05.02.2021, 14:39
Hallo ihr Lieben!
Ich habe eine Frage zur Tenorierung im Zwangsvollstreckungsrecht. Ich habe gerade eine kleine Unsicherheit und wollte es mal hier verifizieren.
Nehmen wir an der Kläger erhebt Klage mit 2 Anträgen:
1. Antrag: materiellrechtliche Einwendung = Vollstreckungsabwehrklage
2. Antrag: Einwendungen gegen den Titel selbst = Titelgegenklage
Er obsiegt bzgl. Antrag 1, aber unterliegt bzgl. Antrag zu 2.
Tenoriere ich dann ganz normal "Die Zwangsvollstreckung aus dem Titel ... wird für unzulässig erklärt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."?
Die Kosten werden dann auch 50/50 tenoriert (denke ich) oder reicht es, dass der Kläger die Zwangsvollstreckung hier verhindern konnte?!
Eine Situation in der der Antrag zu 2. durchgeht, aber der Antrag zu 1 nicht bezogen auf denselben Titel, ist nicht denkbar, oder?
Danke für eure Verifizierung meiner Antwort ;-)
Dankeschön für eure Hilfe!
VG
Ich habe eine Frage zur Tenorierung im Zwangsvollstreckungsrecht. Ich habe gerade eine kleine Unsicherheit und wollte es mal hier verifizieren.
Nehmen wir an der Kläger erhebt Klage mit 2 Anträgen:
1. Antrag: materiellrechtliche Einwendung = Vollstreckungsabwehrklage
2. Antrag: Einwendungen gegen den Titel selbst = Titelgegenklage
Er obsiegt bzgl. Antrag 1, aber unterliegt bzgl. Antrag zu 2.
Tenoriere ich dann ganz normal "Die Zwangsvollstreckung aus dem Titel ... wird für unzulässig erklärt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."?
Die Kosten werden dann auch 50/50 tenoriert (denke ich) oder reicht es, dass der Kläger die Zwangsvollstreckung hier verhindern konnte?!
Eine Situation in der der Antrag zu 2. durchgeht, aber der Antrag zu 1 nicht bezogen auf denselben Titel, ist nicht denkbar, oder?
Danke für eure Verifizierung meiner Antwort ;-)
Dankeschön für eure Hilfe!
VG
05.02.2021, 15:13
In der Hauptsache ist die Klage nach Auffassung des BGH im Übrigen abzuweisen, weil Vollstreckungsabwehrklage und Titelgegenklage unterschiedliche Streitgegenstände haben (BGH NJW 2005, 1576).
Ob man in diesem Fall eine Kostenquote auswerfen würde, erscheint mir nicht ganz unzweifelhaft. Das wirtschaftliche Ziel des Klägers ist in beiden Fällen, dem Titel die Vollstreckbarkeit zu nehmen. Sofern er in einem Antrag durchdringt, hat er dieses Ziel vollumfänglich erreicht. Dementsprechend kann beim Gebührenstreitwert (als Bezugspunkt für die Kostenentscheidung) mE keine Zusammenrechnung stattfinden. In Bezug auf den "einfachen" Gebührenstreitwert ist der Kläger nicht unterlegen.
Konstellationen, in denen nur die Titelgegenklage erfolgversprechend ist, sind durchaus denkbar (z.B. im Falle des § 269 III 1 Hs. 2 ZPO (analog): Der Titel ist in diesem Fall unwirksam, auch wenn der Anspruch materiell-rechtlich besteht).
Ob man in diesem Fall eine Kostenquote auswerfen würde, erscheint mir nicht ganz unzweifelhaft. Das wirtschaftliche Ziel des Klägers ist in beiden Fällen, dem Titel die Vollstreckbarkeit zu nehmen. Sofern er in einem Antrag durchdringt, hat er dieses Ziel vollumfänglich erreicht. Dementsprechend kann beim Gebührenstreitwert (als Bezugspunkt für die Kostenentscheidung) mE keine Zusammenrechnung stattfinden. In Bezug auf den "einfachen" Gebührenstreitwert ist der Kläger nicht unterlegen.
Konstellationen, in denen nur die Titelgegenklage erfolgversprechend ist, sind durchaus denkbar (z.B. im Falle des § 269 III 1 Hs. 2 ZPO (analog): Der Titel ist in diesem Fall unwirksam, auch wenn der Anspruch materiell-rechtlich besteht).
