25.05.2021, 09:50
Guten Morgen,
wollte man eine Beobachtung mit euch teilen, bzw. mal hören, was ihr so dazu denkt. Grundsätzlich würde man bei Juristen im Allgemeinen doch von einem guten Selbstbewusstsein ausgehen. Richter verstehen es i.d.R., sich in ihren Verhandlungen durchzusetzen, Anwälte treten oft groß auf, sind (teilweise) in Kommunikation und Auftreten geschult, wozu in gewisser Weise auch eine Portion Selbstbewusstsein gehört.
In Studium und Referendars-AG ist mir jedoch immer wieder aufgefallen, wie wenig Selbstbewusstsein die meisten haben. Profs wurde z.T. noch widersprochen, in der AG traut sich (bis auf 2-3 Ausnahmen) keiner, mal was zu sagen, wenn ein AG-Leiter daneben liegt. Dabei muss es gar nicht um eine fachliche Beteiligung gehen (die viele sowieso nicht anstreben), sondern auch um Organisatorisches o.Ä.
Auch hier im Forum sehe ich diese Tendenz. Viele Juristen scheinen das Selbstbild zu haben, dass man gefälligst 12 Stunden am Tag zu arbeiten habe und bloß nicht auffallen oder irgendetwas fordern darf. Einem Richter, der 9-17 Uhr arbeiten will, sich aber nicht (unbezahlt) die Nächte um die Ohren schlagen will, wird gesagt, er solle sofort aus der Justiz ausscheiden. Aus anderen Threads lässt sich herauslesen, dass viele Juristen Bewerbungsgespräche haben, aber sich dort nicht trauen, Fragen zu stellen.
Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Insbesondere im Ref ist es mir aufgefallen. Da haben meinem Eindruck nach einige Ausbilder ein sehr devotes Auftreten auch durchaus honoriert, was ich aber trotzdem nie gemacht hätte.
Woran liegt das? M.E. liegt es teils einfach daran, dass Jura ein Streberstudium ist und Streber grundsätzlich keine Rebellen sind. Zudem kenne ich einige Juristen, die das hauptsächlich deshalb studiert haben, weil die Eltern sehr erfolgreiche Juristen sind (RiBGH, RiBVerfG, GK-Partner). Die sind jeweils zu Hause sehr klein gehalten worden, was ihrem Selbstbewusstsein nicht geholfen haben dürfte.
wollte man eine Beobachtung mit euch teilen, bzw. mal hören, was ihr so dazu denkt. Grundsätzlich würde man bei Juristen im Allgemeinen doch von einem guten Selbstbewusstsein ausgehen. Richter verstehen es i.d.R., sich in ihren Verhandlungen durchzusetzen, Anwälte treten oft groß auf, sind (teilweise) in Kommunikation und Auftreten geschult, wozu in gewisser Weise auch eine Portion Selbstbewusstsein gehört.
In Studium und Referendars-AG ist mir jedoch immer wieder aufgefallen, wie wenig Selbstbewusstsein die meisten haben. Profs wurde z.T. noch widersprochen, in der AG traut sich (bis auf 2-3 Ausnahmen) keiner, mal was zu sagen, wenn ein AG-Leiter daneben liegt. Dabei muss es gar nicht um eine fachliche Beteiligung gehen (die viele sowieso nicht anstreben), sondern auch um Organisatorisches o.Ä.
Auch hier im Forum sehe ich diese Tendenz. Viele Juristen scheinen das Selbstbild zu haben, dass man gefälligst 12 Stunden am Tag zu arbeiten habe und bloß nicht auffallen oder irgendetwas fordern darf. Einem Richter, der 9-17 Uhr arbeiten will, sich aber nicht (unbezahlt) die Nächte um die Ohren schlagen will, wird gesagt, er solle sofort aus der Justiz ausscheiden. Aus anderen Threads lässt sich herauslesen, dass viele Juristen Bewerbungsgespräche haben, aber sich dort nicht trauen, Fragen zu stellen.
Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Insbesondere im Ref ist es mir aufgefallen. Da haben meinem Eindruck nach einige Ausbilder ein sehr devotes Auftreten auch durchaus honoriert, was ich aber trotzdem nie gemacht hätte.
Woran liegt das? M.E. liegt es teils einfach daran, dass Jura ein Streberstudium ist und Streber grundsätzlich keine Rebellen sind. Zudem kenne ich einige Juristen, die das hauptsächlich deshalb studiert haben, weil die Eltern sehr erfolgreiche Juristen sind (RiBGH, RiBVerfG, GK-Partner). Die sind jeweils zu Hause sehr klein gehalten worden, was ihrem Selbstbewusstsein nicht geholfen haben dürfte.
25.05.2021, 10:27
(25.05.2021, 09:50)HerrKules schrieb: Guten Morgen,
wollte man eine Beobachtung mit euch teilen, bzw. mal hören, was ihr so dazu denkt. Grundsätzlich würde man bei Juristen im Allgemeinen doch von einem guten Selbstbewusstsein ausgehen. Richter verstehen es i.d.R., sich in ihren Verhandlungen durchzusetzen, Anwälte treten oft groß auf, sind (teilweise) in Kommunikation und Auftreten geschult, wozu in gewisser Weise auch eine Portion Selbstbewusstsein gehört.
In Studium und Referendars-AG ist mir jedoch immer wieder aufgefallen, wie wenig Selbstbewusstsein die meisten haben. Profs wurde z.T. noch widersprochen, in der AG traut sich (bis auf 2-3 Ausnahmen) keiner, mal was zu sagen, wenn ein AG-Leiter daneben liegt. Dabei muss es gar nicht um eine fachliche Beteiligung gehen (die viele sowieso nicht anstreben), sondern auch um Organisatorisches o.Ä.
Auch hier im Forum sehe ich diese Tendenz. Viele Juristen scheinen das Selbstbild zu haben, dass man gefälligst 12 Stunden am Tag zu arbeiten habe und bloß nicht auffallen oder irgendetwas fordern darf. Einem Richter, der 9-17 Uhr arbeiten will, sich aber nicht (unbezahlt) die Nächte um die Ohren schlagen will, wird gesagt, er solle sofort aus der Justiz ausscheiden. Aus anderen Threads lässt sich herauslesen, dass viele Juristen Bewerbungsgespräche haben, aber sich dort nicht trauen, Fragen zu stellen.
Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Insbesondere im Ref ist es mir aufgefallen. Da haben meinem Eindruck nach einige Ausbilder ein sehr devotes Auftreten auch durchaus honoriert, was ich aber trotzdem nie gemacht hätte.
Woran liegt das? M.E. liegt es teils einfach daran, dass Jura ein Streberstudium ist und Streber grundsätzlich keine Rebellen sind. Zudem kenne ich einige Juristen, die das hauptsächlich deshalb studiert haben, weil die Eltern sehr erfolgreiche Juristen sind (RiBGH, RiBVerfG, GK-Partner). Die sind jeweils zu Hause sehr klein gehalten worden, was ihrem Selbstbewusstsein nicht geholfen haben dürfte.
Die Lemminge die Du da beschreibst, landen auf Grund der Noten oft in der Justiz oder anders gesagt. Daher herrscht dort auch ein solch guter Zustand. Da wird alles geschluckt und wer da kein Bock drauf hat, haut oft nach ein paar Monaten wieder ab.
AG Leiter sind übrigens oftmals nur deshalb AG Leiter, weil es gut für die Laufbahn ist. Das gilt natürlich nicht mehr für ältere AG Leiter. Die scheinen Überzeugungstäter zu sein.
