26.08.2021, 18:59
(26.08.2021, 18:43)Gast schrieb: Ab wann kann man denn eurer Meinung nach sicher sagen, dass es nicht zu einem passt? Ich fühle mich oft rechtlich (jdf im ZR am LG) überfordert, weil es echt knifflige Akten sind und die RAe oft echt einfach unzureichend oder durcheinander vortragen.
Und auch die Sitzungen machen mir eher keinen Spaß. Viele sagen, das sei normal, man muss erst reinkommen, aber ab wann weiß man dann, dass es nicht passt oder eben doch?
Vorab: ein Wechsel ins Strafrecht oder ans AG sind leider zur Zeit nicht möglich, da in NRW in meinem OLG Bezirk das Jahr im ZR am LG gesetzt sind.
Der Frage würde ich mich gerne anschließen. Ich habe zwar Spaß an den Sitzungen, bin aber eig seit Beginn 6 Tage die Woche am arbeiten, unter anderem auch weil ich bei meinen Akten so unsicher bin, dass ich ewig brauche und dann schleichen sich trotzdem Fehler ein... Ich hoffe zwar auf einen Wechsel ans AG, aber da soll es ja aber Bekannterweise nicht gerade besser sein mit Arbeitsbelastung... Gibt es da vielleicht ein zwei Erfahrungsberichte?
26.08.2021, 19:01
(26.08.2021, 18:59)Gast2 schrieb:(26.08.2021, 18:43)Gast schrieb: Ab wann kann man denn eurer Meinung nach sicher sagen, dass es nicht zu einem passt? Ich fühle mich oft rechtlich (jdf im ZR am LG) überfordert, weil es echt knifflige Akten sind und die RAe oft echt einfach unzureichend oder durcheinander vortragen.
Und auch die Sitzungen machen mir eher keinen Spaß. Viele sagen, das sei normal, man muss erst reinkommen, aber ab wann weiß man dann, dass es nicht passt oder eben doch?
Vorab: ein Wechsel ins Strafrecht oder ans AG sind leider zur Zeit nicht möglich, da in NRW in meinem OLG Bezirk das Jahr im ZR am LG gesetzt sind.
Der Frage würde ich mich gerne anschließen. Ich habe zwar Spaß an den Sitzungen, bin aber eig seit Beginn 6 Tage die Woche am arbeiten, unter anderem auch weil ich bei meinen Akten so unsicher bin, dass ich ewig brauche und dann schleichen sich trotzdem Fehler ein... Ich hoffe zwar auf einen Wechsel ans AG, aber da soll es ja aber Bekannterweise nicht gerade besser sein mit Arbeitsbelastung... Gibt es da vielleicht ein zwei Erfahrungsberichte?
Wie äußern sich die Fehler dann? Hast deswegen mal "Ärger" bekommen?
In welchem Bundesland bist du denn?
Meine Kollegen, die im selben Haus am AG sind, sind auch immer lange da und arbeiten wohl auch am WE :/
26.08.2021, 19:45
Am SG ist es auch stressig
26.08.2021, 20:21
Wenn die Sitzungen keine Freunde machen, finde ich persönlich es bedenklich, weil das für mich das Kernstück des Ganzen ist: gemeinsam mit den Parteien eine einvernehmliche Lösung finden oder die Sache entscheidungsreif bekommen. Woran liegt es?
Woran man sich etwas gewöhnt ist das schlechte Gewissen, vielleicht etwas übersehen zu haben, das man nicht wusste und die Anwälte nicht gescheit vortragen. Das ist die Kehrseite von Beibringungsgrundsatz und Unabhängigkeit. Ganz geht das Gefühl, nie alles zu wissen, wahrscheinlich nicht weg, und ich finde es als Qualitätskontrolle auch besser als die Einbildung, sicher Bescheid zu wissen.
Wenn der Dezernatsbestand an sich OK ist, lassen sich möglicherweise die Arbeitsabläufe kontrollieren: mit Klageeingang Schlüssigkeitskontrolle und Hinweise, zügig früher erster Termin, bei der Terminsvorbereitung sauber prüfen und sich eine Meinung bilden, die man im Termin klar vertritt, ansonsten die Akte erst wieder zum Urteilschreiben vertieft in die Hand nehmen, auf keinen Fall bei jedem Posteingang wieder von vorne nachsinnen, niemals aus Ratlosigkeit terminieren oder Beschlüsse verkünden, ohne sicher zu wissen, wo die Reise hingehen soll...
Woran man sich etwas gewöhnt ist das schlechte Gewissen, vielleicht etwas übersehen zu haben, das man nicht wusste und die Anwälte nicht gescheit vortragen. Das ist die Kehrseite von Beibringungsgrundsatz und Unabhängigkeit. Ganz geht das Gefühl, nie alles zu wissen, wahrscheinlich nicht weg, und ich finde es als Qualitätskontrolle auch besser als die Einbildung, sicher Bescheid zu wissen.
