20.01.2025, 12:17
Die Diskussion gab es hier zwar schon tausend mal.... aber ich möchte gerne nochmal einen Versuch starten mal sachlich die Argumente zusammenzufassen.
Was spricht Eurer Meinung nach für den Beruf des Richters, was für den Beruf des Anwalts in einer mittelständischen Kanzlei?
Gerade auch mit Blick auf die aktuell wirtschaft schlechte Lage.
Freue mich über konstruktive Beiträge.
Was spricht Eurer Meinung nach für den Beruf des Richters, was für den Beruf des Anwalts in einer mittelständischen Kanzlei?
Gerade auch mit Blick auf die aktuell wirtschaft schlechte Lage.
Freue mich über konstruktive Beiträge.
Erste Infos zum Bewerbungsverfahren für den Justizdienst findest Du auf den Richter-Infoseiten von Juristenkoffer.de:
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
20.01.2025, 12:40
Für mich stellt sich das im Wesentlichen wie folgt dar:
Pro Richteramt:
- Relativ unabhängiges Arbeiten (sachlich und zeitlich) im sicheren Netz des Staatsdienstes
- Besoldung ist trotz aller Schelte (ja sicherlich ist es im Vergleich zur Großkanzlei viel weniger, obwohl man dieselben potentiellen Kandidaten umwirbt) schon vernünftig. Gerade die "sichere" Durchbeförderung zum A16-Äquivalent durch die Erfahrungsstufen in der R1 Besoldung ist schon okay. Du bekommst quasi garantiert die Besoldung, für die andere Beamte im höheren Dienst schon noch etwas tun müssen...
- Verhältnismäßig mehr Netto vom Brutto. Keine Sozialabgaben, nur Lohnsteuer. Durch die Beihilfeberechtigung ist auch der PKV-Eigenanteil überschaubar. Das relativiert den krassen Gehaltsunterschied zur GK etwas.
- Gesellschaftlich sinnstiftende Arbeit. Für ideell geprägte Menschen, die täglich etwas mit Wert für die Gemeinschaft machen wollen, liegt hier sicherlich eher eine sinnstiftende Arbeit, als beim Mittelständler Partikularinteressen gerichtlich durchzusetzen.
- Auch der Dienst in der Justiz bietet Karriereoptionen und unterschiedliche Wege. Etwa durch Abordnungen etc.
- Trotz aller Überlastung ist der Druck sicherlich nicht ganz vergleichbar. Wenn man ihn verspürt, macht man ihn sich eher selbst, als in der Kanzlei. Da kommt er sicherlich auch stärker von außen. Insofern lässt das Richteramt auch ein paar "Sidequests" zu. Pomovieren nebenbei? Machbar. Ehrenämter nebenbei? Machbar. Hobbys weiterhin ausführen? Machbar. Mal als Landtags-/Bundestagsabgeordneter 4-8 Jahre weg und danach wieder in den Dienst? Machbar. Dem Land als Reservist dienen? Machbar. usw... Der Staat lässt dir zur privaten Entfaltung abseits der Arbeit sicherlich etwas mehr Luft.
Contra Richteramt:
- Einige Pro-Argumente sind zeitlich auch Contra-Argumente. Das kommt auf den Typ an. So etwa die (sichere) Besoldung. Ich kenne viele Menschen, die empfinden es als absoluten Graus, wenn sie jetzt schon wissen, mit wieviel Euro Gehalt sie irgendwann mal pensioniert werden. Denn klar: Das schafft Sicherheit und Planungsfähigkeit. Aber es deckelt auch bereits bei Aufnahme der Tätigkeit die Karrierechancen. Manch einer tickt da halt etwas chancenorientierter.