06.02.2021, 19:18
Na ja, 45 GKG liegt ja folgender Gedanke zugrunde: Wenn das Gericht über zwei wirtschaftlich nicht identische Streitgegenstände entscheiden muss, dann auch Addition mit Mehrkosten. Also entweder teilweise abweisen, dann aber konsequent oder nicht teilweise abweisen.
06.02.2021, 20:23
(06.02.2021, 19:18)Titelwegenklage schrieb: Na ja, 45 GKG liegt ja folgender Gedanke zugrunde: Wenn das Gericht über zwei wirtschaftlich nicht identische Streitgegenstände entscheiden muss, dann auch Addition mit Mehrkosten. Also entweder teilweise abweisen, dann aber konsequent oder nicht teilweise abweisen.
Hier wurde allerdings ein gedanklicher Schritt ausgelassen, nämlich die Beantwortung der Frage, ob und warum zwischen den Streitgegenständen der Vollstreckungsabwehrklage einerseits und der Titelgegenklage andererseits (keine) wirtschaftliche Identität besteht.
Ich meine, dass bei diesen Streitgegenständen wirtschaftliche Identität besteht, weil der Kläger jeweils dasselbe Ziel verfolgt, nämlich dem Titel die Vollstreckbarkeit zu nehmen. Er kann demselben Titel nur einmal die Vollstreckbarkeit nehmen. Der Prozess ist für ihn daher - wirtschaftlich betrachtet - auch dann ein voller Erfolg, wenn er nur hinsichtlich eines der beiden Streitgegenstände obsiegt.
06.02.2021, 21:02
Na ja, dann würde es sich ja bei einem Zahlungsantrag gestützt auf zwei unterschiedliche Sachverhalte um einen wirtschaftlich identischen Gegenstand iSv 45 GKG handeln. Der BGH würde das jedenfalls nicht so machen... Der Streitgegenstand wird eben nicht nur durch den Antrag, sondern auch durch die vorgebrachte Einwendung definiert.
06.02.2021, 21:38
(06.02.2021, 21:02)Titelwegenklage schrieb: Na ja, dann würde es sich ja bei einem Zahlungsantrag gestützt auf zwei unterschiedliche Sachverhalte um einen wirtschaftlich identischen Gegenstand iSv 45 GKG handeln. Der BGH würde das jedenfalls nicht so machen...
Der Vergleich hinkt: aus den zwei verschiedenen Sachverhalten können potentiell zwei verschiedene Forderungen erwachsen, sodass gerade keine wirtschaftliche Identität besteht. Es kann vielmehr zu einer Kumulation der beiden Forderungen kommen. Das droht bei der hier diskutierten Konstellation nicht, denn einem Titel kann nur ein einziges Mal die Vollstreckbarkeit genommen werden, egal aus wie viel Gründen dies sonst noch potentiell möglich wäre.
Der Streitgegenstand wird eben nicht nur durch den Antrag, sondern auch durch die vorgebrachte Einwendung definiert.
Es geht ja aber bei der Kostenquote gerade nicht um die Identität des Streitgegenstandes, sondern um die wirtschaftliche Identität.
09.02.2021, 15:24
Die Diskussion findet hier irgendwie im luftleeren Raum statt. Titelgegenklagen in Kombination mit Vollstreckungsabwehrklage gibt es in der Praxis doch recht häufig. Dann müsste es doch auch OLG/BGH-Entscheidungen dazu geben,
- die in dieser Konstellation im Tenor die Klage "im Übrigen abweisen" und
- die trotzdem die Kosten vollumfänglich der Beklagtenseite auferlegen.
Kann jmd. solche Entscheidungen benennen?
- die in dieser Konstellation im Tenor die Klage "im Übrigen abweisen" und
- die trotzdem die Kosten vollumfänglich der Beklagtenseite auferlegen.
Kann jmd. solche Entscheidungen benennen?
09.02.2021, 18:22
(06.02.2021, 21:38)Gästle schrieb:Um der Sache wieder etwas Normbezug zu geben: 45 GKG sieht ja kein Absehen von der Streitwertaddition bei jeder Klagehäufung vor, sondern nur für Widerklage und Hilfsanträge. In unserem Fall liegt aber weder Widerklage noch Hilfsantrag vor, so dass es auf wirtschaftliche Identität gar nicht ankommt. Dass man bei einer klassischen Klagehäufung von einer Streitwertaddition absehen kann, folgt jedenfalls nicht aus 45 GKG. Woraus dann?(06.02.2021, 21:02)Titelwegenklage schrieb: Na ja, dann würde es sich ja bei einem Zahlungsantrag gestützt auf zwei unterschiedliche Sachverhalte um einen wirtschaftlich identischen Gegenstand iSv 45 GKG handeln. Der BGH würde das jedenfalls nicht so machen...
