich nicht. Er hat Geld arbeitet schwarz usw.
Jetzt kommts: Mdtin behauptet jetzt, sie habe gedacht, der Vergleichsbetrag betrifft den Betrag, den der Vater zur Begleichung des rückständigen Unterhalts aufbringen will. Also sie behauptet jetzt, aus ihrer Sicht sei es nur um die alten Schulden gegangen und nicht um den herabsetzungsantrag.
Ich bin aus allen Wolken gefallen. Also entweder die sind richtig dreist, oder einfach nur blöd.
Beide Verfahren laufen auch unter völlig unterschiedlichen Aktenzeichen und Gerichten.
Jetzt hat sich die Mdtin mit ihrem noch schlimmeren neuen Lebenspartner einen (Petz-)Termin bei meinem Chef gemacht.
Ich hab schon bisschen Panik, da ich noch nicht so lange dabei bin.
Wie seht ihr die Sache?
09.04.2022, 22:12
Angriff ist sie beste Verteidigung. Du hast doch bestimmt Gesprächsvermerke gemacht? Geh zum Chef und erklär die Situation. Es würde mich sehr wundern, wenn er noch nie schwierige Mandanten gehabt hätte
09.04.2022, 22:13
Man kann den Mandanten schon zutrauen zu wissen in welchem Verfahren sie gerade sind...jedenfalls wenn sie nicht völlig bekloppt sind.
Also ich würde mir da keine großen Sorgen machen. Menschen sind halt manchmal oder oft dumm und verhalten sich völlig irrational. Das weiß auch dein Chef und solange die ihm nix vom Pferd erzählt wird der milde lächeln und sein Bedauern ausdrücken und dann vielleicht die Kostenrechnung inkl Vergleichsgebühr überreichen:)
Also ich würde mir da keine großen Sorgen machen. Menschen sind halt manchmal oder oft dumm und verhalten sich völlig irrational. Das weiß auch dein Chef und solange die ihm nix vom Pferd erzählt wird der milde lächeln und sein Bedauern ausdrücken und dann vielleicht die Kostenrechnung inkl Vergleichsgebühr überreichen:)
09.04.2022, 22:24
Danke.
Ja klar, ich hatte einiges protokolliert.
Auch noch lustig: Die Tochter wurde zwei Wochen vor der Verhandlung 18 Jahre alt. Jetzt behauptet der Freund der Mutter allen Ernstes, wir hatten gar keine Bevollmächtigung bzw Prozessvollmacht hinsichtlich der Tochter, nachdem sie 18 Jahre alt geworden war. Kannste dir nicht ausdenken.
Ja klar, ich hatte einiges protokolliert.
Auch noch lustig: Die Tochter wurde zwei Wochen vor der Verhandlung 18 Jahre alt. Jetzt behauptet der Freund der Mutter allen Ernstes, wir hatten gar keine Bevollmächtigung bzw Prozessvollmacht hinsichtlich der Tochter, nachdem sie 18 Jahre alt geworden war. Kannste dir nicht ausdenken.
09.04.2022, 23:22
Die Beweislast für die vermeintliche Pflichtverletzung im Anwaltshaftungsprozess liegt ja idR beim Mandanten, nachdem du gegebenen Hinweise zum Vergleich und die Reaktion des Mandanten hierauf substantiiert dargelegt hast.
10.04.2022, 13:01
Je nach Chef brauchst du dir da nicht zu viele Sorgen zumachen.
Habe (da war ich 1 Monat zugelassen) mal 10 Minuten bevor ich losmusste Bescheid bekommen, dass ich einen Termin vom Chef übernehmen soll. Kannte den Fall nur ganz grob und die Mandantin gar nicht. Kam dann im Termin zu Vergleichsverhandlungen. Habe viel mit der Mandantin gesprochen, ob sie das machen will, sie war zwar unsicher, aber war dann doch mit den Summen einverstanden. Jedenfalls am Ende einen unwiderruflichen Vergleich abgeschlossen, den die Mandantin auch abgesegnet und sich nach der Verhandlung sehr bei mir bedankt hat.
Komme zurück in die Kanzlei und berichte Chef stolz von meinem ersten geschlossenen Vergleich. Der fällt aus allen Wolken, Mandantin muss viel zu viel zahlen. Auch die Mandantin war im Nachhinein nicht mehr zufrieden, nachdem ihr Umfeld über den Vergleich gestaunt hat.
Was mir dann aber sehr viel bedeutet hat: Mein Chef hat mich danach nach außen sehr stark verteidigt. Mandantin hat er dann auch beschwichtig bekommen.
Ich nehme an, dass gerade bei jüngeren Anwälten zumindest ein kleiner Welpenschutz besteht. Vor allem, wenn dein Vergleich jetzt nicht ganz beschissen ist.