- Behördenstrukturen. Ich glaube das ist selbstredend. Leuchtstoffröhren, muffiger Geruch nach altem Kaffeesatz aus der Filtermaschine usw. Da sollte man sich nichts vormachen. Einige Gerichtsgebäude sind halt (noch) so oder auf dem besten Weg dahin. Nichts mit schöner Aussicht und luftigem Büro. Zumeist eher 12 m² und schön, wenn ein Fenster im Raum ist (ehemalige Kollegin von mir sitzt in der StA im Keller ohne Fenster und hat tatsächlich ein 10m² Büro, in das sie kaum reinkommt, weil die Akten sich stapeln - inzwischen sogar im Treppenhaus)
- Belastung abhängig von politischem Wille. Die Kanzleistruktur ist da sicherlich flexibler, schneller und man kann individueller die Belastung steuern. Im Justizapparats ist man eher der Hamster im Rad ohne wirklichen Einfluss auf konkrete Strukturen. Das kann zermürben (muss es aber nicht).
- Durch Abordnungen usw. kann es auch mal passieren, dass man in einem eigentlich unliebsamen Rechtsgebiet arbeiten muss. Als Anwalt kannst du dir deine Tätigkeitsbereiche noch eher aussuchen. Aber auch das kann man unterschiedlich bewerten. Ich arbeite mich gerne in unterschiedlichste Bereiche ein, andere sind halt froh, wenn sie sich nie wieder mit einer bestimmten Materie befassen müssen.
Ich würde sagen die Argumente für und gegen den Anwaltsberuf in der Mittelstandskanzlei spiegeln sich zumeist. Daher zähle ich jetzt nicht nochmal umgekehrt die Punkte auf ... :-D.
So viel zu meiner Meinung zu dem Thema
Pro Richteramt:
- Relativ unabhängiges Arbeiten (sachlich und zeitlich) im sicheren Netz des Staatsdienstes
- Besoldung ist trotz aller Schelte (ja sicherlich ist es im Vergleich zur Großkanzlei viel weniger, obwohl man dieselben potentiellen Kandidaten umwirbt) schon vernünftig. Gerade die "sichere" Durchbeförderung zum A16-Äquivalent durch die Erfahrungsstufen in der R1 Besoldung ist schon okay. Du bekommst quasi garantiert die Besoldung, für die andere Beamte im höheren Dienst schon noch etwas tun müssen...
- Verhältnismäßig mehr Netto vom Brutto. Keine Sozialabgaben, nur Lohnsteuer. Durch die Beihilfeberechtigung ist auch der PKV-Eigenanteil überschaubar. Das relativiert den krassen Gehaltsunterschied zur GK etwas.
- Gesellschaftlich sinnstiftende Arbeit. Für ideell geprägte Menschen, die täglich etwas mit Wert für die Gemeinschaft machen wollen, liegt hier sicherlich eher eine sinnstiftende Arbeit, als beim Mittelständler Partikularinteressen gerichtlich durchzusetzen.
- Auch der Dienst in der Justiz bietet Karriereoptionen und unterschiedliche Wege. Etwa durch Abordnungen etc.
- Trotz aller Überlastung ist der Druck sicherlich nicht ganz vergleichbar. Wenn man ihn verspürt, macht man ihn sich eher selbst, als in der Kanzlei. Da kommt er sicherlich auch stärker von außen. Insofern lässt das Richteramt auch ein paar "Sidequests" zu. Pomovieren nebenbei? Machbar. Ehrenämter nebenbei? Machbar. Hobbys weiterhin ausführen? Machbar. Mal als Landtags-/Bundestagsabgeordneter 4-8 Jahre weg und danach wieder in den Dienst? Machbar. Dem Land als Reservist dienen? Machbar. usw... Der Staat lässt dir zur privaten Entfaltung abseits der Arbeit sicherlich etwas mehr Luft.
Contra Richteramt:
- Einige Pro-Argumente sind zeitlich auch Contra-Argumente. Das kommt auf den Typ an. So etwa die (sichere) Besoldung. Ich kenne viele Menschen, die empfinden es als absoluten Graus, wenn sie jetzt schon wissen, mit wieviel Euro Gehalt sie irgendwann mal pensioniert werden. Denn klar: Das schafft Sicherheit und Planungsfähigkeit. Aber es deckelt auch bereits bei Aufnahme der Tätigkeit die Karrierechancen. Manch einer tickt da halt etwas chancenorientierter.
