04.03.2021, 18:41
Hallo zusammen, eine Verurteilung zur Nachlieferung (§ 439 BGB) dürfte doch nach § 887 ZPO vollstreckbar sein, oder? § 883 BGB würde ich ausschließen, da die Pflicht zur Nachlieferung nicht mit der Pflicht zur Herausgabe gleichgesetzt werden kann. Wie wäre es dann im zweiten Schritt mit der Ersatzvornahme, also wenn der Verkäufer nicht nachliefern will. Kann sich der Vollstreckungsgläubiger die Sache dann woanders kaufen?
04.03.2021, 19:49
Bei einer Verurteilung zur Nachlieferung richtet sich die Vollstreckung nach §§ 883 (ggf. mit 884), 894 S. 1, 897 I Alt. 1 ZPO.
Die dingliche Einigungserklärung des Schuldners (Verkäufers) wird mit Rechtskraft des Urteils und die Übergabe wird mit Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher fingiert.
Die dingliche Einigungserklärung des Schuldners (Verkäufers) wird mit Rechtskraft des Urteils und die Übergabe wird mit Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher fingiert.
04.03.2021, 19:58
(04.03.2021, 19:49)Landvogt schrieb: Bei einer Verurteilung zur Nachlieferung richtet sich die Vollstreckung nach §§ 883 (ggf. mit 884), 894 S. 1, 897 I Alt. 1 ZPO.
Die dingliche Einigungserklärung des Schuldners (Verkäufers) wird mit Rechtskraft des Urteils und die Übergabe wird mit Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher fingiert.
Da habe ich starke Zweifel. Die Verurteilung bezieht sich ja nicht auf eine bestimmte Sache, in die vollstreckt wird, sondern bei einer Gattungsschuld (bei einer Stückschuld wären wir nicht im Bereich der Nachlieferung) auf eine beliebige Sache einer Gattung. Es ist doch also Sache des Verkäufers die geschuldete Sache zu konkretisieren und dann zu übereignen? In welches der 1000 Notebooks soll denn der GV die Herausgabe vollstrecken? Tendiere also auch zu 887 ZPO hinsichtlich der Besitzverschaffung.
04.03.2021, 20:33
(04.03.2021, 19:58)Gästle schrieb:(04.03.2021, 19:49)Landvogt schrieb: Bei einer Verurteilung zur Nachlieferung richtet sich die Vollstreckung nach §§ 883 (ggf. mit 884), 894 S. 1, 897 I Alt. 1 ZPO.
Die dingliche Einigungserklärung des Schuldners (Verkäufers) wird mit Rechtskraft des Urteils und die Übergabe wird mit Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher fingiert.
Da habe ich starke Zweifel. Die Verurteilung bezieht sich ja nicht auf eine bestimmte Sache, in die vollstreckt wird, sondern bei einer Gattungsschuld (bei einer Stückschuld wären wir nicht im Bereich der Nachlieferung) auf eine beliebige Sache einer Gattung. Es ist doch also Sache des Verkäufers die geschuldete Sache zu konkretisieren und dann zu übereignen? In welches der 1000 Notebooks soll denn der GV die Herausgabe vollstrecken? Tendiere also auch zu 887 ZPO hinsichtlich der Besitzverschaffung.
Beide Annahmen sind nicht richtig.
Die Auffassung, dass die Nachlieferung beim Stückkauf generell ausscheidet, teilt zumindest der BGH nicht (vgl. etwa BGH NJW 2006, 2839).
Die Herausgabevollstreckung erfasst im Übrigen nicht nur Stückschulden (§ 883 I Alt. 1 ZPO), sondern auch Vorratsschulden (§ 883 I Alt. 2 ZPO) und Gattungsschulden über vertretbare Sachen (§ 884 ZPO).
Lediglich bei Gattungsschulden über unvertretbare Sachen sind §§ 883, 884 ZPO nach hM nicht anwendbar. Auch insoweit halte ich einen Rückgriff auf § 887 ZPO jedoch für ausgeschlossen (vgl. dessen Abs. 3). Es bleibt in diesem Fall lediglich der Weg über § 893 ZPO (ebenso Musielak/Voit/Lackmann, 17. Aufl. 2020, ZPO § 883 Rn. 3).
04.03.2021, 20:43
(04.03.2021, 20:33)Landvogt schrieb:(04.03.2021, 19:58)Gästle schrieb:(04.03.2021, 19:49)Landvogt schrieb: Bei einer Verurteilung zur Nachlieferung richtet sich die Vollstreckung nach §§ 883 (ggf. mit 884), 894 S. 1, 897 I Alt. 1 ZPO.
Die dingliche Einigungserklärung des Schuldners (Verkäufers) wird mit Rechtskraft des Urteils und die Übergabe wird mit Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher fingiert.
Da habe ich starke Zweifel. Die Verurteilung bezieht sich ja nicht auf eine bestimmte Sache, in die vollstreckt wird, sondern bei einer Gattungsschuld (bei einer Stückschuld wären wir nicht im Bereich der Nachlieferung) auf eine beliebige Sache einer Gattung. Es ist doch also Sache des Verkäufers die geschuldete Sache zu konkretisieren und dann zu übereignen? In welches der 1000 Notebooks soll denn der GV die Herausgabe vollstrecken? Tendiere also auch zu 887 ZPO hinsichtlich der Besitzverschaffung.
Beide Annahmen sind nicht richtig.
Die Auffassung, dass die Nachlieferung beim Stückkauf generell ausscheidet, teilt zumindest der BGH nicht (vgl. etwa BGH NJW 2006, 2839).
Die Herausgabevollstreckung erfasst im Übrigen nicht nur Stückschulden (§ 883 I Alt. 1 ZPO), sondern auch Vorratsschulden (§ 883 I Alt. 2 ZPO) und Gattungsschulden über vertretbare Sachen (§ 884 ZPO).
Lediglich bei Gattungsschulden über unvertretbare Sachen sind §§ 883, 884 ZPO nach hM nicht anwendbar. Auch insoweit halte ich einen Rückgriff auf § 887 ZPO jedoch für ausgeschlossen (vgl. dessen Abs. 3). Es bleibt in diesem Fall lediglich der Weg über § 893 ZPO (ebenso Musielak/Voit/Lackmann, 17. Aufl. 2020, ZPO § 883 Rn. 3).
§ 884 ZPO hat mich überzeugt, du hast recht!
04.03.2021, 23:17
Vielen Dank für eure Antworten.
04.03.2021, 23:42
https://lexetius.com/2016,60
Eine nicht unmittelbar vergleichbare Entscheidung, aber vom Gedanken her auch auf die Nachlieferung anwendbar.
Eine nicht unmittelbar vergleichbare Entscheidung, aber vom Gedanken her auch auf die Nachlieferung anwendbar.
05.03.2021, 00:03
(04.03.2021, 19:49)Landvogt schrieb: Bei einer Verurteilung zur Nachlieferung richtet sich die Vollstreckung nach §§ 883 (ggf. mit 884), 894 S. 1, 897 I Alt. 1 ZPO.
Die dingliche Einigungserklärung des Schuldners (Verkäufers) wird mit Rechtskraft des Urteils und die Übergabe wird mit Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher fingiert.
Die Nachlieferung aus § 439 BGB setzt ebenso wie die Lieferung nach § 433 Abs. 1 BGB die Eigentumsübertragung voraus. Ich find die aufgezeigte Lösung deshalb plausibel.