06.09.2023, 16:20
Nach mehr als einem Jahr als Notarassessor in einer der größeren Notarkammern stelle ich fest, dass das Notariat nicht zu mir passt und ich in dem Beruf als Notar nicht glücklich werde. Ich werde demnächst um meine Entlassung aus dem Assessorenverhältnis bitten. Plan für danach ist erstmal mit meiner Frau für 5-6 Monate zu reisen und dann etwas Neues zu starten. Jetzt stellt sich mir die Frage, welcher Beruf der richtige für mich ist
Zu mir: Beide Examen im oberen zweistelligen Bereich, Schwerpunkt zunächst im Gesellschaftsrecht und zwei Jahre in GK als Associate gearbeitet, wohne in einer schönen, deutschen Großstadt mit allen Möglichkeiten und möchte dort langfristig bleiben
Was an meiner künftigen Tätigkeit anders sein soll:
- KEINE Pendelei: Habe mittlerweile das Gefühl, durch die ständige Pendelei als Notarassessor in einem Flächenland mental beeinträchtigt zu sein, mir geht die Rumfahrerei ziemlich an die Psyche. Ständig Stau, Zeitdruck und locker jeden Tag 3 1/2-4 Stunden im Auto. Denke glückselig an meine Zeit in der GK zurück, wo ich schön mit meinem Bike zur Arbeit konnte. Jetzt undenkbar. Justiz kommt für mich daher auch eher nicht in Betracht, weil ich auch hier keine "Kein-Pendeln-Garantie" bekommen werde.
- gute Stress-Balance: In der GK hatte ich immer das Gefühl, ständig unter Strom zu stehen und auch im Notariat ist das während den Vertretungen nicht anders. Ein Termin nach dem anderen und keine Zeit die Dinge richtig zu prüfen oder mir genau anzuschauen. Das stelle ich mir zB in der Justiz angenehmer vor, da könnte ich mich besser auf die wöchentlichen Sitzungstage vorbereiten und müsste nicht ständig performen.
- mehr Kollegialität: Wir sind verglichen mit andern Kammern ziemlich viele Assessoren und ständig geht es nur darum, welche Stelle frei wird, wer welche Verwaltung übernimmt und wer in dem geilsten Stammnotariat mit dem dicksten Geschäft ist. Gleiches in der GK, so dass eine Rückkehr in die GK für mich eigentlich auch ausgeschlossen ist. Gibt es so etwas wie echte Kollegialität unter Juristen überhaupt?!
- spannende Fragestellungen: Ich mag juristische Probleme, arbeite mich gerne vertieft ein. Das war gut in der GK, da hatte man zumindest als Associate noch genügend Zeit in ein Problem mal tief einzusteigen und ein Problem zu durchdenken. Im Notariat hatte ich bislang das Gefühl, hierfür entweder überhaupt keine Zeit zu haben oder mit langweiligem Standardzeugs am Fließband konfrontiert zu sein. Auch das Vorlesen der immergleichen Texte ödet mich einfach nur noch an. Sicher wird das vielleicht in einem Großstadtnotariat anders sein, allerdings winkt eine solche Stelle in unserer Kammer erst als Zweit- oder Dritt-Amt.
- keine Personalverantwortung: Wenn ich ständig vom Fachkräftemangel höre, der ja mittlerweile auch das Notariat erreicht hat, bekomme ich einfach nur blanke Panik. Wie soll das in 10 Jahren aussehen? Ich möchte in meiner neuen Tätigkeit nicht für die Existenz von anderen verantwortlich sein und auch nicht den Zickenstreit zwischen den Bürodamen schlichten. Selbstständiger Anwalt oder Kanzleipartner ist daher für mich auch raus.
- gute Work-Life-Balance und Vereinbarkeit: Seit meinem Berufseinstieg (also ab der GK-Zeit) habe ich permanent das Gefühl, keinerlei Zeit mehr für meine Hobbys zu haben. Zum Sport komme ich mit der ständigen Pendelei unter der Woche überhaupt nicht mehr und mal ne Radtour am Wochenende ist mir dann doch zu wenig. Hinzukommt, dass ich vom vielen Autofahren Kreuzschmerzen habe und mir etwas mehr Training da sicherlich helfen würde. Nach der längeren Auszeit wollten meine Frau und ich mit der Familienplanung starten und ich will definitiv präsenter sein als unsere Kinder nur zum Ins-Bett-gehen zu sehen. Dafür sehe ich sowohl als GK-Anwalt, als auch als Notarassessor und wenn ich mir die Notare in meinem Stammnotariat und deren Beziehung zu ihren Kindern anschaue, nur schwarz... Meine Frau arbeitet ebenso in einem anspruchsvollen Beruf, der unsere örtliche Flexibilität stark einschränkt.
Ich weiß, für viele Juristen sind das Luxusprobleme, aber auch die gibt es und können einen belasten. Deswegen gerne her mit Ideen, welcher Beruf zu mir passen könnte. Ich kann definitiv sagen, dass ich in meiner GK-Zeit jedenfalls glücklicher war als im Notariat, aber von perfekt war das auch noch ziemlich weit entfernt.
Freue mich über Meinungen!