Gelernt habe ich jedenfalls, dass ich auf mein Gefühl hören muss und als Anwalt auch in der Verantwortung bin, die Mandanten zu führen und vor schlechten Entscheidungen zu bewahren. Hatte nämlich kein gutes Gefühl, aber mir in den Verhandlungen gedacht, naja wenn die Mandantin einverstanden ist, dann machen wir das halt - geht ja darum, dass sie zufrieden ist.
Habe (da war ich 1 Monat zugelassen) mal 10 Minuten bevor ich losmusste Bescheid bekommen, dass ich einen Termin vom Chef übernehmen soll. Kannte den Fall nur ganz grob und die Mandantin gar nicht. Kam dann im Termin zu Vergleichsverhandlungen. Habe viel mit der Mandantin gesprochen, ob sie das machen will, sie war zwar unsicher, aber war dann doch mit den Summen einverstanden. Jedenfalls am Ende einen unwiderruflichen Vergleich abgeschlossen, den die Mandantin auch abgesegnet und sich nach der Verhandlung sehr bei mir bedankt hat.
Komme zurück in die Kanzlei und berichte Chef stolz von meinem ersten geschlossenen Vergleich. Der fällt aus allen Wolken, Mandantin muss viel zu viel zahlen. Auch die Mandantin war im Nachhinein nicht mehr zufrieden, nachdem ihr Umfeld über den Vergleich gestaunt hat.
Was mir dann aber sehr viel bedeutet hat: Mein Chef hat mich danach nach außen sehr stark verteidigt. Mandantin hat er dann auch beschwichtig bekommen.
Ich nehme an, dass gerade bei jüngeren Anwälten zumindest ein kleiner Welpenschutz besteht. Vor allem, wenn dein Vergleich jetzt nicht ganz beschissen ist.
Gelernt habe ich jedenfalls, dass ich auf mein Gefühl hören muss und als Anwalt auch in der Verantwortung bin, die Mandanten zu führen und vor schlechten Entscheidungen zu bewahren. Hatte nämlich kein gutes Gefühl, aber mir in den Verhandlungen gedacht, naja wenn die Mandantin einverstanden ist, dann machen wir das halt - geht ja darum, dass sie zufrieden ist.
10.04.2022, 13:04
(10.04.2022, 13:01)Gast schrieb: Je nach Chef brauchst du dir da nicht zu viele Sorgen zumachen.
Habe (da war ich 1 Monat zugelassen) mal 10 Minuten bevor ich losmusste Bescheid bekommen, dass ich einen Termin vom Chef übernehmen soll. Kannte den Fall nur ganz grob und die Mandantin gar nicht. Kam dann im Termin zu Vergleichsverhandlungen. Habe viel mit der Mandantin gesprochen, ob sie das machen will, sie war zwar unsicher, aber war dann doch mit den Summen einverstanden. Jedenfalls am Ende einen unwiderruflichen Vergleich abgeschlossen, den die Mandantin auch abgesegnet und sich nach der Verhandlung sehr bei mir bedankt hat.
Komme zurück in die Kanzlei und berichte Chef stolz von meinem ersten geschlossenen Vergleich. Der fällt aus allen Wolken, Mandantin muss viel zu viel zahlen. Auch die Mandantin war im Nachhinein nicht mehr zufrieden, nachdem ihr Umfeld über den Vergleich gestaunt hat.
Was mir dann aber sehr viel bedeutet hat: Mein Chef hat mich danach nach außen sehr stark verteidigt. Mandantin hat er dann auch beschwichtig bekommen.
Ich nehme an, dass gerade bei jüngeren Anwälten zumindest ein kleiner Welpenschutz besteht. Vor allem, wenn dein Vergleich jetzt nicht ganz beschissen ist.
Gelernt habe ich jedenfalls, dass ich auf mein Gefühl hören muss und als Anwalt auch in der Verantwortung bin, die Mandanten zu führen und vor schlechten Entscheidungen zu bewahren. Hatte nämlich kein gutes Gefühl, aber mir in den Verhandlungen gedacht, naja wenn die Mandantin einverstanden ist, dann machen wir das halt - geht ja darum, dass sie zufrieden ist.
Achso, was ich damit im Kern zum Thread sagen wollte:
Geh mal davon aus, dass der Chef eher auf deiner Seite sein wird und solche Situationen wahrscheinlich selbst auch schon erlebt hat. Und wenn du vernünftig begründen kannst, warum der Vergleich akzeptabel ist und auch nicht unbedingt was besseres hätte rumkommen können, dann wird er dir da keinen Strick draus drehen.
Tatsächlich habe ich die Vergleichsreue in meinem Fall noch mehrere Monate gespürt - ärgert mich bis heute.
10.04.2022, 13:24
Geh zum Chef und hol die Zustimmung zur Kündigung des Mandats ab. Dann kündigt ihr. Als Anwalt muss man nicht jedes kack Mandat behalten.
10.04.2022, 13:41
Ich schließe Vergleiche NIE unwiderruflich.
10.04.2022, 19:57