01.02.2024, 00:01
Ich stehe selber noch vor dem richtigen Berufseinstieg, kann also nur aus der Sicht eines Referendars/Wissenschaftlichen Mitarbeiters berichten.
Die "juristische Arbeit" ist im Grunde bei allen juristischen Job sehr ähnlich, nur das Drumherum/die Umstände sind unterschiedlich.
Als Jurist kommt man meistens dann ins Spiel, wenn es Streit gibt.
1. Beispiel: Du bist Rechtsanwalt, ein Mandant ruft an und berichtet, er habe ein Auto gekauft, jetzt sei der Motor defekt und der Verkäufer wolle die Reparatur nicht zahlen.
2. Beispiel: Du bist Richter, ein Mitarbeiter des Gerichts bringt dir morgens einen Stapel neue Akten. In der ersten Akte ist die Klage eines Autokäufers gegen einen Autoverkäufer auf Ersatz von Kosten, die durch eine Motorreparatur entstanden sind.
3. Beispiel: Du bist Justiziar in der Verwaltung, ein Sachbeitarbeiter aus dem Gewerbeamt ruft an. Er möchte einem Autohändler untersagen, weiter seinen Autohandel zu betreiben, weil der Autohändler angeblich immer defekte Autos verkauft. Und du sollst nochmal abchecken, ob die Gewerbeuntersagung so zulässig ist.
In allen Fällen, ist es nun deine Aufgabe, die "Rechtslage" aufzuklären.
Die eigentliche Arbeit besteht daraus, dass man sich zuerst haargenau erklären lässt, was passiert ist, und alle Dokumente/Verträge liest oder wenigstens überfliegt.
Der zweite Schritt besteht darin, in der eigenen Erinnerung oder im Gesetzbuch oder in Lehrbüchern nach den entscheidenen Paragraphen und Urteilen zu suchen.
Z.B.
§ 433 Abs.1 S.2 BGB: Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen.
§ 437 BGB: Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer [...] Schadensersatz verlangen.
Aus diesen Paragraphen bastelt man sich dann eine Checkliste:
- Haben die Parteien überhaupt einen Kaufvertrag geschlossen? Kann der Mandant das beweisen? Gibt es Zeugen oder ein Dokument?
- Ist das Auto mangelhaft? Was ist überhaupt ein Mangel? Ein Motorschaden wohl schon. Aber was ist, wenn nur die Farbe der Sitze Dunkelgrau statt Anthrazit ist? Ist das ein Unterschied? Ist das ein Mangel?
- Hat der Verkäufer oder der Käufer den Mangel verursacht? Kann mein Mandant das beweisen? Wer muss überhaupt was beweisen?
- Wie lange ist das alles her? Ist es schon verjährt?
usw.
Wenn alle Checkpunkte erfüllt sind, hat der Käufer ein Recht auf Schadensersatz.
In komplizierten Fällen muss man Nachschlagewerke/OnlineDatenbanken/Gerichtsurteile von ähnlichen Fällen lesen und daraus die Rechtslage für den eigenen Fall ableiten. Und/Oder Kollegen fragen. Wenn ein Fall völlig neu ist, muss man selbst eine Lösung mit guter Begründung entwickeln. Dazu muss man dann das Gesetz interpretieren ("Auslegung").
In einem dritten Schritt bespricht man dann die eigene "Diagnose" mit dem Mandanten. Oder als Richter mit den Parteien.
Und dann schreibt man eine Klage oder ein Urteil, in dem man die oben angerissenen Punkte alle ausführt.
Neben diesen Punkten, die ich "Konfliktlösung" nennen würde, gibt es auch noch "gestaltende, konfliktvermeidende Arbeit". Das machen im wesentlichen Anwälte und Unternehmensjuristen.