25.05.2021, 10:56
Das lässt sich nicht pauschalisieren. Ich kenne notenmäßige Topjuristinnen und -juristen, die in der Sitzung stottern und schwitzen als stünden sie am Rande des Nervenzusammenbruchs. Andere hingegen wirken sehr souverän und chrismatisch. Jedenfalls ist die Tatsache, dass man sich der hohen Arbeitsbelastung fügt und überobligatorisch Einsatz leistet, kein Zeichen mangelnden Selbstbewusstseins. Wer 9to5 will, kann das in der Justiz (jedenfalls nach der Lebenszeiternennung) und in der Verwaltung ja bekommen, in der GK fliegt man damit zurecht raus. Nicht etwa, weil die Partner gefälligst devote Associates erwarten, sondern weil die Mandanten überdurchschnittlich viel bezahlen und man auch überdurchschnittlich viel leisten sollte.
Dessen kann man sich bewusst sein und das kann man auch als sehr selbstbewusster Mensch (immerhin für ein Jahresbrutto ab 100k p.a. aufwärts!) für sich akzeptieren.
Dass in der Justiz im Übrigen nur „Lemminge“ landen, wie der Vorredner behauptet, halte ich für ausgemachten Unsinn. Ich kenne viele Richterinnen und Richter sowie StAe und viele von ihnen stehen einem gewieften RA in puncto Selbstbewusstsein in nichts nach. Dass Justizbedienste über die Arbeitsbedingungen in der Justiz nicht allzu sehr meckern, liegt vielleicht einfach daran, dass sie sich ja sehenden Auges für die Justiz entschieden haben, obwohl sie bei der Bewerbung von den Umständen wussten. Und wer dann doch noch überraschenderweise einen Kulturschock erlebt, kann ja den Exit wählen.
Dessen kann man sich bewusst sein und das kann man auch als sehr selbstbewusster Mensch (immerhin für ein Jahresbrutto ab 100k p.a. aufwärts!) für sich akzeptieren.
Dass in der Justiz im Übrigen nur „Lemminge“ landen, wie der Vorredner behauptet, halte ich für ausgemachten Unsinn. Ich kenne viele Richterinnen und Richter sowie StAe und viele von ihnen stehen einem gewieften RA in puncto Selbstbewusstsein in nichts nach. Dass Justizbedienste über die Arbeitsbedingungen in der Justiz nicht allzu sehr meckern, liegt vielleicht einfach daran, dass sie sich ja sehenden Auges für die Justiz entschieden haben, obwohl sie bei der Bewerbung von den Umständen wussten. Und wer dann doch noch überraschenderweise einen Kulturschock erlebt, kann ja den Exit wählen.
25.05.2021, 11:37
Unabhängig von der Berufswahl:
Jura ist kein Rebellenstudium.
Man kriegt selbst in der Uni von Tag 1 mehr oder minder eine gewisse Folgsamkeit eingetrichtert. Auch wenn daneben natürlich noch die eigene Entfaltungsfreiheit greift.
Aber in der Klausur sind es dann trotzdem Rspr oder hL oder schwer vertretbar (= krasser Notenabzug).
Auch Profs sind für Kritik häufig nicht so sensibel (oder ignorieren es einfach). Ähnlich dann im Ref, dazu gleich auch noch mehr.
Dazu tritt dann natürlich das gewaltige Lernpensum, dass die eigene Unwissenheit bei steigendem Wissen offenbart. Selbst Leute mit guten zweistelligen Examen kommen häufig an ihre Grenzen, weil sie die Uferlosigkeit und den Kampf gegen Windmühlen (Vergessen) erkennen und das belastet jeden. Daher hat man auch selten das Gefühl, voll in einem Bereich drin zu sein und "Ahnung" zu haben, was natürlich fürs Selbstbewusstsein u.ä. kritisch ist. Das kann man auch in lerngruppen beachten (wenn zB Aussagen von wirklich guten Leuten kommen, dass sie über etwas nicht diskutieren wollen, sondern nur wissen wollen, wie es in der Klausur zu schreiben ist).
