15.11.2020, 20:18
15.11.2020, 20:51
(15.11.2020, 12:49)Gast schrieb:(15.11.2020, 12:07)Gast schrieb:(15.11.2020, 11:59)Gast schrieb: wieso macht ihr Richter, die aus der Probezeit raus seid, das überhaupt mit?
Die Hoffnung auf R2.
- Pflichtbewusstsein betreffend Bürger, die nix dafür können
- Verantwortungsgefühl
- Angst vor schlechten Beurteilungen
- Angst vor Ausgrenzung
- Angst allein dazustehen
- Angst vor dienstrechtlichen Konsequenzen
- ggf. Angst das Wohlwollen eines R2 oder R2+ zu verlieren
- Kollegialität: nicht für extra Vertretung und Mehrlast der Kollegen verantwortlich sein wollen, in der Kammer will man niemanden mit rein reißen, auch hätte eine einzeln geänderte Arbeitsweise nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf die Folgedienste
Das ist eine ungemein löbliche Einstellung und zeigt wirklich die Überzeugung von und die Identifikation mit dem Richterberuf.
Ich für meinen Teil werde nur motiviert, wenn mir nicht ständig Steine in den Weg gelegt werden. Als ich die Noten nach dem 2. Examen für die Justiz gehabt hätte, habe ich wirklich lange mit mir gerungen. Am Ende bin ich froh, mich nicht beworben zu haben. Das ist natürlich Geschmackssache, aber Mandanten zu sehen, die direktes Feedback geben und Chancen auf regelmäßige Gehaltserhöhungen bei guter Performance und die gute Ausstattung meut Arbeitsmitteln (Dienstlaptop, Diensthandy etc.) sind für mich persönlich die Wertschätzung, die ich brauche um motiviert zu werden und gute Leistungen erbringen zu können, ohne frustriert zu sein. Ich ziehe den Hut vor jedem, der in die Justiz geht und das wirklich mit Herzblut macht, nur sehe echt die Gefahr, dass die derartige Geringschätzung und der respektlose Umgang mit den "R1-lern", der sich in Ausstattung und Arbeitszeiten niederschlägt, diese Leute auf Dauer nicht in ausreichendem Maße anziehen/halten wird. Beispiel: Mein Kollege ist in die Justiz, Abteilung am AG mit über 200 offenen Verfahren. Ich hingegen ging in eine Boutique-Kanzlei mit wirklich qualitativ hochwertiger Einarbeitungsphase (natürlich auch viel zu tun - klar, aber alles irgendwie anders). Da geht es schon los. Drei Mal darf man raten, wer nach 2 Monaten das Handtuch geworfen hat....
Trotzdem, ganz ohne Häme, Hut ab, an alle, die das machen und den Rechtsstaat in dieser Form aufrecht erhalten.
15.11.2020, 20:58
Wer bei gerade mal 200 offenen AG (!!) Verfahren das Handtuch wirft ist wohl wirklich eher ungeeignet.
15.11.2020, 21:05
(15.11.2020, 20:58)Gast schrieb: Wer bei gerade mal 200 offenen AG (!!) Verfahren das Handtuch wirft ist wohl wirklich eher ungeeignet.
Das war auch mein erster Gedanke, und mein zweiter war: Wahnsinn, welche Spuren dieses System in den letzten Jahren in meinem Gehirn hinterlassen hat, dass ich ein Dezernat mit 200 laufenden Verfahren für attraktiv halte, obwohl das ja bedeutet, dass die Beteiligten in der letzten Akte locker 6 bis 12 Monate bis zu ihrer Entscheidung warten müssen und auch das einem irgendwie normal vorkommt.
15.11.2020, 22:02
(15.11.2020, 21:05)Justizgast schrieb:(15.11.2020, 20:58)Gast schrieb: Wer bei gerade mal 200 offenen AG (!!) Verfahren das Handtuch wirft ist wohl wirklich eher ungeeignet.
Das war auch mein erster Gedanke, und mein zweiter war: Wahnsinn, welche Spuren dieses System in den letzten Jahren in meinem Gehirn hinterlassen hat, dass ich ein Dezernat mit 200 laufenden Verfahren für attraktiv halte, obwohl das ja bedeutet, dass die Beteiligten in der letzten Akte locker 6 bis 12 Monate bis zu ihrer Entscheidung warten müssen und auch das einem irgendwie normal vorkommt.
Ein Verfahren dauert mind. 10 Jahre mit allen Instanzen.