Dazu wird, bevor es überhaupt zum Streit kommt, darauf geachtet, das die Parteien möglichst alle Punkte schon in einem Vertrag geregelt haben. Z.b. ein Ehevertrag, der später Streit bei der Scheidung vermindert. Oder ein ausführlicher Kaufvertrag, in dem genau steht, wann was in welcher Qualität und welcher Menge und welcher Verpackung wohin geliefert und wann in welcher Währung auf welches Konto der Kaufpreis überwiesen werden soll.
Je genauer man im Vorfeld plant, desto weniger Streit gibt es hinterher vor Gericht.
Hier besteht die Arbeit daraus, zu ermitteln, welche Punkte später zu Streit führen könnten. Dazu muss man Grübeln, Mit-Kollegen-reden, Lesen.
Als Rechtsanwalt ist man Dienstleister für seine Mandanten und deren Vertrauensperson. Wenn der Mandant ein kurzfristiges Problem hat, kann es sein, dass man alles stehen und liegen lassen muss, um ihm sofort zu helfen. Da kommt dann vielleicht auch am Wochenende oder im Urlaub plötzlich ein Anruf. Und wenn man dann nicht springt, kann es sein, dass der Mandant sich einen anderen Anwalt sucht und nicht mehr wiederkommt.
Man muss vielleicht auch mal einem Konkurrenten einen Mandanten abwerben oder irgendwie potenzielle Mandanten auf sich aufmerksam machen.
Dafür kann man sein Honorar/Gehalt frei verhandeln.
Als Richter ist man, sobald man verbeamtet ist, in einer sehr freien und unabhängigen Position. Man arbeitet in seinem eigenen Tempo, entscheidet selber, wann Gerichtsverhandlungen stattfinden usw. Wenn man nicht völlig lahmarschig arbeitet oder ständig schlechte/hanebüchene Urteile schreibt, kann einem keiner mehr was. Dafür gibt es Lohn nach Tabelle und Dienstjahren. Und man darf nicht streiken.
Alle Berufe haben mehr oder weniger viel typischen Büroalltag, also: Emails checken, Meetings mit Kollegen, kurzer Plausch an der Kaffeemaschine, ein Anruf der einen bei der Arbeit unterbricht usw.
Die "juristische Arbeit" ist im Grunde bei allen juristischen Job sehr ähnlich, nur das Drumherum/die Umstände sind unterschiedlich.
Als Jurist kommt man meistens dann ins Spiel, wenn es Streit gibt.
1. Beispiel: Du bist Rechtsanwalt, ein Mandant ruft an und berichtet, er habe ein Auto gekauft, jetzt sei der Motor defekt und der Verkäufer wolle die Reparatur nicht zahlen.
2. Beispiel: Du bist Richter, ein Mitarbeiter des Gerichts bringt dir morgens einen Stapel neue Akten. In der ersten Akte ist die Klage eines Autokäufers gegen einen Autoverkäufer auf Ersatz von Kosten, die durch eine Motorreparatur entstanden sind.
3. Beispiel: Du bist Justiziar in der Verwaltung, ein Sachbeitarbeiter aus dem Gewerbeamt ruft an. Er möchte einem Autohändler untersagen, weiter seinen Autohandel zu betreiben, weil der Autohändler angeblich immer defekte Autos verkauft. Und du sollst nochmal abchecken, ob die Gewerbeuntersagung so zulässig ist.
In allen Fällen, ist es nun deine Aufgabe, die "Rechtslage" aufzuklären.
Die eigentliche Arbeit besteht daraus, dass man sich zuerst haargenau erklären lässt, was passiert ist, und alle Dokumente/Verträge liest oder wenigstens überfliegt.
Der zweite Schritt besteht darin, in der eigenen Erinnerung oder im Gesetzbuch oder in Lehrbüchern nach den entscheidenen Paragraphen und Urteilen zu suchen.
Z.B.
§ 433 Abs.1 S.2 BGB: Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen.
§ 437 BGB: Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer [...] Schadensersatz verlangen.