Die Examen sind generell kein Ort für Widerstandstaten was sich natürlich auch auswirkt. Am besten so schreiben wie der Korrektor es will, zumindest wie die Lösungsskizze und immer hM (im Ref Rspr.).
Im Ref wird es dann auch nicht besser, weil die dortigen Ausbilder häufig noch renitenter sind als die Profs. Zudem kocht jeder sein eigenes Süppchen, sodass man im Zweifel immer falsch liegt, auch wenn man eine BGH/Lehrbuch Meinung vertritt.
Mir ist mein Ausbilder bspw mal grobe Fehler beim Urteilsentwurf angekreidet und entsprechend kritisiert. Auf die Entgegnung, dass das so im Anders/Gehle und Oberhain steht (was ich ihm gezeigt habe) kam nur die Antwort, dass das auch nur "irgendwelche" Richter seien und ich darauf nicht viel geben soll.
Ähnliches auch in inhaltlicher Hinsicht, wenn dann von Rspr (egal ob Ausbildung oder Klausur) abgewichen wird, weil derjenige es einfach anders sieht als der BGH und bspw den UWE als reine Willenserklärung nach BGB sieht oder Präklusionen nach 296 ff. ZPO/KSchG oder die Vorwegnahme der HS als Aspekte der Zulässigkeit sieht. Auch im Examen ist es nur bedingt besser, wenn Korrektor 1 Ausführungen für gelungen und korrektor 2 sie für vollkommen unbrauchbar hält.
Kurz : Man hat immer das Gefühl, es nie richtig machen zu können.
Auch in Korrekturen finden sich selten lobende Worte. Mein Highlight im Examen, war eine zweiseitige Korrektur die mir in jeder zeile die befähigung als Jurist abspricht, aber trotzdem 12 Punkte gibt.
Daneben treten auch Korrekturen / AG-Leiter / Dozenten die auch in (Probe-) Klausuren explizit reinschreiben, das der bearbeiter "dumm & unfähig" sei.
Es liegt also eher am gesamten System in meinen Augen und es ist nicht ganz so einfach, davon unbeeinflusst zu bleiben. Häufig ist gesteigertes Selbstbewusstsein dann auch einfach ein Coping - Mechanismus.
Jura ist kein Rebellenstudium.
Man kriegt selbst in der Uni von Tag 1 mehr oder minder eine gewisse Folgsamkeit eingetrichtert. Auch wenn daneben natürlich noch die eigene Entfaltungsfreiheit greift.
Aber in der Klausur sind es dann trotzdem Rspr oder hL oder schwer vertretbar (= krasser Notenabzug).
Auch Profs sind für Kritik häufig nicht so sensibel (oder ignorieren es einfach). Ähnlich dann im Ref, dazu gleich auch noch mehr.
Dazu tritt dann natürlich das gewaltige Lernpensum, dass die eigene Unwissenheit bei steigendem Wissen offenbart. Selbst Leute mit guten zweistelligen Examen kommen häufig an ihre Grenzen, weil sie die Uferlosigkeit und den Kampf gegen Windmühlen (Vergessen) erkennen und das belastet jeden. Daher hat man auch selten das Gefühl, voll in einem Bereich drin zu sein und "Ahnung" zu haben, was natürlich fürs Selbstbewusstsein u.ä. kritisch ist. Das kann man auch in lerngruppen beachten (wenn zB Aussagen von wirklich guten Leuten kommen, dass sie über etwas nicht diskutieren wollen, sondern nur wissen wollen, wie es in der Klausur zu schreiben ist).
Die Examen sind generell kein Ort für Widerstandstaten was sich natürlich auch auswirkt. Am besten so schreiben wie der Korrektor es will, zumindest wie die Lösungsskizze und immer hM (im Ref Rspr.).
Im Ref wird es dann auch nicht besser, weil die dortigen Ausbilder häufig noch renitenter sind als die Profs. Zudem kocht jeder sein eigenes Süppchen, sodass man im Zweifel immer falsch liegt, auch wenn man eine BGH/Lehrbuch Meinung vertritt.