- Behördenstrukturen. Ich glaube das ist selbstredend. Leuchtstoffröhren, muffiger Geruch nach altem Kaffeesatz aus der Filtermaschine usw. Da sollte man sich nichts vormachen. Einige Gerichtsgebäude sind halt (noch) so oder auf dem besten Weg dahin. Nichts mit schöner Aussicht und luftigem Büro. Zumeist eher 12 m² und schön, wenn ein Fenster im Raum ist (ehemalige Kollegin von mir sitzt in der StA im Keller ohne Fenster und hat tatsächlich ein 10m² Büro, in das sie kaum reinkommt, weil die Akten sich stapeln - inzwischen sogar im Treppenhaus)
- Belastung abhängig von politischem Wille. Die Kanzleistruktur ist da sicherlich flexibler, schneller und man kann individueller die Belastung steuern. Im Justizapparats ist man eher der Hamster im Rad ohne wirklichen Einfluss auf konkrete Strukturen. Das kann zermürben (muss es aber nicht).
- Durch Abordnungen usw. kann es auch mal passieren, dass man in einem eigentlich unliebsamen Rechtsgebiet arbeiten muss. Als Anwalt kannst du dir deine Tätigkeitsbereiche noch eher aussuchen. Aber auch das kann man unterschiedlich bewerten. Ich arbeite mich gerne in unterschiedlichste Bereiche ein, andere sind halt froh, wenn sie sich nie wieder mit einer bestimmten Materie befassen müssen.
Ich würde sagen die Argumente für und gegen den Anwaltsberuf in der Mittelstandskanzlei spiegeln sich zumeist. Daher zähle ich jetzt nicht nochmal umgekehrt die Punkte auf ... :-D.
So viel zu meiner Meinung zu dem Thema
20.01.2025, 12:51
Sehr schöner Beitrag vielen Dank!
Weißt Du, ob man als Richter dann überall hin versetzt werden kann? Oder wird der Wohnort berücksichtigt?
Weißt Du, ob man als Richter dann überall hin versetzt werden kann? Oder wird der Wohnort berücksichtigt?
20.01.2025, 13:03
Abordnungen grds. nur mit Zustimmung des Richters (§ 37 Abs. 1 DRiG), bei Vertretung aber auch ohne Zustimmung (§ 37 Abs. 3, aber zeitlich begrenzt). Wenn man als Richter mit Karriereambitionen tätig ist, sollte man der Abordnung aber offen gegenüberstehen. Anderswo in der Verwaltung nennt sich sowas "Verwendungsbreite" aufbauen.
Legt man es wirklich darauf an und fühlt sich am heimischen AG so wohl, dass man nie wieder woanders hin möchte, dann ist das nach der Lebzeiternennung durchaus möglich :-D...
Legt man es wirklich darauf an und fühlt sich am heimischen AG so wohl, dass man nie wieder woanders hin möchte, dann ist das nach der Lebzeiternennung durchaus möglich :-D...
20.01.2025, 13:58
und wie sieht das aus bzgl. der Einstellung? Also an welches Gericht man am Anfang gesetzt wird? Kann es da auch passieren, dass man sehr weit fernab vom aktuellen Wohnort gesetzt wird?
20.01.2025, 14:06
Soweit mir bekannt ist, kann man hier Wünsche äußern. Aber wenn dort keine Stelle frei ist, ist das so. Mir hat mal jemand verraten, dass es clever sein kann, zunächst in Teilzeit einzusteigen. Hier gibt es scheinbar viele offene Teilzeitstellen, sodass die Chance an seinen Wunschort zu kommen größer ist. Dann einfach direkt Antrag auf Stundenerhöhung und der Dienstherr muss einen bei den nächsten freiwerden Zeiten aufstocken. Ob das tatsächlich so gut funktioniert: Keine Ahnung. :D
20.01.2025, 14:13
Interessant

20.01.2025, 14:30
(20.01.2025, 12:40)M1511 schrieb: Für mich stellt sich das im Wesentlichen wie folgt dar:
Pro Richteramt:
- Relativ unabhängiges Arbeiten (sachlich und zeitlich) im sicheren Netz des Staatsdienstes
- Besoldung ist trotz aller Schelte (ja sicherlich ist es im Vergleich zur Großkanzlei viel weniger, obwohl man dieselben potentiellen Kandidaten umwirbt) schon vernünftig. Gerade die "sichere" Durchbeförderung zum A16-Äquivalent durch die Erfahrungsstufen in der R1 Besoldung ist schon okay. Du bekommst quasi garantiert die Besoldung, für die andere Beamte im höheren Dienst schon noch etwas tun müssen...