Aus diesen Paragraphen bastelt man sich dann eine Checkliste:
- Haben die Parteien überhaupt einen Kaufvertrag geschlossen? Kann der Mandant das beweisen? Gibt es Zeugen oder ein Dokument?
- Ist das Auto mangelhaft? Was ist überhaupt ein Mangel? Ein Motorschaden wohl schon. Aber was ist, wenn nur die Farbe der Sitze Dunkelgrau statt Anthrazit ist? Ist das ein Unterschied? Ist das ein Mangel?
- Hat der Verkäufer oder der Käufer den Mangel verursacht? Kann mein Mandant das beweisen? Wer muss überhaupt was beweisen?
- Wie lange ist das alles her? Ist es schon verjährt?
usw.
Wenn alle Checkpunkte erfüllt sind, hat der Käufer ein Recht auf Schadensersatz.
In komplizierten Fällen muss man Nachschlagewerke/OnlineDatenbanken/Gerichtsurteile von ähnlichen Fällen lesen und daraus die Rechtslage für den eigenen Fall ableiten. Und/Oder Kollegen fragen. Wenn ein Fall völlig neu ist, muss man selbst eine Lösung mit guter Begründung entwickeln. Dazu muss man dann das Gesetz interpretieren ("Auslegung").
In einem dritten Schritt bespricht man dann die eigene "Diagnose" mit dem Mandanten. Oder als Richter mit den Parteien.
Und dann schreibt man eine Klage oder ein Urteil, in dem man die oben angerissenen Punkte alle ausführt.
Neben diesen Punkten, die ich "Konfliktlösung" nennen würde, gibt es auch noch "gestaltende, konfliktvermeidende Arbeit". Das machen im wesentlichen Anwälte und Unternehmensjuristen.
Dazu wird, bevor es überhaupt zum Streit kommt, darauf geachtet, das die Parteien möglichst alle Punkte schon in einem Vertrag geregelt haben. Z.b. ein Ehevertrag, der später Streit bei der Scheidung vermindert. Oder ein ausführlicher Kaufvertrag, in dem genau steht, wann was in welcher Qualität und welcher Menge und welcher Verpackung wohin geliefert und wann in welcher Währung auf welches Konto der Kaufpreis überwiesen werden soll.
Je genauer man im Vorfeld plant, desto weniger Streit gibt es hinterher vor Gericht.
Hier besteht die Arbeit daraus, zu ermitteln, welche Punkte später zu Streit führen könnten. Dazu muss man Grübeln, Mit-Kollegen-reden, Lesen.
Als Rechtsanwalt ist man Dienstleister für seine Mandanten und deren Vertrauensperson. Wenn der Mandant ein kurzfristiges Problem hat, kann es sein, dass man alles stehen und liegen lassen muss, um ihm sofort zu helfen. Da kommt dann vielleicht auch am Wochenende oder im Urlaub plötzlich ein Anruf. Und wenn man dann nicht springt, kann es sein, dass der Mandant sich einen anderen Anwalt sucht und nicht mehr wiederkommt.
Man muss vielleicht auch mal einem Konkurrenten einen Mandanten abwerben oder irgendwie potenzielle Mandanten auf sich aufmerksam machen.
Dafür kann man sein Honorar/Gehalt frei verhandeln.
Als Richter ist man, sobald man verbeamtet ist, in einer sehr freien und unabhängigen Position. Man arbeitet in seinem eigenen Tempo, entscheidet selber, wann Gerichtsverhandlungen stattfinden usw. Wenn man nicht völlig lahmarschig arbeitet oder ständig schlechte/hanebüchene Urteile schreibt, kann einem keiner mehr was. Dafür gibt es Lohn nach Tabelle und Dienstjahren. Und man darf nicht streiken.
Alle Berufe haben mehr oder weniger viel typischen Büroalltag, also: Emails checken, Meetings mit Kollegen, kurzer Plausch an der Kaffeemaschine, ein Anruf der einen bei der Arbeit unterbricht usw.
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