02.03.2021, 12:49
Hey, sind hier Patentrechtler unterwegs, die mal ein bisschen von ihrer Tätigkeit erzählen können? Ich habe bis jetzt nur Erfahrung im Soft IP gehabt (Markenrecht) und frage mich, ob Patentrecht auch was für mich wäre. Wie ist es so? Ist es spannend/abwechslungsreich oder eher dröge und trocken? Wie anstrengend ist es, wie ist die durchschnittliche work-life Balance, auch im Vergleich zur soft ip? Wie gut kann man sich als Einsteiger einarbeiten, wenn der naturwissenschaftliche Backround bescheiden ist? Wie sieht der Arbeitsalltag aus? Was sind die Vorteile, was die Nachteile usw.
02.03.2021, 13:45
hat man für sowas nicht extra patentanwälte? das sind ja masterabsolventen von nawis mit so ner art minireff obendrauf
02.03.2021, 14:00
02.03.2021, 14:10
(02.03.2021, 12:49)Gast schrieb: Hey, sind hier Patentrechtler unterwegs, die mal ein bisschen von ihrer Tätigkeit erzählen können? Ich habe bis jetzt nur Erfahrung im Soft IP gehabt (Markenrecht) und frage mich, ob Patentrecht auch was für mich wäre. Wie ist es so? Ist es spannend/abwechslungsreich oder eher dröge und trocken? Wie anstrengend ist es, wie ist die durchschnittliche work-life Balance, auch im Vergleich zur soft ip? Wie gut kann man sich als Einsteiger einarbeiten, wenn der naturwissenschaftliche Backround bescheiden ist? Wie sieht der Arbeitsalltag aus? Was sind die Vorteile, was die Nachteile usw.
Deine Fragen sind schon recht generell...
Wie ist es so? - Spannend. Macht mir Spaß.
Ist es spannend/abwechslungsreich oder eher dröge und trocken? - Ich find es spannend, wie Du es findest, weiß ich nicht. Einige finden SteuerR spannend, andere ÖffR.
Wie anstrengend ist es, wie ist die durchschnittliche work-life Balance, auch im Vergleich zur soft ip? - Die Verfahren sind idR größer als im Soft IP, daher ist es pro Verfahren anstrengender. Eine Klage im Markenrecht kann ich auch mal in einem halben Tag schreiben. Im PatentR brauche ich gerne auch mal drei Tage, um überhaupt das Patent zu verstehen. Work-life hängt von der Kanzlei ab (haha, wie immer). Vorteil ist, dass du im PatentR vor allem streitige Verfahren hast und damit einen besseren Planungshorizont als etwa im M&A. Die Belastung ist also eher gleichbleibend hoch. Vor Abgabe von großen Schriftsätzen geht es natürlich trotzdem rund.
Wie gut kann man sich als Einsteiger einarbeiten, wenn der naturwissenschaftliche Backround bescheiden ist? - Man muss sich sowieso in jedes Patent neu einarbeiten. Du brauchst keinen großen Background aber solltest dich eben gerne einarbeiten wollten, auch über Tage und Wochen, und ein gewisses logisches Grundverständnis haben.
Wie sieht der Arbeitsalltag aus? - Lesen, lesen, Besprechungen/Telkos, schreiben, schreiben. Mal eine Verhandlung. Also so wie bei dir wohl auch.
Was sind die Vorteile, was die Nachteile usw. - Vorteil: Bereich sucht gute Leute, Streitwerte hoch und gute Stundensätze, Arbeit halbwegs planbar, auch in Boutiquen hochwertiges Geschäft. Nachteil: Ist eben PatentR. Wer keinen Bock auf forensische Tätigkeit oder NaWi hat, bekommt ein Problem.
02.03.2021, 14:29
Cool, danke. Forensisch klingt gut. Ich mag halt generell Ip bis jetzt ganz gern, weil es lebensnah ist und nicht so sehr in dieser reinen Wirtschaftsblase. Und ich siche etwas wo man für juristische Verhältnisse kreativ arbeiten kann. Wie würdest du denn dass Verhältnis zwischen technischer und juristischer Arbeit beurteilen? Und ist es also so, dass man sich in ein Patent ale Laie mit dem nötigen Grips und Dauer reinlesen kann, sebst wenn NaWi basics schwach sind (gerade im Bereich Chemie oder so ist bei mir auch aus der Schule nichts mehr hängen geblieben). Wie erfüllend, bzw. moralisch vertretbar empfindest du die Arbeit. Gerade mit Patenten wird ja viel grenzwertiges getrieben (Patenttrolle, Marktausnutzung usw.). Ich meine im Soft Ip ist es alles mehr oder weniger Pillepalle, von Patenten hängen aber schon mal Leben ab. Hattest du bei deiner Arbeit schon mal Bedenken gehabt, ob das gesellschaftlich inakzeptabel ist?
02.03.2021, 14:33
(02.03.2021, 14:00)Gast schrieb:(02.03.2021, 13:45)Gast schrieb: hat man für sowas nicht extra patentanwälte? das sind ja masterabsolventen von nawis mit so ner art minireff obendrauf
Nein.