- Verhältnismäßig mehr Netto vom Brutto. Keine Sozialabgaben, nur Lohnsteuer. Durch die Beihilfeberechtigung ist auch der PKV-Eigenanteil überschaubar. Das relativiert den krassen Gehaltsunterschied zur GK etwas.
- Gesellschaftlich sinnstiftende Arbeit. Für ideell geprägte Menschen, die täglich etwas mit Wert für die Gemeinschaft machen wollen, liegt hier sicherlich eher eine sinnstiftende Arbeit, als beim Mittelständler Partikularinteressen gerichtlich durchzusetzen.
- Auch der Dienst in der Justiz bietet Karriereoptionen und unterschiedliche Wege. Etwa durch Abordnungen etc.
- Trotz aller Überlastung ist der Druck sicherlich nicht ganz vergleichbar. Wenn man ihn verspürt, macht man ihn sich eher selbst, als in der Kanzlei. Da kommt er sicherlich auch stärker von außen. Insofern lässt das Richteramt auch ein paar "Sidequests" zu. Pomovieren nebenbei? Machbar. Ehrenämter nebenbei? Machbar. Hobbys weiterhin ausführen? Machbar. Mal als Landtags-/Bundestagsabgeordneter 4-8 Jahre weg und danach wieder in den Dienst? Machbar. Dem Land als Reservist dienen? Machbar. usw... Der Staat lässt dir zur privaten Entfaltung abseits der Arbeit sicherlich etwas mehr Luft.
Contra Richteramt:
- Einige Pro-Argumente sind zeitlich auch Contra-Argumente. Das kommt auf den Typ an. So etwa die (sichere) Besoldung. Ich kenne viele Menschen, die empfinden es als absoluten Graus, wenn sie jetzt schon wissen, mit wieviel Euro Gehalt sie irgendwann mal pensioniert werden. Denn klar: Das schafft Sicherheit und Planungsfähigkeit. Aber es deckelt auch bereits bei Aufnahme der Tätigkeit die Karrierechancen. Manch einer tickt da halt etwas chancenorientierter.
- Behördenstrukturen. Ich glaube das ist selbstredend. Leuchtstoffröhren, muffiger Geruch nach altem Kaffeesatz aus der Filtermaschine usw. Da sollte man sich nichts vormachen. Einige Gerichtsgebäude sind halt (noch) so oder auf dem besten Weg dahin. Nichts mit schöner Aussicht und luftigem Büro. Zumeist eher 12 m² und schön, wenn ein Fenster im Raum ist (ehemalige Kollegin von mir sitzt in der StA im Keller ohne Fenster und hat tatsächlich ein 10m² Büro, in das sie kaum reinkommt, weil die Akten sich stapeln - inzwischen sogar im Treppenhaus)
- Belastung abhängig von politischem Wille. Die Kanzleistruktur ist da sicherlich flexibler, schneller und man kann individueller die Belastung steuern. Im Justizapparats ist man eher der Hamster im Rad ohne wirklichen Einfluss auf konkrete Strukturen. Das kann zermürben (muss es aber nicht).
- Durch Abordnungen usw. kann es auch mal passieren, dass man in einem eigentlich unliebsamen Rechtsgebiet arbeiten muss. Als Anwalt kannst du dir deine Tätigkeitsbereiche noch eher aussuchen. Aber auch das kann man unterschiedlich bewerten. Ich arbeite mich gerne in unterschiedlichste Bereiche ein, andere sind halt froh, wenn sie sich nie wieder mit einer bestimmten Materie befassen müssen.