Mir ist mein Ausbilder bspw mal grobe Fehler beim Urteilsentwurf angekreidet und entsprechend kritisiert. Auf die Entgegnung, dass das so im Anders/Gehle und Oberhain steht (was ich ihm gezeigt habe) kam nur die Antwort, dass das auch nur "irgendwelche" Richter seien und ich darauf nicht viel geben soll.
Ähnliches auch in inhaltlicher Hinsicht, wenn dann von Rspr (egal ob Ausbildung oder Klausur) abgewichen wird, weil derjenige es einfach anders sieht als der BGH und bspw den UWE als reine Willenserklärung nach BGB sieht oder Präklusionen nach 296 ff. ZPO/KSchG oder die Vorwegnahme der HS als Aspekte der Zulässigkeit sieht. Auch im Examen ist es nur bedingt besser, wenn Korrektor 1 Ausführungen für gelungen und korrektor 2 sie für vollkommen unbrauchbar hält.
Kurz : Man hat immer das Gefühl, es nie richtig machen zu können.
Auch in Korrekturen finden sich selten lobende Worte. Mein Highlight im Examen, war eine zweiseitige Korrektur die mir in jeder zeile die befähigung als Jurist abspricht, aber trotzdem 12 Punkte gibt.
Daneben treten auch Korrekturen / AG-Leiter / Dozenten die auch in (Probe-) Klausuren explizit reinschreiben, das der bearbeiter "dumm & unfähig" sei.
Es liegt also eher am gesamten System in meinen Augen und es ist nicht ganz so einfach, davon unbeeinflusst zu bleiben. Häufig ist gesteigertes Selbstbewusstsein dann auch einfach ein Coping - Mechanismus.
25.05.2021, 11:42
(25.05.2021, 11:37)Gast schrieb: Unabhängig von der Berufswahl:
Jura ist kein Rebellenstudium.
Man kriegt selbst in der Uni von Tag 1 mehr oder minder eine gewisse Folgsamkeit eingetrichtert. Auch wenn daneben natürlich noch die eigene Entfaltungsfreiheit greift.
Aber in der Klausur sind es dann trotzdem Rspr oder hL oder schwer vertretbar (= krasser Notenabzug).
Auch Profs sind für Kritik häufig nicht so sensibel (oder ignorieren es einfach). Ähnlich dann im Ref, dazu gleich auch noch mehr.
Dazu tritt dann natürlich das gewaltige Lernpensum, dass die eigene Unwissenheit bei steigendem Wissen offenbart. Selbst Leute mit guten zweistelligen Examen kommen häufig an ihre Grenzen, weil sie die Uferlosigkeit und den Kampf gegen Windmühlen (Vergessen) erkennen und das belastet jeden. Daher hat man auch selten das Gefühl, voll in einem Bereich drin zu sein und "Ahnung" zu haben, was natürlich fürs Selbstbewusstsein u.ä. kritisch ist. Das kann man auch in lerngruppen beachten (wenn zB Aussagen von wirklich guten Leuten kommen, dass sie über etwas nicht diskutieren wollen, sondern nur wissen wollen, wie es in der Klausur zu schreiben ist).
Die Examen sind generell kein Ort für Widerstandstaten was sich natürlich auch auswirkt. Am besten so schreiben wie der Korrektor es will, zumindest wie die Lösungsskizze und immer hM (im Ref Rspr.).
Im Ref wird es dann auch nicht besser, weil die dortigen Ausbilder häufig noch renitenter sind als die Profs. Zudem kocht jeder sein eigenes Süppchen, sodass man im Zweifel immer falsch liegt, auch wenn man eine BGH/Lehrbuch Meinung vertritt.