Wenn der Dezernatsbestand an sich OK ist, lassen sich möglicherweise die Arbeitsabläufe kontrollieren: mit Klageeingang Schlüssigkeitskontrolle und Hinweise, zügig früher erster Termin, bei der Terminsvorbereitung sauber prüfen und sich eine Meinung bilden, die man im Termin klar vertritt, ansonsten die Akte erst wieder zum Urteilschreiben vertieft in die Hand nehmen, auf keinen Fall bei jedem Posteingang wieder von vorne nachsinnen, niemals aus Ratlosigkeit terminieren oder Beschlüsse verkünden, ohne sicher zu wissen, wo die Reise hingehen soll...
26.08.2021, 20:36
(26.08.2021, 20:21)Praktiker schrieb: Wenn die Sitzungen keine Freunde machen, finde ich persönlich es bedenklich, weil das für mich das Kernstück des Ganzen ist: gemeinsam mit den Parteien eine einvernehmliche Lösung finden oder die Sache entscheidungsreif bekommen. Woran liegt es?
Woran man sich etwas gewöhnt ist das schlechte Gewissen, vielleicht etwas übersehen zu haben, das man nicht wusste und die Anwälte nicht gescheit vortragen. Das ist die Kehrseite von Beibringungsgrundsatz und Unabhängigkeit. Ganz geht das Gefühl, nie alles zu wissen, wahrscheinlich nicht weg, und ich finde es als Qualitätskontrolle auch besser als die Einbildung, sicher Bescheid zu wissen.
Wenn der Dezernatsbestand an sich OK ist, lassen sich möglicherweise die Arbeitsabläufe kontrollieren: mit Klageeingang Schlüssigkeitskontrolle und Hinweise, zügig früher erster Termin, bei der Terminsvorbereitung sauber prüfen und sich eine Meinung bilden, die man im Termin klar vertritt, ansonsten die Akte erst wieder zum Urteilschreiben vertieft in die Hand nehmen, auf keinen Fall bei jedem Posteingang wieder von vorne nachsinnen, niemals aus Ratlosigkeit terminieren oder Beschlüsse verkünden, ohne sicher zu wissen, wo die Reise hingehen soll...
Ich kann da wenig im Vorfeld machen, das läuft bei uns so, ich bekomme die Sachen irgendwann von der Vorsitzenden quasi übertragen. Naja egal.
Die Sitzungen machen jedenfalls keinen Spaß, weil ich mich oft überfordert fühle und keine Ahnung habe, was ich protokollieren muss oder was ich genau brauche, um es entscheidungsreif zu machen. Ich habe allerdings auch viele "fremde" Verfahren momentan, da ich Ziffern einer Kollegin übernehmen musste. Bei meinen Verfahren ist es aber auch nur bedingt besser.
Ich denke auch, dass mir das LG vielleicht nicht so liegt. Am AG fand ich es eigentlich im Ref immer okay.
26.08.2021, 21:49
(26.08.2021, 20:36)Gast schrieb:(26.08.2021, 20:21)Praktiker schrieb: Wenn die Sitzungen keine Freunde machen, finde ich persönlich es bedenklich, weil das für mich das Kernstück des Ganzen ist: gemeinsam mit den Parteien eine einvernehmliche Lösung finden oder die Sache entscheidungsreif bekommen. Woran liegt es?
Woran man sich etwas gewöhnt ist das schlechte Gewissen, vielleicht etwas übersehen zu haben, das man nicht wusste und die Anwälte nicht gescheit vortragen. Das ist die Kehrseite von Beibringungsgrundsatz und Unabhängigkeit. Ganz geht das Gefühl, nie alles zu wissen, wahrscheinlich nicht weg, und ich finde es als Qualitätskontrolle auch besser als die Einbildung, sicher Bescheid zu wissen.
Wenn der Dezernatsbestand an sich OK ist, lassen sich möglicherweise die Arbeitsabläufe kontrollieren: mit Klageeingang Schlüssigkeitskontrolle und Hinweise, zügig früher erster Termin, bei der Terminsvorbereitung sauber prüfen und sich eine Meinung bilden, die man im Termin klar vertritt, ansonsten die Akte erst wieder zum Urteilschreiben vertieft in die Hand nehmen, auf keinen Fall bei jedem Posteingang wieder von vorne nachsinnen, niemals aus Ratlosigkeit terminieren oder Beschlüsse verkünden, ohne sicher zu wissen, wo die Reise hingehen soll...
Ich kann da wenig im Vorfeld machen, das läuft bei uns so, ich bekomme die Sachen irgendwann von der Vorsitzenden quasi übertragen. Naja egal.
Die Sitzungen machen jedenfalls keinen Spaß, weil ich mich oft überfordert fühle und keine Ahnung habe, was ich protokollieren muss oder was ich genau brauche, um es entscheidungsreif zu machen. Ich habe allerdings auch viele "fremde" Verfahren momentan, da ich Ziffern einer Kollegin übernehmen musste. Bei meinen Verfahren ist es aber auch nur bedingt besser.