Ich würde sagen die Argumente für und gegen den Anwaltsberuf in der Mittelstandskanzlei spiegeln sich zumeist. Daher zähle ich jetzt nicht nochmal umgekehrt die Punkte auf ... :-D.
So viel zu meiner Meinung zu dem Thema
Bist du Richter?
20.01.2025, 14:45
Um mal eine Lanze für die Anwaltschaft zu brechen, insbesondere nicht die 2-4 Jahre in einer GK als Associate, sondern die Jahrzehnte als Partner:
Vorteile:
- Freie Gestaltung der Tätigkeit, d.h. wie willst du welche Art von Mandanten bedienen; natürlich brauchst du Kunden aber wie du diese erreichst, ist deiner freien Entscheidung vorbehalten. Du willst sie in schweren Ledersesseln in einem Büro empfangen? Das kannst du machen. Willst du lieber voll digital sein und alle per Teams, Whatsapp versorgen? Das kannst du genauso machen.
- Spaß und Ehrgeiz ein neues Geschäftsfeld aufzubauen oder zu entwickeln. Niemand schreibt dir vor, was du zu tun hast, sondern du kannst dir deine eigenen Felder suchen und bearbeiten.
- Wenn es gut läuft, dann läuft es (sehr) gut finanziell.
- Es ist ein schönes Gefühl, wenn sich Mandanten bei dir wieder melden und explizit deinen Rat suchen.
- Freie Zeiteinteilung, sicher arbeitest du nicht wenig aber ich kann frei entscheiden, wann ich wo aufschlage, solange ich meine Mandate bearbeitet bekomme. Ich muss niemanden fragen, wenn ich Donnerstagvormittag mit meiner Frau einen Termin in der Stadt habe, oder finde, dass zwei Wochen Arbeit aus dem Ferienhaus eine feine Sachen wären.
Nachteile:
- Unsicherheiten und Risiken, die eben mit der selbstständigen Tätigkeit einher gehen; es gibt kein Mindesteinkommen oder sonstiges.
- Tendenziell arbeitet man eher mehr als weniger, wenn man dafür verantwortlich ist.
- Wenn du Teil einer größeren Einheit bist, kommt die ganze Orga dazu, Personalthemen etc., die Zeit kosten und oft nur wenig Spaß machen.
- Nochmal die Unsicherheit erstmal Partner in einem guten Laden zu werden bzw. dich selbstständig zu machen.
Vorteile:
- Freie Gestaltung der Tätigkeit, d.h. wie willst du welche Art von Mandanten bedienen; natürlich brauchst du Kunden aber wie du diese erreichst, ist deiner freien Entscheidung vorbehalten. Du willst sie in schweren Ledersesseln in einem Büro empfangen? Das kannst du machen. Willst du lieber voll digital sein und alle per Teams, Whatsapp versorgen? Das kannst du genauso machen.
- Spaß und Ehrgeiz ein neues Geschäftsfeld aufzubauen oder zu entwickeln. Niemand schreibt dir vor, was du zu tun hast, sondern du kannst dir deine eigenen Felder suchen und bearbeiten.
- Wenn es gut läuft, dann läuft es (sehr) gut finanziell.
- Es ist ein schönes Gefühl, wenn sich Mandanten bei dir wieder melden und explizit deinen Rat suchen.
- Freie Zeiteinteilung, sicher arbeitest du nicht wenig aber ich kann frei entscheiden, wann ich wo aufschlage, solange ich meine Mandate bearbeitet bekomme. Ich muss niemanden fragen, wenn ich Donnerstagvormittag mit meiner Frau einen Termin in der Stadt habe, oder finde, dass zwei Wochen Arbeit aus dem Ferienhaus eine feine Sachen wären.
Nachteile:
- Unsicherheiten und Risiken, die eben mit der selbstständigen Tätigkeit einher gehen; es gibt kein Mindesteinkommen oder sonstiges.
- Tendenziell arbeitet man eher mehr als weniger, wenn man dafür verantwortlich ist.