Mir ist mein Ausbilder bspw mal grobe Fehler beim Urteilsentwurf angekreidet und entsprechend kritisiert. Auf die Entgegnung, dass das so im Anders/Gehle und Oberhain steht (was ich ihm gezeigt habe) kam nur die Antwort, dass das auch nur "irgendwelche" Richter seien und ich darauf nicht viel geben soll.
Ähnliches auch in inhaltlicher Hinsicht, wenn dann von Rspr (egal ob Ausbildung oder Klausur) abgewichen wird, weil derjenige es einfach anders sieht als der BGH und bspw den UWE als reine Willenserklärung nach BGB sieht oder Präklusionen nach 296 ff. ZPO/KSchG oder die Vorwegnahme der HS als Aspekte der Zulässigkeit sieht. Auch im Examen ist es nur bedingt besser, wenn Korrektor 1 Ausführungen für gelungen und korrektor 2 sie für vollkommen unbrauchbar hält.
Kurz : Man hat immer das Gefühl, es nie richtig machen zu können.
Auch in Korrekturen finden sich selten lobende Worte. Mein Highlight im Examen, war eine zweiseitige Korrektur die mir in jeder zeile die befähigung als Jurist abspricht, aber trotzdem 12 Punkte gibt.
Daneben treten auch Korrekturen / AG-Leiter / Dozenten die auch in (Probe-) Klausuren explizit reinschreiben, das der bearbeiter "dumm & unfähig" sei.
Es liegt also eher am gesamten System in meinen Augen und es ist nicht ganz so einfach, davon unbeeinflusst zu bleiben. Häufig ist gesteigertes Selbstbewusstsein dann auch einfach ein Coping - Mechanismus.
Vollkommende Zustimmung, selbst warb man wirklich Ahnung von was hat kann jemand kommen der über einen steht Prüfer, AG Leiter etc und sagen das man ein vollmkommender Depp ist
25.05.2021, 11:48
Jura ist kein Rebellenstudium, das ist richtig. Aber Juristen sind auch nicht als Rebellen vorgesehen. Wir stehen in der zweiten Reihe, nach dem Gesetzgeber, und sind dazu da, dessen Willen auszulegen. Natürlich sind dem Grenzen des Faktischen gesetzt. Ich meine Thomas Fischer hat mal in seiner Kolumne treffend sinngemäß gesagt „Juristen selbst haben keine Macht, sie sind stets Sachwalter fremder Macht“. Wir sind halt eben keine Politiker oder Unternehmer, die tatsächlich originäre Entscheidungen treffen. Selbst als Richter sind wir nur mittelbar Entscheidungsträger, denn wir sprechen lediglich die Entscheidung aus, die das Gesetz abstrakt für einen Sachverhalt vorsieht und antizipert schon bei Eintritt der Tatbestandsmerkmale getroffen hat. Auch unsere Spielräume, zum Beispiel in Form von Strafzumessung und Ermessen, sind allesamt bereits abstrakt vorgefasst.
Wir schaffen originär nichts neues, wir verwalten nur bestehendes. Deshalb ist Rebellion uns wesensfremd. Und auch der BGH und jeder noch so Mindermeinungsvertretende an der Uni sucht letztenendes danach, was der Gesetzgeber gemeint haben könnte, und sei es selbst beim Richterrecht, dass der Umsetzung übergesetzlicher Wertvorgaben unseres Parlaments dient.
Wir schaffen originär nichts neues, wir verwalten nur bestehendes. Deshalb ist Rebellion uns wesensfremd. Und auch der BGH und jeder noch so Mindermeinungsvertretende an der Uni sucht letztenendes danach, was der Gesetzgeber gemeint haben könnte, und sei es selbst beim Richterrecht, dass der Umsetzung übergesetzlicher Wertvorgaben unseres Parlaments dient.
25.05.2021, 11:58
Sprich von dir selbst. Ich erschaffe viel Neues. Ich bringe Sachen vorwärts und setze Ideen um. Ohne mich gebe es so einige Immobilien und Geschäftsideen nicht.