Ich denke auch, dass mir das LG vielleicht nicht so liegt. Am AG fand ich es eigentlich im Ref immer okay.
OK, das Vorsitzenden-Problem wird vielleicht besser, wenn Du länger dabei bist und obligatorischer Einzelrichter bist. Oder seid Ihr Spezialkammer und es muss deshalb immer übertragen werden? Dann müsst Ihr darüber reden, wie man die Sachen, die Du allein machen wirst, früher identifizieren kann und Du als BE frühzeitig Hinweise erteilen kannst. Was Du beschreibst, klingt nach langen Schriftsatz-Wechseln ohne Leitung des Gerichts, am Ende noch schriftliches Vorverfahren? Das geht schief und führt nur zu sinnlosen dicken Akten, in denen das Wesentliche nicht vorgetragen wird und die kaum noch zu handhaben sind.
Es fehlt dann vorhersehbar an einer ordentlichen Terminsvorbereitung, Du gehst ohne Vorstellung rein, in welche Richtung es laufen soll, und weißt deshalb nicht was protokollieren usw. Du müsstest umgekehrt schon wissen, was rauskommen soll und welche Punkte Du im Protokoll glattziehen musst, damit es funktioniert.
Mal drüber reden und schauen was passiert, kann man notfalls bei einem sehr frühen frühen ersten Termin machen, aber auf keinen Fall, wenn man "die Sachen irgendwann von der Vorsitzenden quasi übertragen" bekommt. Stichwort "umfassend vorbereiteter Haupttermin"!
Du hast offenbar das Pech, dass die Abläufe in der Kammer nicht gut sind und Dir außerdem niemand erklärt hat, wie man die Verfahren führt. Das ist extrem schade, weil der Berufseinstieg sehr prägt. Ich rate Dir, bei guten Kollegen Hilfe zu suchen und offen zu sagen, dass es nach Deinem Gefühl nicht gut läuft. Gibt es bei Euch keine Mentoren o.ä.?
26.08.2021, 23:47
27.08.2021, 10:59
29.08.2021, 10:50
Wenn es dir nicht gefällt, wechsel entweder innerhalb oder raus.
Du machst den Job im Zweifel den Rest deines Lebens. Es bringt nichts, wenn du keine Freude dabei empfindest und dich nur quälst.
Ich merke dasselbe bei Freunden bei mir. Bin seit knapp 2 Jahren aus dem Ref raus und in einer Kanzlei tätig. Zur Justiz wollte ich zumindest zu Beginn erstmal nicht (vielleicht ein nicht ungewöhnlicher Wechsel später, aber das ist ein anderes Thema).
Aus dem AG-Freundeskreis sind 3 Leute mittlerweile Proberichter und keiner ist wirklich glücklich. Das Problem bei denen war aber auch, dass diese 3 nur wegen der Vorteile in den Staatsdienst sind ("entspanntes Leben; Selbstständigkeit; eigener Chef/Chef im Saal; Jobsicherheit; Pension" etc.), aber keiner ernsthaft die Arbeit als Richter mag.
Während unserer regelmäßigen Treffen, sind es immer die 3, die sich beschweren, der Rest (auch die aus der bösen GK) sind ganz happy.
Sinn dieses kleinen Nahbereichserfahrungsberichts, ist der banale Gedanke: Magst du die Tätigkeit eines Richters als solche denn generell? Falls ja, hast du vielleicht momentan einfach nur eine schlechte Phase; falls nein, ist vielleicht genau das der Grund für die fehlende Freude.
Du machst den Job im Zweifel den Rest deines Lebens. Es bringt nichts, wenn du keine Freude dabei empfindest und dich nur quälst.
Ich merke dasselbe bei Freunden bei mir. Bin seit knapp 2 Jahren aus dem Ref raus und in einer Kanzlei tätig. Zur Justiz wollte ich zumindest zu Beginn erstmal nicht (vielleicht ein nicht ungewöhnlicher Wechsel später, aber das ist ein anderes Thema).
Aus dem AG-Freundeskreis sind 3 Leute mittlerweile Proberichter und keiner ist wirklich glücklich. Das Problem bei denen war aber auch, dass diese 3 nur wegen der Vorteile in den Staatsdienst sind ("entspanntes Leben; Selbstständigkeit; eigener Chef/Chef im Saal; Jobsicherheit; Pension" etc.), aber keiner ernsthaft die Arbeit als Richter mag.
Während unserer regelmäßigen Treffen, sind es immer die 3, die sich beschweren, der Rest (auch die aus der bösen GK) sind ganz happy.
Sinn dieses kleinen Nahbereichserfahrungsberichts, ist der banale Gedanke: Magst du die Tätigkeit eines Richters als solche denn generell? Falls ja, hast du vielleicht momentan einfach nur eine schlechte Phase; falls nein, ist vielleicht genau das der Grund für die fehlende Freude.