20.10.2020, 09:38
(19.10.2020, 12:12)Gast schrieb:(17.10.2020, 11:33)Gast schrieb: Die juristische Ausbildung ist in ihrer Grundstruktur unverändert geblieben, hat sich aber in den letzten Jahrzehnten extrem entwickelt, da die rechtliche Praxis natürlich mit der gesellschaftlichen, technischen und sonstigen Entwicklung Schritt halten muss. Die Anforderungen sind stark gestiegen, der "Stoff" wurde immer umfangreicher (Man schaue sich einfach mal zu Unterhaltungszwecken Examensklausuren von vor 30, 40, 50, 60, 70 Jahren an. Die Entwicklung ist bemerkenswert. Das, was vor 60 Jahren im Zivilrecht geprüft wurde, ist weniger, als in einer Anfängerklausur für heutige Erstsemester verlangt wird.). Gleichzeitig erfolgen Anpassungen nur sehr zurückhaltend. Statt "Nebengebiete" (ich meine solche, die nicht für das allgemeine Verständnis, die Systematik, die Grundlagen des Faches erforderlich sind, und denke dabei zB an Arbeitsrecht oder Gesellschaftsrecht) in die Schwerpunkte auszulagern, wird (je nach Bundesland mit (teils stark) variierender Intensität) alles als irgendwie erforderlich für einen vollwertigen Juristen erachtet. Ob einen solchen auszeichnet, im 1. Staatsexamen das Prüfungsschema der Kündigungsschutzklage ohne zureichende Hilfsmittel darstellen und entsprechend prüfen zu können, erscheint mir mehr als fraglich. Dass man eine rechtswissenschaftliche Staatsprüfung nicht erschöpfend im gemeinschaftlichen Klatschen und Tanzen vornehmen kann, sollte offensichtlich sein. Die stetige Neubefrachtung der angehenden Juristen mit immer neuen prüfungsrelevanten Themen ist ebenso unsinnig.
MMn sollte die Ausbildung schärfer auf das Ausbildende abzielen, soll heißen: Stärkung der Grundlagen (dabei kann natürlich auch Berücksichtigung finden, dass wir (noch) keine Anwaltsausbildung ieS haben, sondern der Studiengang "Rechtswissenschaften" heißt, also auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit entsprechender Herangehensweise beinhalten sollte (was insbesondere in Hausarbeiten leicht möglich ist), was dennoch nicht die Kenntnis von 7 Meinungen zum Zeitpunkt des Eintritts in das strafrechtliche Versuchsstadium erzwingt), Schlüsselkompetenzen (das zeichnet den guten Juristen doch neben den "Basics" wirklich aus: Kommunikationsfähigkeit, Sprachkompetenzen, Argumentationsfertigkeiten usw.), gezieltere Spezialisierung (der Schwerpunkt ist doch schon Teil der ersten juristischen Staatsprüfung; statt ihn weiterhin in seinem Schattendasein fristen zu lassen, aus dem er sich mangels Vergleichbarkeit, Tiefe und (je nach Universität und Fachbereich) teils eigenwillig erscheinendem Zuschnitt nicht ohne weiteres entfernen kann, könnte er zu einem "echten" Teil der Ausbildung gemacht werden, nicht weiterhin "irgendwie daneben" stehen.
Das wären meine grob skizzierten Gedanken zu der Problematik der juristischen Ausbildung. Wenn man sich die jüngsten Neuerungen in NRW ansieht, wird das aber wohl eher Wunschdenken bleiben.
Exakt das und:
Zulssung von Kommentaren in den Examensklausuren. Nutzt später sowieso jeder und funktioniert im 2. bestens. Zudem kann man einen Kommentar und die dort vermittelte Ansicht ohne wissenschaftliche Kenntnisse durch Grundlagenverständnis nicht vernünftig anwenden.
Grade letztered habe ich sehr vermisst. Auf Systhem- und Methodikverständnis wird viel zu wenig wert gelegt. Ich kann mich noch bildlich an eine göttinger Professorin erinnern, die in der BGB AT Vorlesung die Auslegungsformen als Einstieg nutzte und sodann auf die Zusendung unbestellter Waren umschwenkte oder den Strafrechtler und Medizinrechtler, der im Folgesemester Diebstahl Anhand von Körperteilen erörterte.
Professoren haben keine Kenntnisse der Didaktik oder der Menschenführung. Wer in die Lehre will sollte zwingen entsprechende Kurse im Rahmen der Habilitstion absolvieren müssen.
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Absurdität der juristischen Ausbildung - von Reformer - 17.10.2020, 10:36
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