12.06.2020, 15:42
(12.06.2020, 15:40)Gast schrieb:(12.06.2020, 15:33)Gast schrieb: Meint ihr, dass es noch tragbar erscheint, wenn man einen Verfahrensfehler darin begründet, dass zwar trotz Hinweis nach § 265 StPO und Antragsverzicht des RA, eine Aussetzung bzw. Unterbrechung der HV von Amts wegen hätte stattfinden musste.
Der Anklagevorwurf lautete Nötigung und Unterschlagung oder so.
Nach rechtlichem Hinweis steht plötzlich die schwere räuberische Epressung, Geiselnahme, erpresserischer Menschenraub im Raume - wenn auch im minder schweren Fall - dennoch ein Verbrechenstatbestand. Das Gericht hat doch auch eine Fürsorgepflicht und muss dem Angeklagten Gelegenheit geben seine Verteidigung entsprechend anzupassen.
Beruhen sehe ich darin, dass er bei Kenntnis des Ausmaßes der Straferwartung und der Umwandlung vom Vergehen in ein Verbrechen, durchaus eine andere Verteidigungsstrategie anstreben hätte können.
Ich habe diese Problematik genauso gesehen und ähnlich argumentiert wie du mit Fürsorgepflicht usw. Aber ich hab mich im Endeffekt gegen einen Verfahrensfehler entschieden und damit Argumentiert, dass dem Angeklagten ein Verteidiger zur Seite stand, sich der Sachverhalt nicht viel geändert hat, sondern nur die rechtliche Bewertung, auf die sich ein Strafverteidiger auch ohne Aussetzung vorbereiten kann usw. Aber ich denke dass man so wie du für einen Verfahrensfehler argumentieren kann
Der Hinweis war doch überhaupt nicht umfangreich genug
12.06.2020, 15:44
(12.06.2020, 15:40)Gast schrieb:(12.06.2020, 15:33)Gast schrieb: Meint ihr, dass es noch tragbar erscheint, wenn man einen Verfahrensfehler darin begründet, dass zwar trotz Hinweis nach § 265 StPO und Antragsverzicht des RA, eine Aussetzung bzw. Unterbrechung der HV von Amts wegen hätte stattfinden musste.
Der Anklagevorwurf lautete Nötigung und Unterschlagung oder so.
Nach rechtlichem Hinweis steht plötzlich die schwere räuberische Epressung, Geiselnahme, erpresserischer Menschenraub im Raume - wenn auch im minder schweren Fall - dennoch ein Verbrechenstatbestand. Das Gericht hat doch auch eine Fürsorgepflicht und muss dem Angeklagten Gelegenheit geben seine Verteidigung entsprechend anzupassen.
Beruhen sehe ich darin, dass er bei Kenntnis des Ausmaßes der Straferwartung und der Umwandlung vom Vergehen in ein Verbrechen, durchaus eine andere Verteidigungsstrategie anstreben hätte können.
Ich habe diese Problematik genauso gesehen und ähnlich argumentiert wie du mit Fürsorgepflicht usw. Aber ich hab mich im Endeffekt gegen einen Verfahrensfehler entschieden und damit Argumentiert, dass dem Angeklagten ein Verteidiger zur Seite stand, sich der Sachverhalt nicht viel geändert hat, sondern nur die rechtliche Bewertung, auf die sich ein Strafverteidiger auch ohne Aussetzung vorbereiten kann usw. Aber ich denke dass man so wie du für einen Verfahrensfehler argumentieren kann
Ich Habe einenFehler angenommen, aber es am Beruhen scheitern lassen. Ich denke, da konnte man mit guter Argumentation alles vertreten.
12.06.2020, 15:45
Ich sehe hier wird bereits über massenhaft Verfahrensrügen philosophiert, ich habe jedoch nur genau die zwei geprüft, die die Verteidigerin in ihrer Revisionsbegründung gerügt hat.
Aufgabenstellung war: aus Sicht eines Referendars am OLG die Erfolgsaussichten der eingelegten Revision begutachten sowie die Entscheidungsformel auszuformulieren.
Und da die Verteidigerin nur die allgemeine Sachrüge erhoben hat (wo ich natürlich alles durchprüfe) und ansonsten genau zwei Verfahrensrügen erhoben hat (die laut Bearbeitervermerk dem Erfordernis des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügten), habe ich auch nur diese zwei Verfahrensrügen geprüft. Für meine Entscheidung als Revisionsgericht sind potentiell andere, nicht erhobenen Verfahrensrügen doch komplett irrelevant. Deshalb habe ich mich garnicht groß auf die Suche gemacht oder versucht mit aller Gewalt irgendworaus andere Verfahrensverstöße herleiten zu wollen.
Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht mehr ob laut dem Bearbeitervermerk auch hilfsgutachterlich auf alle in Betracht kommenden Verfahrensfehler einzugehen war, jedoch hätte mir dafür sowieso letztendlich die Zeit gefehlt.
Hab jetzt ich hier den Bock geschossen oder haben sich viele unnötige Arbeit gemacht? :D
Aufgabenstellung war: aus Sicht eines Referendars am OLG die Erfolgsaussichten der eingelegten Revision begutachten sowie die Entscheidungsformel auszuformulieren.
Und da die Verteidigerin nur die allgemeine Sachrüge erhoben hat (wo ich natürlich alles durchprüfe) und ansonsten genau zwei Verfahrensrügen erhoben hat (die laut Bearbeitervermerk dem Erfordernis des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügten), habe ich auch nur diese zwei Verfahrensrügen geprüft. Für meine Entscheidung als Revisionsgericht sind potentiell andere, nicht erhobenen Verfahrensrügen doch komplett irrelevant. Deshalb habe ich mich garnicht groß auf die Suche gemacht oder versucht mit aller Gewalt irgendworaus andere Verfahrensverstöße herleiten zu wollen.
Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht mehr ob laut dem Bearbeitervermerk auch hilfsgutachterlich auf alle in Betracht kommenden Verfahrensfehler einzugehen war, jedoch hätte mir dafür sowieso letztendlich die Zeit gefehlt.
Hab jetzt ich hier den Bock geschossen oder haben sich viele unnötige Arbeit gemacht? :D
12.06.2020, 15:51
(12.06.2020, 15:45)Gast RLP schrieb: Ich sehe hier wird bereits über massenhaft Verfahrensrügen philosophiert, ich habe jedoch nur genau die zwei geprüft, die die Verteidigerin in ihrer Revisionsbegründung gerügt hat.
Aufgabenstellung war: aus Sicht eines Referendars am OLG die Erfolgsaussichten der eingelegten Revision begutachten sowie die Entscheidungsformel auszuformulieren.
Und da die Verteidigerin nur die allgemeine Sachrüge erhoben hat (wo ich natürlich alles durchprüfe) und ansonsten genau zwei Verfahrensrügen erhoben hat (die laut Bearbeitervermerk dem Erfordernis des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügten), habe ich auch nur diese zwei Verfahrensrügen geprüft. Für meine Entscheidung als Revisionsgericht sind potentiell andere, nicht erhobenen Verfahrensrügen doch komplett irrelevant. Deshalb habe ich mich garnicht groß auf die Suche gemacht oder versucht mit aller Gewalt irgendworaus andere Verfahrensverstöße herleiten zu wollen.
Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht mehr ob laut dem Bearbeitervermerk auch hilfsgutachterlich auf alle in Betracht kommenden Verfahrensfehler einzugehen war, jedoch hätte mir dafür sowieso letztendlich die Zeit gefehlt.
Hab jetzt ich hier den Bock geschossen oder haben sich viele unnötige Arbeit gemacht? :D
In NRW stand nichts von Sicht eines OLG Referendars.
12.06.2020, 15:52
(12.06.2020, 15:45)Gast RLP schrieb: Ich sehe hier wird bereits über massenhaft Verfahrensrügen philosophiert, ich habe jedoch nur genau die zwei geprüft, die die Verteidigerin in ihrer Revisionsbegründung gerügt hat.
Aufgabenstellung war: aus Sicht eines Referendars am OLG die Erfolgsaussichten der eingelegten Revision begutachten sowie die Entscheidungsformel auszuformulieren.
Und da die Verteidigerin nur die allgemeine Sachrüge erhoben hat (wo ich natürlich alles durchprüfe) und ansonsten genau zwei Verfahrensrügen erhoben hat (die laut Bearbeitervermerk dem Erfordernis des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügten), habe ich auch nur diese zwei Verfahrensrügen geprüft. Für meine Entscheidung als Revisionsgericht sind potentiell andere, nicht erhobenen Verfahrensrügen doch komplett irrelevant. Deshalb habe ich mich garnicht groß auf die Suche gemacht oder versucht mit aller Gewalt irgendworaus andere Verfahrensverstöße herleiten zu wollen.
Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht mehr ob laut dem Bearbeitervermerk auch hilfsgutachterlich auf alle in Betracht kommenden Verfahrensfehler einzugehen war, jedoch hätte mir dafür sowieso letztendlich die Zeit gefehlt.
Hab jetzt ich hier den Bock geschossen oder haben sich viele unnötige Arbeit gemacht? :D
Habs genauso gemacht und halte das auch für absolut richtig. Es verbietet sich ja für das Revisionsgericht ein Urteil auf Grund einer nicht erhobenen Verfahrensrüge aufzuheben.
Dafür hab ich natürlich § 194 Abs. 1 S. 5 StGB einfach übersehen, weil ich meinte in Erinnerung zu haben, dass es eine solche Regelung für die Beleidigung nicht gibt. Well done...
12.06.2020, 15:53
(12.06.2020, 15:51)Gast schrieb:(12.06.2020, 15:45)Gast RLP schrieb: Ich sehe hier wird bereits über massenhaft Verfahrensrügen philosophiert, ich habe jedoch nur genau die zwei geprüft, die die Verteidigerin in ihrer Revisionsbegründung gerügt hat.
Aufgabenstellung war: aus Sicht eines Referendars am OLG die Erfolgsaussichten der eingelegten Revision begutachten sowie die Entscheidungsformel auszuformulieren.
Und da die Verteidigerin nur die allgemeine Sachrüge erhoben hat (wo ich natürlich alles durchprüfe) und ansonsten genau zwei Verfahrensrügen erhoben hat (die laut Bearbeitervermerk dem Erfordernis des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügten), habe ich auch nur diese zwei Verfahrensrügen geprüft. Für meine Entscheidung als Revisionsgericht sind potentiell andere, nicht erhobenen Verfahrensrügen doch komplett irrelevant. Deshalb habe ich mich garnicht groß auf die Suche gemacht oder versucht mit aller Gewalt irgendworaus andere Verfahrensverstöße herleiten zu wollen.
Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht mehr ob laut dem Bearbeitervermerk auch hilfsgutachterlich auf alle in Betracht kommenden Verfahrensfehler einzugehen war, jedoch hätte mir dafür sowieso letztendlich die Zeit gefehlt.
Hab jetzt ich hier den Bock geschossen oder haben sich viele unnötige Arbeit gemacht? :D
In NRW stand nichts von Sicht eines OLG Referendars.
In Rheinland-Pfalz schon.
Dementsprechend hab ichs genauso. Der Unterschied zur Standardkonstellation - der Begutachtung der Erfolgsaussichten der noch einzulegenden Revisionsbegründung - bei der ich natürlich alle mir vorteilhaften Verfahrensrügen raussuchen muss, lag in dieser Konstellation doch darin, dass die konkreten Verfahrensrügen bereits erhoben wurden. Deshalb beschränkt sich die Prüfung eben auf diese zwei.
Dementsprechend hatte die Klausur auch viele andere Problemfelder, wie die Darstellungsrügen wegen der Gesamtsrafe oder der verwehrten Bewährung oder generell im materiellen Recht. Ausnahmsweise lag hier meines Erachtens der Schwerpunkt mal in der Sachrüge, da die zwei Verfahrensrügen auch recht einfach abzuhandeln waren (die Probleme waren direkt über die Idiotenwiese im MG zu finden)
12.06.2020, 15:58
(12.06.2020, 15:53)Gast schrieb:(12.06.2020, 15:51)Gast schrieb:(12.06.2020, 15:45)Gast RLP schrieb: Ich sehe hier wird bereits über massenhaft Verfahrensrügen philosophiert, ich habe jedoch nur genau die zwei geprüft, die die Verteidigerin in ihrer Revisionsbegründung gerügt hat.
Aufgabenstellung war: aus Sicht eines Referendars am OLG die Erfolgsaussichten der eingelegten Revision begutachten sowie die Entscheidungsformel auszuformulieren.
Und da die Verteidigerin nur die allgemeine Sachrüge erhoben hat (wo ich natürlich alles durchprüfe) und ansonsten genau zwei Verfahrensrügen erhoben hat (die laut Bearbeitervermerk dem Erfordernis des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügten), habe ich auch nur diese zwei Verfahrensrügen geprüft. Für meine Entscheidung als Revisionsgericht sind potentiell andere, nicht erhobenen Verfahrensrügen doch komplett irrelevant. Deshalb habe ich mich garnicht groß auf die Suche gemacht oder versucht mit aller Gewalt irgendworaus andere Verfahrensverstöße herleiten zu wollen.
Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht mehr ob laut dem Bearbeitervermerk auch hilfsgutachterlich auf alle in Betracht kommenden Verfahrensfehler einzugehen war, jedoch hätte mir dafür sowieso letztendlich die Zeit gefehlt.
Hab jetzt ich hier den Bock geschossen oder haben sich viele unnötige Arbeit gemacht? :D
In NRW stand nichts von Sicht eines OLG Referendars.
In Rheinland-Pfalz schon.
Dementsprechend hab ichs genauso. Der Unterschied zur Standardkonstellation - der Begutachtung der Erfolgsaussichten der noch einzulegenden Revisionsbegründung - bei der ich natürlich alle mir vorteilhaften Verfahrensrügen raussuchen muss, lag in dieser Konstellation doch darin, dass die konkreten Verfahrensrügen bereits erhoben wurden. Deshalb beschränkt sich die Prüfung eben auf diese zwei.
Dementsprechend hatte die Klausur auch viele andere Problemfelder, wie die Darstellungsrügen wegen der Gesamtsrafe oder der verwehrten Bewährung oder generell im materiellen Recht. Ausnahmsweise lag hier meines Erachtens der Schwerpunkt mal in der Sachrüge, da die zwei Verfahrensrügen auch recht einfach abzuhandeln waren (die Probleme waren direkt über die Idiotenwiese im MG zu finden)
Sorry, meine Argumentation für oder gegen eine Fehler bezog sich auch auf NRW.
12.06.2020, 16:00
Bin mit zwar nicht zu 100% sicher, glaube aber in SH stand im Bearbeitervermerk das Wort ggf. hilfsgutachterlich und was von Antrag (glaube nicht, was von Entscheidung). Wer erinnert sich noch?
12.06.2020, 16:14
Was habt ihr zu der Verwertung der Zeugin gesagt?
Noch irgendjemand hier die der Ansicht waren, dass zwischen denen eine Schwägerschaft vorlag?
Sie somit ein ZVR hatte nach § 52.
Beruhen aber (-), da sie auch bei ordnungsgemäßer Belehrung so ausgesagt hätte. Dann noch kurz Rechtskreistheorie in Raum geworfen und fertig.
Noch irgendjemand hier die der Ansicht waren, dass zwischen denen eine Schwägerschaft vorlag?
Sie somit ein ZVR hatte nach § 52.
Beruhen aber (-), da sie auch bei ordnungsgemäßer Belehrung so ausgesagt hätte. Dann noch kurz Rechtskreistheorie in Raum geworfen und fertig.
12.06.2020, 16:25
Mal ein anderes Thema, keine Ahnung ob das irgendwo anders problematisiert war:
In TH war Urteilszustellung (formgemäße Zustellung!) am 18.04.2020; Begründung ist zwar Schriftsatz vom 18.05.2020 aber erst am 19.05.2020 eingegangen. Meines Erachtens damit klar verfristet und eigentlich Unzulässigkeit.
Ich hab die Zulässigkeit wie folgt "gerettet":
Laut HV-Protokoll wurde zur Urteilsfindung ne halbe Stunde (ca.) unterbrochen. Danach wurde nicht festgestellt, wer nunmehr anwesend ist. Hab dann negative Beweiskraft des Protokolls -> Abwesenheit Angeklagter -> damit abwesend bei Rechtsmittelbelehrung und dann nach § 44 Wiedereinsetzung von Amts wegen.
Lag der Sachverhalt auch in anderen Ländern so? Falls nicht - kann jemand die Lösung nachvollziehen bzw. mir sagen, ob das rechtlich so haltbar ist?! Vielen Dank..
In TH war Urteilszustellung (formgemäße Zustellung!) am 18.04.2020; Begründung ist zwar Schriftsatz vom 18.05.2020 aber erst am 19.05.2020 eingegangen. Meines Erachtens damit klar verfristet und eigentlich Unzulässigkeit.
Ich hab die Zulässigkeit wie folgt "gerettet":
Laut HV-Protokoll wurde zur Urteilsfindung ne halbe Stunde (ca.) unterbrochen. Danach wurde nicht festgestellt, wer nunmehr anwesend ist. Hab dann negative Beweiskraft des Protokolls -> Abwesenheit Angeklagter -> damit abwesend bei Rechtsmittelbelehrung und dann nach § 44 Wiedereinsetzung von Amts wegen.
Lag der Sachverhalt auch in anderen Ländern so? Falls nicht - kann jemand die Lösung nachvollziehen bzw. mir sagen, ob das rechtlich so haltbar ist?! Vielen Dank..