Ab und zu entwickele ich auch das Recht weiter. Wer nur meint passiver Wiederkäuer zu sein, der tut mir Leid.
Ab und zu entwickele ich auch das Recht weiter. Wer nur meint passiver Wiederkäuer zu sein, der tut mir Leid.
25.05.2021, 12:03
(25.05.2021, 11:58)Gast schrieb: Sprich von dir selbst. Ich erschaffe viel Neues. Ich bringe Sachen vorwärts und setze Ideen um. Ohne mich gebe es so einige Immobilien und Geschäftsideen nicht.
Ab und zu entwickele ich auch das Recht weiter. Wer nur meint passiver Wiederkäuer zu sein, der tut mir Leid.
Du meinst ohne die von dir aufgesetzten Verträge, die nichts anderes machen, als den abstrakten Willen des Gesetzgebers in Anwendung auf einen speziellen Fall anzuwenden (= wiederzukäuen)?
25.05.2021, 12:06
(25.05.2021, 11:37)Gast schrieb: Unabhängig von der Berufswahl:
Jura ist kein Rebellenstudium.
Man kriegt selbst in der Uni von Tag 1 mehr oder minder eine gewisse Folgsamkeit eingetrichtert. Auch wenn daneben natürlich noch die eigene Entfaltungsfreiheit greift.
Aber in der Klausur sind es dann trotzdem Rspr oder hL oder schwer vertretbar (= krasser Notenabzug).
Auch Profs sind für Kritik häufig nicht so sensibel (oder ignorieren es einfach). Ähnlich dann im Ref, dazu gleich auch noch mehr.
Dazu tritt dann natürlich das gewaltige Lernpensum, dass die eigene Unwissenheit bei steigendem Wissen offenbart. Selbst Leute mit guten zweistelligen Examen kommen häufig an ihre Grenzen, weil sie die Uferlosigkeit und den Kampf gegen Windmühlen (Vergessen) erkennen und das belastet jeden. Daher hat man auch selten das Gefühl, voll in einem Bereich drin zu sein und "Ahnung" zu haben, was natürlich fürs Selbstbewusstsein u.ä. kritisch ist. Das kann man auch in lerngruppen beachten (wenn zB Aussagen von wirklich guten Leuten kommen, dass sie über etwas nicht diskutieren wollen, sondern nur wissen wollen, wie es in der Klausur zu schreiben ist).
Die Examen sind generell kein Ort für Widerstandstaten was sich natürlich auch auswirkt. Am besten so schreiben wie der Korrektor es will, zumindest wie die Lösungsskizze und immer hM (im Ref Rspr.).
Im Ref wird es dann auch nicht besser, weil die dortigen Ausbilder häufig noch renitenter sind als die Profs. Zudem kocht jeder sein eigenes Süppchen, sodass man im Zweifel immer falsch liegt, auch wenn man eine BGH/Lehrbuch Meinung vertritt.
Mir ist mein Ausbilder bspw mal grobe Fehler beim Urteilsentwurf angekreidet und entsprechend kritisiert. Auf die Entgegnung, dass das so im Anders/Gehle und Oberhain steht (was ich ihm gezeigt habe) kam nur die Antwort, dass das auch nur "irgendwelche" Richter seien und ich darauf nicht viel geben soll.
Ähnliches auch in inhaltlicher Hinsicht, wenn dann von Rspr (egal ob Ausbildung oder Klausur) abgewichen wird, weil derjenige es einfach anders sieht als der BGH und bspw den UWE als reine Willenserklärung nach BGB sieht oder Präklusionen nach 296 ff. ZPO/KSchG oder die Vorwegnahme der HS als Aspekte der Zulässigkeit sieht. Auch im Examen ist es nur bedingt besser, wenn Korrektor 1 Ausführungen für gelungen und korrektor 2 sie für vollkommen unbrauchbar hält.
Kurz : Man hat immer das Gefühl, es nie richtig machen zu können.