Der Vergleich hinkt: aus den zwei verschiedenen Sachverhalten können potentiell zwei verschiedene Forderungen erwachsen, sodass gerade keine wirtschaftliche Identität besteht. Es kann vielmehr zu einer Kumulation der beiden Forderungen kommen. Das droht bei der hier diskutierten Konstellation nicht, denn einem Titel kann nur ein einziges Mal die Vollstreckbarkeit genommen werden, egal aus wie viel Gründen dies sonst noch potentiell möglich wäre.
Der Streitgegenstand wird eben nicht nur durch den Antrag, sondern auch durch die vorgebrachte Einwendung definiert.
Es geht ja aber bei der Kostenquote gerade nicht um die Identität des Streitgegenstandes, sondern um die wirtschaftliche
09.02.2021, 20:11
(09.02.2021, 18:22)Titelwegenklage schrieb:(06.02.2021, 21:38)Gästle schrieb:Um der Sache wieder etwas Normbezug zu geben: 45 GKG sieht ja kein Absehen von der Streitwertaddition bei jeder Klagehäufung vor, sondern nur für Widerklage und Hilfsanträge. In unserem Fall liegt aber weder Widerklage noch Hilfsantrag vor, so dass es auf wirtschaftliche Identität gar nicht ankommt. Dass man bei einer klassischen Klagehäufung von einer Streitwertaddition absehen kann, folgt jedenfalls nicht aus 45 GKG. Woraus dann?(06.02.2021, 21:02)Titelwegenklage schrieb: Na ja, dann würde es sich ja bei einem Zahlungsantrag gestützt auf zwei unterschiedliche Sachverhalte um einen wirtschaftlich identischen Gegenstand iSv 45 GKG handeln. Der BGH würde das jedenfalls nicht so machen...
Der Vergleich hinkt: aus den zwei verschiedenen Sachverhalten können potentiell zwei verschiedene Forderungen erwachsen, sodass gerade keine wirtschaftliche Identität besteht. Es kann vielmehr zu einer Kumulation der beiden Forderungen kommen. Das droht bei der hier diskutierten Konstellation nicht, denn einem Titel kann nur ein einziges Mal die Vollstreckbarkeit genommen werden, egal aus wie viel Gründen dies sonst noch potentiell möglich wäre.
Der Streitgegenstand wird eben nicht nur durch den Antrag, sondern auch durch die vorgebrachte Einwendung definiert.
Es geht ja aber bei der Kostenquote gerade nicht um die Identität des Streitgegenstandes, sondern um die wirtschaftliche
Nach allgemeiner Auffassung (die allerdings tatsächlich nicht aus dem Gesetzeswortlaut folgt) unterbleibt eine Streitwertaddition bei einer kumulativen Klagehäufung im Falle der wirtschaftlichen Identität. Für den Zuständigkeits- und Beschwerdestreitwert wirst du hierzu in der Kommentierung zu § 5 ZPO fündig, für den (hier interessierenden) Gebührenstreitwert in der Kommentierung zu § 39 GKG.
Davon abgesehen kann man sicher auch diskutieren, ob das Gericht im Falle des Nebeneinanders von 767 ZPO und Titelgegenklage ohnehin im Wege der Auslegung regelmäßig zu einem Eventualverhältnis der beiden Anträge gelangt (vgl. dazu BeckOK ZPO/Preuß, 39. Ed. 1.12.2020, ZPO § 767 Rn. 58 a.E.). Das wäre dann aber m.E. allenfalls für den Hauptsachetenor und nicht für den Kostentenor relevant.
09.02.2021, 20:15
Teilabweisung auf jeden Fall.
Ob Kosten 50-50 oder alle für Bekl, ist "strittig". Vertretbar ist beides, ich halte 100 % Unterliegen des B für überzeugender wegen WIRTSCHAFTLICHER Identität der Streitgegenstände.
Quelle: lange Examensvorbereitung, 13 Pkt im Examen, kein Troll.
Ob Kosten 50-50 oder alle für Bekl, ist "strittig". Vertretbar ist beides, ich halte 100 % Unterliegen des B für überzeugender wegen WIRTSCHAFTLICHER Identität der Streitgegenstände.
Quelle: lange Examensvorbereitung, 13 Pkt im Examen, kein Troll.