20.01.2022, 18:02
(20.01.2022, 17:41)Testimonial schrieb: Aber mal die Frage generell, wie schafft Ihr es gewinnbringend zu arbeiten?
Nehmen wir mal hypothetisch an, ein Mandat bringt es auf 1.000 EUR Netto Umsatz.
Für mein Gehalt müsste ich also 165.000 EUR Umsatz pro Jahr generieren um einigermaßen rentabel für den Chef zu sein. Das macht bei 210 Arbeitstagen einen erforderlichen Nettoumsatz von 785 EUR pro Arbeitstag.
Man könnte auch sagen ich muss pro Tag eine Akte erledigen. Wie soll man denn da nennenswert solide Arbeit abliefern können?
Mandatsannahme, 1x AS, Klageschrift, Replik, Duplik, Termin (1h) das nimmt alles mehr als 8h in Anspruch, so dass das kaum klappen kann....
Wenn du in einer Sache Replik und Duplik schreibst, hast du aber auch ein Problem...
Außerdem scheint dir das Prinzip der Mischkalkulation noch nicht bekannt zu sein. Es gibt Mandate, die sind nicht so der Umsatzbringer, man macht sie aber trotzdem. Oft auch, um Kontakte herzustellen und sich einen Ruf aufzubauen. Und dann gibt es Mandate, die Umsatzbringer sind. Entweder weil sie viel einbringen oder weil sie sehr schnell zu erledigen sind. Beispielsweise eine einfach gelagerte Verkehrsunfall-Sache. Da kannst du praktisch komplett mit Textblöcken arbeiten. Ähnlich bei Kündigungsschutzklagen oder Mietstreitigkeiten.
Wenn du natürlich jeden Tag etwas ganz anderes machst, bist du wie ein schlechter Koch, der 50 Gerichte auf der Karte hat, von denen er jeden Tag jeweils 2 verkauft. Das bedeutet viel Wareneinsatz und hohe Kosten. Der clevere Koch hat 10 Gerichte auf der Karte von denen er jeweils 10 verkauft. Und dann überschneiden sich noch einige Gerichte, so dass er eigentlich nur für 5 Gerichte Waren kaufen muss. Optimierter Wareneinsatz, weniger Reste, mehr Gewinn.
20.01.2022, 18:22
(20.01.2022, 18:02)Gast Gast schrieb:(20.01.2022, 17:41)Testimonial schrieb: Aber mal die Frage generell, wie schafft Ihr es gewinnbringend zu arbeiten?
Nehmen wir mal hypothetisch an, ein Mandat bringt es auf 1.000 EUR Netto Umsatz.
Für mein Gehalt müsste ich also 165.000 EUR Umsatz pro Jahr generieren um einigermaßen rentabel für den Chef zu sein. Das macht bei 210 Arbeitstagen einen erforderlichen Nettoumsatz von 785 EUR pro Arbeitstag.
Man könnte auch sagen ich muss pro Tag eine Akte erledigen. Wie soll man denn da nennenswert solide Arbeit abliefern können?
Mandatsannahme, 1x AS, Klageschrift, Replik, Duplik, Termin (1h) das nimmt alles mehr als 8h in Anspruch, so dass das kaum klappen kann....
Wenn du in einer Sache Replik und Duplik schreibst, hast du aber auch ein Problem...
Außerdem scheint dir das Prinzip der Mischkalkulation noch nicht bekannt zu sein. Es gibt Mandate, die sind nicht so der Umsatzbringer, man macht sie aber trotzdem. Oft auch, um Kontakte herzustellen und sich einen Ruf aufzubauen. Und dann gibt es Mandate, die Umsatzbringer sind. Entweder weil sie viel einbringen oder weil sie sehr schnell zu erledigen sind. Beispielsweise eine einfach gelagerte Verkehrsunfall-Sache. Da kannst du praktisch komplett mit Textblöcken arbeiten. Ähnlich bei Kündigungsschutzklagen oder Mietstreitigkeiten.
Wenn du natürlich jeden Tag etwas ganz anderes machst, bist du wie ein schlechter Koch, der 50 Gerichte auf der Karte hat, von denen er jeden Tag jeweils 2 verkauft. Das bedeutet viel Wareneinsatz und hohe Kosten. Der clevere Koch hat 10 Gerichte auf der Karte von denen er jeweils 10 verkauft. Und dann überschneiden sich noch einige Gerichte, so dass er eigentlich nur für 5 Gerichte Waren kaufen muss. Optimierter Wareneinsatz, weniger Reste, mehr Gewinn.
Oder Masse statt Klasse... glaube mein chef macht das so oder will das so...
20.01.2022, 18:28
(20.01.2022, 18:22)Testimonial schrieb:(20.01.2022, 18:02)Gast Gast schrieb:(20.01.2022, 17:41)Testimonial schrieb: Aber mal die Frage generell, wie schafft Ihr es gewinnbringend zu arbeiten?
Nehmen wir mal hypothetisch an, ein Mandat bringt es auf 1.000 EUR Netto Umsatz.
