05.04.2021, 11:15
(05.04.2021, 11:05)Graf von Rüdesheim schrieb:(05.04.2021, 10:55)GKknecht schrieb: Hallo liebe Kollegen!
Ich habe jetzt einiges hier mitgelesen und wollte mal hören, was ihr in meiner Situation machen würdet:
Ich habe nach dem 2. Examen promoviert und war in dieser Zeit nebenher (als wiss. Mit. bereits zugelassen als Anwalt) in 3 verschiedenen Großkanzleien tätig. Dazu noch eine weitere in der Anwaltstation im Ref. In lediglich einer dieser Kanzleien fand ich die Arbeitsbedingungen "ok".
Bin wirklich ziemlich frustriert, da ich sehr oft in Teams war, wo die Stimmung schon insgesamt recht schlecht war. (Beispiel: Anwälte verstehen sich untereinander nicht, Kleinkrieg/Zickenkrieg unter den Anwält(innen) oder auch gerne mal ein extrem cholerischer Partner...)
Oft wurde der Ärger und die Überforderung mit der Arbeitsbelastung an mich weitergegeben. Wurde auch oft ziemlich respektlos behandelt (angeschrien, teilweise sogar beleidigt und mir wurde oft mehr oder weniger gesagt ich könne ja garnichts und könnte nicht helfen immer wenn etwas nicht direkt zur vollsten Zufriedenheit bearbeitet wurde). Dazu kommt dass ich eigentlich keine meiner Aufgaben so wirklich spannend fand (teils "typische wissMit Tätigkeiten" wie Blog Beiträge oder Reports schreiben/bearbeiten; teils auch kleinere Mandanten Anfragen, Schriftsatzteile oder Teile von DD Reports).
Am meisten stört mich auch, dass man sowohl als wiss. Mit. und auch als junger Anwalt eigentlich nur im back office sitzt und generell die oft schlechte Stimmung und auch die immense Arbeitsbelastung.
Eigentlich habe ich mich früher immer in der Anwaltschaft gesehen, aber inzwischen vergeht mir mehr und mehr die Lust. Auch von Kollegen in etwas kleineren Kanzleien höre ich ähnliche Bedingungen, wenn auch eventuell etwas humanere Arbeitszeiten aber entsprechend auch weniger Gehalt...
Ich überlege daher tatsächlich nun in die Justiz zu gehen. Allerdings hab ich schon seit Jahren nichts mehr in die Richtung "klassisches Jura" gemacht. Auch habe ich hier im Forum Horror Geschichten von Proberichtern gelesen (va. bezüglich Arbeitsbelastung).
Ich wollte hier nochmal fragen, ob ihr aufgrund des von mir Geschilderten denkt, dass die Justiz eine Verbesserung für mich sein könnte?
Auch würde ich mich freuen, wenn Proberichter oder Staatsanwälte mir noch ein paar Fragen beantworten könnten:
Wie schnell kann man sich einarbeiten, auch wenn das Ref und entspr. Stoff nicht mehr so präsent ist? Wird man in irgendeiner Weise eingearbeitet? Kann man sich tatsächlich die Arbeitszeit recht frei einteilen (insb. home office machen)? Wie lange arbeitet ihr so an einem "normalen" Arbeitstag und seid ihr insgesamt halbwegs zufrieden bzw. wo seht ihr die Vorzüge eurer Arbeit?
Vielen Dank
Moin, Du scheinst Pech gehabt zu haben bei der Wahl deines Arbeitgebers. Du scheinst zudem zu unterschätzen, dass der wissenschaftliche Mitarbeiter immer nur für die Arbeit herangezogen wird, die trotz großem Zeitaufwand nicht abgerechnet werden kann und/oder den Anwälten keinen Spaß macht.
1) ich arbeite in einer Großkanzlei in einem 8 Berufsträger starken Team und bekomme aus den benachbarten Teams auch einiges mit. Hier kann man Glück oder Pech haben. In unserem Team ist das Klima sehr gut, es wird sich nicht angeschrieen und wenn jemand mal Scheiße baut, dann versucht man es gemeinsam geradezu rücken. man ist sich gemeinsam bewusst, dass sowas jedem passieren kann, auch dem Partner. In den benachbarten Teams weiß ich, dass es anders läuft beziehungsweise laufen kann und das Klima dann so ist, wie du es beschreibst.
2) Mach dir unbedingt bewusst, dass WissMits wirklich immer mit den langweiligen/ätzenden/anstrengenden Jobs belastet werden. Verwechsel diese Position nicht mit derjenigen des Associates.
Natürlich bin ich mir dem bewusst, dass man dem Wiss.Mit. gerne alles gibt was man selbst nicht machen möchte. Habe aber auch mehr als genug gesehen was die Anwälte so für Aufgaben haben bzw. auch dabei geholfen... Fand ich wie gesagt auch wenig spannend und die kommen eigentlich auch wirklich selten mal "raus" also zB vor Gericht oder zu tatsächlich viel Mandantenkontakt...
Aufgrund der Arbeitszeiten und des Tätigkeitsspektrums kommt für mich GK einfach nicht mehr in Frage. Würde auch ehrlich gesagt gerne mehr auf Deutsch arbeiten und wieder mehr "klassisch juristisch". Ich hatte früher auch die naive Vorstellung dass diese ganzen tollen und großen Transaktionen in der GK tatsächlich so super spannend sind, wie auf diversen Kanzlei Events dargestellt. Dass es eigentlich nur 1000 Stunden Dokumente checken im back office bedeutet, habe ich erst später realisiert...
Inzwischen würden mir auch so richtig "einfache" kleine Streitigkeiten gefallen. Nichts aufwändiges, kompliziertes sondern einfach nur ein paar unkomplizierte kleinere Fällchen. Gerne auch Wald und Wiese, Nachbarkeitsstreit o.Ä.
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