- Wenn du Teil einer größeren Einheit bist, kommt die ganze Orga dazu, Personalthemen etc., die Zeit kosten und oft nur wenig Spaß machen.
- Nochmal die Unsicherheit erstmal Partner in einem guten Laden zu werden bzw. dich selbstständig zu machen.
20.01.2025, 14:57
Hey,
ich bin zwar selbst Referendar und kann mangels Berufserfahrung nur bedingt Nützliches beitragen, möchte dennoch meine Gedanken dazu teilen, warum ich zumindest in den nächsten Jahren nicht Richter werden will. Im Wesentlichen läuft es auf vier Punkte hinaus:
1. Einzeltätigkeit
Zumindest in NRW gibt es bei Richtern kaum noch Teamarbeit. Jeder schreibt still in seinem Kämmerlein seine Urteile. Auch Kammersitzungen usw. sind selten, da fast immer der Einzelrichter entscheidet. Klar arbeitet man in einer Kanzlei auch nicht ständig mit anderen Leuten zusammen, aber meinem Eindruck nach deutlich mehr als als Richter. Mich persönlich würde das stören, aber das ist natürlich subjektiv.
2. Wertschätzung
Vorweg möchte ich sagen, dass ich mein Referendariat im Land NRW mache und mir gut vorstellen kann, dass es in anderen Bundesländern tendenziell besser läuft. In NRW ist es jedoch so, dass die Gerichtsgebäude, die personelle Ausstattung, das Gehalt der Richter und letztlich auch der Umgang mit den Referendaren nur den Schluss zulassen, dass Juristen vom Land NRW in keinerlei Weise wertgeschätzt werden. Ein paar Beispiele hierfür:
3. Sinnhaftigkeit
Ja, der Richterberuf ist gesellschaftlich sehr wichtig, aber ich persönlich fände es schwierig, dass man als Einzelner davon sehr wenig sieht. Man schickt sein Urteil ab und hört dann meist nie wieder etwas davon. Das macht den Beruf nicht weniger sinnvoll oder wichtig, aber ich mag es, die Ergebnisse meiner Arbeit tatsächlich zu sehen.
Hinzu kommt, dass man viel Zeit mit Aufgaben verbringt, die absolut unnötig sind und durch eine bessere Arbeitsorganisation, angemessene Ausstattung oder überlegtere Gesetzgebung vermieden werden könnten. Beispielsweise immer wieder Zeit zu verschwenden, weil der Server für die E-Akte oder das Internet bei Videoverhandlungen nicht funktioniert, würde stark an meinem Sinngefühl nagen.
Auch strukturelle Probleme wie die fehlende Möglichkeit einer Sammelklage verursachen letztlich viel weitgehend sinnfreie Arbeit. Ein Beispiel dafür ist der VW-Abgasskandal, der durch Sammelklagen effizienter hätte bearbeitet werden können.
4. Schlechte Wechselmöglichkeiten
Es stimmt zwar, dass man innerhalb des Staatsapparats viele Möglichkeiten hat, aber ein Wechsel in die freie Wirtschaft oder ins Ausland ist schwierig. Wenn man sich nach mehreren Jahren doch entscheidet, in den privaten Sektor zu wechseln, verliert man seine Pensionsansprüche und wird in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Da die Konditionen dort jedoch deutlich schlechter sind, kann das schnell mehrere Hunderttausend Euro ausmachen. Das bedeutet, dass man, wenn man seine Karriere beim Staat beginnt, sehr an den Staat als Arbeitgeber gebunden ist. Das sind auch nicht gerade attraktive Aussichten, vorallem da ich keinerlei Vertrauen darin habe, dass die Arbeitsbedingungen in zehn Jahren nicht noch wesentlich schlechter sind.
ich bin zwar selbst Referendar und kann mangels Berufserfahrung nur bedingt Nützliches beitragen, möchte dennoch meine Gedanken dazu teilen, warum ich zumindest in den nächsten Jahren nicht Richter werden will. Im Wesentlichen läuft es auf vier Punkte hinaus:
1. Einzeltätigkeit
Zumindest in NRW gibt es bei Richtern kaum noch Teamarbeit. Jeder schreibt still in seinem Kämmerlein seine Urteile. Auch Kammersitzungen usw. sind selten, da fast immer der Einzelrichter entscheidet. Klar arbeitet man in einer Kanzlei auch nicht ständig mit anderen Leuten zusammen, aber meinem Eindruck nach deutlich mehr als als Richter. Mich persönlich würde das stören, aber das ist natürlich subjektiv.
