30.11.2022, 15:25
(30.11.2022, 12:09)an19 schrieb: Dankeschön nochmal :)
Mir haben sich zwischenzeitlich weitere Fragen aufgetan:
1.) Kann man relativ bedenkenlos (insbesondere mit Blick auf 296) weiteren Vortrag und Beweisantritte in Klage/Klageerwiderung (taktisch oder weil man noch nichts hat) zurückhalten und diese erst später bringen? Man findet ja immer die Abschlussbitte "Sollte das Gericht weiteren Vortrag für erforderlich halten...". Machen die Gerichte diese "Spielchen" mit, wenn der Prozessbevollmächtigte so ggf. nur ausforscht, ob er bspw. (noch) Beweise vorlegen müsste?
2.) Wenn in einem Schriftsatz auf ein anderes Urteil verwiesen wird - sollte man dies als Anlage beilegen? Insbesondere, wenn es sich nicht um BGH/OLG-Rspr. handelt? Oder haben die Gerichte ohnehin Einsicht in jedes bundesweite Urteil bei Angabe des Az.?
Zudem diesbzgl.: Wenn ein anderes Urteil nahezu exakt auf den eigenen Sachverhalt passt (z. B. in Abgas-Fällen) - kann man dann bzgl. der rechtlichen Ausführungen komplett auf das Parallelurteil verweisen? Es heißt ja "Anlagen ersetzen keinen Sachvortrag". (wobei Rechtsausführungen ohnehin kein Sachvortrag sind?!)
3.) Haben die Parteien ein Einsichtsrecht in das Protokoll? Bzw. wird das Protokoll den Parteien letztlich (dann wann?) automatisch übersandt?
4.) Ist eine Zustellung von Anwalt zu Anwalt üblich? Gibt es hier Vorteile/Nachteile?
Also zu deiner ersten Frage sehe ich die Bedenken bzw. das Verbot des Richters, den Prozess für eine Partei zu führen. Ein Gericht weist selten darauf hin, dass ein Vortrag noch unsubstantiiert ist. Habe ich nur in sehr sehr seltenen Fällen mitbekommen. Ansonsten sagte mein Ausbilder immer "Die sollen mir schon sagen, was sie haben, ich frag nicht nach." Die Parteien sind verpflichtet, alle Beweismittel zu nennen, insbesondere beim Zeugenbeweis ist das ja auch notwendig. Du hast ja neben § 296 ZPO auch noch den § 282 ZPO, der Beweismittel etc umfasst.
Hinsichtlich des Verweises auf Rspr. sehe ich das sehr kritisch. Es gibt keine Rechtskraftbindung, egal ob das Urteil als Anhang zum Parteivortrag gereicht wird, oder aber im Schriftsatz als Fundstelle genannt ist. Du hast trotz passendem Sachverhalt meist einen anderen Streitgegenstand, sodass die Gerichte gem. § 322 ZPO nicht an das andere Urteil gebunden sind. Nach § 286 ZPO gilt die freie richterliche Beweiswürdigung. Da ist es herzlich egal, ob ein anderes Urteil es irgendwie anders bewertet hat. Die einzige Grenze ist die Rechtskraft bei gleichem Streitgegenstand.
Und du musst bedenken, dass der Parteivortrag eigentlich keine rechtliche Würdigung ist. Der Parteivortrag ist reiner Sachvortrag, die rechtliche Würdigung erfolgt einzig durch das Gericht. In der Praxis machen es alle Anwälte in ihren Schriftsätzen natürlich mit rechtlicher Würdigung, aber daran ist das Gericht keineswegs gebunden. Bei Streit über Rechtsfragen kann das Gericht ja auch nach eigener Überzeugung entscheiden.
Ein Einsichtsrecht kenne ich beim Protokoll persönlich nicht. Die Parteien müssen das Protokoll genehmigen, das wird meist in der HV gemacht durch die Frage, ob es so in Ordnung aufgesprochen war oder nochmal vorgespielt werden soll. Deshalb wird auch immer gesagt "Laut diktiert und genehmigt, auf erneutes Vorspielen wurde allseits verzichtet". Aber die §§ 159 ff. ZPO beinhalten kein Einsichtsrecht. Nur bei Protokollberichigung müssen die Parteien zustimmen.
Was meinst du mit Zustellung von Anwalt zu Anwalt? Ich habe mal mitbekommen, dass durch das Einstellen in beA die Anwälte alle Schriftsätze einsehen können.
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"Praktische" Kurzfragen - von an19 - 10.11.2022, 10:58
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