Für mein Gehalt müsste ich also 165.000 EUR Umsatz pro Jahr generieren um einigermaßen rentabel für den Chef zu sein. Das macht bei 210 Arbeitstagen einen erforderlichen Nettoumsatz von 785 EUR pro Arbeitstag.
Man könnte auch sagen ich muss pro Tag eine Akte erledigen. Wie soll man denn da nennenswert solide Arbeit abliefern können?
Mandatsannahme, 1x AS, Klageschrift, Replik, Duplik, Termin (1h) das nimmt alles mehr als 8h in Anspruch, so dass das kaum klappen kann....
Wenn du in einer Sache Replik und Duplik schreibst, hast du aber auch ein Problem...
Außerdem scheint dir das Prinzip der Mischkalkulation noch nicht bekannt zu sein. Es gibt Mandate, die sind nicht so der Umsatzbringer, man macht sie aber trotzdem. Oft auch, um Kontakte herzustellen und sich einen Ruf aufzubauen. Und dann gibt es Mandate, die Umsatzbringer sind. Entweder weil sie viel einbringen oder weil sie sehr schnell zu erledigen sind. Beispielsweise eine einfach gelagerte Verkehrsunfall-Sache. Da kannst du praktisch komplett mit Textblöcken arbeiten. Ähnlich bei Kündigungsschutzklagen oder Mietstreitigkeiten.
Wenn du natürlich jeden Tag etwas ganz anderes machst, bist du wie ein schlechter Koch, der 50 Gerichte auf der Karte hat, von denen er jeden Tag jeweils 2 verkauft. Das bedeutet viel Wareneinsatz und hohe Kosten. Der clevere Koch hat 10 Gerichte auf der Karte von denen er jeweils 10 verkauft. Und dann überschneiden sich noch einige Gerichte, so dass er eigentlich nur für 5 Gerichte Waren kaufen muss. Optimierter Wareneinsatz, weniger Reste, mehr Gewinn.
Oder Masse statt Klasse... glaube mein chef macht das so oder will das so...
Man kann ja auch in die Masse etwas Klasse einbauen, wenn man die Sachen auf Grund von Wiederholungen schnell und vernünftig bearbeiten kann.
Bei dir scheint es aber aktuell weder Masse noch Klasse zu sein. Du solltest dir also ein Konzept für die nächsten Jahre überlegen. Wo soll es hingehen und wie willst du damit einen Business Case aufbauen.
20.01.2022, 19:47
Lass dir nix erzählen hier - das ist nun mal die traurige Wahrheit im Berufsalltag... wenn du qualitativ optimale Arbeit abliefern willst, dann muss es entweder fast immer das gleiche Thema sein oder aber- wie in deinem Fall - die Qualität leidet unter dem Wirtschaftlichkeitserfordernis...
20.01.2022, 21:04
Klingt für mich nach absolutem FWW-Standard, was du da beschreibst.
Habe Anwaltsstation in einer <5 Mann Kanzlei gemacht, da lief das im Wesentlichen genauso. Hab teilweise Akten bekommen, wo mein Chef Klageerwiderungen mit ganzen 2 Seiten eingereicht hat, Anträge inklusive. Von den Gegenseiten kam regelmäßig auch nichts besseres. Hab mich oft gefragt, ob irgendeiner der Herren und Damen Anwälte (beider Parteien) überhaupt mal Beck-Online oder Juris gecheckt hat, bevor die Schriftsätze rausgingen. Hat meistens nicht den Eindruck gemacht.
Wobei zumindest mein Chef in einem Rechtsgebiet spezialisiert war, dort hat er schon ordentlich abgeliefert. Als FWW-Anwalt kann man seine Tätigkeit halt nicht wirklich auf ein Gebiet beschränken. Auch er hat also alles gemacht, was die Mandanten so angeschleppt haben, mit den oben genannten Konsequenzen.
Habe Anwaltsstation in einer <5 Mann Kanzlei gemacht, da lief das im Wesentlichen genauso. Hab teilweise Akten bekommen, wo mein Chef Klageerwiderungen mit ganzen 2 Seiten eingereicht hat, Anträge inklusive. Von den Gegenseiten kam regelmäßig auch nichts besseres. Hab mich oft gefragt, ob irgendeiner der Herren und Damen Anwälte (beider Parteien) überhaupt mal Beck-Online oder Juris gecheckt hat, bevor die Schriftsätze rausgingen. Hat meistens nicht den Eindruck gemacht.
Wobei zumindest mein Chef in einem Rechtsgebiet spezialisiert war, dort hat er schon ordentlich abgeliefert. Als FWW-Anwalt kann man seine Tätigkeit halt nicht wirklich auf ein Gebiet beschränken. Auch er hat also alles gemacht, was die Mandanten so angeschleppt haben, mit den oben genannten Konsequenzen.