2. Wertschätzung
Vorweg möchte ich sagen, dass ich mein Referendariat im Land NRW mache und mir gut vorstellen kann, dass es in anderen Bundesländern tendenziell besser läuft. In NRW ist es jedoch so, dass die Gerichtsgebäude, die personelle Ausstattung, das Gehalt der Richter und letztlich auch der Umgang mit den Referendaren nur den Schluss zulassen, dass Juristen vom Land NRW in keinerlei Weise wertgeschätzt werden. Ein paar Beispiele hierfür:
- Das Amts- und Landgericht Köln, an dem ich bin, lässt sich eigentlich nur als Baracke beschreiben: Fenster sind kaputt und werden mit Panzertape „repariert“, das Internet funktioniert im Haus nur sporadisch, was Videoverhandlungen zur Vollkatastrophe macht. Heizungen funktionieren meistens, aber nicht immer. Das gesamte Gebäude ist innen in stuhlgang Braun gestrichen. Insgesamt ein Ort, an dem man sich eher ungern aufhält. Was sicher auch zum Teil erklärt warum die meisten Richter so gut es geht Home Office machen.
- Der Server für die E-Akten in NRW funktioniert, zumindest nach Berichten von den Richtern hier, etwa einmal pro Woche nicht. In solchen Fällen sitzen die Richter dann ein bis zwei Stunden nutzlos herum.
- Die Geschäftsstellen sind völlig überlastet, weshalb Zeugen entweder gar nicht geladen werden oder zwölf Zeugen zur gleichen Uhrzeit einbestellt werden.
- Seit Jahren steigende Arbeitsbelastung.
3. Sinnhaftigkeit
Ja, der Richterberuf ist gesellschaftlich sehr wichtig, aber ich persönlich fände es schwierig, dass man als Einzelner davon sehr wenig sieht. Man schickt sein Urteil ab und hört dann meist nie wieder etwas davon. Das macht den Beruf nicht weniger sinnvoll oder wichtig, aber ich mag es, die Ergebnisse meiner Arbeit tatsächlich zu sehen.
Hinzu kommt, dass man viel Zeit mit Aufgaben verbringt, die absolut unnötig sind und durch eine bessere Arbeitsorganisation, angemessene Ausstattung oder überlegtere Gesetzgebung vermieden werden könnten. Beispielsweise immer wieder Zeit zu verschwenden, weil der Server für die E-Akte oder das Internet bei Videoverhandlungen nicht funktioniert, würde stark an meinem Sinngefühl nagen.
Auch strukturelle Probleme wie die fehlende Möglichkeit einer Sammelklage verursachen letztlich viel weitgehend sinnfreie Arbeit. Ein Beispiel dafür ist der VW-Abgasskandal, der durch Sammelklagen effizienter hätte bearbeitet werden können.
4. Schlechte Wechselmöglichkeiten
Es stimmt zwar, dass man innerhalb des Staatsapparats viele Möglichkeiten hat, aber ein Wechsel in die freie Wirtschaft oder ins Ausland ist schwierig. Wenn man sich nach mehreren Jahren doch entscheidet, in den privaten Sektor zu wechseln, verliert man seine Pensionsansprüche und wird in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Da die Konditionen dort jedoch deutlich schlechter sind, kann das schnell mehrere Hunderttausend Euro ausmachen. Das bedeutet, dass man, wenn man seine Karriere beim Staat beginnt, sehr an den Staat als Arbeitgeber gebunden ist. Das sind auch nicht gerade attraktive Aussichten, vorallem da ich keinerlei Vertrauen darin habe, dass die Arbeitsbedingungen in zehn Jahren nicht noch wesentlich schlechter sind.