Auch in Korrekturen finden sich selten lobende Worte. Mein Highlight im Examen, war eine zweiseitige Korrektur die mir in jeder zeile die befähigung als Jurist abspricht, aber trotzdem 12 Punkte gibt.
Daneben treten auch Korrekturen / AG-Leiter / Dozenten die auch in (Probe-) Klausuren explizit reinschreiben, das der bearbeiter "dumm & unfähig" sei.
Es liegt also eher am gesamten System in meinen Augen und es ist nicht ganz so einfach, davon unbeeinflusst zu bleiben. Häufig ist gesteigertes Selbstbewusstsein dann auch einfach ein Coping - Mechanismus.
Btw: Sorry für die ganzen Typos. Bin gerade unterwegs und am Ende ist es etwas zu aufwendig, das mit Autokorrektur und allem ordentlich anzupassen.
Zum Post über mir: Natürlich sind wir vom Grundsatz nicht als Rebellen im engen Sinne ausgelegt. Ich meinte damit v.a. auch nur, dass man immer Folgsamkeit eingetrichtert kriegt und Abweichungen häufig kritisch bewertet werden, zumindest was die Pflichtfachausbildung angeht. Im Schwerpunkt an der Uni ist dies stellenweise natürlich anders. Auch während der Promotion kann dies anders sein.
Im Übrigen sehe ich aber die Abweichungen als durchaus nötig an, auch zu den von dir genannten Grundsätzen. Ohne kritisches Denken, kann es keine wissenschaftliche Entwicklung und keine Rechtsentwicklung geben. Davon lebt das Recht aber, da es zwingend dynamisch sein muss. Zu wenig "Rebellion" ist daher durchaus für das Recht (und mithin gesetzgeberische Ziele/Allgemeinheit) schädlich.
Die größten Beschwerden der Studenten/Referendare bzgl. der Examen beziehen sich ja auch häufig auf diese Folgsamkeit - wenn auch mittelbar, da der Beurteilungsspielraum der Prüflinge bereits in den Klausuren selten ausreichend berücksichtigt wird und häufig umso weniger in den AGs (egal ob Uni/Ref/Rep).
Wegen dieser Folgsamkeit ist es dann schwer, ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein zu entwickeln, da man gerade in der Ausbildung (und teils auch im Berufseinstieg) "klein gehalten" wird und im Zweifel - selbst wenn man den inhaltlich besseren Standpunkt hat - nachgeben muss. Das fängt bei irrelevanten Formalia ("Parenthesen im Rubrum") an und erstreckt sich teils auf inhaltliche Aspekte ("Die 5% Schwelle bei § 323 V gilt natürlich auch für unbehebbare Mängel, wo Sie eine andere Auffassung hernehmen, verschließt sich mir vollkommen").
Gerade, weil die entsprechenden Stellen selbst sehr viele Freiheiten haben und dann zumindest mittelbar auf ihrer Autorität beharren ohne sich inhaltlich mit vielen Sachen auseinanderzusetzen. Das gilt fürs Ref wie für die Uni, wenn auch bei Letzterer nicht in allen Bereichen.
Es mag aber natürlich Ausnahmen geben. Ich berichte jetzt hier nur von meiner Erfahrung und mittelbar der von Freunden bzw. von Studenten die damals auf mich als Wiss. Mit. an der Uni zugekommen sind.
25.05.2021, 12:07
(25.05.2021, 11:58)Gast schrieb: Sprich von dir selbst. Ich erschaffe viel Neues. Ich bringe Sachen vorwärts und setze Ideen um. Ohne mich gebe es so einige Immobilien und Geschäftsideen nicht.
Ab und zu entwickele ich auch das Recht weiter. Wer nur meint passiver Wiederkäuer zu sein, der tut mir Leid.
Auch dabei wirst du dich wohl oder übel an geltendes Recht halten müssen.
Und auch über die Rechtmäßigkeit deines „weiterentwickelten“ Rechts entscheiden andere…