20.01.2022, 23:00
Der jüngste Anwalt in der Kanzlei bekommt halt immer die unbeliebten Akten, da wird der er keine große Wahl haben. Das rechnet sich für den Chef zwar nicht direkt, denn die wichtigen Mandate sind natürlich Chefsache. Aber er kann den Mandanten an den "spezialisierten Kollegen" weiter verweisen und muss sich nicht um den Kleinkram und die exotischen Randrechtsgebiete selbst kümmern. Diese Mandate kann er halt aber auch schlecht ablehnen, weil sie Akquise bedeuten. Die Lösung des Problems lautet halt entweder selbst Partner werden oder dorthin wechseln, wo man ein eigenes Dezernat hat.
20.01.2022, 23:41
Das Phänomen ist mir aus der anderen Perspektive nicht ganz unbekannt. Das Wirtschaftlichkeitsargument verstehe ich natürlich, ich frage mich nur, wenn ich die Akten und ihre Entwicklung sehe: Wäre es nicht auch im Ergebnis wirtschaftlicher, vor der Klageschrift einmal richtig Zeit zum Nachdenken zu nehmen und die Anlagen gescheit zu ordnen, anstatt die Klageschrift - rauszuhauen - das Gericht weist auf falschen Antrag und unklaren Vortrag hin - man schreibt dazu was - die Gegenseite rügt fehlende Anlage - man schickt die nach - nach der Klageerwiderung stellt sich der Sachverhalt anders dar - man trägt wieder neu vor - der Termin geht ewig, weil lauter Hinweise und alles unklar - es gibt Schriftsatzfristen, die natürlich genutzt werden - es wird wiedereröffnet und neu terminiert usw. Das ist doch auch keine rationelle Arbeitstaktik?
21.01.2022, 00:33
(20.01.2022, 23:41)Praktiker schrieb: Das Phänomen ist mir aus der anderen Perspektive nicht ganz unbekannt. Das Wirtschaftlichkeitsargument verstehe ich natürlich, ich frage mich nur, wenn ich die Akten und ihre Entwicklung sehe: Wäre es nicht auch im Ergebnis wirtschaftlicher, vor der Klageschrift einmal richtig Zeit zum Nachdenken zu nehmen und die Anlagen gescheit zu ordnen, anstatt die Klageschrift - rauszuhauen - das Gericht weist auf falschen Antrag und unklaren Vortrag hin - man schreibt dazu was - die Gegenseite rügt fehlende Anlage - man schickt die nach - nach der Klageerwiderung stellt sich der Sachverhalt anders dar - man trägt wieder neu vor - der Termin geht ewig, weil lauter Hinweise und alles unklar - es gibt Schriftsatzfristen, die natürlich genutzt werden - es wird wiedereröffnet und neu terminiert usw. Das ist doch auch keine rationelle Arbeitstaktik?
Wenn der rechtschutzversicherte Mandant abspringt, wenn die Klage nicht rechtzeitig rausgeht ist das Geld futsch… oder es hat jemand anders.
21.01.2022, 10:18
Es interessiert absolut niemanden wenn die Klage eine Woche länger braucht. Ausnahmen bei Verjährung etc.
21.01.2022, 11:35
(20.01.2022, 23:41)Praktiker schrieb: Das Phänomen ist mir aus der anderen Perspektive nicht ganz unbekannt. Das Wirtschaftlichkeitsargument verstehe ich natürlich, ich frage mich nur, wenn ich die Akten und ihre Entwicklung sehe: Wäre es nicht auch im Ergebnis wirtschaftlicher, vor der Klageschrift einmal richtig Zeit zum Nachdenken zu nehmen und die Anlagen gescheit zu ordnen, anstatt die Klageschrift - rauszuhauen - das Gericht weist auf falschen Antrag und unklaren Vortrag hin - man schreibt dazu was - die Gegenseite rügt fehlende Anlage - man schickt die nach - nach der Klageerwiderung stellt sich der Sachverhalt anders dar - man trägt wieder neu vor - der Termin geht ewig, weil lauter Hinweise und alles unklar - es gibt Schriftsatzfristen, die natürlich genutzt werden - es wird wiedereröffnet und neu terminiert usw. Das ist doch auch keine rationelle Arbeitstaktik?
Das mit dem im Laufe des Verfahrens sich ändernden Sachverhalt lässt sich vom Anwalt nur bedingt beeinflussen. Klar fragt man, erforscht den Sachverhalt, lässt sich im Zweifel den ganzen, auch irrelevanten, Schriftverkehr vorlegen, etc.
Aber es taucht halt später doch immer nochmal was neues auf, was der Mandant nicht für relevant hielt. Oder eben nach Klageerwiderung muss das, was Mandant zuvor gegengelesen hat, nun unbedingt nochmal völlig anders geschrieben werden, weil... wer weiß das schon.
Ich habe von Mandanten schon für einen Vorgang im Verlauf eines Verfahrens über 3 Jahre zig verschiedene Versionen präsentiert bekommen, die ursprünglich natürlich jeweils alle richtig sein sollten. Und die glauben dann häufig noch, sie trügen konsistent vor, die Gegenseite lüge ja.