Lösung: auswandern in ein Land mit weniger Einwohnern.
15.11.2020, 22:36
(15.11.2020, 21:05)Justizgast schrieb:(15.11.2020, 20:58)Gast schrieb: Wer bei gerade mal 200 offenen AG (!!) Verfahren das Handtuch wirft ist wohl wirklich eher ungeeignet.
Das war auch mein erster Gedanke, und mein zweiter war: Wahnsinn, welche Spuren dieses System in den letzten Jahren in meinem Gehirn hinterlassen hat, dass ich ein Dezernat mit 200 laufenden Verfahren für attraktiv halte, obwohl das ja bedeutet, dass die Beteiligten in der letzten Akte locker 6 bis 12 Monate bis zu ihrer Entscheidung warten müssen und auch das einem irgendwie normal vorkommt.
Naja, zumindest am LG wird für die KE minimum 1 monat fristverlängerung beantragt; nachdem der Kläger den Vorschuss auch eher gemütlich erstmal anfordern lässt und teils nach 3 Monaten zahlt (wenn keine Verjährung droht), dann Replik usw. Macht teils garkeinen Sinn so früh zu terminieren wenn die Parteien selbst noch nicht wissen, was sie voneinander wollen.
15.11.2020, 22:56
(15.11.2020, 22:36)Gast schrieb:Nee, aber ich kenne mehrere Kollegen, die noch Gürteltiere aus 2014 mit sich rum schleppen. Teilweise lagern die sogar im Büroschrank. Kann halt wirklich nicht sein, dass man immer darauf hofft, dass die Parteien Fristverlängerung beantragen, weil man nicht genügend Zeit hat, die Sachen zu verhandeln.(15.11.2020, 21:05)Justizgast schrieb:(15.11.2020, 20:58)Gast schrieb: Wer bei gerade mal 200 offenen AG (!!) Verfahren das Handtuch wirft ist wohl wirklich eher ungeeignet.
Das war auch mein erster Gedanke, und mein zweiter war: Wahnsinn, welche Spuren dieses System in den letzten Jahren in meinem Gehirn hinterlassen hat, dass ich ein Dezernat mit 200 laufenden Verfahren für attraktiv halte, obwohl das ja bedeutet, dass die Beteiligten in der letzten Akte locker 6 bis 12 Monate bis zu ihrer Entscheidung warten müssen und auch das einem irgendwie normal vorkommt.
Naja, zumindest am LG wird für die KE minimum 1 monat fristverlängerung beantragt; nachdem der Kläger den Vorschuss auch eher gemütlich erstmal anfordern lässt und teils nach 3 Monaten zahlt (wenn keine Verjährung droht), dann Replik usw. Macht teils garkeinen Sinn so früh zu terminieren wenn die Parteien selbst noch nicht wissen, was sie voneinander wollen.
Geht aber auch anders: War als Proberichter an nem kleinen AG hier im Bezirk und musste kein Verfahrenübernehmen, das älter als neun Monate war. Die meisten Sachen waren aus den letzten drei. Seitdem bin ich Fan des frühen ersten Termins :)
15.11.2020, 23:10
Wir Anwälte laufen halt auch am Limit. Fristen müssen notwendigerweise genutzt werden. Ich nehme mir auch vor die Sachen vor Fristende zu bearbeiten, aber muss dann fast immer noch verlängern.
15.11.2020, 23:18
(15.11.2020, 23:10)Gast schrieb: Wir Anwälte laufen halt auch am Limit. Fristen müssen notwendigerweise genutzt werden. Ich nehme mir auch vor die Sachen vor Fristende zu bearbeiten, aber muss dann fast immer noch verlängern.
Das ist auch garkein Vorwurf gewesen, aber die Verfahrensdauer wird im Bereich von 5 Monaten idR locker von den Parteien ausschließen selbst bestimmt.
Viel wichtiger als der Bestand ist doch, wie viel monatlich reinkommt und sich realistisch erledigen lässt.
15.11.2020, 23:20
(15.11.2020, 23:10)Gast schrieb: Wir Anwälte laufen halt auch am Limit. Fristen müssen notwendigerweise genutzt werden. Ich nehme mir auch vor die Sachen vor Fristende zu bearbeiten, aber muss dann fast immer noch verlängern.
Den eine Woche vor dem Termin eingereichten 50-seitigen Schriftsatz muss der Richter aber noch gelesen und berücksichtigt haben? :D