Zu mir: Beide Examen im oberen zweistelligen Bereich, Schwerpunkt zunächst im Gesellschaftsrecht und zwei Jahre in GK als Associate gearbeitet, wohne in einer schönen, deutschen Großstadt mit allen Möglichkeiten und möchte dort langfristig bleiben
Was an meiner künftigen Tätigkeit anders sein soll:
- KEINE Pendelei: Habe mittlerweile das Gefühl, durch die ständige Pendelei als Notarassessor in einem Flächenland mental beeinträchtigt zu sein, mir geht die Rumfahrerei ziemlich an die Psyche. Ständig Stau, Zeitdruck und locker jeden Tag 3 1/2-4 Stunden im Auto. Denke glückselig an meine Zeit in der GK zurück, wo ich schön mit meinem Bike zur Arbeit konnte. Jetzt undenkbar. Justiz kommt für mich daher auch eher nicht in Betracht, weil ich auch hier keine "Kein-Pendeln-Garantie" bekommen werde.
- gute Stress-Balance: In der GK hatte ich immer das Gefühl, ständig unter Strom zu stehen und auch im Notariat ist das während den Vertretungen nicht anders. Ein Termin nach dem anderen und keine Zeit die Dinge richtig zu prüfen oder mir genau anzuschauen. Das stelle ich mir zB in der Justiz angenehmer vor, da könnte ich mich besser auf die wöchentlichen Sitzungstage vorbereiten und müsste nicht ständig performen.
- mehr Kollegialität: Wir sind verglichen mit andern Kammern ziemlich viele Assessoren und ständig geht es nur darum, welche Stelle frei wird, wer welche Verwaltung übernimmt und wer in dem geilsten Stammnotariat mit dem dicksten Geschäft ist. Gleiches in der GK, so dass eine Rückkehr in die GK für mich eigentlich auch ausgeschlossen ist. Gibt es so etwas wie echte Kollegialität unter Juristen überhaupt?!

- spannende Fragestellungen: Ich mag juristische Probleme, arbeite mich gerne vertieft ein. Das war gut in der GK, da hatte man zumindest als Associate noch genügend Zeit in ein Problem mal tief einzusteigen und ein Problem zu durchdenken. Im Notariat hatte ich bislang das Gefühl, hierfür entweder überhaupt keine Zeit zu haben oder mit langweiligem Standardzeugs am Fließband konfrontiert zu sein. Auch das Vorlesen der immergleichen Texte ödet mich einfach nur noch an. Sicher wird das vielleicht in einem Großstadtnotariat anders sein, allerdings winkt eine solche Stelle in unserer Kammer erst als Zweit- oder Dritt-Amt.
- keine Personalverantwortung: Wenn ich ständig vom Fachkräftemangel höre, der ja mittlerweile auch das Notariat erreicht hat, bekomme ich einfach nur blanke Panik. Wie soll das in 10 Jahren aussehen? Ich möchte in meiner neuen Tätigkeit nicht für die Existenz von anderen verantwortlich sein und auch nicht den Zickenstreit zwischen den Bürodamen schlichten. Selbstständiger Anwalt oder Kanzleipartner ist daher für mich auch raus.
- gute Work-Life-Balance und Vereinbarkeit: Seit meinem Berufseinstieg (also ab der GK-Zeit) habe ich permanent das Gefühl, keinerlei Zeit mehr für meine Hobbys zu haben. Zum Sport komme ich mit der ständigen Pendelei unter der Woche überhaupt nicht mehr und mal ne Radtour am Wochenende ist mir dann doch zu wenig. Hinzukommt, dass ich vom vielen Autofahren Kreuzschmerzen habe und mir etwas mehr Training da sicherlich helfen würde. Nach der längeren Auszeit wollten meine Frau und ich mit der Familienplanung starten und ich will definitiv präsenter sein als unsere Kinder nur zum Ins-Bett-gehen zu sehen. Dafür sehe ich sowohl als GK-Anwalt, als auch als Notarassessor und wenn ich mir die Notare in meinem Stammnotariat und deren Beziehung zu ihren Kindern anschaue, nur schwarz... Meine Frau arbeitet ebenso in einem anspruchsvollen Beruf, der unsere örtliche Flexibilität stark einschränkt.
Ich weiß, für viele Juristen sind das Luxusprobleme, aber auch die gibt es und können einen belasten. Deswegen gerne her mit Ideen, welcher Beruf zu mir passen könnte. Ich kann definitiv sagen, dass ich in meiner GK-Zeit jedenfalls glücklicher war als im Notariat, aber von perfekt war das auch noch ziemlich weit entfernt.

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Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von MilkyWay - 06.09.2023, 16:20
RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von Leo@ius - 06.09.2023, 16:31
RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von Patenter Gast - 06.09.2023, 17:33
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RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von Strafrechtler1993 - 06.09.2023, 19:02
RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von Themies - 06.09.2023, 19:11
RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von Patenter Gast - 06.09.2023, 19:45
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RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von TheEagle - 07.09.2023, 12:45
RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von Paul Klee - 07.09.2023, 16:02
RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von TheEagle - 08.09.2023, 17:26
RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von MilkyWay - 07.09.2023, 12:52
RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von Patenter Gast - 07.09.2023, 13:07
RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von Gast-on - 07.09.2023, 15:50
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RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von MilkyWay - 11.09.2023, 11:31
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RE: Notariat an den Nagel hängen - was dann? - von Pingi - 23.08.2024, 00:31
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