17.06.2021, 19:36
Ich bin jetzt seit 5 Monaten als RA tätig, und jedes Mal wenn ich irgendwelche Verträge prüfen soll, komme ich mir so unfassbar unwissend vor. Klar, man kennt ein paar Klassiker die nicht gehen, aber die allermeisten der Klauseln die die Mandanten aus dem Internet per copy und paste übernommen haben, sind unproblematisch. Am Anfang hab ich jede einzelne Klausel mit Kommentar und Juris unter die Lupe genommen, wenn ich überhaupt auf die Idee gekommen bin, was man da hätte nachschauen sollen. Die Frage "warum soll das denn bitte nicht gehen, es gibt Vertragsfreiheit" stellt sich mir andauernd. Also bin ich dazu übergegangen, nur noch mir grenzwertig erscheinende §§ zu kontrollieren, aber dort besteht halt die Möglichkeit, das man doch mal einen übersieht. Anders herum kann man aber auch nicht den ganzen Tag damit verbringen, einen Vertrag zu prüfen, wie soll man so Geld verdienen? Gerade bei solch obskuren Randgebieten wie z.B. Grabelandpachtverträgen (hatte ich gestern) sucht man sich doch einfach einen Wolf..
Geht es noch jemand ähnlich, oder hat jemand Tipps? Ist weniger mehr?
Geht es noch jemand ähnlich, oder hat jemand Tipps? Ist weniger mehr?
17.06.2021, 21:55
(17.06.2021, 19:36)Gast schrieb: Ich bin jetzt seit 5 Monaten als RA tätig, und jedes Mal wenn ich irgendwelche Verträge prüfen soll, komme ich mir so unfassbar unwissend vor. Klar, man kennt ein paar Klassiker die nicht gehen, aber die allermeisten der Klauseln die die Mandanten aus dem Internet per copy und paste übernommen haben, sind unproblematisch. Am Anfang hab ich jede einzelne Klausel mit Kommentar und Juris unter die Lupe genommen, wenn ich überhaupt auf die Idee gekommen bin, was man da hätte nachschauen sollen. Die Frage "warum soll das denn bitte nicht gehen, es gibt Vertragsfreiheit" stellt sich mir andauernd. Also bin ich dazu übergegangen, nur noch mir grenzwertig erscheinende §§ zu kontrollieren, aber dort besteht halt die Möglichkeit, das man doch mal einen übersieht. Anders herum kann man aber auch nicht den ganzen Tag damit verbringen, einen Vertrag zu prüfen, wie soll man so Geld verdienen? Gerade bei solch obskuren Randgebieten wie z.B. Grabelandpachtverträgen (hatte ich gestern) sucht man sich doch einfach einen Wolf..
Geht es noch jemand ähnlich, oder hat jemand Tipps? Ist weniger mehr?
Als jemand, der Verträge und die dafür haftenden Anwälte nur sieht, wenn es schief gegangen ist: Ich denke, man sollte versuchen, Verträge nur in Rechtsgebieten zu prüfen, in denen man fit ist (OK, ist wahrscheinlich unrealistisch). Es geht ja weniger darum, jeden Satz mit juris zu prüfen, als ein Gefühl zu haben, was heikel ist, z.B.:
Vorkaufsrecht kommt bei nächtlicher Verhandlung noch in den Mietvertrag rein, leider nicht notariell beurkundet, daran scheitert nach Due Dilligence der Unternehmensverkauf, der Schaden ist größer als die Haftungssumme der Versicherung ... oder Landpachtvertrag (kein Grabeland

Bei alledem geht es nicht um juris, sondern Problembewusstsein.
18.06.2021, 16:01
Ich bin fast ausschließlich in der Vertragsprüfung unterwegs. Es hilft mir, zunächst ein passendes Formularbuch zu suchen und dort einen entsprechenden Vertrag raus zu suchen (ich habe mittlerweile eine sehr große Bibliothek dafür angehäuft).
Anhand des Formulars, sehe ich dann schon einmal den Fahrplan, also alle Punkte die drin sein müssen.
Dann gleiche ich das mit dem Wunsch des Mandanten und dem bisherigen Vertrag ab, ob alles schon da ist. Falls nicht, ergänze ich fehlende Klauseln erstmal durch einen Formular-Dummy.
Dann geht es erst in die Tiefe - ich lese den kompletten Vertrag und markiere mir alles, wo mein Bauchgefühl sagt - geht das?
Dann wird das kurz und knapp mit dem Formularbuch oder nem kommentsr oder was auch immer nachgelesen und geschaut ob hier überhaupt eine Abweichung vom Gesetz vorliegt.
Dann werden die Klauseln entsprechend von mir überarbeitet und abgefragt, ob es sich um AGB handeln soll oder ob ein Individualvertrag entstehen soll.
Dann wird nochmal angepasst und Rücksprache mit den Mandanten gehalten, ob alles wunschgemäß drin ist und dann Reinschrift und fertig.
Also etwas mehr Mühe sollte man sich schon geben und vor allem ist der Kontakt mit dem Mandanten wichtig - was soll der Vertrag für praktisch relevante Probleme abdecken? Was ist mal schief gegangen? Was ist unterhandelbar, etc. Und dann geht das recht zügig irgendwann.
Für die Klassiker sollte man sich übrigens Textbausteine zurecht machen (preisanpassung; Salvatorische; Gerichtsstand; etc.)
Anhand des Formulars, sehe ich dann schon einmal den Fahrplan, also alle Punkte die drin sein müssen.
Dann gleiche ich das mit dem Wunsch des Mandanten und dem bisherigen Vertrag ab, ob alles schon da ist. Falls nicht, ergänze ich fehlende Klauseln erstmal durch einen Formular-Dummy.
Dann geht es erst in die Tiefe - ich lese den kompletten Vertrag und markiere mir alles, wo mein Bauchgefühl sagt - geht das?
Dann wird das kurz und knapp mit dem Formularbuch oder nem kommentsr oder was auch immer nachgelesen und geschaut ob hier überhaupt eine Abweichung vom Gesetz vorliegt.
Dann werden die Klauseln entsprechend von mir überarbeitet und abgefragt, ob es sich um AGB handeln soll oder ob ein Individualvertrag entstehen soll.
Dann wird nochmal angepasst und Rücksprache mit den Mandanten gehalten, ob alles wunschgemäß drin ist und dann Reinschrift und fertig.
Also etwas mehr Mühe sollte man sich schon geben und vor allem ist der Kontakt mit dem Mandanten wichtig - was soll der Vertrag für praktisch relevante Probleme abdecken? Was ist mal schief gegangen? Was ist unterhandelbar, etc. Und dann geht das recht zügig irgendwann.
Für die Klassiker sollte man sich übrigens Textbausteine zurecht machen (preisanpassung; Salvatorische; Gerichtsstand; etc.)