Der obige Post ist jedenfalls näher dran als Dein "Nein". Es gibt eben die Juristen, die einfach in diesem Bereich tätig sind, oder richtige Patentanwälte bzw. solche mit zusätzlicher Zulassung als Europäischer Patentanwalt. . Das sind eben meist (promovierte) Naturwissenschaftler. Mini-Ref. ist auch eine Untertreibung und nicht ganz passend, aber es geht in die Richtung.
02.03.2021, 14:42
(02.03.2021, 14:33)Gast schrieb:(02.03.2021, 14:00)Gast schrieb:(02.03.2021, 13:45)Gast schrieb: hat man für sowas nicht extra patentanwälte? das sind ja masterabsolventen von nawis mit so ner art minireff obendrauf
Nein.
Der obige Post ist jedenfalls näher dran als Dein "Nein". Es gibt eben die Juristen, die einfach in diesem Bereich tätig sind, oder richtige Patentanwälte bzw. solche mit zusätzlicher Zulassung als Europäischer Patentanwalt. . Das sind eben meist (promovierte) Naturwissenschaftler. Mini-Ref. ist auch eine Untertreibung und nicht ganz passend, aber es geht in die Richtung.
Schon deine Unterscheidung zwischen "Juristen, die einfach in dem Bereich tätig sind" und "richtigen Patentanwälten" zeigt, dass du keinerlei Ahnung von der Materie hast. In solchen Fällen sollte man einfach schweigen, statt Halbwissen zu verbreiten.
Die Antwort "Nein" ist völlig korrekt, denn für "sowas" hat man nicht "extra Patentanwälte". Die Arbeitsbereiche sind völlig unterschiedlich. Patentanwälte dürfen weniger, sind z.B. im Patentstreitverfahren (Anwaltsprozess) nicht postulationsfähig. Patentanwälte begleiten idR die Prüfung der Patentfähigkeit und das Anmeldeverfahren. Volljuristen dürfen hingegen alles, was Patentanwälte machen, auch wenn es am technischen Verständnis hapert.
In der Praxis ist es also ein Koexistieren und Zusammenwirken, aber ein Patentanwalt ist kein Ersatz für einen Anwalt mit Spezialisierung im Patentrecht.
02.03.2021, 15:01
Bringen die hohen Stundenlöhne eigentlich irgendwas für GK-Associates? letztlich wird ja primär auf die Billables geguckt und nicht auf den dahinter stehenden Stundenlohn oder?
02.03.2021, 15:10
(02.03.2021, 15:01)Gast schrieb: Bringen die hohen Stundenlöhne eigentlich irgendwas für GK-Associates? letztlich wird ja primär auf die Billables geguckt und nicht auf den dahinter stehenden Stundenlohn oder?
Nö, ist egal, wenn du sowieso nach 2-3 Jahren den Exit aus der GK in Staatsdienst oder Unternehmen planst. Wenn du dauerhaft Anwalt sein willst, ist das natürlich schon eine wichtige Sache.
02.03.2021, 15:16
(02.03.2021, 14:29)Gast schrieb: Cool, danke. Forensisch klingt gut. Ich mag halt generell Ip bis jetzt ganz gern, weil es lebensnah ist und nicht so sehr in dieser reinen Wirtschaftsblase. Und ich siche etwas wo man für juristische Verhältnisse kreativ arbeiten kann. Wie würdest du denn dass Verhältnis zwischen technischer und juristischer Arbeit beurteilen? Und ist es also so, dass man sich in ein Patent ale Laie mit dem nötigen Grips und Dauer reinlesen kann, sebst wenn NaWi basics schwach sind (gerade im Bereich Chemie oder so ist bei mir auch aus der Schule nichts mehr hängen geblieben). Wie erfüllend, bzw. moralisch vertretbar empfindest du die Arbeit. Gerade mit Patenten wird ja viel grenzwertiges getrieben (Patenttrolle, Marktausnutzung usw.). Ich meine im Soft Ip ist es alles mehr oder weniger Pillepalle, von Patenten hängen aber schon mal Leben ab. Hattest du bei deiner Arbeit schon mal Bedenken gehabt, ob das gesellschaftlich inakzeptabel ist?
Schulwissen ist sowieso egal, die Materie ist oft hochkomplex. Da brauchst du dann einen Experten, der es dir erklärt. Außerdem machst du als Anwalt oft einen Querschnitt aus der Materie, also morgens Telekommunikation und Nachmittags Pharma. Niemand hat dieses breit aufgestellte Expertenwissen.
Zum Rest, du bist (Prozess-) Anwalt. Patentrecht ist der falsche Bereich wenn man immer das wohlig warme Gefühl der moralischen Überlegenheit braucht. Ich schieße auch Krebsmedikamente vom Markt oder vertrete NPEs (was du als Troll bezeichnest). Am Ende können die Parteien das Problem fast immer über Geld (Lizenzen) lösen. Ich bin nicht die Person, die auf einmal den moralischen Bedenkenträger spielt, nur weil ein Patentnutzer keinen Bock hat, Lizenzgebühren zu zahlen.